Entscheidungsdatum
01.12.2017Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
G302 2174327-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Manfred ENZI als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. am XXXX,StA:
Deutschland, vertreten durch: XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion XXXX, vom 05.10.2017, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion XXXX (im Folgenden: belangte Behörde oder kurz BFA), vom 05.10.2017, Zl. XXXX, wurde Frau XXXX, geb. XXXX, StA:
Deutschland (im Folgenden: BF), gemäß § 66 Absatz 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, iVm § 55 Absatz 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (NAG) idgF, aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 70 Absatz 3 FPG wurde der BF ein Durchsetzungsaufschube von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt.
Mit dem fristgerechten bei der belangten Behörde eingelangten Schriftsatz erhob die BF Beschwerde gegen den im Spruch angeführten Bescheid.
Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) von der belangten Behörde vorgelegt und am 23.10.2017 der Gerichtsabteilung G302 zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsangehörige von Deutschland und somit EWR-Bürgerin im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.
Sie ist seit XXXX.2015 durchgehend mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet. Sie verfügt über eine Anmeldebescheinigung des Amtes der XXXX, XXXX, vom 07.11.2017, Zl XXXX.
Die BF ist ordentlich Studierende an der Universität XXXX und im Wintersemester 2017 zum XXXXstudium XXXX zur Fortsetzung gemeldet.
Die Eltern der BF erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb, nicht selbstständiger Arbeit bzw. Vermietung und Verpachtung von ca. 100.000 Euro im Jahr. Auf Grund der Unterhaltszahlungen verfügt die BF über ausreichende Existenzmittel.
Die BF ist bei der deutschen XXXX krankenversichert.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten, des nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakts, insbesondere der im Beschwerdeverfahren nachgereichten Kopien eines Personalausweises, der Anmeldebescheinigung, Bestätigung der Krankenversicherung und der Einkommensnachweise der Eltern.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtet das bisherige Ermittlungsverfahren als hinreichend, um den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. Aus den angeführten Gründen konnte der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Akteninhalt dem gegenständlichen Erkenntnis im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A):
Die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten - auszugsweise - wie folgt:
§ 66 (1) FPG: EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.
(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
§ 70 (1) FPG: Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.
(2) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
§ 51 (1) NAG: Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie 1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind; 2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder 3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.
§ 55 (3) NAG: Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes erweist sich die Beschwerde als begründet:
Die belangte Behörde führt im angefochtenen Bescheid aus, dass es die BF trotz nachweislicher Aufforderungen seitens der Einwanderungsbehörde verabsäumt hätte, eine Studienbestätigung, einen Nachweis ausreichender Existenzmittel und ein gültiges Reisedokument vorzulegen. Die BF sei auszuweisen, da ihr aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukomme. Die BF stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, da ihr Aufenthalt im Falle der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte.
Die BF hat im Zuge des Beschwerdeverfahrens die von der belangten Behörde bzw. von der Einwanderungsbehörde geforderten Unterlagen vorgelegt und es wurde ihr eine Anmeldebescheinigung ausgestellt. Wie oben schon ausgeführt, verfügt die BF über ausreichende Existenzmittel und ist selbst krankenversichert, somit kann keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit erkannt werden.
Die Beschwerde erweist sich somit als begründet Der Beschwerde war stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Im gegenständlichen Fall konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 VwGVG unterbleiben, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Zu Spruchpunkt B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Ausweisung aufgehoben, Behebung der Entscheidung, EU-Bürger,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:G302.2174327.1.00Zuletzt aktualisiert am
27.12.2017