Entscheidungsdatum
29.05.2017Index
L67009 Ausländergrunderwerb Grundverkehr WienNorm
AusländergrunderwerbsG Wr 1998 §1 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Zeller über die Säumnisbeschwerde der Frau E. A., vertreten durch öffentlicher Notar in Wien, betreffend Ansuchen beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35, Zl. MA35-G/99/2016, um Genehmigung nach dem Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz,
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß §§ 1 und 4 Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz idgF wird die Einräumung des Fruchtgenussrechtes an Frau E. A., geboren 1955, entsprechend dem Übergabsvertrag vom 15.12.2015, an der Wohnung mit Liegenschaftsadresse Wien, ...-Gasse x (nämlich 66/1382 Anteile an EZ … umfassend) nicht genehmigt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1.) Die Antragstellerin stellte vor dem Magistrat der Stadt Wien am 28.1.2016 zur Zahl G/99/2016 einen Antrag auf Genehmigung nach dem Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz betreffend einer Dienstbarkeit für eine Eigentumswohnung in Wien, ...-Gasse Top x, nämlich dass ihr das Fruchtgenussrecht an der Wohnung zuerkannt werde. Es bestünde soziales Interesse daran.
Aus dem vorgelegten Notariatsakt mit Vertrag vom 7.12.2015 geht hervor, dass der Eigentümer der genannten Wohnung in Wien, Herr N. A mit diesem Vertrag diese Wohnung an seine Tochter, Frau Dr. I. D., österreichische Staatsangehörige, übergibt und für sich und Frau E. A. im Gegenzug dafür ein lebenslanges, unentgeltliches und ungeteiltes Fruchtgenussrecht an dieser Wohnung erhalte. Ferner wurde unter anderem in diesem Vertrag festgehalten, dass die übergebene Wohnung derzeit vermietet sei und aufgrund einer bestehenden Vereinbarung diese Mieteinnahmen zur Gänze Frau E. A. zufließen würden.
Aus dem Auszug aus dem Grundbuch geht hervor, dass der Antrag betreffend Bewilligung einer Dienstbarkeit für die Eigentumswohnung sich auf den genannten Anteil 66/1382 auf der Gst-Nr … im Eigentum des Herrn N. A. steht.
Aus den beigelegten Kopien geht hervor, dass die Antragstellerin russische Staatsangehörige ist sowie über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EG“ verfügt.
Es finden sich weiters Vermerke im Akt, dass die abschließenden Stellungnahmen der Bundespolizeidirektion Wien sowie der Stelle/Behörde Militärkommando Wien eingelangt seien.
Mit Schreiben vom 31.5.2016 legte der anwaltliche Vertreter der Antragstellerin ein E-Mail vor, welches vom Sohn der Antragstellerin geschrieben ist (Herr S. A.). Daraus geht hervor, dass seine Eltern (sohin auch die Antragstellerin) seit 8.6.2015 in K. hauptgemeldet seien. Auch seine Schwester sowie die gesamte Familie D. sei seit 25.1.2016 in K. hauptgemeldet. Die gegenständliche Wohnung, ...-Gasse Top x, sei seit 14.9.2015 vermietet.
Die gegenständliche Wohnung solle als eine Sicherheit für seine Schwester dienen. Durch das Fruchtgenussrecht sowie das Belastungs-und Veräußerungsverbot sollten seine Eltern, auch nachdem sie weggezogen sein werden (Kroatien), gewisse Rechte an den Immobilien beibehalten und eine gewisse Sicherheit und Mitspracherecht haben. Das Fruchtgenussrecht soll insbesondere seiner Mutter im Unglücksfall eine finanzielle Sicherheit bieten.
In der Folge wendete sich der Vertreter der Antragstellerin mehrfach an die Behörde mit dem Ersuchen um Erledigung der Anträge. Es sei auch ein Antrag des Herrn S. A. (zur Zahl G/103/2016) anhängig, welcher offensichtlich nicht positiv beurteilt werde.
In einem Schreiben vom 20.7.2016 wurde seitens der Behörde dem anwaltlichen Vertreter mitgeteilt, dass die Anträge zusammen bearbeitet werden würden. Der Verfahrensausgang für den Antrag auf Genehmigung für das Eigentumsrecht von Herrn S. A. sei natürlich auch für die Anträge der Eltern, welche im Zuge die Dienstbarkeiten eingetragen bekommen würden, entscheidend.
Gegenständlich wurde am 8.11.2016 eine Säumnisbeschwerde erhoben.
2.) Das Verwaltungsgericht Wien holte die Akten betreffend der Anträge des Sohnes (S. A.) zur Zahl G/103/2016 (betreffend die Wohnung in Wien, ...-Gasse y, welche in gemeinsamen Eigentum von Herrn N. A. und der Frau E. A. steht) zur Einsicht ein. Daraus geht hervor, dass der dort gestellte Antrag auf Genehmigung mit Bescheid vom 31.10.2016 rechtskräftig abgewiesen wurde. Die, mit diesem Verfahren verbundenen Anträge auf lebenslängliches, unentgeltliches und ungeteiltes Fruchtgenussrecht (G/101/2016 sowie G/102/2016) des Herrn N. A. und der Frau E. A. seien noch in Bearbeitung.
Aus dem eingeholten Akt der Behörde zur Zahl G/402/08 geht hervor, dass Herr N. A. im April 2008 die gegenständliche Wohnung (...-Gasse x) kaufte. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits Eigentümer (hier gemeinsam mit der Antragstellerin, Frau E. A.) der Wohnung in Wien, ...-Gasse y, ca 100 m² umfassend. Begründet wurde der damalige Antrag auf Bewilligung (für die gegenständliche Wohnung, ...-Gasse x) durch die Grundverkehrsbehörde mit „Wohnbedürfnis“. Der Genehmigungsbescheid liegt nicht im Akt ein. Die grundverkehrsbehördliche Bewilligung wurde in weiterer Folge rechtskräftig.
Im gegenständlichen Verfahren wurden von den einbezogenen Behörden keine Einwände erhoben.
Die Antragstellerin ist Miteigentümerin an der Wohnung mit Liegenschaftsadresse Wien, ...-Gasse y.
3.) In der Sache fand vor dem Verwaltungsgericht Wien am 10.5.2017 gemeinsam mit dem Verfahren zur Zahl 101-VGW-056/14741/2016 eine öffentliche Verhandlung statt, zu der ein Vertreter der Behörde nicht erschien, der Vertreter der Antragsteller erschien und folgende Angaben machte:
„Der Vertreter der Antragsteller gibt Folgendes zu Protokoll:
Es ist mir nicht erklärlich, warum die Dienstbarkeit, welche als „weniger intensives“ Recht als das Eigentumsrecht selbst ist nicht bewilligungsfähig wäre. Beiden Antragsstellern war der Eigentumserwerb an ...-Gasse y und x seinerzeit bewilligt worden. Sie haben das Eigentum daran zugunsten ihrer Kinder aufgeben wollen bzw. aufgegeben. Der Hintergrund für die Begründung des Fruchtgenussrechts liegt darin, dass den Antragstellern – wie auf Aktenblatt 11 verso – gewisse Rechte und insbesondere finanzielle Sicherheit bleiben.
Die russischen Pensionen sind sehr gering. Glaublich hatten beide Antragsteller bei G. gearbeitet. Für die Pension ist daher eine finanzielle Absicherung nötig. Insbesondere handelt es sich hier um keine originär zu begründeten Rechte, da sie ja ihr Eigentum an die Tochter (im Gegenzug mit Fruchtgenuss) abtreten.
Die Antragsteller haben ihren Wohnsitz bisher in K.. Soweit ich weiß wollen sie einen Teil der Zeit auch in Kroatien verbringen.“
4.) Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Bestimmungen des Gesetzes betreffend den Grunderwerb durch Ausländer in Wien (Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz) LGBl. Nr. 11/1998 in der Fassung LGBl. Nr. 33/2013 lauten wie folgt:
(1) Eine nach diesem Gesetz erforderliche Genehmigung erteilt der Magistrat nach Anhörung der zuständigen gesetzlichen Interessenvertretung (Wirtschaftskammer Wien, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, Wiener Landwirtschaftskammer). Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn am Zustandekommen des Rechtsgeschäftes ein volkswirtschaftliches oder soziales Interesse besteht, oder wenn nachgewiesen wird, dass das Grundstück, auf welches sich das Rechtsgeschäft bezieht, ausschließlich zur besseren Nutzung eines anderen Grundstückes dienen soll und im Vergleich zu diesem nur von geringem Ausmaß ist. Andernfalls oder wenn andere öffentliche Interessen entgegenstehen, insbesondere solche militärischer oder sicherheitspolizeilicher Natur, ist die Genehmigung zu versagen.
(2) Über Beschwerden gegen Bescheide des Magistrats entscheidet das Verwaltungsgericht Wien.
Die sechsmonatige Entscheidungsfrist im Sinne § 73 AVG bzw. des § 8 Abs. 1 VwGVG der belangten Behörde begann am 28.1.2016 und war im Zeitpunkt der Einbringung der Säumnisbeschwerde bereits abgelaufen.
Nach dem oben wiedergegebenen Verfahrensablauf besteht kein Zweifel daran, dass das überwiegende Verschulden an der Nichteinhaltung der Entscheidungsfrist des § 73 AVG bzw. des § 8 VwGVG im gegenständlichen Fall die belangte Behörde trifft: Die belangte Behörde hat nach Einlangen der Stellungnahmen der Wirtschaftskammer Wien, des Militärkommandos Wien und der Bundespolizeidirektion Wien keine weiteren Ermittlungsschritte gesetzt. Es erfolgten mehrfache Urgenzen des rechtsanwaltlichen Vertreters.
Die Behörde hat ebensowenig über den vorliegenden Antrag entschieden. Da die belangte Behörde somit die sechsmonatige Entscheidungsfrist des § 73 Abs. 1 AVG bzw. des § 8 Abs. 1 VwGVG nicht eingehalten hat und das überwiegende Verschulden an der Verzögerung die belangte Behörde trifft, ist die am 8.11.2016 bei der belangten Behörde eingelangte Säumnisbeschwerde zulässig und berechtigt, sodass die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers auf Genehmigung des Grunderwerbs nach dem Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz auf das Verwaltungsgericht Wien übergegangen ist (vgl. Eder/Martschin/Schmid, K 28 zu § 28 VwGVG).
Unter Lebenden bedürfen der Erwerb des Eigentums (Miteigentums), eines Baurechtes, des Rechtes der persönlichen Dienstbarkeit an bebauten oder unbebauten Grundstücken jeder Art durch Ausländer oder eine im Grundbuch einzutragende Bestandgabe solcher Grundstücke an Ausländer zu ihrer Gültigkeit der behördlichen Genehmigung (§ 1 Absatz 1 Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz).
Die Antragstellerin ist russische Staatsangehörige und damit Ausländerin im Sinne des Wr. Ausländergrundverkehrsgesetzes. Der im Übergabevertrag vereinbarte Fruchtgenuß an der übergebenen Wohnung, welcher von Antragstellerin (auch) bezogen werden soll, unterliegt daher der Genehmigung nach § 1 Abs. 1 des Wr. Ausländergrundverkehrsgesetzes.
Der gegenständliche Antrag wurde mit „sozialem Interesse“ begründet. Im Verfahren wurde dargelegt, dass es der Antragstellerin als finanzielle Sicherheit dienen solle, falls ein Unglücksfall (des Herrn N. A.) eintrete und ihr daher die Einnahmen von Vermietung zu sichern.
Ist das eigentliche Ziel des vom Erwerber angestrebten Rechtsgeschäfts in erster Linie der Erwerb einer Immobilie zur Bildung einer Kapitalanlage, so liegt der Erwerb weder im sozialen noch im volkswirtschaftlichen Interesse (siehe u.a. UVS Wien, 21.11.2002, UVS-02/13/494/2002).
Die gegenständliche Wohnung befindet sich gegenwärtig im alleinigen Eigentum des Herrn N. A. (siehe dazu: Erkenntnis VGW Wien vom 28.5.2017, Zl. VGW-101/056/14741/2016-1). Die Antragstellerin selbst hat an dieser Wohnung keine Eigentums- oder sonstige dingliche Rechte, noch hat sie im Verfahren ein Wohnbedürfnis oder anderes (als oben wieder gegebenes) soziales Interesse bekundet oder wäre hervorgekommen. Die Antragstellerin selbst ist vielmehr Miteigentümerin an der Wohnung mit Liegenschaftsadresse Wien, ...-Gasse y.
Soziale Interessen an der Einräumung einer Dienstbarkeit durch Fruchtgenuss an der gegenständlichen Wohnung mit Liegenschaftsadresse Wien, ...-Gasse x, liegen daher nicht vor. Dass die Antragstellerin damit eine finanzielle Absicherung sucht, begründet kein soziales oder volkswirtschaftliches Interesse im Sinne des Wiener Ausländergrundverkehrsgesetzes.
Es war daher dem Antrag nicht stattzugeben.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Säumnisbeschwerde; überwiegendes Verschulden bei Behörde; Ausländer; Grunderwerb; volkswirtschaftliches oder soziales Interesse; öffentliche Interessen; Interessenabwägung; Immobilie zur KapitalanlageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.101.056.14740.2016Zuletzt aktualisiert am
27.12.2017