Index
L85007 Straßen Tirol;Norm
BStG 1971 §20;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Bayjones und MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision der G Gesellschaft m.b.H. in I, vertreten durch Dr. Andreas König, Dr. Andreas Ermacora, Dr. Barbara Lässer, Dr. Christian Klotz, Mag. Claudia Lantos LLM. und MMag. Mathias Demetz, BSc. Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Erlerstraße 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 22. Jänner 2016, LVwG-2015/33/1171-2, betreffend Kostenersatz nach § 74 Tiroler Straßengesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Tiroler Landesregierung; mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Innsbruck in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 18), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die revisionswerbende Partei ist Bestandnehmerin der Grundstücke Nr., und KG W, sowie Eigentümerin der auf diesen Grundstücken errichteten Superädifikate. Betreffend diese Grundstücke beantragte die Stadtgemeinde Innsbruck auf Grundlage der Straßenbaubewilligung, die mit im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 19. Jänner 2012 erteilt worden war, mit Eingabe vom 23. April 2013 bei der Tiroler Landesregierung die vorübergehende Benutzung von Grundstücksteilflächen und die dauernde und lastenfreie Enteignung der für das Bauvorhaben "Umbau der G-Kreuzung" noch benötigten Grundstücksflächen in der KG W sowie die Festsetzung der hierfür zu leistenden Vergütung. Von diesem Antrag sind u.a. die oben genannten Grundstücke betroffen.
2 Im Zuge des daraufhin durch die Tiroler Landesregierung eingeleiteten Enteignungsverfahrens stellte die revisionswerbende Partei Anträge auf Kostenersatz gemäß § 74 Tiroler Straßengesetz (TStrG).
3 Mit Erkenntnis vom 7. August 2013, 2012/06/0039, behob der Verwaltungsgerichtshof infolge der von mehreren betroffenen Grundeigentümern erhobenen Beschwerden den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 19. Jänner 2012.
4 In der Folge wurde der Antrag der Stadtgemeinde Innsbruck vom 23. April 2013 auf Durchführung eines Enteignungsverfahrens gemäß §§ 67 ff TStrG aufgrund des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichthofes vom 7. August 2013 mangels Vorliegen einer rechtskräftigen Straßenbaubewilligung mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 25. März 2015 unter Spruchpunkt I gemäß § 62 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 62 Abs. 2 TStrG als unzulässig zurückgewiesen. Unter Spruchpunkt II sprach die Behörde über die Anträge auf Kostenersatz mehrerer Parteien ab. Unter Spruchpunkt II.3 setzte sie den der revisionswerbenden Partei gegenüber der Stadtgemeinde Innsbruck gemäß § 74 TStrG zustehenden Kostenersatz in der Höhe von EUR 14.187,54 fest, bestimmte eine Leistungsfrist von 14 Tagen und wies das Kostenmehrbegehren der revisionswerbenden Partei ab.
5 Gegen Spruchpunkt II.3. des Bescheides der Tiroler Landesregierung vom 25. März 2015 erhob die revisionswerbende Partei im Umfang der Abweisung ihres Kostenmehrbegehrens Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab dieses unter Spruchpunkt III gemäß § 28 VwGVG der Beschwerde der revisionswerbenden Partei insofern Folge, als dieser gegenüber der Stadtgemeinde Innsbruck als Enteignerin ein Kostenersatz in der Höhe von EUR 17.761,42 zuerkannt wurde. Im Übrigen wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Partei als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich des zuerkannten Betrages in der Höhe von EUR 17.761,42 bestimmte das Verwaltungsgericht eine Leistungsfrist von 14 Tagen. Das Verwaltungsgericht sprach weiters aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
7 Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens begründete das Verwaltungsgericht zusammengefasst dahingehend, dass der revisionswerbenden Partei betreffend eine Stellungnahme vom 24. Juni 2014, eine Stellungnahme vom 3. Juni 2013 sowie eine Kommission vom 28. Mai 2013 kein Kostenersatz zustehe. Bei der Stellungnahme vom 24. Juni 2014 handle es sich um einen Schriftsatz außerhalb des Enteignungsverfahrens. Bezüglich der Stellungnahme vom 3. Juni 2013 sei auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. April 1994, 93/06/0231, zu verweisen. Demnach seien Schriftsätze, soweit in diesen Einwendungen des Enteignungsgegners erstattet würden, nur dann gerechtfertigt und somit kostenpflichtig, wenn sie der Behörde so rechtzeitig zugingen, dass eine rechtzeitige Zustellung an den Enteignungswerber vor der Enteignungsverhandlung und damit auch die Vorbereitung der Stellungnahme noch möglich seien. Diese Voraussetzungen lägen im Hinblick auf die am 4. Juni 2013 durchgeführte mündliche Verhandlung betreffend die Stellungnahme vom 3. Juni 2013 nicht vor. Hinsichtlich der Abweisung des Antrags auf Kostenersatz für die Kommission am 28. Mai 2013 sei auf die Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis betreffend die Akteneinsicht zu verweisen. Das Enteignungsverfahren sei ein nachgelagertes Verfahren, weshalb davon auszugehen sei, dass die Akten aus dem Vorverfahren betreffend die Straßenbaubewilligung bereits bekannt gewesen seien. Es sei daher durchaus berechtigt, den Kostenersatz für die Akteneinsicht im Enteignungsverfahren restriktiv zu behandeln, und zwar sowohl hinsichtlich der Dauer als auch hinsichtlich des Honorars.
8 Zur Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG führte das Verwaltungsgericht aus, dass "bezüglich des gegenständlichen Falls" eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vorliege und auch die Rechtsprechung "in dieser Frage" nicht einheitlich sei. Es seien daher die Voraussetzungen des § 25a VwGG erfüllt und es sei daher "für diese Rechtsfrage" eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zuzulassen.
9 Gegen Spruchpunkt III dieses Erkenntnisses, soweit damit das Kostenmehrbegehren der revisionswerbenden Partei abgewiesen wurde, richtet sich die vorliegende Revision. Die revisionswerbende Partei beantragt die Entscheidung in der Sache durch den Verwaltungsgerichtshof, hilfsweise die Behebung des angefochtenen Erkenntnisses im bekämpften Umfang, sowie Kostenersatz.
10 Die mitbeteiligte Stadtgemeinde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der die kostenpflichtige Zurückweisung der Revision, hilfsweise deren Abweisung beantragt wird.
11 Die revisionswerbende Partei schloss sich der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts an und verwies ergänzend zusammengefasst darauf, dass das angefochtene Erkenntnis insofern von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche, als das Verwaltungsgericht entgegen der im hg. Erkenntnis vom 14. April 1994, 93/06/0231, zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung sowie entgegen der Bestimmung des § 42 AVG, wonach Einwendungen noch am Tag vor oder während der Verhandlung als rechtzeitig anzusehen seien, für die Stellungnahme vom 3. Juni 2013 keinen Kostenersatz zuerkannt hätte. Dies obwohl diese Stellungnahme aufgrund der Komplexität des Verfahrens und zudem über Aufforderung durch die Behörde erstattet worden und daher jedenfalls zu honorieren sei. Im Übrigen sei auch die Stellungnahme vom 24. Juni 2014 während des anhängigen Enteignungsverfahrens erstattet worden. Weiters sei für die Akteneinsicht Kostenersatz zu leisten.
12 Die Revision erweist sich aus den im Nachstehenden dargelegten Gründen als nicht zulässig:
13 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
16 Vorauszuschicken ist, dass die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts nicht erkennen lässt, im Hinblick auf welche Rechtsfrage nach Ansicht des Verwaltungsgerichts die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG gegeben wären. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wird in der Zulässigkeitsbegründung des angefochtenen Erkenntnisses mit dem allgemeinen Hinweis auf fehlende Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht aufgezeigt. Inwiefern die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Zusammenhang mit in der betreffenden Rechtssache entscheidungswesentlichen Fragestellungen als uneinheitlich zu beurteilen wäre, lässt das angefochtene Erkenntnis ebenso offen.
17 Auch im Fall der Zulassung der Revision durch das Verwaltungsgericht hat der Revisionswerber von sich aus die unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B-VG maßgeblichen Gründe für die Zulässigkeit der Revision aufzuzeigen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet. Letzteres gilt auch dann, wenn sich die Revision zwar auf die Gründe, aus denen das Verwaltungsgericht die Revision für zulässig erklärt hatte, beruft, diese Gründe aber - wie im vorliegenden Fall - zur Begründung der Zulässigkeit der konkret erhobenen Revision nicht ausreichen (VwGH 31.8.2017, Ro 2016/21/0014).
18 Die revisionswerbende Partei erstattete in diesem Sinne ein ergänzendes Zulässigkeitsvorbringen, jedoch gelingt es ihr auch mit diesem Vorbringen nicht, eine Rechtsfrage im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen.
19 Nach der im vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtslage hat die revisionswerbende Partei gemäß § 74 TStrG, LGBl. Nr. 13/1989 in der Fassung LGBl. Nr. 187/2014, Anspruch auf Ersatz der zu ihrer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten ihrer rechtsfreundlichen Vertretung und sachverständigen Beratung (vgl. zu den angemessenen Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung im Zusammenhang mit § 20 Bundesstraßengesetz 1971 VwGH 14.4.1994, 93/06/0231, wobei die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes auf den Anspruch auf Kostenersatz nach § 74 TStrG übertragbar sind).
20 Die revisionswerbende Partei verweist darauf, dass ihr entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts Kostenersatz nach § 74 TStrG auch für ihre Stellungnahme vom 3. Juni 2013 zustünde. Dabei übersieht sie jedoch, dass ihr bereits Kostenersatz für die am darauffolgenden Tag anberaumte Verhandlung zuerkannt wurde. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern das in der Stellungnahme vom 3. Juni 2013 erstattete Vorbringen infolge seines Umfangs oder aufgrund seiner Komplexität nicht in der mündlichen Verhandlung am 4. Juni 2013 hätte vorgetragen werden können (vgl. zu § 36 Abs. 2 Oberösterreichisches Straßengesetz 1991 und § 44 Eisenbahnenteignungsgesetz1954 sowie betreffend einen am Tag nach der mündlichen Verhandlung erstatteten Schriftsatz, der als nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung geeignet erachtet wurde, weil das Vorbringen auch in der Verhandlung hätte erstattet werden können VwGH 14.12.2004, 2004/05/0079).
21 Soweit die revisionswerbende Partei einwendet, ihr sei für die Stellungnahme vom 24. Juni 2014 Kostenersatz zuzuerkennen gewesen, ist ihr entgegenzuhalten, dass diese Stellungnahme - wie das Verwaltungsgericht zutreffend festhielt - nicht als Handlung der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Enteignungsverfahren zu qualifizieren und daher nicht gemäß § 74 TStrG ersatzfähig ist. Die Stellungnahme vom 24. Juni 2014 erging über Aufforderung der Behörde an die revisionswerbende Partei, sich zur Bemessung des Kostenersatzes nach § 74 TStrG zu äußern. Mit dem genannten Schriftsatz vom 24. Juni 2014 wiederholte die revisionswerbende Partei eingangs lediglich den bereits mit Eingabe vom 8. Oktober 2013 gestellten (und durch das Verwaltungsgericht ohnehin nach § 74 TStrG honorierten) Antrag auf Zurückweisung des Enteignungsantrages und erstattete im Übrigen Ausführungen zu Fragen des Kostenersatzes (vgl. zur fehlenden Ersatzfähigkeit von im "Kostenverfahren" aufgelaufenen Aufwendungen VwGH 14.4.1994, 93/06/0231).
22 Schließlich gelingt es der Revision im allein maßgeblichen Zulässigkeitsvorbringen mit dem nicht weiter substantiierten Hinweis auf Kosten, die für die Akteneinsicht zuzuerkennen wären, keine Rechtsfrage im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen.
23 Die vorliegende Revision erweist sich somit vor dem Hintergrund bereits bestehender Leitlinien der (zu mit § 74 TStrG in der Fassung LGBl. Nr. 187/2014 vergleichbaren Bestimmungen ergangenen und daher auf den in Rede stehenden Fall übertragbaren) Rechtsprechung wegen Fehlen der Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG als nicht zur Behandlung geeignet. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.
24 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013.
Wien, am 22. November 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RO2016060005.J00Im RIS seit
27.12.2017Zuletzt aktualisiert am
05.01.2018