Entscheidungsdatum
29.11.2017Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W127 2138833-1/17E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Fischer-Szilagyi über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.10.2016, Zl. 1080142803/150967028, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.06.2017 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der nunmehrige Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, hat sein Heimatland verlassen, ist illegal in die Republik Österreich eingereist und hat am 29.07.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
Bei der Erstbefragung am 30.07.2015 gab der damals noch minderjährige Beschwerdeführer im Beisein eines Rechtsberaters und eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu an, er sei afghanischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen sowie Sunnit. Zu seinem Fluchtgrund führte er aus, er habe Afghanistan vor etwa eineinhalb Jahren aufgrund der Taliban verlassen. Sein Vater sei mit einem Kommandanten befreundet gewesen und die Taliban hätten ihnen deshalb Spionage vorgeworfen. Sie hätten die Eltern des Beschwerdeführers ermordet. Er habe Angst, getötet bzw. zwangsrekrutiert zu werden.
Nach Führung von Dublin-Konsultationen mit Ungarn und Durchführung einer Bestimmung des Knochenalters mittels Handwurzelröntgen wurde der Beschwerdeführer am 15.09.2016 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein seiner Vertreterin und eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu niederschriftlich einvernommen. Er gab an, dass er in Kunduz, im Dorf XXXX mit seinen Eltern und seinen Geschwistern gelebt habe. Sein Vater habe eine Gärtnerei gehabt, in der er auch ausgeholfen habe. Die Schule habe er nicht besucht. Sein Vater sei in Kontakt mit einem Kommandanten einer Gruppe namens "Arbakian" gestanden. Sie seien gut befreundet gewesen, ob der Vater für diesen auch gearbeitet habe, wisse er nicht. Im März 2014 seien seine Eltern in der Nacht von den Taliban getötet worden. Dies hätten Nachbarn dem Onkel telefonisch mitgeteilt. Er selbst habe diese Nacht gemeinsam mit seinen Geschwistern beim Onkel mütterlicherseits verbracht. Er sehe die Taliban als Mörder seiner Eltern an, da so etwas kein anderer tun könne, außerdem hätten sich in ihrem Dorf Taliban befunden. Zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Afghanistan hätten in Kunduz noch sein Onkel mütterlicherseits und eine Großmutter gelebt. Wo seine Schwester und sein Bruder nun leben würden, wisse er nicht. Im Rahmen der Einvernahme legte der Beschwerdeführer Kursbestätigungen und weitere Unterlagen betreffend seine Integration in Österreich vor.
In der beim Bundesamt eingebrachten Stellungnahme vom 26.09.2016 wurde zunächst das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers kurz zusammengefasst, im Anschluss verwies die beschwerdeführende Partei auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.07.2015 zur Zahl W126 1434256-1 und zitierte daraus insbesondere Ausführungen betreffend eine Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie. Hinsichtlich einer drohenden Zwangsrekrutierung durch die Taliban wurde auf das Erkenntnis W171 1435664-1 vom 26.01.2016 verwiesen. Die beschwerdeführende Partei erstattete Vorbringen zur prekären Sicherheitslage in der Provinz Kunduz sowie zu Angriffszielen und zum Einflussbereich der Taliban, angesichts dessen eine praktikable interne Fluchtalternative nicht verfügbar sei. Die beschwerdeführende Partei wies weiters auf die fehlende Erfahrung des Beschwerdeführers mit Kabul, eine Verschlechterung der Sicherheitslage auch im urbanen Raum hin und führte zur Situation des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr insbesondere aus, dass dieser außerhalb seiner Heimatprovinz über keinen Familienanschluss verfüge, weshalb ihm keine Lebensgrundlage zur Verfügung stehe. Beim Beschwerdeführer handle es sich um eine besonders vulnerable Person und erscheine eine Rückkehr nach Afghanistan völlig unzumutbar und nicht mit Artikel 3 EMRK vereinbar.
Mit nunmehr angefochtenem Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt III.). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Weiters wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV).
Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates stellte die belangte Behörde insbesondere fest, der Beschwerdeführer habe eine Verfolgung bzw. Bedrohung seitens der Taliban nicht glaubhaft gemacht und sei lediglich nach Österreich gereist, um hier ein besseres Leben zu führen. Im Rahmen der Beweiswürdigung wiederholte die belangte Behörde zunächst das Vorbringen des Beschwerdeführers und hielt anschließend fest, dass der Beschwerdeführer über die Tötung seiner Eltern sehr trocken, gleichgültig und emotionslos erzählt habe. Danach finden sich im Bescheid Ausführungen der belangten Behörde, die mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers offenkundig in keinem Zusammenhang stehen. Das Bundesamt führte in der Folge weiter aus, es sei davon auszugehen, dass es sich beim Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers um eine konstruierte Geschichte handle und seine Eltern nie getötet worden seien. Nach allgemeinen Ausführungen zu Glaubwürdigkeitskriterien gab die belangte Behörde an, die vom Beschwerdeführer präsentierte Fluchtgeschichte sei tatsächlich als zu blass, wenig detailreich und zu oberflächlich und daher als keinesfalls glaubhaft zu qualifizieren.
Beim Beschwerdeführer handle es sich um einen gesunden jungen Mann mit Gärtnereierfahrung, der bei der Rückkehr zumindest mit Gelegenheitsjobs seinen Unterhalt bestreiten und seine Familie dabei auch finanziell unterstützen könne. Die gesamte Familie des Beschwerdeführers lebe in dessen Heimatland und sei eine Unterstützung durch diese gewährleistet. Überdies habe der Beschwerdeführer auch eine innerstaatliche Fluchtalternative.
Mit Verfahrensanordnung vom 05.10.2016 wurde dem Beschwerdeführer der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater zur Seite gestellt.
Gegen verfahrensgegenständlich angefochtenen Bescheid wurde Rechtsmittel erhoben und dieser wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhalts bekämpft.
Der minderjährige Beschwerdeführer fürchte Verfolgungshandlungen von Seiten der Taliban, da er in deren Blickfeld geraten sei, nachdem seine Eltern bereits von den Taliban ermordet worden seien, weil der Vater des Beschwerdeführers mit einem Kommandanten befreundet gewesen sei. Seinem Vater sei daher die Zusammenarbeit mit bzw. Spionage für die Regierung unterstellt worden. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde habe der Beschwerdeführer keine divergierenden Angaben gemacht und könne auch aus dem Einvernahmeprotokoll die von der Behörde behauptete Divergenz nicht abgeleitet werden. Wenn die belangte Behörde im Bescheid zu dem Schluss komme, dass das Fluchtvorbringen eine konstruierte Geschichte sei, könne dies nur als aktenwidrige Schlussfolgerung bezeichnet werden. Die konsistenten Aussagen des Beschwerdeführers würden entweder konstruiert in Zweifel gezogen oder schlicht nicht berücksichtigt. Die beschwerdeführende Partei zitierte zur Beweiswürdigung mehrere Entscheidungen des Asylgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichtes und wies darauf hin, dass die belangte Behörde die Stellungnahme vom 26.09.2016 nicht berücksichtigt habe. Das Bundesamt habe weiters keine Länderfeststellungen zur konkreten Situation des minderjährigen Beschwerdeführers in Afghanistan getroffen und lasse sich dem gesamten Bescheid eine Würdigung des jungen Alters des Beschwerdeführers nicht entnehmen.
Zur Sicherheitslage in der Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers habe die belangte Behörde keine hinreichenden Länderfeststellungen getroffen und habe der Beschwerdeführer entgegen den Feststellungen im angefochtenen Bescheid kein adäquates soziales Netz im Heimatland, da seine Eltern nicht mehr am Leben seien. Aufgrund welcher Erwägungen die Behörde zum Schluss komme, der Beschwerdeführer könne weiter bei seinen Geschwistern, seinem Onkel und seiner Großmutter leben und Unterstützung von diesen erhalten, sei nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer selbst habe in seinem Herkunftsland weder Schul- noch eine konkrete Berufsausbildung genossen und habe der minderjährige Beschwerdeführer keine Chance, im Falle seiner Rückkehr in Kunduz und Umgebung eine Arbeit zu finden. Die belangte Behörde habe auch die Erreichbarkeit von Kunduz nicht geprüft.
Zu einer innerstaatlichen Fluchtalternative werde auf die ACCORD-Anfragebeantwortung [8610] vom 18.02.2014 sowie auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.09.2015, GZ W164 1429970-1/29E, hingewiesen, demzufolge sich die Sicherheitslage auch im bisher als relativ sicher geltenden urbanen Raum (Kabul, Herat) im Laufe der letzten Monate massiv verschlechtert habe.
Betreffend die Asylrelevanz des Vorbringens wurde auf die bereits ins Treffen geführten Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.07.2015 (soziale Gruppe der Familie) bzw. 26.01.2016 (Zwangsrekrutierung) verwiesen.
Mit Blick auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers sei zusammengefasst festzustellen, dass er im Falle seiner Abschiebung nach Afghanistan – bezogen auf das gesamte Staatsgebiet – in eine ausweglose Lebenssituation geraten und damit real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch die in Artikel 2 und Artikel 3 EMRK oder durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden. Zudem verletze eine Ausweisung des Beschwerdeführers diesen in seinem durch Artikel 8 EMRK geschützten Recht auf Privat- und Familienleben. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich gefährde weder die öffentliche Ruhe und Ordnung noch die nationale Sicherheit und das wirtschaftliche Wohl des Landes. Der minderjährige Beschwerdeführer sei – wie den vorgelegten Integrationsunterlagen zu entnehmen sei – sehr bemüht, Deutsch zu lernen und sich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren.
Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 04.11.2016 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Nach Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses wurde die Rechtssache am 17.01.2017 neu zugewiesen.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 07.06.2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt nicht teilnahm. Der nunmehr volljährige Beschwerdeführer wurde im Beisein einer Vertreterin und einer Dolmetscherin für die Sprache Paschtu zu seinen Fluchtgründen und zu seiner Situation in Österreich befragt und wurde ihm Gelegenheit gegeben, zu den aktuellen Feststellungen zur Situation in Afghanistan Stellung zu nehmen. Die Vertreterin des Beschwerdeführers verwies diesbezüglich auf die Ausführungen in der Beschwerde.
Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung brachte die beschwerdeführende Partei Kursbestätigungen betreffend einen Deutschkurs, Basisbildung für junge Flüchtlinge Graz, einschließlich eines Empfehlungsschreibens vom 17.05.2017 sowie eine Teilnahmebestätigung betreffend gemeinnützige Arbeit vom 23.05.2017 zur Vorlage.
Mit Schreiben vom 09.10.2017 legte die beschwerdeführende Partei weitere Unterlagen betreffend den Besuch von Deutschkursen sowie ein Zertifikat ÖSD A1 vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, der Volksgruppe der Paschtunen zugehörig und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Er ist nicht straffällig im Sinne des Asylgesetzes und hat am 29.07.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
Der Beschwerdeführer ist in der Provinz Kunduz im Distrikt Aktash geboren, aufgewachsen und hat dort bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan ungefähr Anfang des Jahres 2014 gelebt. Er hat in Afghanistan keine Schule besucht und auch keine Berufsausbildung abgeschlossen, verfügt aber über Berufserfahrung durch die Arbeit in der Gärtnerei seines Vaters. Seine Reise bis in die Türkei wurde von einem Onkel des Beschwerdeführers finanziert, den einjährigen Aufenthalt in der Türkei und die Weiterreise bis nach Österreich konnte sich der Beschwerdeführer selbst finanzieren.
Mehrere Familienangehörige des Beschwerdeführers – insbesondere sein Onkel mütterlicherseits, sein Bruder, seine Schwester und eine Großmutter – leben weiterhin in seiner Herkunftsprovinz. Der Beschwerdeführer hat über seinen Onkel regelmäßig telefonischen Kontakt zu seinen Angehörigen.
Der Beschwerdeführer ist gesund, volljährig und hat in Österreich keine Familienangehörigen. Er hat in Österreich einen Alphabetisierungskurs und mehrere Deutschkurse bis zum Niveau A1 besucht und spricht bereits etwas Deutsch. Der Beschwerdeführer ist nicht legal in das Bundesgebiet eigereist und hatte nie ein nicht auf das Asylverfahren gegründetes Aufenthaltsrecht in Österreich. Er ist bisher in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen, betätigte sich aber bereits ehrenamtlich in der Stadt Graz und arbeitete auf einer ökologischen Landwirtschaft im Rahmen einer integrativen Tagesgestaltung mit.
Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Afghanistan im Zusammenhang mit einem ihm seitens der Taliban unterstellten Naheverhältnis zu einem lokalen Polizei- bzw. Milizkommandanten namens Mohamad Omar Verfolgung durch die Taliban droht. Auch sonst haben sich keine Hinweise für eine dem Beschwerdeführer in Afghanistan individuell drohende Verfolgung ergeben.
Eine im Fall der Rückkehr nach Afghanistan drohende Verfolgung des Beschwerdeführers aufgrund seiner Volksgruppen- bzw. Religionszugehörigkeit kann ebenfalls nicht festgestellt werden. Es haben sich weiters keine Anhaltpunkte ergeben, dass eine Asylantragstellung im Ausland oder eine rechtswidrige Ausreise zu Sanktionen oder Repressionen in Afghanistan führen würde.
Zur Situation in Afghanistan:
Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017:
Friedens- und Versöhnungsprozess
Im afghanischen Friedens- und Versöhnungsprozess gibt es weiterhin keine greifbaren Fortschritte. Die von der RNE sofort nach Amtsantritt konsequent auf den Weg gebrachte Annäherung an Pakistan stagniert, seit die afghanische Regierung Pakistan der Mitwirkung an mehreren schweren Sicherheitsvorfällen in Afghanistan beschuldigte. Im Juli 2015 kam es erstmals zu direkten Vorgesprächen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban über einen Friedensprozess, die aber nach der Enthüllung des jahrelang verschleierten Todes des Taliban-Führers Mullah Omar bereits nach der ersten Runde wieder eingestellt wurden. Die Reintegration versöhnungswilliger Aufständischer bleibt weiter hinter den Erwartungen zurück, auch wenn bis heute angeblich ca. 10.000 ehemalige Taliban über das "Afghanistan Peace and Reintegration Program" in die Gesellschaft reintegriert wurden (AA 9.2016).
Sicherheitslage
Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.1.2017).
Mit Stand September 2016 schätzt die Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghanischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.1.2017).
Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen – ausgeführt durch die Polizei und das Militär – landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 5.1.2017).
Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. – 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).
Zivile Opfer
Die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) dokumentiert weiterhin regierungsfeindliche Elemente, die illegale und willkürliche Angriffe gegen Zivilist/innen ausführen (UNAMA 10.2016). Zwischen 1.1. und 31.12.2016 registrierte UNAMA 11.418 zivile Opfer (3.498 Tote und 7.920 Verletzte) – dies deutet einen Rückgang von 2% bei Getöteten und eine Erhöhung um 6% bei Verletzten im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Jahres 2015 an. Bodenkonfrontation waren weiterhin die Hauptursache für zivile Opfer, gefolgt von Selbstmordangriffen und komplexen Attentaten, sowie unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtung (IED), und gezielter und willkürlicher Tötungen (UNAMA 6.2.2017).
Hauptsächlich waren die südlichen Regionen von dem bewaffneten Konflikt betroffen: 2.989 zivilen Opfern (1.056 Tote und 1.933 Verletzte) – eine Erhöhung von 17% gegenüber dem Jahr 2015. In den zentralen Regionen wurde die zweithöchste Rate an zivilen Opfern registriert: 2.348 zivile Opfer (534 Tote und 1.814 Verletzte) – eine Erhöhung von 34% gegenüber dem Vorjahreswert, aufgrund von Selbstmordangriffen und komplexen Angriffe auf die Stadt Kabul. Die östlichen und nordöstlichen Regionen verzeichneten einen Rückgang bei zivilen Opfern: 1.595 zivile Opfer (433 Tote und 1.162 Verletzte) im Osten und 1.270 zivile Opfer (382 Tote und 888 Verletzte) in den nordöstlichen Regionen. Im Norden des Landes wurden 1.362 zivile Opfer registriert (384 Tote und 978 Verletzte), sowie in den südöstlichen Regionen 903 zivile Opfer (340 Tote und 563 Verletzte). Im Westen wurden 836 zivile Opfer (344 Tote und 492 Verletzte) und 115 zivile Opfer (25 Tote und 90 Verletzte) im zentralen Hochgebirge registriert (UNAMA 6.2.2017).
Laut UNAMA waren 61% aller zivilen Opfer regierungsfeindlichen Elementen zuzuschreiben (hauptsächlich Taliban), 24% regierungsfreundlichen Kräften (20% den afghanischen Sicherheitskräften, 2% bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppen und 2% internationalen militärischen Kräften); Bodenkämpfen zwischen regierungsfreundlichen Kräften und regierungsfeindlichen Kräften waren Ursache für 10% ziviler Opfer, während 5% der zivilen Opfer vorwiegend durch Unfälle mit Munitionsrückständen bedingt waren (UNAMA 6.2.2017).
Grundversorgung/Wirtschaft
Im Jahr 2015 belegte Afghanistan im "Human Development Index" (HDI) den 171. von 188 Plätzen (UNDP 2016; vgl. auch: AA 11.2016). Afghanistan bleibt trotz eines gewaltigen Fortschritts innerhalb einer Dekade, eines der ärmsten Länder. Die Sicherheit und politische Ungewissheit, sowie die Reduzierung internationaler Truppen, gemeinsam mit einer schwachen Regierung und Institutionen, haben Wachstum und Beschäftigung gehemmt und seit kurzem zu einer erhöhten Migration geführt (IWF 13.4.2016).
Trotz eines guten Wirtschaftswachstums von 2007 bis 2011, stagnierte die Armutsrate bei 36%. Am häufigsten tritt Armut in ländlichen Gebieten auf, wo die Existenzgrundlage von der Landwirtschaft abhängig ist (WB 2.5.2016). Die Regierung hat die landwirtschaftliche Entwicklung zur Priorität erhoben. Dadurch sollen auch gering qualifizierte Afghaninnen und Afghanen bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz bekommen. Insbesondere sollen die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Afghanistans wieder eine stärkere Rolle auf den Weltmärkten spielen. Gerade im ländlichen Raum bleiben die Herausforderungen für eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung angesichts mangelnder Infrastruktur, fehlender Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft und geringem Ausbildungsstand der Bevölkerung (Analphabetenquote auf dem Land von rund 90%) aber groß. Sicher ist, dass die jährlich rund 400.000 neu auf den Arbeitsmarkt drängenden jungen Menschen nicht vollständig vom landwirtschaftlichen Sektor absorbiert werden können (AA 11.2016).
Das BIP-Wachstum im Jahr 2015 wurde auf 1,5% geschätzt, als Faktoren zählten die sich verschlechternde Sicherheitslage, welche Privatinvestitionen schwächte; verspätete Vollstreckung des Haushaltsplanes und unvorteilhafte Wetterbedingungen, die zu einem niedrigeren landwirtschaftlichen Ertrag führten (IMF 13.4.2016). Die wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans wird trotz positiver Wachstumsraten in der letzten Dekade weiterhin nicht durch ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum, sondern durch die Zuschüsse der internationalen Gebergemeinschaft stimuliert. Den größten Anteil am BIP (2015: 19,2 Mrd. USD, lt. Weltbank) hat der Dienstleistungssektor mit 55%, gefolgt von der Landwirtschaft mit 22,6%. Industrieproduktion ist kaum vorhanden. Trotz einer großen Bedeutung des Außenhandels – Afghanistan ist in hohem Maße von Importen abhängig – sind afghanische Produkte bisher auf internationalen sowie regionalen Märkten kaum wettbewerbsfähig (AA 11.2016). Das Wirtschaftswachstum ist in den Jahren 2014 und 2015 stark auf 1,5 - 2% gesunken; internationale Entwicklungshilfe führte zu Wachstum und Jobs in Konfliktregionen, dennoch steuerte es nicht zu einer gesteigerten Produktivität bei. Ungleichheit stieg parallel zur ungleichen Wachstumsverteilung – Regionen im Nordosten, Osten, sowie im Westen des Zentralgebietes scheinen aufgrund ihrer geografischen Abgelegenheit, starken Klimaveränderungen, niedriger Hilfe und Unsicherheit, nachzuhinken. Arbeitslosigkeit, Naturgefahren, fehlender Zugang zu Dienstleistungen, sowie Gewalt, sind Hauptfaktoren für die hohe Armutsrate in Afghanistan. Entwicklungsschwierigkeiten verstärkten die wachsende Unsicherheit, Verunsicherung und schrumpfende Hilfe (WB 2.5.2016).
Wichtige Erfolge wurden im Bereich des Ausbaus der Infrastruktur erzielt. Durch den Bau von Straßen und Flughäfen konnte die infrastrukturelle Anbindung des Landes verbessert werden. Große wirtschaftliche Erwartungen werden an die zunehmende Erschließung der afghanischen Rohstoffressourcen geknüpft. In Afghanistan lagern die weltweit größten Kupfervorkommen sowie Erdöl, Erdgas, Kohle, Lithium, Gold, Edelsteine und seltene Erden. Mit dem 2014 verabschiedeten Rohstoffgesetz wurden die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliche Investitionen in diesem Bereich verbessert. Entscheidend für Wachstum, Arbeitsplätze und Einnahmen aus dem Rohstoffabbau ist die Umsetzung des Gesetzes. Darüber hinaus müssen Mechanismen zum Einnahmenmanagement etabliert werden. Der Abbau der Rohstoffe erfordert große und langfristige Investitionen in die Exploration und Infrastruktur durch internationale Unternehmen. Bisher sind diese noch kaum im Abbau von Rohstoffen im Land aktiv. Derzeit niedrige Weltmarktpreise lassen die Investitionsbereitschaft zusätzlich sinken (AA 11.2016).
Afghanistan bleibt weiterhin der weltweit größte Produzent für Opium, Heroin und Cannabis. Trotz einer breit angelegten Strategie verhindern die angespannte Sicherheitslage in den Hauptanbaugebieten im Süden des Landes sowie die weit verbreitete Korruption eine effiziente Bekämpfung des Drogenanbaus. Die hohen Gewinnmargen erschweren zudem die Einführung von alternativen landwirtschaftlichen Produkten (AA 11.2016).
Rückkehr
Seit Jänner 2016 sind mehr als 700.000 nicht registrierte Afghanen aus dem Iran und Pakistan nach Afghanistan zurückgekehrt (Thomson Reuters Foundation 12.1.2017); viele von ihnen sind, laut Internationalem Währungsfonds (IMF), hauptsächlich aus Pakistan, aus dem Iran, Europa und anderen Regionen nach Afghanistan zurückgekehrt. Viele Afghan/innen, die jahrzehntelang im Ausland gelebt haben, kehren in ein Land zurück und sind Konflikten, Unsicherheit und weitreichender Armut ausgesetzt. Aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen, sind Rückkehrer/innen im Allgemeinen arm. Auch wenn reichere Rückkehrer/innen existieren, riskiert ein typischer rückkehrender Flüchtling in die Armut abzurutschen (RFL/RE 28.1.2017). Die meisten Rückkehrer/innen (60%) entschlossen sich – laut UNHCR – in den städtischen Gegenden Kabuls, Nangarhar und Kunduz niederzulassen (UNHCR 6.2016).
IOM verlautbarte eine Erhöhung von 50.000 Rückkehrer/innen gegenüber dem Vorjahr. UNHCR hat im Jahr 2016 offiziell 372.577 registrierte Afghanen in die Heimat zurückgeführt. Laut UNHCR und IOM waren der Großteil der Rückkehrer junge Männer aus dem Iran, die auf der Suche nach Arbeit oder auf dem Weg nach Europa waren (Thomson Reuters Foundation 12.1.2017). Der Minister für Flüchtlinge und Repatriierung sprach sogar von einer Million Flüchtlinge, die im letzten Jahr nach Afghanistan zurückgekehrt sind - davon sind über 900.000 freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt (Khaama Press 17.1.2017).
Unterstützung durch verschiedene Organisationen vor Ort
Eine steigende Zahl von Institutionen bietet Mikrofinanzleistungen an. Die Voraussetzungen hierfür unterscheiden sich, wobei zumeist der Fokus auf die Situation/Gefährdung des Antragenden und die Nachhaltigkeit des Projekts gelegt wird. Rückkehrer und insbesondere Frauen erhalten regelmäßig Unterstützung durch Mikrofinanzleistungen. Jedoch sind die Zinssätze in der Regel vergleichsweise hoch (IOM 2016).
Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme – WFP) hat in Afghanistan eine neunmonatige Operation eingeleitet, um die wachsenden Zahl der Rückkehrer/innen aus Pakistan und Binnenvertriebe zu unterstützen, indem ihnen Notfallsnahrung und andere Mittel zur Verfügung gestellt werden:
Sowohl das WFP als auch andere UN-Organisationen arbeiten eng mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen, Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen. Die Organisation bietet 163.000 nicht-registrierten Rückkehrer/innen, 200.000 dokumentierten Rückkehrer/innen und 150.000 Binnenvertriebenen, Flüchtlingen Nahrungs- und Finanzhilfe an; auch 35.000 Flüchtlinge in den Provinzen Khost und Paktika wurden unterstützt. Das WAFP hat seine Unterstützungen in Ostafghanistan verstärkt – um Unterernährung zu vermeiden; das WFP unterstützte mehr als 23.000 Kleinkindern aus Rückkehrer-Familien. Ziel des WFP ist es 550.000 Menschen durch Notfallsorganisationen zu helfen (UN News Centre 15.11.2016).
Einige Länder arbeiten auch eng mit IOM in Afghanistan im Rahmen des Programms Assisted Voluntary Return zusammen – insbesondere, um die Reintegration zu erleichtern. IOM bietet Beratung und psychologische Betreuung im Aufnahmeland, Unterstützung bei Reiseformalitäten, Ankunft in Kabul und Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Gewährung eines Anstoßkredits an. Obwohl IOM Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, gibt IOM auch abgeschobenen Asylbewerber/innen Unterstützung nach der Ankunft im Land (AA 9.2016). Mit Ausnahme von IOM gibt es keine weiteren Organisationen, die Unterstützung bei der Reintegration von Rückkehrer/innen in Afghanistan anbieten (IOM 2016).
Erhaltungskosten in Kabul
Die monatlichen Lebenshaltungskosten in Kabul, für eine Person sind abhängig von den Ausgaben und liegen durchschnittlich zwischen 150-250 USD pro Person. Diese Zahlen beziehen sich nur auf Kleidung, Nahrung und Transport, die Unterbringung (Miete) ist dabei nicht berücksichtigt. Die Haus- oder Wohnungsmiete hängt von der Lage ab. Die Unterbringung im Zentrum der Stadt beträgt für eine Ein-Zimmer Wohnung (Bad und Küche) beginnend von 6.000 AFA (88 USD) bis zu 10.000 AFD (146 USD) pro Monat (IOM 22.4.2016). In Kabul sowie im Umland und auch anderen Städten stehen eine große Anzahl an Häusern und Wohnungen zur Verfügung. Die Kosten in Kabul City sind jedoch höher als in den Vororten oder auch anderen Provinzen. Private Immobilienhändler bieten Informationen zu Mietpreisen für Häuser, Apartments etc. an. Rückkehrer können bis zu 2 Wochen im IOM Empfangszentrum in Jangalak untergebracht werden (IOM 2016).
Auszüge aus dem Bankensystem in Afghanistan
Nach einer Zeit mit begrenzten Bankdienstleistungen, entstehen im Finanzsektor in Afghanistan schnell mehr und mehr kommerzielle Banken und Leistungen. Die kommerziellen Angebote der Zentralbank gehen mit steigender Kapazität des Finanzsektors zurück. Es ist einfach in Afghanistan ein Bankkonto zu eröffnen. Die Bank wird nach folgendem fragen: Tazkira/ (Personalausweis/Pass); 2 Passfotos und AFA 1,000 bis 5,000 als Mindestkapital für das Bankkonto (IOM 2016).
Bis heute sind mehr als ein Dutzend Banken im Land aktiv. Zu deren Leistungen zählen: Internationaler Geldtransfer via SWIFT (Society For World Wide Interbank Funds Transfer), inländische Geldtransfers in Afghanistan, diverse Kreditprodukte und andere Handelsleistungen, sowie Sparen und Girokonten (IOM 2016).
Internationaler Geldtransfer via SWIFT ist seit 2003 über die Zentralbank verfügbar. Auch kommerzielle Banken bieten derzeit internationalen Geldtransfer an, manche nutzen eigene Möglichkeiten, andere greifen auf die Ressourcen der Zentralbank zurück. Die Zentralbank kann die Nachfrage des Bankensektors nach Bargeld in afghanischer Währung sowie in US Dollar bedienen. Um Geld nach Afghanistan zu überweisen, müssen die Betroffenen ein Konto in Afghanistan haben. Die Zentralbank beabsichtigt, sich vom kommerziellen Bankgeschäft zurückzuziehen, da die kommerziellen Banken ihre Tätigkeiten in Afghanistan ausbauen. Die Zentralbank kann Überweisungen und andere Bankdienstleistungen in den Provinzen in ganz Afghanistan gewährleisten (IOM 2016). Geldtransferanbieter wie Western Union sind ebenfalls weit verbreitet (IOM 2016; vgl. auch: Western Union Holdings, Inc 2016 und Azizi Bank 2014).
Sicherheitslage in Kunduz
Kunduz liegt 337 km nördlich von Kabul City und grenzt an die Provinzen Takhar im Osten, Baghlan im Süden und Samangan im Westen (Pajhwok o.D.k; vgl. auch: Khabarnama 22.8.2016). Die Provinz hat folgende Distrikte: Imam Sahib, Dasht-e-Archi, Qala-e-Zal, Chahar Dara, Ali Abad und Khan Abad; die Hauptstadt ist Kunduz City (Pajhwok o.D.k). Als strategischer Korridor wird Kunduz als einflussreiche Provinz in Nordafghanistan erachtet – der Sher (Shir) Khan Hafen, besser bekannt als Sherkhan Bandar liegt inmitten der Provinz und erhöht dadurch die militärische und wirtschaftliche Bedeutung (Khabarnama 22.8.2016). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.029.473 geschätzt (CSO 2016).
Kunduz City ist eine der größten Städte Afghanistans und war lange Zeit ein strategisch wichtiges Transportzentrum für den Norden des Landes. Kunduz ist durch eine Autobahn mit Kabul im Süden, Mazar-e Sharif im Westen, sowie Tadschikistan im Norden verbunden (BBC News 3.10.2016).
Strategisch wichtig ist die Stadt Kunduz nicht nur für Afghanistan (Deutsch Welle 30.9.2015), denn Kunduz war bis zum Einmarsch der US-Amerikaner im Jahr 2001 die letzte Hochburg der Taliban (RFE/RL 9.2015). Wer die Stadt kontrolliert, dem steht der Weg nach Nordafghanistan offen. Kunduz liegt auf einer wichtigen Straße, die Kabul mit den angrenzenden nördlichen Provinzen verbindet (Deutsch Welle 30.9.2015).
Im Zeitraum 1.9.2015 – 31.5.2016 wurden in der Provinz Kunduz 416 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
Die einst relativ friedliche Region – die Provinzen Baghlan, Kunduz und Takhar – war in den letzten Monaten von heftigen Zusammenstößen zwischen Taliban und Regierungskräften betroffen (Global Times China 15.1.2017; vgl. auch: News Ghana 30.1.2017). Im Jahr 2016 versuchten die Taliban einige Provinzhauptstädte einzunehmen, unter anderem auch Kunduz (Hindustan Times 8.1.2017). Im Oktober 2016 drangen die Taliban in Kunduz City ein und wurden nach einer Woche von den Sicherheitskräften wieder vertrieben (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch:
IRIN News 13.10.2016). Die Stadt selber konnte gesichert werden – die Taliban kontrollieren die umliegenden Gegenden der Provinz (Al-Jazeera 4.11.2016; vgl. auch: RFE/RL 8.10.2016).
In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Terroristen zu befreien (Sputnik News 31.1.2017; Khaama Press 22.1.2017; Z News 12.1.2017; Khaama Press 9.1.2017; Tolonews 29.12.2016; Tolonews 25.1.22016; UN GASC 13.12.2016; Tolonews 30.9.2016; Eurasia Review 28.4.2016); dabei werden Aufständische getötet (Tolonews 29.12.2016; Tolonews 25.1.22016; Eurasia Review 28.4.2016; South Front 11.4.2016), unter anderem auch hochrangige Talibanführer (Al-Jazeera 4.11.2016). Luftangriffe werden durchgeführt (News Ghana 30.1.2017). Ebenso wurde ein hochrangiger Talibanführer verhaftet (Sputnik News 31.1.2017).
Eine Gruppe von zehn Aufständischen hat sich dem Friedensprozess in Kunduz angeschlossen; die Aufständischen waren in unterschiedlichen Teilen der Stadt Kunduz aktiv. Einem Sicherheitsberater zufolge wird sich die Sicherheitslage nun verbessern, nachdem sich die Aufständischen dem Friedensprozess angeschlossen haben (Khaama Press 9.1.2017).
Sicherheitslage in Kabul
Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016)
Im Zeitraum 1.9.2015 – 31.5.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
Im Zeitraum 1.9.2015 – 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.1.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.1.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.1.2017).
Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: UNAMA 6.2.2017).
Sicherheitslage in Mazar-e Sharif
Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Hauptstadt Mazar-e Sharif, liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.:
Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.: Provinzhauptstadt Baghlan]. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.353.626 geschätzt (CSO 2016).
Im Zeitraum 1.1. – 31.8.2015 wurden in der Provinz Balkh 226 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 21.1.2016).
Die Stadt Mazar-e Sharif ist eine Art "Vorzeigeprojekt" Afghanistans für wichtige ausländische Gäste (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014). Balkh ist, in Bezug auf Angriffe der Taliban, zentralasiatischer Aufständischer oder IS-Kämpfer die sicherste Provinz in Nordafghanistan. Grund dafür ist das Machtmonopol, das der tadschikisch-stämmige Gouverneur und ehemalige Warlord Atta Mohammed Noor bis in die abgelegensten Winkel der Provinz ausübt. Nichtsdestotrotz ist die Stabilität stark abhängig von den Beziehungen des Gouverneurs zum ehemaligen Warlord und nunmehrigen ersten Vizepräsidenten Abdul Rashid Dostum. Im Juni 2015 haben sich die beiden Rivalen darauf geeinigt, miteinander zu arbeiten, um die Sicherheit in Nordafghanistan wiederherzustellen. Die Stabilität der Provinz Balkh war ein Hauptfokus der NATO-Kräfte (RFE/RL 8.7.2015). Im Distrikt Balkh wird die Reduzierung von Rebellenaktivitäten der Leistungsfähigkeit der ANSF und des neuen Distriktpolizeichefs zugeschrieben (APPRO 1.2015)
Bei einem Angriff auf das deutsche Konsulat in Mazar-e Sharif waren am 10.11.2016 sechs Menschen getötet und fast 130 weitere verletzt worden (Die Zeit 20.11.2016). Nach Polizeiangaben attackierte am späten Abend ein Selbstmordattentäter mit seinem Auto das Gelände des deutschen Generalkonsulats in Mazar-e Sharif. Die Autobombe sei gegen 23:10 Uhr Ortszeit am Tor der diplomatischen Einrichtung explodiert, sagte der Sicherheitschef der Provinz Balkh. Bei den Toten soll es sich um Afghanen handeln. Alle deutschen Mitarbeiter des Generalkonsulats seien bei dem Angriff unversehrt geblieben (Die Zeit 10.11.2016). Das Gebäude selbst wurde in Teilen zerstört. Der überlebende Attentäter wurde dem Bericht zufolge wenige Stunden später von afghanischen Sicherheitskräften festgenommen (Die Zeit 20.11.2016).
Außerhalb von Mazar-e Sharif, in der Provinz Balkh, existiert ein Flüchtlingscamp – auch für Afghan/innen – die Schutz in der Provinz Balkh suchen. Mehr als 300 Familien haben dieses Camp zu ihrem temporären Heim gemacht (RFE/RL 8.7.2015).
Erreichbarkeit
Der Flughafen in Kabul ist ein internationaler Flughafen (NYT 4.1.2016; vgl. auch: Hamid Karzai Airport 2015). Ehemals bekannt als internationaler Flughafen Kabul wurde er im Jahr 2014 in den internationalen Flughafen Hamid Karzai umbenannt. Dieser liegt 16 km außerhalb des Stadtzentrums von Kabul. In den letzten Jahren wurde der Flughafen erweitert und modernisiert. Ein neuer internationaler Terminal wurde hinzugefügt und der alte Terminal wird nun für nationale Flüge benutzt (Hamid Karzai Airport 2015).
Im Jahr 2013 wurde der internationale Maulana Jalaluddin Balkhi Flughafen in Mazar-e Sharif, der Hauptstadt der Provinz Balkh eröffnet (Pajhwok 9.6.2013).
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Herkunft und Berufserfahrung sowie zur Einreise, dem Aufenthalt und den Lebensumständen des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf dem Inhalt der vorliegenden Verfahrensakten, vorgelegten Unterlagen sowie den damit in Einklang stehenden, diesbezüglich im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben des Beschwerdeführers. Die Feststellungen zu den Familienangehörigen des Beschwerdeführers in Afghanistan beruhen auf dem insofern übereinstimmenden schriftlichen und mündlichen Vorbringen des Beschwerdeführers. Die Feststellung der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.
Die Länderfeststellungen gründen auf den jeweils angeführten Länderberichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zugrunde gelegt werden konnten. Im Ergebnis ist auch nicht zu erkennen, dass sich seit der Erlassung des bekämpften Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl bzw. seit der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Afghanistan allgemein und für den gegenständlichen Fall relevant eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte. Die belangte Behörde hat die zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen verfügbaren Länderinformationen in das Verfahren einfließen lassen. Die Lage in Afghanistan stellt sich seit Jahren diesbezüglich im Wesentlichen unverändert dar, wie sich das erkennende Gericht durch ständige Beachtung der aktuellen Quellenlage (u.a. durch Einschau in aktuelle Berichte bzw. Folgeberichte des deutschen Auswärtigen Amtes, der Schweizerischen Flüchtlingshilfe und des U.S. Department of State) versichert hat. Auch wenn in den letzten Monaten etwa erneut Anschläge in der Stadt Kabul sowie in der Provinz Balkh stattgefunden haben, so weisen diese keine solche Intensität auf, dass eine Rückkehr nach Kabul bzw. Mazar-e Sharif generell eine Verletzung der EMRK darstellt (vgl. auch Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, letzte Aktualisierung vom 25.09.2017).
Der Beschwerdeführer ist diesen Länderberichten nicht konkret entgegengetreten und hat auch im Rahmen seiner Stellungnahme vom 26.09.2016 bzw. in der gegenständlichen Beschwerde insbesondere auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes verwiesen sowie weitere Berichte ins Treffen geführt. Auch die darin enthaltenen Informationen sind allerdings nicht geeignet, die in den Feststellungen zur Situation in Afghanistan – insbesondere zur Sicherheits- und Versorgungslage in Kabul bzw. Mazar-e Sharif – enthaltenen Kernaussagen zu widerlegen, sondern sind im Wesentlichen mit diesen in Einklang zu bringen. Soweit die wirtschaftliche Situation für Rückkehrer (beispielsweise nach Kabul) schwieriger dargestellt wird als in den o.a. Länderfeststellungen, ist festzuhalten, dass die Berichte in dem hier zugrunde gelegten Länderinformationsblatt auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger unbedenklicher Quellen beruhen – die oft jüngeren Datums sind und deren Zugrundelegung von Entscheidungen vom Verwaltungsgerichtshof in Vergangenheit in zahlreichen Fällen bestätigt wurde – und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten. Zu den jüngsten Entwicklungen in Afghanistan ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass der Sachverständige Dr. Rasuly auch in seinem aktuellen Gutachten vom 21.07.2017 (im Rahmen des hg. Verfahrens zu W261 2150003-1/10Z) zu der Versorgungslage in Kabul für einen alleinstehenden, jungen, gesunden und arbeitsfähigen, aus Europa zurückkehrenden Mann, der – wie in dem dem Gutachten zugrunde liegenden Fall – in Pakistan aufgewachsen ist und über kein familiäres (soziales) Netzwerk in Afghanistan verfügt, Folgendes ausführt:
"Die Arbeitslosigkeitsrate unter den Jugendlichen ist in ganz Afghanistan fast 60%. Aber die Rückkehrer, wenn ihnen Starthilfe gegeben wird, können sie mit Gründung von Geschäften und Werkstätte sich eine Lebensgrundlage schaffen.
Die Gebildeten, die auch mehrere Fremdsprachen können, können leichter eine Arbeit bei NGO und Privatfirmen, als Übersetzer und Firmenbegleiter finden. Die Rückkehrer die gebildet sind und Fremdsprachen, besonders Englisch können, können sich auch mit der Starthilfe selbständig machen und als Übersetzer arbeiten.
Kabul ist eine Millionen Stadt, deren Einwohner aus allen Teilen Afghanistans kommen. Dort gibt es paschtunische, tajikische, Hazara und usbekische Communities. D.h. der BF ist als Paschtune kein Fremder in Kabul.
Für die gebildeten und erwachsenen Rückkehrer nach Kabul ist ein Familienrückhalt nicht notwendig, wenn ihnen bei der Rückkehr Starthilfe zur Verfügung gestellt wird."
Bereits das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wertete das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend eine asylrelevante Verfolgungsgefahr als unglaubhaft, berücksichtigte im Rahmen seiner Beweiswürdigung jedoch das jugendliche Alter des Beschwerdeführers bei der behördlichen Einvernahme sowie insbesondere zum Zeitpunkt des angegebenen Vorfalls nicht hinreichend. Im Laufe des Rechtsmittelverfahrens verstärkte sich der Eindruck der Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers jedoch, da sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung weitere Ungereimtheiten im Vorbringen ergaben, welche der – nunmehr volljährige – Beschwerdeführer nicht schlüssig zu erklären vermochte.
In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht steigerte der Beschwerdeführer sein Vorbringen und brachte auf die Frage nach seinen Fluchtgründen vor, sein Vater sei bereits zwei bis zweieinhalb Monate vor seinem Tod von Taliban telefonisch bedroht worden. Eine Bedrohung seines Vaters erwähnte der Beschwerdeführer bis dahin jedoch weder bei seiner Einvernahme am 15.09.2016 noch in der Stellungnahme vom 26.09.2016 oder in der Beschwerde vom 18.10.2016. Die diesbezügliche Erklärung des Beschwerdeführers, er sei nicht gefragt worden, ob sein Vater bedroht worden sei, vermag auch unter Berücksichtigung des Alters des Beschwerdeführers nicht zu überzeugen, zumal dieser auch vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht konkret dahingehend befragt wurde, aber dennoch eine angebliche Bedrohung seines Vaters gleich zu Beginn seines fluchtbezogenen Vorbringens ins Treffen führte. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer bereits vom Bundesamt nach konkreten Hinweisen befragt, dass es sich bei den Mördern seiner Eltern um Taliban gehandelt habe. Der Beschwerdeführer machte damals dennoch keinerlei Angaben zu einer früheren Bedrohung seines Vaters durch Taliban.
Das neue Vorbringen zu der genannten telefonischen Bedrohung ist überdies wenig plausibel, zumal der Beschwerdeführer behauptet hat, sein Vater sei in der Nacht von Taliban am Telefon bedroht worden, der Beschwerdeführer selbst habe dies wahrnehmen können, seinen Vater in der Folge aber nicht nach den Gründen für die Bedrohung gefragt. Auch vor dem Hintergrund afghanischer Gebräuche und des Umstandes, dass der Beschwerdeführer damals erst fünfzehn Jahre alt war, erscheint es wenig lebensnah, dass er zu einer solchen Bedrohung seines Vaters seitens Taliban seinem Vater keinerlei Fragen stellen würde.
Eine weitere Abweichung ergab sich in den Angaben des Beschwerdeführers zu der behaupteten Tötung seiner Eltern. Während der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme vom 15.09.2016 angab, er sei bereits in der Nacht des Vorfalls zu seinem Elternhaus gegangen und habe die Leichen seiner Eltern gesehen, brachte er in der mündlichen Verhandlung vor, sein Onkel habe ihn am nächsten Morgen von der Tötung seiner Eltern erzählt und ihn aufgefordert, ihn zum Elternhaus zu belgeiten. Auch wenn der Beschwerdeführer über diesbezüglichen Vorhalt erklärt hat, es sei sehr früh am Morgen und noch dunkel gewesen, ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt mehrmals davon gesprochen hat, es wäre noch Nacht gewesen – insbesondere auch nachdem sie zu seinem Elternhaus gefahren seien und er die Leichen seiner Eltern gesehen habe.
Hinsichtlich des vorgebrachten Todes der Eltern des Beschwerdeführers ist überdies darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer – außer der unglaubwürdigen Steigerung seines Vorbringens betreffend eine telefonische Bedrohung seines Vaters – keine konkreten Anhaltpunkte vorbringen konnte, dass seine Eltern tatsächlich von Taliban getötet worden seien. Der Beschwerdeführer brachte auch keinerlei Unterlagen betreffend den Tod oder die Beerdigung seiner Eltern, an der angeblich teilgenommen habe, zur Vorlage.
Im Gesamtzusammenhang betrachtet weisen die Angaben des Beschwerdeführers sohin Widersprüche und Ungereimtheiten in zentralen Teilen seines Vorbringens auf, welche der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar zu klären vermochte. Im Zuge des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht hat sich der Eindruck verstärkt, dass der Beschwerdeführer lediglich eine konstruierte Geschichte wiedergegeben hat, und war daher sein gesamtes fluchtbezogenes Vorbringen als unglaubhaft zu werten. Somit war nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan einer asylrechtlich relevanten Verfolgungsgefahr ausgesetzt war bzw. ist.
Zu einem dem Beschwerdeführer seitens der Taliban angeblich unterstellten Naheverhältnis zu einem Kommandanten ist weiters festzuhalten, dass der Beschwerdeführer gleichbleibend angegeben hat, er habe zu diesem Kommandanten nie persönlichen Kontakt gehabt und auch keine näheren Kenntnisse über die Verbindung seines Vaters zu dem Kommandanten oder eine allfällige Tätigkeit seines Vaters für diesen. Eine konkrete Bedrohung des Beschwerdeführers selbst seitens der Taliban wurde nicht behauptet.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§ 28 Abs. 1 VwGVG).
Zu A)
Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Artikel 9 der Statusrichtlinie verweist).
Flüchtling im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 uva.). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 24.02.2015, Ra 2014/18/0063); auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/18/0112 mwN). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).
Die Voraussetzung der "wohlbegründeten Furcht" vor Verfolgung wird in der Regel aber nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl. VwGH 17.03.2009, 2007/19/0459). Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. u.a. VwGH 20.06.2007, 2006/19/0265 mwN).
Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Flüchtlingskonvention. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. hiezu VwGH 21.01.1999 , 98/18/0394; 19.10.2000, 98/20/0233 mwH). Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation kann nach ständiger Judikatur nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden (vgl. VwGH 17.06.1993, 92/01/1081; 14.03.1995, 94/20/0798).
Wie oben ausgeführt war den fluchtbezogenen Angaben des Beschwerdeführers die Glaubhaftigkeit abzusprechen. Eine Prüfung der Asylrelevanz seiner Angaben erübrigt sich daher und kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer asylrelevante Verfolgung in Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht bzw. drohte.
Darüber hinaus mangelt es dem Vorbringen auch unter Zugrundelegung der Angaben des Beschwerdeführers zu einem in Verbindung zu seinem Vater stehenden Kommandanten und der angeblichen Tötung seiner Eltern an Asylrelevanz, zumal sich daraus für den Beschwerdeführer selbst keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung ergeben. Es ist nicht nachvollziehbar, warum Taliban dem zum damaligen Zeitpunkt fünfzehnjährigen Beschwerdeführer, der keinerlei persönlichen Kontakt zu dem Kommandanten hatte, ein Naheverhältnis bzw. eine Zusammenarbeit mit diesem unterstellen sollten. Zumal der Beschwerdeführer auch keine Kenntnisse