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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie den Hofrat MMag. Maislinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Finanzamtes Oststeiermark in 8330 Feldbach, Gnaserstraße 3, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 15. Oktober 2014, Zl. RV/2100191/2009, betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag sowie Säumniszuschläge 2000 bis 2005, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 12. November 2014 (mitbeteiligte Partei: A GmbH in O, vertreten durch die BNP Wirtschaftstreuhand und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 4810 Gmunden, Ohlsdorferstraße 44), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Betriebsgegenstand der K-KG (Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei) war die Aufschließung von Gesteinsvorkommen sowie die Gewinnung und der Vertrieb von Gestein aller Art. Sie war Mitglied eines Konzerns, dessen Muttergesellschaft ihren Sitz in Österreich hat. Neben inländischen Gesellschaften gehören auch ausländische Gesellschaften zum Konzernverbund.
2 Im Ergebnis einer Prüfung lohnabhängiger Abgaben bei der K-KG erließ das Finanzamt Haftungs- bzw. Abgabenbescheide betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag samt Zuschlägen sowie Säumniszuschläge für den Zeitraum vom 1.1.2000 bis 31.12.2005. Die Nachversteuerung betraf u.a. bisher gemäß § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 steuerfrei belassene Bezüge. Im Prüfbericht wird dazu ausgeführt, dass die Grundvoraussetzung der Steuerbefreiung, nämlich die „Errichtung einer begünstigten Anlage durch ein inländisches Unternehmen im Ausland“ nicht gegeben sei. Der Abbau des Gesteins sei ausschließlich von einem ausländischen Tochterunternehmen der Konzernmutter durchgeführt worden, welchem zur Überwachung und Betreuung der Anlagen und des Abbaus von Bodenschätzen inländisches Personal zur Verfügung gestellt werde. Da die K-KG nicht Errichter der Anlage im Ausland sei und auch keine Bodenschätze im Ausland gewinne, stelle die Personalgestellung keine begünstigte Tätigkeit dar.
3 In ihrer dagegen erhobenen Berufung wies die K-KG darauf hin, dass allen Konzerngesellschaften gemein sei, dass sie sich mit dem Aufsuchen von Bodenschätzen und dem Abbau von Hartgestein beschäftigten und in diesem Zusammenhang auch die begünstigten Maschinen und Anlagen errichteten. Die betroffenen Dienstnehmer würden im Rahmen von Personalgestellungsverträgen den ausländischen Tochter- und Schwesterunternehmen überlassen. Betriebsgegenstand der ausländischen Konzernmitglieder sei der Abbau von hartem Gestein. In diesem Zusammenhang würden Maschinen und Anlagen begünstigt errichtet. Im Prüfbericht vom 12.1.2006 werde die Steuerbegünstigung des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 versagt, weil es an der Grundvoraussetzung fehle, wonach ein inländisches Unternehmen im Ausland eine begünstigte Anlage errichte oder einem inländischen Unternehmen Rechte zur Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen eingeräumt sei. Wie der Verwaltungsgerichtshof jedoch in seinen Erkenntnissen vom 17.11.2004, 2000/14/0105, und vom 24.10.2005, 2001/13/0226 und 2002/13/0068, ausgeführt habe, stelle die in Rede stehende Begünstigung jedenfalls dann nicht darauf ab, dass ein inländischer Arbeitgeber im Ausland eine begünstigte Anlage errichte, wenn eine Personalgestellung vorliege. Die von den ausländischen Konzerngesellschaften im Revisionsfall unstrittig durchgeführte Errichtung von Anlagen erfolge im Zuge der Gewinnung von Bodenschätzen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der (nunmehrigen) Beschwerde statt. Die Bescheide des Finanzamtes wurden abgeändert und ausgesprochen, dass eine Revision im Hinblick auf die in der Berufung angesprochene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unzulässig sei.
5 Der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 biete keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Personalgestellung zu ausländischen Konzernunternehmen nicht unter die Befreiungsbestimmung falle. Der Begriff „andere Unternehmungen“ erfasse sowohl ausländische wie inländische Unternehmungen. Eine derartige Auslegung sei auch verfassungsrechtlich - wie näher ausgeführt - geboten. Gegenteilige Erlässe der Finanzverwaltung stellten nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine verbindliche Rechtsquelle dar. Zusammenfassend führte das Bundesfinanzgericht aus, dass die Tätigkeiten der kaufmännischen/technischen Leitung und der sie unterstützenden Dienstnehmer, die in der Leitung und Überwachung der Errichtung von Aufbereitungsanlagen (Steinbrecher, Gesteinsmühlen, Förderbänder), dem Aufbau der Organisation, der ressourcenmäßigen Ausstattung und der Inbetriebnahme bestanden hätten, als mittelbare und unmittelbare Assistenzleistungen im Rahmen der Personalgestellung anlässlich der Errichtung von Anlagen bzw. dem Aufsuchen von Bodenschätzen iSd § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 zu qualifizieren seien.
6 Dagegen wendet sich die Revision des Finanzamtes. Zur Zulässigkeit macht das Finanzamt geltend, die vom Bundesfinanzgericht angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes beträfen ausschließlich Personalgestellungen anlässlich der Errichtung von Anlagen durch andere Unternehmungen und seien mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar, weil es gegenständlich auch um das Aufsuchen und Gewinnen von Bodenschätzen gehe. § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 in der für den Revisionszeitraum gültigen Fassung nenne als begünstigte Auslandstätigkeiten die „Bauausführung, Montage, Montageüberwachung, Instandsetzung und Wartung von Anlagen, die Personalgestellung anlässlich der Errichtung von Anlagen durch andere Unternehmungen sowie die Planung, Beratung und Schulung, soweit sich alle diese Tätigkeiten auf die Errichtung von Anlagen im Ausland beziehen, weiters das Aufsuchen und die Gewinnung von Bodenschätzen im Ausland“. Dass die Personalgestellung für das Aufsuchen und die Gewinnung von Bodenschätzen im Ausland gleichfalls begünstigt sei, lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen. Vielmehr sei die Personalgestellung ausdrücklich nur insofern als begünstigte Auslandstätigkeit anzusehen, als sich diese auf die Errichtung von Anlagen im Ausland beziehe. Das Aufsuchen und die Gewinnung von Bodenschätzen im Ausland könne für sich eine begünstigte Tätigkeit iSd § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 darstellen, nicht jedoch die Personalgestellung dafür. Das Bundesfinanzgericht habe keine Differenzierung hinsichtlich der Personalgestellung anlässlich der Errichtung von Anlagen und der Personalgestellung im Rahmen des Aufsuchens und der Gewinnung von Bodenschätzen vorgenommen.
7 Die mitbeteiligte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Die Revision ist nicht zulässig.
Gemäß § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 idF vor dem AbgÄG 2005, BGBl. I Nr. 161/2005, sind von der Einkommensteuer befreit:
„Einkünfte, die Arbeitnehmer inländischer Betriebe (lit. a) für eine begünstigte Auslandstätigkeit (lit. b) von ihren Arbeitgebern beziehen, wenn die Auslandstätigkeit jeweils ununterbrochen über den Zeitraum von einem Monat hinausgeht.
a) Inländische Betriebe sind Betriebe von inländischen Arbeitgebern oder inländische Betriebsstätten von im Ausland ansässigen Arbeitgebern.
b) Begünstigte Auslandstätigkeiten sind die Bauausführung, Montage, Montageüberwachung, Inbetriebnahme, Instandsetzung und Wartung von Anlagen, die Personalgestellung anlässlich der Errichtung von Anlagen durch andere Unternehmungen sowie die Planung, Beratung und Schulung, soweit sich alle diese Tätigkeiten auf die Errichtung von Anlagen im Ausland beziehen, weiters das Aufsuchen und die Gewinnung von Bodenschätzen im Ausland.“
12 Dem angefochtenen Erkenntnis liegt die Sachverhaltsfeststellung zu Grunde, dass die Tätigkeit der von der K-KG gestellten Dienstnehmer im Bereich der Leitung und Überwachung der Errichtung von Aufbereitungsanlagen (Steinbrecher, Gesteinsmühlen, Förderbänder), dem Aufbau der Organisation, der ressourcenmäßigen Ausstattung und der Inbetriebnahme bestanden hätten. Dass die Anlagen im Revisionsfall dem Aufsuchen und der Gewinnung von Bodenschätzen gedient haben, steht der Steuerbegünstigung nicht entgegen. Die vom revisionswerbenden Finanzamt vermisste Differenzierung zwischen einer Personalgestellung anlässlich „der Errichtung von Anlagen durch andere Unternehmungen“ und einer Personalgestellung „im Rahmen des Aufsuchens und der Gewinnung von Bodenschätzen“ würde voraussetzen, dass das Aufsuchen und die Gewinnung des revisionsgegenständlichen Hartgesteins nicht zugleich mit der Errichtung der entsprechenden Gewinnungs- und Förderanlagen einhergeht. Dies wird im Zulassungsvorbringen nicht dargelegt. Insbesondere zeigt das revisionswerbende Finanzamt nicht auf, dass im Prüfungsverfahren entsprechende Feststellungen des Finanzamtes getroffen worden wären, über die sich das Bundesfinanzgericht hinweggesetzt hätte.
13 Fragen des Verfahrensrechts werden in den Zulässigkeitsgründen nicht aufgeworfen. Auf das diesbezügliche Vorbringen in der Revisionsbegründung war daher im Zusammenhang mit der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht einzugehen.
14 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
15 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 27. November 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2015150016.L00Im RIS seit
20.08.2021Zuletzt aktualisiert am
20.08.2021