TE Vwgh Beschluss 2017/12/1 Ra 2017/20/0454

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Veröffentlicht am 01.12.2017
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §8 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, in der Rechtssache der Revision des I O in P, vertreten durch Mag. Ingeborg Haller, Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, Markus-Sittikus-Straße 9/2/7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Juli 2017, Zl. I415 2146192- 1/12E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Nigerias, stellte am 9. August 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund gab er an, dass er ein Problem mit der Dorfgemeinschaft und deren Kultverehrung habe.

2 Mit Bescheid vom 29. Dezember 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag der revisionswerbenden Partei auf internationalen Schutz sowohl gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt.

3 Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde gegenüber dem Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde für die freiwillige Ausreise eine Frist von zwei Wochen festgelegt.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 10. Juli 2017 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Weiters sprach es aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

5 Der Revisionswerber erhob zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung mit Beschluss vom 22. September 2017 abgelehnt und unter einem die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

6 In der Folge erhob der Revisionswerber außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts "und/oder" Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Zur Zulässigkeit wird in der Revision vorgebracht, das Erkenntnis des BVwG weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Das BVwG habe es gänzlich unterlassen, spezifische Feststellungen zu treffen, welcher konkreter medizinischer Maßnahmen es bedürfe, um das Augenleiden des Revisionswerbers adäquat zu behandeln bzw. allenfalls die Erblindung zu verhindern. Es sei auch nicht geprüft worden, inwieweit diese Maßnahmen konkret in Nigeria für den Revisionswerber zugänglich seien und gegebenenfalls, was die konkreten Konsequenzen seien, wenn diese medizinischen Maßnahmen für den Revisionswerber vor Ort nicht zugänglich seien. Diese Vorgangsweise widerspreche insbesondere dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichthofes in einem ähnlich gelagerten Fall vom 28. Jänner 2016 Ra 2015/21/0199.

11 Im Allgemeinen hat kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind (vgl. EGMR 13.12.2016, Paposhvili gegen Belgien, 41738/10, Z 189 ff; VwGH 10.8.2017, Ra 2016/20/0105-0106, mwN).

12 Das BVwG hat sich ausführlich und auf den Fall bezogen mit der Gesundheitsversorgung in Nigeria auseinandergesetzt. Das BVwG ließ die Augenerkrankung nicht unberücksichtigt, es bezog einen ärztlichen Befundbericht vom 18. Jänner 2017 in die Entscheidung mit ein und klärte, welche Maßnahmen (Betreuung und Medikamente) für den Revisionswerber in Nigeria zugänglich seien.

13 Entgegen den Ausführungen in der Revision ist somit nicht ersichtlich, dass das angefochtene Erkenntnis die in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien nicht beachtet hätte (vgl. wiederum VwGH 28.1.2016, Ra 2015/21/0199).

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 1. Dezember 2017

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017200454.L00

Im RIS seit

27.12.2017

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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