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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des D in Linz, geboren am 3. April 1976, vertreten durch Dr. Johannes Winkler, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 29. Oktober 1999, Zl. St 211/99, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 29. Oktober 1999 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 iVm §§ 37 und 39 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer halte sich seit 1991 in Österreich auf. Zuletzt sei ihm eine bis 6. April 1997 gültige Aufenthaltsbewilligung erteilt worden.
Am 23. Jänner 1997 sei der Beschwerdeführer wegen der Vergehen der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung gemäß § 298 Abs. 1 StGB und der Begünstigung gemäß § 299 Abs. 1 leg. cit. zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe von 180 Tagessätzen rechtskräftig verurteilt worden. Am 12. Februar 1998 sei die bedingte Strafnachsicht widerrufen worden.
Am 11. Juli 1997 sei der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Weitergabe nachgemachten oder verfälschten Geldes gemäß § 233 Abs. 1 Z. 2 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 3 Monaten und zu einer (unbedingten) Geldstrafe von 300 Tagessätzen rechtskräftig verurteilt worden.
Am 8. April 1999 sei er wegen Weitergabe nachgemachten oder verfälschten Geldes gemäß § 233 Abs. 1 Z. 2 StGB, wegen Diebstahls gemäß § 127 leg. cit, Urkundenunterdrückung gemäß § 229 Abs. 1 leg. cit. und (vorsätzlicher) Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 leg. cit. zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten als Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 StGB zum oben genannten Urteil vom 11. Juli 1997 rechtskräftig verurteilt worden.
Schließlich sei er am 25. Mai 1999 wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung gemäß § 107 Abs. 1 StGB und der (vorsätzlichen) Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 leg. cit. zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen rechtskräftig verurteilt worden.
Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer zwölfmal wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne die hiefür erforderliche Berechtigung (elfmal gemäß § 1 Abs. 3 Führerscheingesetz und einmal gemäß § 64 Abs. 1 KFG) und einmal wegen des Vergehens gemäß § 5 Abs. 2 iVm § 99 Abs. 1 lit. b StVO rechtskräftig bestraft worden. Weiters schienen "einige Verwaltungsstrafvormerkungen nach StVO, dem KFG, dem Meldegesetz, dem FrG 1992 und dem OÖ PolStG" auf.
Auf Grund der gerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt.
Strafbare Handlungen nach den §§ 298 und 299 StGB seien "entsprechend schwer zu gewichten", strafbare Handlungen nach § 233 StGB (Weitergabe nachgemachten oder verfälschten Geldes) seien jedoch "enorm zu gewichten". Geld spiele in einem Gemeinwesen, speziell im Wirtschaftsleben, eine zentrale Rolle. Das Verbrechen der Geldfälschung beeinflusse nicht nur das Währungs- und Wirtschaftssystem eines Landes, sondern habe auch großen Einfluss auf die Stabilität des gesetzlichen Zahlungsmittels. Nicht zuletzt würden Personen durch die unbewusste Annahme von Falschgeld an ihrem Vermögen geschädigt. Dies sei auch deshalb von Bedeutung, weil man sich in einem geordneten Wirtschaftsleben auf ein gesetzliches Zahlungsmittel verlassen können müsse. Vor diesem Hintergrund sei es erforderlich, nicht nur gegen den unmittelbaren Täter, sondern auch gegen jeden vorzugehen, der dazu beitrage, gefälschtes Geld in Umlauf zu bringen.
Auch der vom Beschwerdeführer begangenen gefährlichen Drohung komme ein großes Gewicht zu, zumal es erfahrungsgemäß von der Drohung bis zur Ausführung oftmals nur ein kleiner Schritt sei. Zu beachten sei weiters, dass sich der Beschwerdeführer auch von rechtskräftigen Verurteilungen und Bestrafungen nicht von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen habe abhalten lassen.
Aus diesen Gründen sei die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt.
Der Beschwerdeführer halte sich seit 1991 mit seinen Eltern und den beiden Schwestern im Bundesgebiet auf. Er sei immer einer Beschäftigung nachgegangen und verdiene derzeit etwa monatlich S 20.000,-- netto. Dies sei ein Indiz dafür, dass der Beschwerdeführer zumindest in beruflicher Hinsicht integriert sei. Seit 5. Juni 1998 sei er mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Im Hinblick auf die dargestellten Straftaten sei für den Beschwerdeführer eine negative Prognose zu erstellen. Das Aufenthaltsverbot sei daher im Licht des § 37 Abs. 1 FrG gerechtfertigt. Die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung dieser Maßnahme wögen wesentlich schwerer als die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.
Zudem sei das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers "doch schwerwiegenderer Art", weshalb nicht mit einer Ermahnung das Auslangen habe gefunden werden können, sondern "von der Ermessensbestimmung des § 36 Abs. 1 FrG Gebrauch gemacht werden musste".
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, in wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und sah von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach § 49 Abs. 1 erster Satz FrG genießen Angehörige von Österreichern gemäß § 47 Abs. 3 leg. cit., die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, Niederlassungsfreiheit; für sie gelten, sofern im Folgenden nicht anderes gesagt wird, die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach dem 1. Abschnitt des 4. Hauptstückes. Im vorliegenden Fall findet daher auf den Beschwerdeführer, der Ehegatte einer österreichischen Staatsbürgerin ist, die Bestimmung des § 48 Abs. 1 erster Satz FrG Anwendung, der zufolge die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige nur zulässig ist, wenn auf Grund ihres Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist.
Der Umstand, dass die belangte Behörde das Aufenthaltsverbot im Spruch ihres Bescheides allein auf § 36 FrG und nicht auf § 48 Abs. 1 leg. cit. gestützt hat, bewirkt keine Verletzung subjektiver Rechte des Beschwerdeführers, weil § 36 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 leg. cit. bei der Frage, ob gegen einen EWR-Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltsverbot zu erlassen ist, weiterhin insofern von Bedeutung ist, als ein Aufenthaltsverbot nur bei Vorliegen der in § 36 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. genannten Voraussetzungen erlassen werden darf und auf den Katalog des § 36 Abs. 2 leg. cit. als "Orientierungsmaßstab" zurückgegriffen werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2000, Zl. 2000/18/0008).
2.1. Auf Grundlage des unbestrittenen Sachverhaltes bestehen gegen die (in der Beschwerde nicht bekämpfte) Ansicht, dass der Beschwerdeführer den - als "Orientierungsmaßstab" heranzuziehenden - Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt, keine Bedenken.
2.2. Die in § 48 Abs. 1 iVm § 36 Abs. 1 Z. 1 FrG umschriebene Annahme ist schon im Hinblick auf das im angefochtenen Bescheid zu Recht betonte große öffentliche Interesse an der Verhinderung der mit Geldfälschung im Zusammenhang stehenden Kriminalität gerechtfertigt.
3.1. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG hat die belangte Behörde berücksichtigt, dass sich der Beschwerdeführer seit 1991 mit seinen Eltern und den beiden Schwestern im Bundesgebiet aufhalte und hier berufstätig sei. Weiters hat sie ihm die - seit einem Jahr und fünf Monaten bestehende - Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin zugute gehalten. Der in der Beschwerde geltend gemachte Umstand, dass die österreichische Gattin des Beschwerdeführers seit Geburt in Österreich aufhältig sei, bewirkt keine zusätzliche Verstärkung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers.
Den insgesamt sehr beachtlichen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet steht die aus den Straftaten resultierende Beeinträchtigung der maßgeblichen öffentlichen Interessen gegenüber. Der Beschwerdeführer hat seine zahlreichen gerichtlich zu ahndenden Straftaten nach der Aktenlage seit November 1996 begangen. Er hat sich auch von rechtskräftigen Verurteilungen und der aktenkundigen Ermahnung unter Androhung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes vom 14. Februar 1997 nicht von der Begehung weiterer - teilweise einschlägiger - Straftaten abhalten lassen. Wie die belangte Behörde ausgeführt hat, fällt besonders ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer gefälschtes Geld (nach der Aktenlage handelte es sich in vier Fällen um einen Zweihundert-Mark-Schein und in einem Fall um einen Einhundert-Mark-Schein) zur Bezahlung verwendet hat. In ganz besonders beharrlicher Weise über die österreichische Rechtsordnung hinweggesetzt hat sich der Beschwerdeführer dadurch, dass er nicht weniger als zwölfmal ein Kraftfahrzeug ohne die hiefür erforderliche Berechtigung gelenkt hat.
Auf Grund der zahlreichen und zum Teil mehrmals wiederholten Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung in verschiedenen Bereichen bestehen gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung strafbarer Handlungen, Wahrung des wirtschaftlichen Wohles des Landes, Schutz der Gesundheit, Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 FrG), keine Bedenken.
3.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, seine Gattin sei bisher ausschließlich von ihm versorgt worden und daher auf seine Unterhaltszahlungen, die er von seiner Heimat aus nur unter wesentlich erschwerten Umständen erbringen könnte, angewiesen.
Dem ist zunächst zu entgegnen, dass mit dem Aufenthaltsverbot nicht ausgesprochen wird, dass sich der Beschwerdeführer, der nach der Aktenlage am 2. März 2000 nach Jugoslawien abgeschoben worden ist, während der Dauer des Aufenthaltsverbotes in diesem Staat aufzuhalten hat. Im Übrigen muss die mit dem Auslandsaufenthalt des Beschwerdeführers allenfalls verbundene Schmälerung der Unterhaltszahlungen aus den dargestellten Gründen im öffentlichen Interesse in Kauf genommen werden.
Den in diesem Zusammenhang geltend gemachten Verfahrensmängeln kommt daher jedenfalls keine Relevanz zu.
4. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 28. Juni 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999180445.X00Im RIS seit
21.11.2000