Entscheidungsdatum
27.11.2017Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
L504 2122576-1/9E
L504 2122574-1/9E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von
1. XXXX , geb. XXXX , StA. staatenlos, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.02.2016, Zl. XXXX ;
2. XXXX , geb. XXXX , StA. staatenlos, vertreten durch Feras AL DAWOUD, dieser vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.02.2016 Zl. XXXX ,
beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird gem. § 9 Abs 1 Z 3 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheiden vom 02.02.2016 hat das Bundesamt die Anträge der beschwerdeführenden Parteien [bP1 u. bP2] auf internationalen Schutz gem. § 3 AsylG abgewiesen (Spkt. I.), gem. § 8 Abs 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spkt. II.) und gem. § 8 Abs 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spkt. III.).
Bei der bP1 handelt es sich um den Vater und gesetzlichen Vertreter der bP2.
Die Bescheide wurden am 08.02.2016 rechtswirksam zugestellt.
Mit Verfahrensanordnung vom 04.02.2016 wurde den bP amtswegig die ARGE Rechtsberatung (Diakonie und Volkshilfe) für eine allfällige Beschwerdeerhebung beigestellt.
Innerhalb offener Frist brachten die bP über die Diakonie Flüchtlingsdienst folgende, mit 15.02.2016 datierte, Beschwerde gegen Spruchpunkt I. ein:
"Beschwerde gem. Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG
An das Bundesverwaltungsgericht wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Gegen den umseits bezeichneten Bescheid des BFA, mit dem die Anträge der BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 AsylG abgewiesen und ihnen gem. § 8 Abs 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, erheben die BF binnen offener Frist Beschwerde an das BVwG und stellen die Anträge das BVwG möge
I. den BF aufgrund des unionsrechtlichen Äquivalenzgrundsatzes in Bezug auf Art 47 GRC einen Verfahrenshelfer beigeben;
II. II. eine mündliche Verhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchführen,
III. III. Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides beheben und aussprechen, dass ihnen der Status des Asylberechtigten zukommt; in eventu
IV. IV. Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides beheben und zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückverweisen.
Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids wird wegen Rechtswidrigkeit infolge eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens, mangelhafter Beweiswürdigung sowie wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten. Spruchpunkt II. und III. wird ausdrücklich nicht angefochten.
Der angefochtene Bescheid wurde frühestens am 08.02.2016 zugestellt. Die Erhebung der gegenständlichen Beschwerde erfolgt daher innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 16 Abs 1 BFA-VG.
Eine detaillierte Begründung wird in den nächsten Tagen in einer Beschwerdeergänzung nachgereicht."
Am 29.05.2016 wurde von der Diakonie eine fachärztliche Bestätigung die bP2 betreffend sowie eine Teilnahmebestätigung am Werte- und Orientierungskurs und ein A1 ÖSD Zertifikat vom 08.07.2016, mit "gut bestanden", jeweils die bP1 betreffend, übermittelt.
Am 14.09.2016 wurde von der Diakonie per Telefax ein "ÖSD Zertifikat A1", nun vom 13.02.2017, mit "bestanden", zum Nachweis der Integration der bP 1 übermittelt.
Mit Schriftsatz vom 10.01.2017, beim BVwG eingelangt am 10.01.2017, wurde von der bevollmächtigten Diakonie und Volkshilfe (Arge-Rechtsberatung) "zu der Beschwerde vom 15.02.2016 eine Beschwerdeergänzung" eingebracht. Darin erfolgt erstmals eine Begründung warum das Ermittlungsverfahren und die Beweiswürdigung als mangelhaft und die rechtliche Beurteilung als nicht richtig erachtet werde. Mit dieser Beschwerdeergänzung zogen sie den ursprünglich gestellten Antrag auf Verfahrenshilfe zurück.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die bP haben innerhalb offener Frist mit Unterstützung der Diakonie und über diese eine Beschwerde gegen Spruchpunkt I. der oa. Bescheide eingebracht.
Die Beschwerde vom 15.02.2016 enthält keine konkreten Gründe auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt. Die bP haben innerhalb der Beschwerdefrist keine Begründung nachgereicht.
Am 10.01.2017 wurde im Rahmen eines als "Beschwerdeergänzung" bezeichneten Schriftsatzes eine Begründung nachgereicht. Die Beschwerdeergänzung bezieht sich ausdrücklich auf die Beschwerde vom 15.02.2016.
2. Beweiswürdigung:
Der für diese Entscheidung maßgebliche Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus der Aktenlage des Bundesamtes und den Eingaben der bP.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
(1) Die Beschwerde hat zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
(2) [ ]
(3) [ ]
(4) [ ]
(5) [ ]
Im konkreten Fall begründen die bP die Beschwerde vom 15.02.2016 mit "Rechtswidrigkeit infolge eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens, mangelhafter Beweiswürdigung sowie wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung".
Nach § 9 Abs. 1 Z. 3 VwGVG 2014 hat eine Beschwerde an das VwG die "Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt", zu enthalten; das damit normierte Inhaltserfordernis bezieht sich auf jenes Vorbringen des Bf, aus dem er eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes (infolge Verfahrensfehler, materieller Rechtswidrigkeit oder Unzuständigkeit) ableitet.
Aus welchen konkreten Umständen die bP das Ermittlungsverfahren, die Beweiswürdigung oder rechtliche Beurteilung für mangelhaft erachten, brachten sie innerhalb der Beschwerdefrist nicht vor. Erst am 10.01.2017, also jedenfalls nach Ablauf der zweiwöchigen – nunmehr vierwöchigen – Beschwerdefrist, reichten sie die Begründung nach.
Die bP haben damit innerhalb der Beschwerdefrist "die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt" nicht hinreichend dargelegt.
Grundsätzlich sind Mängel des Beschwerdeschriftsatzes einer Verbesserung iSd § 13 Abs 3 AVG zugänglich. Dies kam gegenständlich aber aus nachfolgenden Gründen nicht in Betracht.
Werden nämlich Beschwerden bewusst mangelhaft gestaltet (etwa "leere" Beschwerden eingebracht), um auf dem Umweg eines Verbesserungsverfahrens eine Verlängerung der Beschwerdefrist zu erreichen, ist die Beschwerde sofort zurückzuweisen (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], § 9 VwGVG, Anm. 6). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dient § 13 Abs. 3 AVG dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind. Hat hingegen die Partei den Mangel erkennbar bewusst herbei geführt, um zum Beispiel auf dem Umweg eines Verbesserungsverfahrens eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist zu erlangen, ist für die Erteilung eines Verbesserungsauftrages kein Raum und das bewusst und rechtsmissbräuchlich mangelhaft gestaltete Anbringen ist sofort zurückzuweisen (VwGH 25.02.2005, 2004/05/0115, unter Hinweis auf die zur diesbezüglich vergleichbaren Bestimmung des § 84 ZPO ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes ua. vom 4.Oktober 1984, EvBl 1985/29, und vom 30. Jänner 1985, SZ 58/17).
Im konkreten Fall wurde den bP amtswegig die ARGE-Rechtsberatung, bestehend aus Diakonie und Volkshilfe, für das Beschwerdeverfahren zugeteilt und hat offenkundig auch die Diakonie Flüchtlingsdienst – das Kuvert mit dem die Beschwerde vom 15.02.2016 eingebracht wurde trägt den Stempel dieser NGO – verfasst. Es kann dieser als Rechtsberater im Asyl- und Fremdenrecht tätigen Organisation nicht unterstellt werden, dass sie fachlich nicht hinlänglich versiert wären. Somit scheidet auch aus, dass die Beschwerde infolge Unkenntnis der Rechtslage oder eines Versehens derart inhaltsleer hinsichtlich der Begründung verfasst wurde. So führt diese Beschwerde auch ausdrücklich aus, dass "eine detaillierte Begründung in den nächsten Tagen in einer Beschwerdeergänzung nachgereicht" werde. Es wurde zwar eine "detaillierte Begründung" tatsächlich nachgereicht, jedoch erst fast 1 Jahr später und damit jedenfalls nicht mehr innerhalb der gesetzlichen Beschwerdefrist.
Für das BVwG liegt es auf der Hand, dass die Unbegründetheit der Beschwerde vom 15.02.2016 bewusst war und dadurch rechtsmissbräuchlich der Versuch unternommen wurde, die Rechtsmittelfrist nach eigenem Belieben (Arg.: "in den nächsten Tagen) unzulässig zu verlängern.
Würde das BVwG eine derart mangelhafte Beschwerde zulassen, würde dies zu einem Leerlaufen der vom Gesetzgeber bewusst getroffenen Vorgaben für den notwendigen Inhalt eine Beschwerde (§ 9 VwGVG iVm § 27 VwGVG) und eine im Belieben der beschwerdeführenden Parteien stehende Möglichkeit der Erstreckung der Rechtsmittelfristen bzw. zur Schaffung eines nicht vorgesehenen Rechtsinstitutes (Beschwerdeanmeldung!) führen.
Es war daher kein Verbesserungsauftrag zu erteilen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Begründungspflicht, Beschwerde, Beschwerdefrist, Mangelhaftigkeit,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:L504.2122574.1.00Zuletzt aktualisiert am
22.12.2017