TE Bvwg Beschluss 2017/12/11 L526 2178554-1

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Veröffentlicht am 11.12.2017
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Entscheidungsdatum

11.12.2017

Norm

AsylG 2005 §3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L526 2178554-1/2Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. P.M. SCHREY, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX geb. am XXXX , StA. Georgien, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.10.2017, Zl. XXXX , beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gem. § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl I Nr. 87/2012 idgF zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (im weiteren: BF), ein georgischer Staatsbürger, reiste im August 2017 in das Bundesgebiet ein und stellte am 10.8.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag wurde er einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab er an, dass er in Europa seine Krankheiten behandeln lassen möchte. In Georgien habe er so wenig Unterstützung gehabt, dass er nicht einmal seine Betriebskosten habe zahlen können. Seine Medikamente habe er auch nicht bezahlen können. Er habe mehrere Erkrankungen und wenn er keine Medikamente einnehme, gehe es ihm sehr schlecht. Er habe Aids, Hepatitis B und C, Knochenkrebs und Lymphdrüsentuberkulose. Aufgrund dieser Erkrankungen sei er bereits fünf Mal operiert worden.

Am 3.10.2017 wurde der BF durch die belangte Behörde, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im weiteren: bB oder BFA), niederschriftlich einvernommen. Anlässlich dieser Einvernahme gab der BF abermals an, behandelt werden zu wollen. Er und seine Familie hätten für die Behandlungen aber kein Geld. Zu seiner Herkunft befragt, gab der BF an, in XXXX geboren und dort aufgewachsen zu sein. Dazu findet sich folgende Anmerkung der bB im Einvernahmeprotokoll (AS 109): " XXXX ist eine Stadt in Georgien Seit 1992 war in XXXX die Gas-, Wasser- und Stromversorgung zusammengebrochen. Strom gibt es seit 2004 wieder. Das Gas- und Wasserleitungsnetz ist inzwischen völlig verrottet. Wasser fließt alle drei bis fünf Tage für etwa 30 Minuten. Trinkwasser muss in Kanistern aus Quellen und einigen wenigen Brunnen in der Stadt herbeigeschafft werden. Wohnungen, auch in Hochhäusern, werden mit Holzöfen beheizt. Durch die Situation hat sich die Einwohnerzahl fast halbiert."

Aus einem vorgelegten Attest des XXXX geht hervor, dass der Patient an HIV, Hepatitis B, Hepatitis C, latenter Hyperthyreose und Lues II leide. Ein Quanti-Feron-Test sei positiv verlaufen, einen Hinweis auf eine aktive Tuberkulose gebe es aber nicht.

Mit Bescheid vom 21.10.2017 hat die bB den Antrag der bP auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I und II). Außerdem wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt und gem. § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2. Z 2 FPG erlassen sowie gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gem. § 46 FPG nach Georgien zulässig sei (Spruchpunkt III). Einer Beschwerde gegen die Entscheidung wurde gem. § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

In ihren Feststellungen zur Situation im Falle der Rückkehr hielt die bB fest, es habe unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden können, dass der BF im Falle seiner Rückkehr in sein Heimatland einer realen Gefahr der Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder er als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt sein würde. Es habe auch nicht festgestellt werden können, dass er im Falle der Rückkehr nach Georgien in eine die Existenz bedrohende Notlage geraten würde. Er sei selbsterhaltungsfähig. Zuletzt sei er ohne Arbeit gewesen. Er könne sich aber – wie in den Länderfeststellungen ausführlich erörtert – an die Vielzahl von Hilfseinrichtungen wenden; sowohl die Grundversorgung als auch die medizinische Versorgung sei in Georgien gewährleistet.

Zur medizinischen Versorgung wurde unter Heranziehung von Informationen der Staatendokumentation des Bundesministeriums für Inneres Folgendes festgestellt:

"Die medizinische Versorgung ist für alle georgischen Staatsangehörigen durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung (Universal Health Care) kostenlos gewährleistet. Anhand privater Krankenversicherung kann die Leistungsübernahme medizinsicher Behandlungen beitragsabhängig erweitert werden. Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität. In der Hauptstadt Tiflis und weiteren städtischen Zentren (Kutassi, Batumi) bieten private Einrichtungen umfassende und moderne Behandlungen an; staatliche Einrichtungen, wie sie primär in den ländlichen Regionen anzutreffen sind, haben deutlichen Rückstand an technischer und personeller Ausstattung. Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist daher allein eine Behandlung in Tiflis möglich. Medikamente werden weitgehend importiert, zumeist aus der Türkei, Russland aber auch aus Deutschland." Ferner wird festgestellt, dass die meisten Medikamente nicht vom staatlichen Programm erfasst würden und die Patienten die Kosten für diese selbst tragen müssten. Hinsichtlich der Behandlungsmöglichkeiten von Hepatitis C wird festgehalten, dass Georgien mittels eines Programmes zur Eliminierung von Hepatitis C Diagnose und Therapie für alle verbilligen und entsprechende Kapazitäten aufbauen wolle; laut Aussagen des Premierministers hätten seit Beginn des Programmes im Jahr 2015 auch bereits 7.000 Personen eine kostenlose Behandlung erhalten. Ferner wird in den Länderfeststellungen noch angermerkt, dass die Behandlung von HIV und TB kostenfrei sei. Hinsichtlich der Sozialbeihilfen in Georgien wird festgehalten, dass diese für Einzelpersonen 60 GEL (24 Euro) monatlich betrage, das durchschnittliche Lebensminimum für einen Erwachsenen jedoch 160 GEL betrage. Weitere über die Feststellungen in den zitierten Länderberichten hinausgehende Feststellungen über die Verfügbarkeit einer medizinischen Versorgung im vorliegenden Fall und die Verfügbarkeit der dafür notwendigen Medikamente wurden nicht getätigt.

Beweiswürdigend führte die bB zusammengefasst aus, dass der BF keine Gründe geltend gemacht habe, die erkennen ließen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in die Heimat der Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt wäre oder er einer realen Gefahr der Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder er als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt sein würde. Das habe sich aus seinen Angaben im laufenden Verfahren ergeben. Dass er im Falle einer Rückkehr nach Georgien in eine die Existenz bedrohende Notlage geraten würde, sei mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit für die Behörde ausgeschlossen, da der BF selbsterhaltungsfähig sei, die Familie als soziales Auffangnetz zur Verfügung stehe, er sich an eine Vielzahl von Hilfsorganisationen wenden könne und sowohl die Grundversorgung als auch die medizinische Versorgung gewährleistet sei. Seine Erkrankungen seien heil- bzw. behandelbar. Dass im Falle einer Überstellung nach Georgien die reale Gefahr bestehe, der BF könne aufgrund der Erkrankung, Störung oder Beeinträchtigung in einen lebensbedrohlichen Zustand geraten oder die Krankheit könne sich in lebensbedrohlichem Ausmaß verschlechtern oder der BF könne unter besonders qualvollen Umständen zu Tode kommen, "ist zu verneinen". Im Rahmen einer Überstellung in den Herkunftsstaat sei darauf zu achten, dass der BF seine Medikation mit sich führe und sich nach seiner Rückkehr seiner oder einer alternativen Medikation sowie fachärztlichen Kontrollen zur Weiterverfolgung von Diagnose/Therapie unterziehe.

In ihrer rechtlichen Beurteilung hielt die bB fest, dass keine Hinweise auf das Vorliegen einer allgemein existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) vorlägen, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 oder 3 EMRK abgeleitet werden könne. Außerdem seien im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in die Heimat in eine lebensbedrohende Notlage geraten würde. Als soziales Auffangnetz würde die umfangreiche Familie zur Verfügung stehen. Es sei dem BF weiters zumutbar, Unterstützung von Seiten humanitärer Organisationen in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus werde darauf hingewiesen, dass der BF eine selbsterhaltungsfähige Person sei, die arbeitswillig und arbeitsfähig sei. Aufgrund seiner Angaben sei davon auszugehen, dass niemand in der Familie des BF tatsächlich wirtschaftliche Not leide.

Zu Spruchpunkt IV wurde schließlich noch festgehalten, dass es sich bei Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat handle und der BF könne, wie schon vor seiner Ausreise, seinen Lebensunterhalt für sich aus Arbeit bestreiten, habe er doch angegeben, arbeitsfähig und arbeitswillig zu sein. Auch sei die medizinische Grundversorgung gewährleistet und der BF könne sich an eine Vielzahl von Hilfsorganisationen wenden.

Für die Behörde stehe fest, dass für den BF bei der Rückkehr in den Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung gegeben ist. Er bedürfe nicht des Schutzes Österreichs. Es sei davon auszugehen, dass die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Interesse eines geordneten Fremdenwesens geboten ist. Da dem Antrag auf internationalen Schutz keine Aussicht auf Erfolg beschieden ist und dem BF auch keine sonstige reale und menschenrechtsrelevante Gefahr im Herkunftsstaat droht, sei es ihm zumutbar, den Ausgang des Asylverfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten. Das Interesse auf einen Verbleib in Österreich während des gesamten Asylverfahrens trete hinter das Interesse Österreichs auf eine rasche und effektive Durchsetzung der Rückkehrentscheidung zurück.

Am 11. November 2017 wurde von der LPD XXXX Bericht darüber erstattet, dass der BF dabei betreten worden sei, als er in einem Einkaufszentrum einen Sweater und ein gebrauchtes Mobiltelefon im Wert von insgesamt 140 Euro zu stehlen versucht habe.

Gegen den oben genannten Bescheid wurde binnen offener Frist eine begründete Beschwerde erhoben und u.a. beantragt, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Zur Begründung wurde zusammengefasst ausgeführt, dass es nicht nachvollziehbar sei, wie die Behörde angesichts der Aussagen des BF und der Feststellungen über die medizinische Versorgung zu dem Schluss komme, der BF würde im Falle einer Rückkehr nach Georgien in keine Existenz bedrohende Notlage kommen. Zudem sei auch die Dauer des Einreiseverbotes nicht nachvollziehbar begründet; es fehle eine Subsumtion unter die gesetzlichen Tatbestände; der BF hätte auch keinen davon verwirklicht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer hält sich seit Anfang August im Bundesgebiet auf und stellte am 11.08.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer brachte keine asylrelevante Verfolgung vor. Er leidet an verschiedenen schweren Krankheiten, die in Österreich behandelt werden.

2. Beweiswürdigung:

Der hierfür maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels anderweitiger gesetzlicher Anordnung liegt gegenständlich somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

§ 18 BFA-VG

(1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundener Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3. Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.

Nach derzeitiger Aktenlage kann innerhalb der gesetzlichen Frist nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass die Effektuierung der Rückkehrentscheidung in den in Aussicht genommenen Zielstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde.

Die bB schließt mit "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" aus, dass der BF im Falle seiner Rückkehr in eine lebensbedrohliche Notlage geraten würde und verneint, dass sich seine Krankheiten in lebensbedrohlichem Ausmaß verschlechtern könnten. Begründet wird das u. a. mit der Selbsterhaltungsfähigkeit des BF, der Grundversorgung und der medizinischen Grundversorgung in Georgien. Die von der bB getätigten Schlussfolgerungen sind jedoch vor allem vor dem Hintergrund der Ausführungen in den Länderfeststellungen (AS 167 bis 171) und den Aussagen der bB (AS 53) über die prekären Zustände in der Heimatregion des BF nicht nachvollziehbar. Weitere Ermittlungsschritte hinsichtlich der Verfügbarkeit einer medizinischen Versorgung im vorliegenden Fall und die Verfügbarkeit der dafür notwendigen Medikamente wurden nicht getätigt.

Wenn die bB feststellt, der BF sei arbeitsfähig und arbeitswillig (AS 199), so ist das im Hinblick auf seine Aussage, er könne nicht arbeiten, da er regelmäßig Kontrolltermine im Krankenhaus wahrzunehmen habe (AS 56) sowie das sich aus dem vorgelegten unbedenklichen ärztlichen Attest ableitbare Bild über den Gesundheitszustand des BF ebenfalls nicht nachvollziehbar.

Im vorliegenden Fall kann ohne weitere Prüfung des Sachverhaltes und ohne weitere Ermittlungsschritte vorzunehmen nicht ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers in den in Aussicht genommenen Zielstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG entfallen.

Zurückweisung des Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG regelt, dass das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen amtswegig zuzuerkennen hat. Ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - wie er etwa in § 13 Abs. 3 und 4 und § 22 Abs. 1 und 3 VwGVG sowie § 30 Abs. 2 VwGG vorgesehen ist - ist in § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorgesehen. Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG ist somit unzulässig (vgl. zum Ganzen den Beschluss des VwGH vom 13. September 2016, Fr 2016/01/0014, sowie dem folgend die Beschlüsse des VwGH vom 19. Juni 2017, Fr 2017/19/0023 und 0024, und vom 27. Juni 2017, Fr 2017/18/0022).

Der Beschluss auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Antragsbegehren, aufschiebende Wirkung, Rechtsanschauung des VwGH,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:L526.2178554.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.12.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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