Entscheidungsdatum
11.12.2017Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
L518 2176031-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus STEININGER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Dr. Alexander NIEDERWIMMER und den fachkundigen Laienrichter Mag. SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Oberösterreich, vom 24.05.2017, Zl. OB: XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs 2, § 40 Abs 1, § 41 Abs 1 und 2, § 42 Abs 1 und 2, § 43 Abs 1, § 45 Abs 1 bis 3, § 54 Abs 12, § 55 Abs 4, § 55 Abs 5 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF stattgegeben und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundesverfassungsgesetz
(B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (im Folgenden "BF" bzw. "bP" genannt) beantragte mit Schreiben vom 28.12.2016, am 29.12.2016 bei der belangten Behörde (folglich "bB" bezeichnet) die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass und brachte zur Untermauerung seines Vorbringens ein Konvolut ärztlicher Schreiben in Vorlage.
Eine am 7.3.2017 durch Dr. XXXX , FA für Psychiatrie, erfolgte Begutachtung ergab wegen Vorliegens einer affektiven Störung; manische, depressive und bipolare Störungen, rezidivierend depressive Störung – mittelgradig Z.n. Burn out 2008 einen Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H.
Eine weitere, am selben Tag durch Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, durchgeführte Begutachtung erbrachte bei einer Wirbelsäulenveränderung mit höhergradiger Funktionseinschränkung bei Z.n. StabilisierungsOP (Pos. Nr. 02.01.03, 60 v.H.), Sprunggelenksbeschwerden, Z.n. Trümmerbruch mit Bewegungseinschränkung und Schmerzen (Pos. Nr. 02.05.32, 40 v.H.), COPD II, Atemnot bei schwerer Belastung und notwendige Medikation (Pos. Nr. 06.06.02, 40 v.H.), alkoholische Leberschädigung (Pos. Nr. 07.05.03, 10 v.H.), Kniebeschwerden re. ohne Funktionsbehinderung (Pos. Nr. 02.05.18, 10 v.H.) und Bluthochdruck, medikamentös ausreichend behandelbar (Pos. Nr. 05.01.01, 10 v.H.) einen Gesamtgrad der Behinderung von 80 v.H.
Die durch Dr. Schütz vorgenommene Gesamtbeurteilung ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 90 v.H., da die Grunderkrankung der Wirbelsäulenveränderung durch die in Wechselwirkung stehende Depression um eine Stufe, sowie die Sprunggelenksbeschwerden und die Lungenerkrankung infolge der negativen Auswirkung auf die Mobilität um jeweils eine weitere Stufe gesteigert wird.
Eine Nachuntersuchung wurde für 5/2020 anberaumt, da unter fortlaufender Therapien eine Änderung der psychischen Befindlichkeit möglich ist.
Aus medizinischer Sicht wurde das Vorliegen der Voraussetzungen für die Vornahme der begehrten Zusatzeintragung verneint.
Mit im Spruch bezeichnetem Bescheid wurde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung abgewiesen.
Dagegen erhob der BF mit Schreiben vom 13.6.2017 das Rechtsmittel der Beschwerde und führte ins Treffen, wegen der starken Atemnot kaum 150Meter zurücklegen zu können.
Eine am 18.10.2017 durch Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, wiederholte Begutachtung des BF erbrachte im Wesentlichen nachstehendes Ergebnis:
Anamnese:
Es liegt ein Antrag zur Eintragung einer Zusatzeintragung-Unzumutbarkeit- vor. Im Gesamtgutachten vom 16.05.2017- Allgemeinmedizin/Psychiatrie- wurde ein Gesamtgrad der Behinderung von 90 % festgelegt. Die Eintragung der Unzumutbarkeit bzw. Ausstellung eines Parkausweises wurde abgelehnt. Dagegen hat der Patient Einspruch erhoben und es wird nunmehr ein neues Gutachten bzgl. der Ausstellung eines Parkausweises erstellt. Die Untersuchung findet am 18.10.2017 in der Zeit von 12:00-12:30 statt. Das Gutachten wird nach den Richtlinien der EVO, den vorliegenden Befunden und einer eingehenden klinischen Untersuchung erstellt.
Die im Vorgutachten eingestuften Erkrankungen:
1.) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit höhergradiger Funktionseinschränkung bei Zust.n. Stabilisierungsoperation- 60 %.
2.) Rezidivierende depressive Störung- mittelgradig- Zust.n. Burn Out 2008.- 40%.
3.) Sprunggelenksbeschwerden- Zust.n. Trümmerbruch- 40 %- 40 %.
4.) Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD II)- 40 %.
5.) Leberschädigung- 10 %.
6.) Kniebeschwerden rechts ohne Funktionsbehinderung- 10 %.
7.) Arterielle Hypertonie- 10 %.
Als neuen Befund hat der Patient ein Audiogramm vorgelegt.
Derzeitige Beschwerden:
Der Patient berichtet über extreme Schmerzen in der Wirbelsäule-LWS/HWS. Weiters berichtet er über multiple Bandscheibenvorfälle und über eine Stabilisierungsoperation. Ebenso habe er Schmerzen in der rechten Hand und im Fingergrundgelenk III. Die Gehstrecke wird mit maximal 150 m angegeben. Schmerzen habe er ebenso am Oberschenkel sowie am Knie bds. Taubheitsgefühl an beiden Vorfüßen- weiters berichtet er über Schmerzen im rechten Sprunggelenk (Fersenbein Zertrümmerung 2000). Einzig sein Sohn mit einem Lebensalter von 6 Monate halte im am Leben. 2016 war er im Reha-Zentrum Bad Hallkeine wesentliche Besserung eingetreten.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Cymbalta, Trittico, Sirdalud, Codidol ret., Ramipril, Atorvastatin,Lercanidipin, Quetiapin, Pantoprazol, Brimica, Solbutamol, Gehbehelfe werden nicht verwendet,
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Vorgutachten, 2017, 90 %.
Beschwerde gegen den Bescheid vom 24.05.2017.
Auszug: Atemnot habe ich bereits bei geringer Belastung.
Gliedmaßen: Starke Rotationsschmerzen, Fußsohlenbenutzungszeichen, Hüftbeweglichkeit eingeschränkt.
Wirbelsäule: Implantate It. XXXX wurde nicht berücksichtigt. Ich habe starke Bewegungseinschränkungen und starke Schmerzen. Ich kann wegen meiner starken Atemnot kaum 150 Meter zurücklegen. Ich ersuche Sie meinen Gesundheitszustand nochmals zu begutachten.
Ambulanzbericht Fund-Schmerzambulanz, 2016.
Diagnosen:
1.) Chronisches Schmerzsyndrom bei multisegmentaler Stabilisierung.
2.) Zervikalsyndrom.
3.) COPD.
4.) Zunehmendes psychosomatisches Erschöpfungssyndrom mit subjektiver Vergesslichkeit.
5.) Arterielle Hypertonie.
Dekurs:
Herr XXXX ist ein chronischer Schmerzpatient. Er nimmt derzeit Codidol 2 x 60 mg, Cymbalta 120 mg als Tagesdosis. Er fühlt sich morgendlich erschöpft, antriebslos, vergesslich. Ein PET-CT wurde bereits heuer durchgeführt zum Ausschluss eines Morbus Alzheimers, Befund war negativ. Es ist kein zusätzlicher neurologischer Ausfall zu den Vorbefunden vorhanden. Psychosomatisch ist anamnestisch eine Verschlechterung feststellbar.
Arztbrief, Facharzt für Lungenkrankheiten, 2016.
Diagnosen:
1.) COPD II DD: AC0S- ( Asthma- COPD- Overlap Syndrom ).
2.) Polyvalente Sensibilisierung: D. pteronyssinus - Hausstaubm. ++, Tyrophagus +++
3.) Ausgeprägtes Schnarchen in 37,2% der Zeit.
4.) Tabakabstinenz seit 07.10.2015, Nikotinabhängigkeit 40 PY.
5.) Zust.n. Wirbelsäulenstabilisierung.
Befund, Facharzt für Orthopädie, 2016, Wirbelsäule/Sprunggelenke rechts.
Ergebnis: Kyphose- Fehlhaltung der mittleren HWS, beträchtliche chronische Diskopathien beziehungsweise bereits inkomplette Blockwirbelbildungen C4-C6. So beträchtliche Veränderungen könnten auch durchaus posttraumatisch bedingt sein.
Befund: Man erkennt erste geringe Arthrosezeichen mit Punctum maximum Großzehengrundgelenk, ebenso an einigen Interphalangealgelenken, ohne allerdings nennenswerte Fehlstellungen. Die Fußwurzel ebenso der Sprunggelenksbereich unauffällig.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
Altersgemäßer Allgemeinzustand.
Ernährungszustand:
Normaler Ernährungszustand.
Klinischer Status – Fachstatus:
Kopf/ Hals: HNAP: frei, nicht druckschmerzhaft, SD: tastbar, frei verschieblich, LK: keine pathologischen Lymphknoten tastbar, Sehen:
altersgemäß, Hören: geringgradige Schwerhörigkeit beiderseits- kein Hörgerät verwendet., Zahnstatus: saniert (Oberkiefer-Unterkiefer Teilprothese),
Thorax/ Lunge: knöcherner Thorax seitengleich, VA, Lungenbasen frei verschieblich, keine pathologischen RG's auskultierbar,
Herz: HT rein, rhythmisch, normofrequent,
Abdomen: Bauchdecke weich, im Thoraxniveau gelegen, keine pathologischen Resistenzen tastbar, Bruchpforten geschlossen, Leber und Milz nicht tastbar,
Wirbelsäule: achsengerechte Stellung, FBA: 50 cm, Pseudolasegue:
bds. positiv, Rotationsbewegung in der LWS: 10-0-10,
Rotationsbewegung: 0-0-0, Bewegungseinschränkung nach allen Richtungen im HWS-Bereich, aktives Abheben beider unteren Extremitäten von der Unterlage bis 20° möglich, Narbe nach Operation im LWS-Bereich,
Obere Extremitäten: alle Gelenke an beiden oberen Extremitäten sind mit Bewegungsumfang weitgehend frei, es besteht ein Druckschmerz im rechten Handgelenk und im Fingergrundgelenk III, grobe Kraft bds. reduziert,
Untere Extremitäten:
Hüftgelenke: Bewegungsumfang frei, kein Stauchungsschmerz vorhanden,
Kniegelenk rechts: Druckschmerz im medialen- und lateralen Kompartiment, keine Einschränkung des Bewegungsumfanges, keine Reizzeichen ersichtlich,
Sprunggelenk rechts: Bewegungseinschränkung höhergradig nach allen Richtungen, Druckschmerz im Bereich des rechten Fersenbeines,
Neurologischer Status: derzeit keine sensiblen und motorischen Ausfälle vorhanden,
Gefäßstatus: periphere Gefäße beiderseits gut tastbar,
Haut: altersgemäße Hautstruktur,
Nikotin: 0,
Alkohol: gelegentlich,
Gesamtmobilität – Gangbild:
Die Gesamtmobilität wird vom Patienten mit 150 m angegeben, Einbeinstand beiderseits nur mit Anhalten möglich, Zehen- und Fersengang nicht durchführbar, das Gangbild ist kleinschrittig und unsicher (ataktisch).
Status Psychicus:
Patient allseits orientiert, Antrieb deutlich reduziert„ Affizierbarkeit im positiven Skalenbereich nicht gegeben, Duktus kohärent, keine pathologischen Denkinhalte verifizierbar, Patient ist sehr reizbar, depressive Zustandsbild.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr. -Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1 -Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule- LWS/HWS- mit höhergradiger Funktionseinschränkung bei Zust.n.
Stabilisierungsoperation.
2 -Rezidivierend depressive Störung - mittelgradig, Z.n. Burn out 2008.
3 -Sprunggelenksbeschwerden rechts., Zust.n.
Fersenbein-Trümmerbruch.
4 -Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD II).
5 -Kniegelenk - Untere Extremitäten, Degenerative Veränderungen im rechten Kniegelenk- keine Funktionseinschränkung.
6 -Lebeschädigung.
7 -Arterielle Hypertonie.
8 -Geringgradige Hörminderung bds. laut vorliegendem Audiogramm. rechts: 23 %, links: 25 %.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Im Vorgutachten eingestuften Erkrankungen 1- 7 sind in ihrer Einstufung unverändert. Neu hinzugekommen ist die Hörminderung bds. mit einer Einstufung von 20 %- dadurch ergibt sich keine Steigerung des GdB.
Gutachterliche Stellungnahme:
Aufgrund der hochgradigen Wirbelsäulenproblematik mit höhergradiger Funktionseinschränkung und Z.n. Stabilisierungsoperation, sowie der Beschwerden im rechten Sprunggelenk, ist eine maximale Gehstrecke des Patienten von 150 m nachvollziehbar- eine Gehstrecke von 300-400 m kann der Patient derzeit sicher nicht zurücklegen. Auch die Einnahme von Morphiumpräparaten zur Schmerzlinderung zeigt, dass eine hochgradige Schmerzsituation vorliegt. Auch das Ein-und Aussteigen aus einem öffentlichen Verkehrsmittel ist erheblich eingeschränkt. Weiters ist auch durch die Schmerzsymptomatik die Standfestigkeit für die gefahrlose Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel erheblich vermindert. Aufgrund der degenerativen Veränderungen im Achsenskelett und im rechten Sprunggelenk, ist die Ausstellung eines Parkausweises bzw. Eintragung der Unzumutbarkeit derzeit indiziert. Ein Nachuntersuchungstermin- 04/2020- sollte anberaumt werden- durch forcierte physikalische Therapie und eventuelle Rehaaufenthalte ist eine Besserung durchaus möglich.
Eintragung der Zusatzeintragung "Träger von Osteosynthesematerial" ist indiziert.
Dieses Gutachten wurde dem BF mit ho. Schreiben mit der Möglichkeit zur Stellungnahme übermittelt. Im Rahmen einer Stellungnahme führte der BF im Wesentlichen ins Treffen, mit der Beurteilung einverstanden zu sein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.0. Feststellungen (Sachverhalt):
Es war festzustellen, dass derzeit die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung gegeben sind.
2.0. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,
5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, ( )". Vergleiche dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.
Basierend auf der ständigen Rechtsprechung des VwGH bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" in einen Behindertenpass regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, das die Auswirkungen der Gesundheitsschädigung auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilt, sofern diese Frage nicht in einem unmittelbar zuvor durchgeführten Verfahren gemäß § 14 Abs 2 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) im Rahmen der ärztlichen Begutachtung ausreichend behandelt wurde oder die Unzumutbarkeit aufgrund der Art der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt (vgl auch VwGH vom 01.03.2016, Ro 2014/11/0024; VwGH vom 27.05.2014, Ro 2014/11/0030; VwGH vom 17. Juni 2013, 2010/11/0021 mit Verweis auf die Erkenntnisse vom 23. Februar 2011, 2007/11/0142 und vom 23. Mai 2012, 2008/11/0128; vgl auch VwGH vom 20.03.2001, 2000/11/0321).
Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).
Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das eingeholte Sachverständigengutachten des Dr. XXXX vom 8.11.2017 schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf.
Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt es auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.
Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.
Dem VwGH zufolge kommt es für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren (VwGH vom 22.10.2002, GZ 2001/11/0258).
Bei Beurteilung der Frage, ob eine Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist, wäre vor allem auch zu prüfen gewesen, wie sich die bei der bP gegebene dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH vom 22.10.2002, GZ 2001/11/0242).
Plausibel und nachvollziehbar legte der Sachverständige dar, dass aufgrund der hochgradigen Wirbelsäulenproblematik mit höhergradiger Funktionseinschränkung und Z.n. Stabilisierungsoperation, sowie der Beschwerden im rechten Sprunggelenk, eine maximale Gehstrecke des Patienten von 150 m nachvollziehbar ist - eine Gehstrecke von 300-400 m kann der Patient derzeit sicher nicht zurücklegen. Auch die Einnahme von Morphiumpräparaten zur Schmerzlinderung zeigt, dass eine hochgradige Schmerzsituation vorliegt. Auch das Ein-und Aussteigen aus einem öffentlichen Verkehrsmittel ist erheblich eingeschränkt. Weiters ist auch durch die Schmerzsymptomatik die Standfestigkeit für die gefahrlose Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel erheblich vermindert. Aufgrund der degenerativen Veränderungen im Achsenskelett und im rechten Sprunggelenk, ist die Ausstellung eines Parkausweises bzw. Eintragung der Unzumutbarkeit derzeit indiziert. Ein Nachuntersuchungstermin- 04/2020- sollte anberaumt werden- durch forcierte physikalische Therapie und eventuelle Rehaaufenthalte ist eine Besserung durchaus möglich.
In den angeführten Gutachten wurde von dem Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen.
Die eingeholten Sachverständigengutachten stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.
In den Gutachten wurden alle relevanten, von der bP beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt.
Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollzieh-baren Ausführungen des Sachverständigen abzugehen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Soweit seitens der bB das Parteiengehör verletzt wurde (durch Nichtvorhalten der dem erstinstanzlichen zu Grunde liegenden Gutachten), ist festzuhalten, dass die Verletzung des Parteiengehörs in diesem Einzelfall – bei ansonsten ordnungsgemäßem Ermittlungsverfahren – durch die Möglichkeit der Einbringung der Beschwerde (allenfalls nach Akteneinsicht) in diesem konkreten Fall als saniert anzusehen ist (vgl für viele: VwGH vom 11.09.2003, 99/07/0062; VwGH vom 27.02.2003, 2000/18/0040; VwGH vom 26.02.2002, 98/21/0299). Es ist jedoch auch festzuhalten, dass durch diese Feststellung die bB nicht generell vom ihrer Obliegenheit das Parteiengehör zu wahren, entbunden wird.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
-
Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
-
Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF
-
Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF
-
Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF
-
Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 45 Abs. 3 AVG des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.
Der Mangel des Parteiengehörs wird im Beschwerdeverfahren durch die mit der Beschwerde gegebene Möglichkeit der Stellungnahme zu einem Beweismittel saniert (vgl. VwGH vom 27.02.2003, 2000/18/0040; VwGH vom 24.11.1995, 95/17/0009 mit Hinweis auf E 30.9.1958, 338/56).
Eine im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufene Verletzung des Parteiengehörs wird jedenfalls dadurch saniert, dass die Partei die Möglichkeit hat, in ihrer Berufung und sodann im Zuge des Berufungsverfahrens ihren Rechtsstandpunkt darzulegen und sohin an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken (VwGH vom 28.05.1993, 92/17/0248 mit Hinweis auf E vom 20.11.1967, 0907/67).
Wenn der Beschwerdeführer Gelegenheit gehabt hat, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid Stellung zu nehmen, und davon auch Gebrauch gemacht hat, so ist eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs durch die erste Instanz damit als saniert anzusehen (VwGH vom 11.09.2003, 99/07/0062; VwGH vom 26.02.2002, 98/21/0299).
Seit Einführung der Neuerungsbeschränkung mit 01.07.2015, BGBl. Nr. 57/2015, welche konkret in § 46 BBG geregelt ist, wurde vom Gesetzgeber ein Beschwerdevorbringungsregulativ geschaffen. Ziel und Zweck der Novelle des Behindertenrechtes ist u.a. die grundsätzliche Beschleunigung des erstinstanzlichen Verfahrens. Unter Heranziehung der finalen Programmierung der Norm versteht man unter "neuen Tatsachen" jene Zustände der Gesundheit, welche zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Verfahrens nicht bekannt waren bzw. sein mussten. Werden nunmehr im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG von der bP "neue Tatsachen" vorgebracht, so sind diese in der Entscheidungsfindung des Gerichtes nicht zu berücksichtigen. Nach Ansicht des Gerichtes unterliegen nicht dem Neuerungsverbot jene Beeinträchtigungen, Schädigungen und dergleichen, welche nach gegenwärtigem Stand der Medizin als bekannte Folgen der Grunderkrankungen zu qualifizieren sind. Die Neuerungsbeschränkung entfaltet ihre Rechtswirkung mit dem Einbringen der Beschwerde bei Gericht.
Die neu geschaffene Bestimmung des § 46 3. Satz hat zur Folge, dass der bP bei Verletzung des Parteiengehörs durch die bB jedwede Möglichkeit eines Vorbringens, insbesondere zu den eingeholten Sachverständigengutachten, genommen wird. In Verbindung mit der Neuerungsbeschränkung wird dadurch die Stellung der bP im Rechtsmittelverfahren derart eingeschränkt, dass dadurch kein faires Verfahren nach den Grundprinzipien eines Rechtsstaates gewährleistet ist. Beispielsweise wird dies der Fall sein, wenn eine medizinisch relevante Tatsache von der bP zwar vorgebracht wurde, aber keinerlei Berücksichtigung im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren gefunden hat. Bedingt durch das Beschwerdevorbringungsregulativ kann seitens des Gerichtes im Zuge des Beschwerdeverfahrens dieser Umstand, je nach konkretem Sachverhalt, nicht berücksichtigt werden.
Die Nichtvornahme eines Parteiengehörs wird in aller Regel zur Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides führen, außer wenn die Gewährleistung der Parteienrechte keinen umfassenderen, entscheidungsrelevanten Sachverhalt ergeben hätte.
Aufgrund der obigen Ausführungen deckt sich die Ansicht des BVwG grundsätzlich mit der Rechtsprechung des VwGH betreffend mangelhaftes Parteiengehör. Wie eingangs ausgeführt, sieht der VwGH das Parteiengehör nicht verletzt, wenn die bP im Berufungsverfahren die rechtliche Möglichkeit besitzt, Stellung zu nehmen. Unter dem Aspekt der mit 01.07.2015 in Kraft getretenen Neuerungsbeschränkung ist dies aber nicht mehr gewährleistet.
Im gegenständlichen Fall wurden der bP die Sachverständigengutachten nicht zur Kenntnis gebracht. Damit wurde das Recht auf Parteiengehör verletzt und der bP in Verbindung mit der Neuerungsbeschränkung (im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG vorgebrachte "neue Tatsachen" sind nicht zu berücksichtigen) jedwede Möglichkeit eines Vorbringens genommen, was in aller Regel zur Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides führt. Da die bB aber nach Beschwerdeerhebung letztgenannten Gutachten veranlasste und dieses dem BF mit ho. Schreiben gem. § 45 Abs. 3 AVG mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zur Kenntnis gebracht wurde, war die Verletzung des Parteiengehörs durch die Behörde erster Instanz als saniert anzusehen.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.
Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen
Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 40 Abs 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs 2 vorliegt.
Gemäß § 41 Abs 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.
Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 43 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.
Gemäß § 43 Abs 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.
Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
Gemäß § 1 Abs 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen wird der Behindertenpass als Karte aus Polyvinylchlorid hergestellt und hat nach Form und Inhalt dem Muster der Anlage A zu entsprechen. Seine Gesamtabmessungen haben 53,98 mm in der Höhe und 85,60 mm in der Breite zu betragen. Gemäß Abs 2 leg cit hat der Behindertenpass auf der Vorderseite zu enthalten:
1. die Bezeichnung "Behindertenpass" in deutscher, englischer und französischer Sprache;
2. den Familien- oder Nachnamen, Vorname(n), akademischen Grad oder Standesbezeichnung des Menschen mit Behinderung;
3. das Geburtsdatum;
4. den Verfahrensordnungsbegriff;
5. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;
6. das Antragsdatum;
7. das Ausstellungsdatum;
8. die ausstellende Behörde;
9. eine allfällige Befristung;
10. eine Braillezeile mit dem Ausdruck "Behindertenpass";
11. ein Hologramm in Form des Bundeswappens mit dem Schriftzug "Sozialministeriumservice" im Hintergrund;
12. das Logo des Sozialministeriumservice;
13. einen QR-Code, mit dem auf der Homepage des Sozialministeriumservice nähere Informationen zum Behindertenpass und den einzelnen Zusatzeintragungen abgerufen werden können sowie
14. ein der Bestimmung des § 4 der Passgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 223/2006, entsprechendes Lichtbild.
Gemäß Abs 3 leg cit haben die äußeren Merkmale des Trägermaterials des Behindertenpasses der ISO/IEC-Norm 7810 zu entsprechen. Das Trägermaterial hat folgende Fälschungssicherheitsmerkmale zu enthalten:
1. Hologramm in Form des Bundeswappens mit dem Schriftzug "Sozialministeriumservice" im Hintergrund;
2. UV-Lack;
3. Brailleschrift;
4. Guillochenraster und
5. Mikroschrift auf der Rückseite.
Der Behindertenpass darf nur von einem vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumenten-schutz bestimmten Dienstleister hergestellt werden.
Gemäß Abs 4 leg cit ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:
1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes
a) überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen ist;
diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 1 bis 3 des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993, vorliegen. Bei Kindern und Jugendlichen gelten jedoch dieselben Voraussetzungen ab dem vollendeten 36. Lebensmonat.
b) blind oder hochgradig sehbehindert ist;
diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 4 oder 5 BPGG vorliegen.
c) gehörlos oder schwer hörbehindert ist;
die Eintragung gehörlos ist bei einem Grad der Behinderung von 80% entsprechend der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, bzw. einem Grad der Behinderung von 70% aufgrund der Position 643 nach der Richtsatzverordnung BGBl. Nr. 150/1965, vorzunehmen.
Die Eintragung schwer hörbehindert ist ab einem Grad der Behinderung von 50% auf der Grundlage der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, bzw. der Position 643 nach der Richtsatzverordnung, vorzunehmen.
Bei Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 10. Lebensjahr muss ein Grad der Behinderung von 90%, vom 11. Lebensjahr bis zum vollendeten 14. Lebensjahr ein Grad der Behinderung von 80% entsprechend der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungs-verordnung vorliegen.
d) taubblind ist;
diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 6 BPGG vorliegen.
e) Träger/Trägerin eines Cochlear-Implantates ist;
f) Epileptiker/Epileptikerin ist;
diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn eine Diagnose entsprechend Abschnitt 04.10.02 oder 04.10.03 der Anlage zur Einschätzungsverordnung bzw. der Positionsnummern 573 oder 574 nach der Richtsatzverordnung vorliegt.
g) eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 erster Teilstrich der Verordnung des Bundes-ministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996, aufweist;
diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie oder Aids entsprechend einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20% vorliegt. Der Zöliakie sind die Phenylketonurie (PKU) und ähnliche schwere Stoffwechselerkrankungen im Sinne des Abschnittes 09.03. der Anlage zur Einschätzungsverordnung gleichzuhalten.
h) eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 zweiter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen aufweist;
diese Eintragung ist bei Vorliegen einer Gallen-, Leber- oder Nierener