TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/29 W217 2157692-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.11.2017
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Entscheidungsdatum

29.11.2017

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W217 2157692-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ulrike LECHNER L.L.M, sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER BA, MA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 31.03.2017, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Frau XXXX (in der Folge: BF) ist seit 30.01.2017 Inhaberin eines Behindertenpasses. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50%. Als Funktionseinschränkungen wurden im von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 29.03.2017 von Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der BF 1. degenerative Gelenksveränderungen (30% GdB), 2. Koronare Herzkrankheit (30% GdB),

3. Periphere arterielle Verschlusskrankheit (30% GdB), 4. Degenerative Wirbelsäulenveränderungen (20% GdB), 5. Zustand nach Phäochromozytom retrosternal 1971 (10% GdB) und 6. Zustand nach perforierter Sigmadivertikulitis (10% GdB) festgestellt.

2. Am 30.01.2017 langte beim Sozialministeriumservice (in der Folge: belangte Behörde) weiters der gegenständliche Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ein.

Hierzu wurde im von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 29.03.2017 von Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, ausgeführt:

"1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

keine Bedingt durch das Herzleiden liegt eine mäßiggradige Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vor, welche eine erhebliche Erschwernis des Erreichens, Besteigens und Mitfahrens mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht ausreichend begründen kann. Darüber hinaus führt auch das Zusammenwirken mit der peripheren arteriellen Verschlußkrankheit und dem Gelenks- und Wirbelsäulenleiden nicht zu einer maßgeblichen Behinderung der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein"

3. Mit Bescheid vom 31.03.2017 hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen.

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt worden sei, welches ergeben habe, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen würden, weshalb der Antrag abzuweisen sei.

4. In ihrer Beschwerde vom 05.05.2017 brachte die BF vor, dass sie erhebliche Einschränkungen in der Funktion der unteren Extremitäten habe und die körperliche Belastbarkeit nicht vorhanden sei. Eine kurze Wegstrecke sei bis 200 Meter und nur mit Stock, Krücke oder Hilfe möglich. Beim Ein- und Aussteigen herrsche hohe Sturzgefahr. Auch habe sie dauernd starke Schmerzen in den unteren Extremitäten und in der Wirbelsäule, die die Beweglichkeit sehr einschränken würden.

5. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten beim Bundesverwaltungsgericht am 17.05.2017 ein.

6. In der Folge ersuchte das Bundesverwaltungsgericht das Sozialministeriumservice, ärztlicher Dienst, um Einholung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens, basierend auf der persönlichen Untersuchung der BF.

7. DDr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, Fachärztin für Unfallchirurgie, führt in ihrem Gutachten vom 21.09.2017 im Wesentlichen Folgendes aus:

"(...)

STATUS:

Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut.

Größe 164 cm, Gewicht 70 kg, RR 130/80

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen

Thorax: symmetrisch, elastisch

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.

Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.

Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Schultergelenke beidseits: geringgradig verbacken, endlagige

Bewegungsschmerzen Handgelenke, Hände beids.: Umfangsvermehrung im Bereich beider Daumensattelgelenke rechts mehr als links, Thenar geschwächt rechts mehr als links, Tinel-Hofmann negativ, Sensibilität ungestört.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig

Aktive Beweglichkeit: Schultern F und S je 0/160, Rotation endlagig eingeschränkt, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke endlagig eingeschränkt, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.

Nacken- und Schürzengriff sind endlagig eingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.

Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zu einem Drittel möglich.

Die Beinachse zeigt eine mäßige Valgusstellung der Kniegelenke, Valgusstellung im Bereich des rechten Sprunggelenks. Symmetrische Muskelverhältnisse.

Beinlänge ident.

Die Durchblutung ist ungestört, ungestörte Rekapillarisierung, Füße warm, Pulse jedoch aufgrund unruhiger Beine nicht tastbar, geringgradige Unterschenkelödemen beidseits, beidseits Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.

Kniegelenk rechts: Narbe über den Kniegelenk median bei Knietotalendoprothese, geringgradige Umfangsvermehrung, keine Überwärmung, kein Erguss, mäßige Valgusstellung, Seitenbänder medial+ federnd aufklappbar, lateral stabil, endlagiger Beugeschmerz.

Kniegelenk links: keine Überwärmung, mäßige Umfangsvermehrung, endlagiger Beugeschmerz, Krepitation, Zohlen+.

Sprunggelenke beidseits: Umfangsvermehrung rechts mehr als links, schmerzhafter Bewegungsablauf.

Rechter Fuß: Fuß steht in deutlicher Abduktion, mäßig verplumpt, bei Belastung durchgetretenes Längsgewölbe, vermehrte Beschwielung über dem Os naviculare plantar, deutliche Hallux valgus Stellung rechts, Krallenzehen 2 und 3 rechts.

Linker Fuß: geringgradige Abduktion, mäßig abgesenktes Längsgewölbe, mäßig Hallux valgus, Digitus superductus 2 über 1.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften frei, Knie beidseits 0/0/120,

Sprunggelenke: OSG rechts 10/0/30, links 15/0/30, USG beidseits 10/0/20, Zehen sind seitengleich zur Hälfte eingeschränkt beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, mäßig verstärkte Kyphose der BWS und Streckhaltung der LWS, sonst regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Mäßig Hartspann. Mäßig Klopfschmerz über der LWS, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen endlagig eingeschränkt beweglich

BWS/LWS: FBA: 20 cm, Rotation und Seitneigen zur Hälfte eingeschränkt

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit Einlagen mit einer Unterarmstützkrücke links, das Gangbild mit Krücken und Schuhen mäßig rechts hinkend, Schrittlänge nicht wesentlich verkürzt, leicht vorgeneigt und etwas verlangsamt.

Gangbild barfuß im Untersuchungszimmer ohne Gehhilfe mäßig rechts hinkend, etwas vorgeneigt, insgesamt raumgewinnend möglich.

Gesamtmobilität etwas verlangsamt, insgesamt harmonisch.

Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.

Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.

STELLUNGNAHME:

ad 1) Liegen die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor?

Funktionseinschränkungen, die die selbstständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren gefährdungsfreien Transport im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken, liegen nicht vor.

Es konnte weder eine maßgebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit noch eine erhebliche Beeinträchtigung von Seiten des Stütz-und Bewegungsapparates festgestellt werden, welche das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das Überwinden von Niveauunterschieden und den sicheren Transport verunmöglichen.

Liegen eventuelle therapeutische Optionen vor?

Es besteht die Möglichkeit einer Intensivierung der konservativen Maßnahmen mit medikamentöser Therapie und physikalischen Anwendungen, Kuraufenthalten.

Eine positive Beeinflussung ist durch diese Maßnahmen möglich.

ad 2) Diagnosenliste

1) Degenerative Gelenksveränderungen, Knietotalendoprothese rechts, mäßige Kniegelenksarthrose links, Abnützungserscheinungen im Bereich der Schultergelenke

2) Fußdeformität beidseits, erworbener Plattfuß, rechts mehr als links

3) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Cervikolumbalsyndrom

4) Koronare Herzkrankheit, arterielle Hypertonie

5) Periphere arterielle Verschlusskrankheit

6) Zustand nach Phäochromozytom

7) Zustand nach perforierter Sigmadiverticulitis und Hemicolektomie

In welchem Ausmaß liegen die angeführten Leidenszustände vor und wie wirken sie sich auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus?

Hochgradige degenerative Veränderungen und funktionelle Einschränkungen des Bewegungsapparates sind nicht feststellbar. Die Gesamtmobilität ist aufgrund ungünstiger wechselseitiger Beeinflussung der einzelnen Leiden zwar verlangsamt, eine höhergradige Gangbildbeeinträchtigung oder Gangleistungsminderung ist jedoch nicht objektivierbar. Darüberhinaus ist auch eine höhergradige Herzkreislaufschwäche, welche die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel maßgeblich erschweren müsste, nicht objektivierbar. Koronare Herzkrankheit und periphere arterielle Verschlusskrankheit sind weitgehend kompensiert.

ad 3) Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?

Nein.

Im Bereich der Kniegelenke konnte rechts ein Zustand nach Knietotalendoprothese mit gutem Operationsergebnis, links mäßige funktionelle Einschränkung bei Arthrose festgestellt werden, eine maßgebliche Gangbildbeeinträchtigung ist jedoch nicht zu beobachten.

Die beidseitige Fußdeformität führt zu belastungsabhängigen Beschwerden, mit entsprechenden Einlagen und Schuhen ist jedoch das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von etwa 300-400 m zumutbar und möglich.

Bei Zustand nach mehrfachen Gefäßinterventionen konnte eine ausreichende periphere Durchblutung wiederhergestellt werden, eine gefäßbedingte höhergradige Einschränkung der Gehstrecke liegt nicht vor, kurze Wegstrecken sind zumutbar und möglich.

ad 4) Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?

Nein.

Es liegt eine geringgradige Herzschwäche (NYHA II) vor, das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist somit zumutbar.

ad 5) Stellungnahme zu Art und Ausmaß der von der BF angegebenen Beeinträchtigungen, inwieweit wird die BF dadurch an der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, insbesondere beim Gehen von rund 300-400 m, aus eigener Kraft gehindert. Die Gehstrecke ist ausdrücklich in Meter festzulegen. Inwieweit ist die BF dadurch beim Stehen im öffentlichen Verkehrsmittel sowie Ein-und Aussteigen gehindert?

Beeinträchtigungen und Beschwerden werden vor allem in den Füßen, aber auch Kniegelenken und Schultergelenken angegeben. Bei der orthopädischen Untersuchung, insbesondere Gangbildanalyse, konnte jedoch kein Leiden festgestellt werden, welches zu Beschwerden führte, die eine hochgradige Gangbildbeeinträchtigung nach sich ziehen würden.

ad 6) Stellungnahme zu Beschwerdevorbringen Abl. 42:

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten sind weder befundmäßig belegt noch bei der Untersuchung feststellbar, es konnte lediglich eine mäßige Funktionseinschränkung im Bereich der Kniegelenke und Füße festgestellt werden. Das Zurücklegen kurzen Wegstrecke von etwa 300-400m ist, allenfalls unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe, zumutbar und möglich. Das Einsteigen und Aussteigen ist möglich, da eine ausreichende Beugefähigkeit im Bereich der Hüft-und Kniegelenke festgestellt werden konnte, weiters ausreichende Trittsicherheit, um einen sicheren Transport zu ermöglichen. Dauernde starke Schmerzen werden angegeben. Unter Beachtung der mäßigen degenerativen Veränderungen der Gelenke der unteren Extremitäten und der Wirbelsäule und einer zumutbaren medikamentösen Therapie liegt jedoch kein Ausmaß vor, welches das Erreichen und Benützen öffentlicher Verkehrsmittel verhindern würde.

Stellungnahme zu medizinischen Beweismitteln, Abl. 4-17

Abl. 4-5, Auszug aus Gutachten MA 15, §29b, Seite 1 und 2 Gutachten unvollständig

Abl. 6-8, Befund Abteilung für Angiologie AKH XXXX, Ambulanz, vom 20. 5. 2016 (Routinekontrolle bei pAVK und Zustand nach mehrmaliger Intervention, zuletzt AFS rechts 2010, Studienkontrolle. Schmerzfreie Gehstrecke von 10-20 m. Claudicatio intermittens Symptomatik wird negiert, keine Ruheschmerzen, keine trophischen Störungen. Dyspnoe, NYHA II. Keine Schaufensterkrankheit- Schmerzen. Schmerzen im rechten Fuß. 04/2016: PTCA, unauffällige Koronarien. PAVK beide unteren Extremitäten, ausreichend kompensiert.)

Befund übereinstimmend mit aktuellem Untersuchungsergebnis, kein Hinweis für höhergradige periphere arterielle Verschlusskrankheit.

Abl. 9 RS, Befund Röntgenschwachbestrahlung vom 18.11.2016 bei kalzifizierender Tendinopathie der linken Schulter

Befund steht in Einklang zu festgestellten geringgradigen degenerativen Veränderungen der linken Schulter, keine neuen Informationen.

Abl. 9, ärztliches Attest vom 17.10.2016, Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin (3 Tage stationär Unfallchirurgie XXXX nach Verkehrsunfall mit Prellung von Kopf und HWS, bis heute unfallbedingte Schmerzen und Schwindelzustände und Einschränkung beim Gehen, schmerzstillende Therapie erforderlich)

Abl. 10RS, ärztliches Attest vom 22.11.2016, Dr XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin (Krankheitsverlauf ab 19.9.2016, Autounfall, ist dokumentiert, 31.10.: die unmittelbaren Folgen des Unfalls sind nun im Wesentlichen vorbei)

Unfallfolgen nicht mehr objektivierbar.

Abl. 10-14, Gutachten Dr. XXXX vom 26 1. 2017, Pflegebedarf 34 h

Kein Widerspruch zu aktuellem Gutachten.

Befund 2. interne Abteilung XXXX Krankenhaus vom 18.2.2016 (Vertigo bei Positionswechsel)

Aktuell kein Hinweis für Gleichgewichtsstörung, keine diesbezüglichen Facharztbefunde über Vertigo vorliegend.

ad 7) Begründung einer eventuell vom bisherigen Ergebnis abweichenden Beurteilung, Abl. 21-23

keine abweichende Beurteilung.

ad 8) Dauerzustand. Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich."

8. Mit Schreiben vom 30.10.2017 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht der BF und der belangten Behörde das Sachverständigengutachten DDris. XXXX zur Kenntnisnahme und allfälliger Stellungnahme. Hierzu führte die BF aus, ihr gesundheitlicher Zustand habe sich weiter verschlechtert. Sie werde am 13.11.2017 stationär im orthopädischen Spital Speising aufgenommen, ein MR sei bereits erstellt. Sie verstehe nicht, weshalb sie keine eher bescheidene Hilfe erhalte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Am 30.01.2017 langte bei der belangten Behörde der gegenständliche Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ein.

Die BF ist seit 30.01.2017 Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 %.

Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass liegen nicht vor.

Bei der BF bestehende folgende Funktionseinschränkungen:

1. degenerative Gelenksveränderungen (30% GdB)

2. Koronare Herzkrankheit (30% GdB)

3. Periphere arterielle Verschlusskrankheit (30% GdB)

4. Degenerative Wirbelsäulenveränderungen (20% GdB)

5. Zustand nach Phäochromozytom retrosternal 1971 (10% GdB)

6. Zustand nach perforierter Sigmadivertikulitis (10% GdB)

Hinsichtlich deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen in dem oben wiedergegebenen medizinischen Gutachten DDris. XXXX der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zum Behindertenpass ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die zur Abweisung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" führen, gründen sich auf das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin, Fachärztin für Unfallchirurgie. Unter Berücksichtigung der von der BF ins Verfahren eingebrachten medizinischen Unterlagen und nach persönlicher Untersuchung der BF wurde von der medizinischen Sachverständigen festgestellt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für die BF zumutbar ist.

DDr. XXXX gelangte unter den von ihr geprüften Gesichtspunkten auf Grundlage der Ergebnisse der persönlichen Untersuchung der BF am 30.08.2017 zu dem Schluss, dass im Fall der BF öffentliche Verkehrsmittel zumutbar sind, da die Sachverständige bei der BF - trotz ihrer anerkannten Gesundheitsschädigungen - keine maßgeblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder eine erhebliche Beeinträchtigung von Seiten des Stütz-und Bewegungsapparates feststellen konnte, welche das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das Überwinden von Niveauunterschieden und den sicheren Transport verunmöglichen. Hochgradige degenerative Veränderungen und funktionelle Einschränkungen des Bewegungsapparates konnten von der Sachverständigen nicht festgestellt werden. Die Gesamtmobilität sei aufgrund ungünstiger wechselseitiger Beeinflussung der einzelnen Leiden zwar verlangsamt, eine höhergradige Gangbildbeeinträchtigung oder Gangleistungsminderung konnte jedoch nicht objektiviert werden. Auch eine höhergradige Herzkreislaufschwäche, welche die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel maßgeblich erschweren müsste, war nicht objektivierbar. Weiters führte die Sachverständige aus, dass die koronare Herzkrankheit und periphere arterielle Verschlusskrankheit weitgehend kompensiert seien. Im Bereich der Kniegelenke konnte rechts ein Zustand nach Knietotalendoprothese mit gutem Operationsergebnis, links eine mäßige funktionelle Einschränkung bei Arthrose festgestellt werden, eine maßgebliche Gangbildbeeinträchtigung war jedoch nicht zu beobachten. Wie die Sachverständige ausführte, führt die beidseitige Fußdeformität zwar zu belastungsabhängigen Beschwerden, mit entsprechenden Einlagen und Schuhen ist jedoch das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von etwa 300-400 m zumutbar und möglich. Bei einem Zustand nach mehrfachen Gefäßinterventionen konnte eine ausreichende periphere Durchblutung wiederhergestellt werden, eine gefäßbedingte höhergradige Einschränkung der Gehstrecke liegt nicht vor, kurze Wegstrecken sind zumutbar und möglich. Es liegt auch lediglich eine geringgradige Herzschwäche (NYHA II) vor, weshalb das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke zumutbar ist. Ebenso konnte die Sachverständige bei der orthopädischen Untersuchung, insbesondere der Gangbildanalyse, kein Leiden feststellen, welches zu Beschwerden führen würde, die eine hochgradige Gangbildbeeinträchtigung nach sich ziehen würden. Erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten sind weder befundmäßig belegt noch konnten diese bei der Untersuchung am 30.08.2017 von der Sachverständigen festgestellt werden, sie konnte lediglich eine mäßige Funktionseinschränkung im Bereich der Kniegelenke und Füße feststellen. Die BF hat zwar dauernde starke Schmerzen angegeben, unter Beachtung der mäßigen degenerativen Veränderungen der Gelenke der unteren Extremitäten und der Wirbelsäule und einer zumutbaren medikamentösen Therapie liegt jedoch - wie die Sachverständige festhält - kein Ausmaß vor, welches das Erreichen und Benützen öffentlicher Verkehrsmittel verhindern würde.

Diese Schlussfolgerungen der medizinischen Sachverständigen finden insbesondere Bestätigung in den Aufzeichnungen der sachverständigen Gutachters bei der persönlichen Untersuchung am 30.08.2017 im Rahmen des oben wiedergegebenen Untersuchungsbefundes zu den unteren Extremitäten und zur körperlichen Belastbarkeit bzw. zum Gangbild ("RR 130/80, Thorax: symmetrisch, elastisch, Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA HAT rein, rhythmisch. Becken und beide unteren Extremitäten: Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar. Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zu einem Drittel möglich. Die Beinachse zeigt eine mäßige Valgusstellung der Kniegelenke, Valgusstellung im Bereich des rechten Sprunggelenks. Symmetrische Muskelverhältnisse, geringgradige Unterschenkelödeme beidseits. Kniegelenk rechts: Narbe über den Kniegelenk median bei Knietotalendoprothese, geringgradige Umfangsvermehrung, mäßige Valgusstellung. Seitenbänder medial+ federnd aufklappbar, lateral stabil, endlagiger Beugeschmerz.

Kniegelenk links: mäßige Umfangsvermehrung, endlagiger Beugeschmerz, Krepitation, Zohlen+. Sprunggelenke beidseits: Umfangsvermehrung rechts mehr als links, schmerzhafter Bewegungsablauf. Rechter Fuß:

Fuß steht in deutlicher Abduktion, mäßig verplumpt, bei Belastung durchgetretenes Längsgewölbe, vermehrte Beschwielung über dem Os naviculare plantar, deutliche Hallux valgus Stellung rechts, Krallenzehen 2 und 3 rechts. Linker Fuß: geringgradige Abduktion, mäßig abgesenktes Längsgewölbe, mäßig Hallux valgus, Digitus superductus 2 über 1. Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Aktive Beweglichkeit: Hüften frei, Knie beidseits 0/0/120, Sprunggelenke: OSG rechts 10/0/30, links 15/0/30, USG beidseits 10/0/20, Zehen sind seitengleich zur Hälfte eingeschränkt beweglich. Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich. HWS: in allen Ebenen endlagig eingeschränkt beweglich. BWS/LWS: FBA: 20 cm, Rotation und Seitneigen zur Hälfte eingeschränkt. Gesamtmobilität - Gangbild: Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit Einlagen mit einer Unterarmstützkrücke links, das Gangbild mit Krücken und Schuhen mäßig rechts hinkend, Schrittlänge nicht wesentlich verkürzt, leicht vorgeneigt und etwas verlangsamt. Gangbild barfuß im Untersuchungszimmer ohne Gehhilfe mäßig rechts hinkend, etwas vorgeneigt, insgesamt raumgewinnend möglich. Gesamtmobilität etwas verlangsamt, insgesamt harmonisch."), aus denen sich - auch unter Berücksichtigung der bei der BF tatsächlich vorliegenden Funktionseinschränkungen - ergibt, dass die von der BF subjektiv empfundenen, in der Beschwerde angegebenen Leidenszustände nicht in entsprechendem Ausmaß - im Sinne des Vorliegens erheblicher Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten bzw. der körperlichen Belastbarkeit nach dem Maßstab des § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen - objektiviert werden konnten. Aus diesen Befundungen ergibt sich aber auch, dass die BF in der Lage ist, sich beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche und bei der Fortbewegung im öffentlichen Verkehrsmittel während der Fahrt festzuhalten.

Ebenso gelangte die Sachverständige zum Schluss, dass der BF das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von etwa 300-400m - allenfalls unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe bzw. von Einlagen - zumutbar und möglich ist. Auch das Ein- und Aussteigen ist möglich, da eine ausreichende Beugefähigkeit im Bereich der Hüft-und Kniegelenke von der Sachverständigen festgestellt werden konnte, weiters ausreichende Trittsicherheit, um einen sicheren Transport zu ermöglichen.

Somit waren die im Rahmen der Beschwerde erhobenen Einwände nicht geeignet, das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu entkräften, da sie nicht ausreichend substantiiert waren.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichts bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des gegenständlichen medizinischen Sachverständigengutachtens.

Das medizinische Sachverständigengutachten vom 21.09.2017 von DDr. XXXX wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hierzu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird u.a. Folgendes ausgeführt:

Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):

Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.

Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt. (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080)

Wie bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, wurde seitens des vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten, auf einer persönlichen Untersuchung der BF basierenden Sachverständigengutachtens einer Ärztin für Allgemeinmedizin, Fachärztin für Unfallchirurgie vom 21.09.2017 nachvollziehbar ausgeführt, dass im Fall der BF - trotz der bei ihr vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen - die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen. Bei der BF sind, wie bereits in den beweiswürdigenden Ausführungen ausgeführt wurde, ausgehend von diesem Sachverständigengutachten aktuell keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder der körperlichen Belastbarkeit im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen objektiviert; im Rahmen der persönlichen Begutachtung haben sich auch keinerlei Hinweise darauf ergeben, dass die BF nicht in der Lage wäre, 300-400 Meter ohne Pause und ohne Auftreten starker Schmerzen, ohne Unterbrechung und ohne fremde Hilfe zurückzulegen. Auch unter Berücksichtigung der bei der BF bestehenden Einschränkungen und den in der Beschwerde erwähnten damit verbundenen Erschwernissen und Mühseligkeiten vermag die BF noch nicht die Überschreitung der Schwelle der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun.

Die BF ist den Ausführungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, nicht ausreichend substantiiert entgegengetreten, sie hat kein Sachverständigengutachten bzw. keine Sachverständigenaussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien.

Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Die BF hat jedoch die Möglichkeit, im Falle einer neuerlichen Verschlechterung ihrer Beschwerden einen neuen Antrag bei der belangten Behörde einzubringen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Im gegenständlichen Fall bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob der BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, ein Gutachten einer medizinischen Sachverständigen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie oben bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W217.2157692.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.12.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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