Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §58;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/20/0076 Ra 2017/20/0075Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, in den Rechtssachen der Revision
1. der A A (protokolliert zur hg. Zl. Ra 2017/20/0074), 2. des S J
Y (protokolliert zur hg. Zl. Ra 2017/20/0075), und 3. des S J Y (protokolliert zur hg. Zl. Ra 2017/20/0076), alle in W, alle vertreten durch Mag. Dr. Mathias Ettel, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Reisnerstraße 61, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Jänner 2017, Zl. W232 2131326- 1/6E (zu 1.), Zl. W232 2131327-1/6E (zu 2.) und Zl. W232 2131330- 1/6E (zu 3.), betreffend Zurückweisung von Anträgen auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005 und Anordnung von Außerlandesbringungen nach dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Erstrevisionswerberin stellte gemeinsam mit ihren zwei minderjährigen Söhnen, alle Staatsangehörige des Iran, am 20. April 2016 die verfahrensgegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.
2 Aufgrund des Ergebnisses einer EURODAC-Abfrage, wonach die revisionswerbenden Parteien wegen eines in Ungarn gestellten Asylantrages dort erkennungsdienstlich behandelt worden seien, stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO), am 23. Mai 2016 ein Wiederaufnahmegesuch an Ungarn.
3 Die dagegen erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und sprach weiters aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Zum Vorbringen der Revisionswerber, das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts verstoße gegen die Begründungspflicht von verwaltungsgerichtlichen Erkenntnissen, weil keine Feststellung zur Situation der Revisionswerber in Ungarn getroffen, sondern lediglich pauschal auf die gesamten, im Bescheid des BFA getroffenen Feststellungen verwiesen worden sei, ist auszuführen, dass die Verwaltungsgerichte den Erfordernissen gemäß § 29 Abs. 1 VwGVG dann gerecht werden, wenn sich die ihre Entscheidungen tragenden Überlegungen zum maßgebenden Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie zur rechtlichen Beurteilung aus den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen selbst ergeben (VwGH 28.1.2015, Ra 2014/18/0097, mwN). Im Hinblick auf die Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts wird der Anforderung, dass die maßgeblichen Erwägungen aus der Begründung der Entscheidung hervorgehen müssen, entsprochen, wenn dieser in den wesentlichen Punkten in der Begründung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes wiedergegeben wird. Im Übrigen ist aber ein Verweis auf die Entscheidungsgründe des Bescheides der belangten Behörde zulässig (vgl. VwGH 8.9.2017, Ra 2017/20/0079 bis 0081, mwN).
9 Das BVwG führt im Erkenntnis die Feststellungen des BFA zur Situation von Asylwerbern in Ungarn an und legt diese seiner Beurteilung, wonach die in den angefochtenen Bescheiden dargestellten Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben hätten, dass das ungarische Asylwesen für Personen, die dort in einem Asylverfahren stünden, grobe systemische Mängel aufweisen würden, zugrunde. Damit erweist sich der Einwand, das BVwG sei diesbezüglich seiner Begründungspflicht nicht nachgekommen, als unzutreffend.
10 Den dieser Beurteilung zugrunde liegenden Feststellungen u. a. zur Situation von Dublin-Rückkehrern sowie zur fremdenpolizeilichen und zur asylrechtlichen Haft in Ungarn - bezogen auf seinen Entscheidungszeitpunkt (vgl. VwGH 14.11.2017, Ra 2017/20/0108) - traten die Revisionswerber nicht substantiiert entgegen. Das Vorbringen der Revisionswerber, wonach sie in Ungarn menschenunwürdig behandelt worden seien, indem sie gezwungen worden seien, einen Asylantrag zu unterschreiben und ihnen angedroht worden sei, bei einer Verweigerung der Abgabe ihrer Fingerabdrücke in den Iran zurückkehren zu müssen bzw. sechs Monate in Haft zu kommen, reicht für eine Widerlegung der Sicherheitsvermutung nach § 5 Abs. 3 AsylG 2005 nicht aus.
11 Die Revision zeigt daher keine Rechtsfrage auf, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
12 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 30. November 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017200074.L00.1Im RIS seit
27.12.2017Zuletzt aktualisiert am
25.01.2018