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L66106 Einforstung Wald- und Weideservituten FelddienstbarkeitNorm
EinforstungsLG Stmk 1983 §58 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):99/07/0218Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerden 1. (zu 99/07/0217) der A B in E, vertreten durch Dr. Klaus Hirtler, Rechtsanwalt in Leoben, Hauptplatz 10/II, und 2. (zu 99/07/0218) der Stadtgemeinde Eisenerz, vertreten durch Dr. Erich Moser, Rechtsanwalt in Murau, Schwarzenbergsiedlung 114, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 27. Oktober 1999, Zl. 8-LAS 16 Ra 3/5-99, betreffend Weidenutzung (mitbeteiligte Parteien: 1.) J K, E;
2.) C K, E; 3.) L P, K; 4.) J S, K; 5.) J M, E; 6.) R M, E; 7.) R M, E; 8.) E H, E; und 9.) F H, E), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der Erstbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- und der zweitbeschwerdeführenden Partei ebenfalls Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Unter dem Datum des 19. März 1999 erließ die Agrarbezirksbehörde Leoben (ABB) einen Bescheid mit folgendem Spruch:
"Gemäß §§ 1, 14, 21 lit. a, § 22 Abs. 1 und 48 ff des Steiermärkischen Einforstungs-Landesgesetzes - StELG 1983, LGBl. Nr. 1/1983, i.d.g.F. wird im Zuge des anhängigen Regulierungsverfahrens eine Weideeinteilung vorgenommen. Den Einforstungsberechtigten werden nachstehende, im beiliegenden Lageplan, welcher ein integrierender Bestandteil dieses Bescheides ist, ersichtliche Weidegebiete zugewiesen:
Gruppe I:
Weideberechtigte:
Johann Leis, EZ. 75 GB Krumpental, 16 Weiderechte, (Erstmitbeteiligter), EZ. 21 GB Krumpental, 16 Weiderechte.
Das Weidegebiet dieser Gruppe liegt im hinteren Teil der Almweideflächen (von der Gemeindealm bis in den hinteren Ramsauboden) und besteht aus den Geleckwiesen Nr. 25 und 26 (Leis), 22 und 23 (Erstmitbeteiligter), den Waldweideflächen Nr. 37, 38 und 39 sowie den Reinweideflächen Nr. 13, 15, 16, 19, 20, 24, 25, 27, 28, 29, 35, 36 und 41, im Gesamtausmaß von ca. 31,5 ha.
Gruppe II:
Weideberechtigte:
(Fünftmitbeteiligter und Sechstmitbeteiligte), EZ. 115
GB Krumpental, 8 Weiderechte,
(Achtmitbeteiligte), EZ. 54 GB Krumpental, 16 Weiderechte.
Das Weidegebiet dieser Gruppe liegt im Eingangsbereich der Alm (Moserwiese bis in den Bereich des Gemeindealmgasthauses) und besteht aus den Geleckwiesen Nr. 9 (Fünftmitbeteiligter und Sechstmitbeteiligte) und 10 (Achtmitbeteiligte), den Waldweideflächen 1, 2, 7 und 8 sowie den Reinweideflächen 3, 5, 11, 12, 15, 17, 18 und 19 in einem Gesamtausmaß von ca. 12 ha.
Die Weidegebiete sind durch einen zweireihigen Stacheldrahtzaun abzuzäunen, wobei die Bereitstellung des Zaunmaterials und die Arbeiten bis zum Beginn der Weideperiode 1999 gemeinschaftlich zu erfolgen haben.
Diese Maßnahme ist für 3 Weideperioden befristet und endet mit Ablauf der Weideperiode 2001.
Die Weiderechte der Betriebe Pichler und Prossengut sind von dieser Maßnahme nicht betroffen und bleiben im gesamten belasteten Gebiet weideberechtigt."
Der im Spruch dieses Bescheides erwähnte Johann Leis ist der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin zu 99/07/0217.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es einleitend, der Spruch stütze sich auf die bezogenen Gesetzesstellen und das amtliche Ermittlungsverfahren, im Zuge dessen vom Amtssachverständigen eine Aufteilung des Weidegebietes vorgeschlagen worden sei. Der Grund hiefür sei, dass es auf Grund schwerer persönlicher Differenzen zwischen den Berechtigten immer wieder zu Störungen im Weidebetrieb gekommen sei, sodass die Ausübung einer geordneten Weidewirtschaft ernsthaft gefährdet sei. Außerdem werde der Fortgang des Regulierungsverfahrens behindert, sodass eine Trennung der Weideberechtigten notwendig sei. Gemäß § 21 lit. a StELG 1983 habe sich die Neuregulierung auch auf die Festlegung des belasteten Gebietes und die Anweisung der Weideplätze zu erstrecken, wobei die Anweisung von (getrennten) Weideplätzen gemäß dem nachstehend zitierten Gutachten des landwirtschaftlich-technischen Amtssachverständigen ein wesentlicher und notwendiger Verfahrensschritt sei.
Im Anschluss an diese Begründungseinleitung werden Befund und Gutachten des Amtssachverständigen wiedergegeben. Darin finden sich zunächst Ausführungen über die Eigentums- und Besitzverhältnisse im Einforstungsgebiet - der Eisenerzer Ramsaualm. Sodann heißt es weiter, heute seien in der Eisenerzer Ramsaualm noch sechs Liegenschaften einforstungsberechtigt; davon nutzten vier ihr Einforstungsrecht regelmäßig aus. Der Berechtigte Pichler nutze seine Rechte nicht, die der Gemeinde Eisenerz gehörige Liegenschaft Prossengut sei verpachtet; sie hätte den Bedarf an der Ausnutzung der Rechte, nutze diese aber aus anderen Gründen nicht aus. Die Rechte des Pichlerhofes sollten nun abgelöst werden, die des Prossengutes auf andere Flächen verlegt werden. Im Bereich der Ramsaualm sollten nur noch die vier im Spruch des Bescheides genannten Betriebe weiter ihre Bedeckung finden.
Unter Punkt 3.1. des Gutachtens heißt es, während der Vorgespräche sei durch die Amtsabordnung der Vorschlag unterbreitet worden, die Reinweideflächen der Ramsaualm jeweils einzelnen Berechtigten zuzuweisen. Im Zuge des Gespräches habe man sich geeinigt, zwei Gruppen zu schaffen. Die Berechtigten Haas und Mehlmauer-Larcher (die Achtmitbeteiligte sowie der Fünftmitbeteiligte und die Sechstmitbeteiligte) sollten eine Gruppe bilden und die Berechtigten Klapf und Leis (der Erstmitbeteiligte und die Zweitmitbeteiligte sowie der Rechtsvorgänger der Erstbeschwerdeführerin) sollten die zweite Gruppe bilden. Für die beiden derzeit weiteren Berechtigten (Pichlerhof und Prossengut) sollten Lösungen außerhalb des Weidegebietes gefunden werden.
Weiters wird dann ein Vorschlag für die Weideeinteilung gemacht. Abschließend heißt es, durch die neue Weideeinteilung ergebe sich eine für beide Weidegruppen zumutbare neue Situation. Die Neueinteilung erlaube ein reibungsloseres Bewirtschaften der Alm.
Im Anschluss an die Wiedergabe dieses Gutachtens wird im erstinstanzlichen Bescheid ausgeführt, dieses Gutachten sei den Parteien in der mündlichen Verhandlung am 18. März 1998 "vorgewiesen" worden. Die Weidetrennung sei als Provisorium bis zum Ende der Weideperiode 2001 befristet, da eine Gesamteinteilung des Weidegebietes erst nach der Durchführung der Wald-Weidetrennung sowie der Bereinigung unklarer rechtlicher Verhältnisse erfolgen könne.
Bei der im erstinstanzlichen Bescheid angeführten mündlichen Verhandlung vom 18. März 1998 hatte sich der Rechtsvorgänger der Erstbeschwerdeführerin gegen die Weideeinteilung gewandt, weil diese seiner Meinung nach nicht gerecht sei.
Gegen den Bescheid der ABB vom 19. März 1999 erhob u.a. der Rechtsvorgänger der Erstbeschwerdeführerin Berufung.
Die belangte Behörde holte ein Gutachten eines landwirtschaftlichen Amtssachverständigen ein. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass die vorgesehene befristete Zuweisung von Weidegebieten im Rahmen des anhängigen Einforstungsverfahrens an die Weideberechtigten in zwei Gruppen zweckmäßig sei, um die Ausübung einer geordneten Weidewirtschaft zu gewährleisten und den weiteren Verlauf des Einforstungsverfahrens nicht zu behindern. Es werde jedoch als erforderlich erachtet, der Gruppe I anstelle der Fläche 13 die Reinweidefläche Nr. 21 samt Sportplatz zuzuteilen, bei der Gruppe II die Reinweideflächen 15 und 19 herauszunehmen sowie die Befristung für drei Weideperioden mit Ablauf des Weidejahres 2003 festzulegen.
Eine Begründung dafür, warum diese Zuweisung von Weidegebieten zweckmäßig sei, um die Ausübung einer geordneten Weidewirtschaft zu gewährleisten und den weiteren Verlauf des Einforstungsverfahrens nicht zu behindern, ist dem Gutachten nicht zu entnehmen.
Aus dem Gutachten geht hervor, dass sich pro Kuh für die Weideberechtigten der Gruppe I, zu denen auch die Beschwerdeführerin gehört, eine Weidefläche von 0,48 ha ergibt.
In der Verhandlungsschrift über die mündliche Verhandlung vor der belangten Behörde am 27. Oktober 1999 heißt es, die Erstbeschwerdeführerin habe zum Gutachten des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen ausgeführt, bei ihrem landwirtschaftlichen Betrieb handle es sich um einen Vollerwerbsbetrieb. Die Berechnung der erforderlichen Weidefläche solle nach Großvieheinheiten geprüft werden. In dieser Hinsicht sei für ihren Vollerwerbsbetrieb eine Reinweidefläche von 56 ha erforderlich, doch stünden nur 23 ha zur Verfügung, weshalb Rodungen erforderlich wären. Der Gatte der Beschwerdeführerin habe in Vertretung seiner Frau ergänzend vorgebracht, dass die bescheidmäßig vorgesehene Abzäunung der Weidegebiete mittels Stacheldrahtzaun nicht akzeptiert werde, da es durch den Stacheldraht immer wieder zu Euterverletzungen komme, was zu einem Milchverlust führe. Für Großvieheinheiten müsste mehr Futterfläche vorhanden sein, jedenfalls werde mit einer Reinweidefläche von 0,48 ha pro Kuh nicht das Auslangen gefunden.
Der Vertreter der zweitbeschwerdeführenden Partei erklärte laut Verhandlungsschrift, dass der Einforstungszwang für die Fläche Nr. 21 (samt Sportplatz) bestritten werde; diese Fläche sollte nicht als Reinweidefläche herangezogen werden. Laut Kaufvertrag aus dem Jahr 1968 sei diese Fläche durch die zweitbeschwerdeführende Partei lastenfrei erworben worden. Diese Fläche sei nach einem Gerichtsurteil aus dem Jahre 1911 durch die Agrarbezirksbehörde "freigestellt" worden.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 27. Oktober 1999 wies die belangte Behörde die Berufung der Erstbeschwerdeführerin (und der übrigen Berufungswerber) als unbegründet ab, änderte jedoch aus Anlass der Berufungen den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides "gemäß den vorzit. Bestimmungen des StELG 1983" - damit sind die von der Erstbehörde zitierten Bestimmungen gemeint - dahingehend ab, dass der Weidegruppe I anstelle der Fläche Nr. 13 die Reinweidefläche Nr. 21 samt Sportplatz zugeteilt wurde, bei der Weidegruppe II die Reinweideflächen Nr. 15 und Nr. 19 herausgenommen werden und verfügt wurde, dass die provisorische Weidegebietszuweisung zeitlich mit Ablauf der Weideperiode 2000 endet.
In der Begründung heißt es nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und einer Reihe von Bestimmungen des StELG 1983, der Weidegruppe I sei irrtümlich die Fläche Nr. 13 zugeteilt und als Reinweidefläche bezeichnet worden. Es handle sich dabei um die Gemeindealm mit dem Gemeindegasthaus und dem Parkplatz. Anstelle der Nr. 13 seien richtigerweise die Teilfläche 21 - Gemeindewiese - und der Sportplatz zuzuweisen. Die Reinweideflächen 15 und 19 seien fälschlicherweise neben der Gruppe I auch der Gruppe II zugeteilt worden und seien daher von den Flächen für die Gruppe II herauszunehmen. Mit der provisorischen Weidegebietszuteilung sei kein "Vorabspruch" hinsichtlich des erst zu erlassenden Einforstungsplanes erfolgt. Dies bedeute aber auch, dass die befristete Zuweisung von Weidegebieten im Sinne des anhängigen Einforstungsverfahrens an die betroffenen Weideberechtigten in zwei Gruppen zweckmäßig sei, um die Ausübung einer geordneten Weidewirtschaft zu gewährleisten und den weiteren Verlauf des Einforstungsverfahrens (Regulierungsverfahrens) nicht zu behindern. Dem Einwand der zweitbeschwerdeführenden Partei, dass für die als Reinweide vorgesehene Teilfläche Nr. 21 kein Einforstungszwang bestehe, da diese Fläche laut Kaufvertrag aus dem Jahr 1968 durch die Stadtgemeinde lastenfrei erworben worden sei und dass diese Fläche nach einem Gerichtsurteil durch die ABB "freigestellt" worden sei, werde entgegnet, dass der erstinstanzliche Bescheid keine Aussage über die mit Einforstungsrechten belasteten Flächen treffe; dies werde vielmehr den Gegenstand des weiter zu führenden Regulierungsverfahrens bilden.
Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen jeweils Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die Erstbeschwerdeführerin bringt vor, es werde keine stichhältige Begründung für die provisorische Festlegung von Weidegebieten gegeben. Es fehle auch eine Angabe darüber, auf welcher gesetzlichen Grundlage diese Weidegebietszuteilung erfolge. In Betracht komme allenfalls § 1 Abs. 4 StELG 1983, welcher die Sicherung von Einforstungsrechten regle. Für eine Sicherung sei aber kein Raum, da Nutzungsrechte nicht beeinträchtigt seien. Eine Sicherung könne außerdem nicht zu einer Neuregelung von Nutzungsrechten führen. Weiters sei auch nicht klar, ob eine Sicherung oder eine provisorische Regelung vorgenommen werden sollte. Für beide Maßnahmen lägen die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vor. Es werde nicht dargelegt, welche Differenzen zwischen den Weideberechtigten bestünden. Abgesehen davon, dass es zweifelhaft erscheine, ob persönliche Differenzen Gründe für ein solches Sicherungsverfahren sein könnten - diesfalls müsste konkret dargelegt werden, welche Auswirkungen auf die Ausübung der Nutzungsrechte durch diese persönlichen Differenzen bewirkt würden - fehle es auch an jeglicher Sachverhaltsfeststellung, inwieweit der Fortgang des Regulierungsverfahrens tatsächlich behindert werde. Ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren hätte ergeben, dass es keine schweren persönlichen Differenzen zwischen den Berechtigten gebe, sondern dass sich gewisse Berechtigte einfach nicht an die Vorschriften hielten, insbesondere den rechtsverbindlichen Inhalt der Regulierungsurkunde aus 1861 negierten, indem sie auch Ochsen auftrieben, während nach der Regulierungsurkunde nur Kühe und Zuchtrinder gestattet seien. Ochsen seien keine Zuchtrinder, belästigten aber die Kühe trotzdem durch Aufreiten. Die getroffenen Maßnahmen stellten keine Sicherung im Sinne des § 1 Abs. 4 StELG 1983 dar, sondern eine unzulässige Vorwegnahme des Ergebnisses des Regulierungsverfahrens durch Herstellung eines faktisch schwer wieder rückgängig zu machenden Zustandes. Im Bereich der Weideflächen gingen Lawinen ab und es träten auch Überschwemmungen auf. Dieses Problem sei vom Erstmitbeteiligten in der Verhandlung vor der belangten Behörde angeschnitten, von der Behörde aber nicht aufgegriffen worden. Der Regulierungsvergleich aus dem Jahr 1861 sehe ausdrücklich vor, dass Zäune grundsätzlich nicht bestehen dürften. Der angefochtene Bescheid sehe aber die Errichtung eines Stacheldrahtzaunes vor. In der Verhandlung vor der belangten Behörde habe der Vertreter der Erstbeschwerdeführerin angeführt, dass pro Stück Großvieh eine Weidefläche von etwa 1,5 ha notwendig sei. Die belangte Behörde habe geäußert, dass dies noch geprüft werde, gehe aber im angefochtenen Bescheid nicht darauf ein. Die angefochtenen Maßnahmen hätten zur Folge, dass die Futtergrundlage für die 16 Vieheinheiten der Erstbeschwerdeführerin nicht mehr ausreichten, daher nur mehr etwa zwei Monate aufgetrieben werden könne.
Die zweitbeschwerdeführende Partei bringt im Wesentlichen vor, das durch den angefochtenen Bescheid in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides der Weidegruppe I zugewiesene Teilstück Nr. 21 (samt Sportplatz) unterliege nicht dem Einforstungszwang. Diese Fläche sei nämlich von der Zweitbeschwerdeführerin 1968 lastenfrei erworben worden; dieses Grundstück sei nach Maßgabe eines Gerichtsurteiles aus dem Jahr 1911 "freigestellt". Mit diesen bereits im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumenten habe sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt. Weiderechte könnten sich zwangsläufig nur auf Grundstücke im belastetem Gebiet beziehen. Daran vermöge auch der provisorische Charakter der Weideeinteilung nichts zu ändern.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber Abstand genommen.
Der Erstmitbeteiligte und die Zweitmitbeteiligte, der Fünftmitbeteiligte und die Sechstmitbeteiligte sowie dieAchtmitbeteiligte und der Neuntmitbeteiligte haben Gegenschriften erstattet, in denen sie die Abweisung der Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin beantragten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, beide Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zu gemeinsamer Beratung und Beschlussfassung zu verbinden und hat über diese Beschwerden erwogen:
1. Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin:
Die Erstbeschwerdeführerin bemängelt, es sei nicht einmal klar, auf welche Bestimmungen des StELG 1983 sich die von der belangten Behörde getroffenen Maßnahmen stützten; es seien weder die Voraussetzungen für eine Sicherungsmaßnahme, noch für eine provisorische Weideeinteilung gegeben.
Die Behörden beider Rechtsstufen haben zwar eine Reihe gesetzlicher Bestimmungen angeführt, doch ist mangels entsprechender Ausführungen in ihren Bescheiden nicht erkennbar, welche Bedeutung diese Bestimmungen für die getroffene Entscheidung haben. Eine Zuordnung des angenommenen Sachverhaltes zu diesen Bestimmungen und Darlegungen darüber, inwieweit und aus welchen Gründen die Tatbestände der zitierten Gesetzesbestimmungen erfüllt seien, fehlt.
Das allein würde jedoch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn für diesen eine gesetzliche Grundlage vorhanden wäre.
Bei den im angefochtenen Bescheid verfügten Maßnahmen handelt es sich um ein Provisorium. Regelungen über provisorische Verfügungen enthält § 58 StELG 1983. Der angefochtene Bescheid müßte, um gesetzmäßig zu sein, daher jedenfalls die in dieser Bestimmung normierten Voraussetzungen erfüllen.
Nach Abs. 1 des mit "Übergangsverfügungen" überschriebenen § 58 StELG 1983 kann die Agrarbehörde aus wichtigen wirtschaftlichen Gründen, wenn dem baldigen Abschluss des Verfahrens Hindernisse entgegenstehen, die Ausübung von Nutzungsrechten durch eine einstweilige Verfügung (Provisorium) vorläufig regeln, sowie solche Verfügungen behufs Erzielung eines angemessenen Überganges in die neue Gestaltung der Rechte treffen. Derartige Verfügungen können sowohl vor als auch nach Einleitung eines Neuregulierungs-, Regulierungs- oder Ablösungsverfahren und auch im Sicherungsverfahren getroffen werden.
Die Erlassung einer solchen Übergangsverfügung setzt voraus, dass wichtige wirtschaftliche Gründe vorliegen und dass dem baldigen Abschluss des Verfahrens Hindernisse entgegenstehen.
Dass diese Tatbestandsmerkmale im Beschwerdefall gegeben seien, haben die Behörden beider Rechtsstufen nicht dargelegt. Es ist zwar davon die Rede, dass persönliche Differenzen zwischen Weideberechtigten eine solche Aufteilung erforderten und dass auch der Fortgang des Regulierungsverfahrens davon abhängig sei, eine nachvollziehbare Begründung hiefür fehlt aber. Zu Recht bemängelt die Erstbeschwerdeführerin, dass nicht dargestellt werde, um welche Differenzen es sich handelt und inwiefern diese Differenzen eine solche Weideaufteilung notwendig machen und warum der weitere Fortgang des Regulierungsverfahrens von einer solchen Weideaufteilung abhängig ist.
Unklar ist, welche Bedeutung die Ausführungen in der Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin über auftretende Überschwemmungen im vorliegenden Zusammenhang haben sollen. Darauf näher einzugehen erübrigt sich aber ohnedies, da es sich dabei um im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerungen handelt.
Im Recht aber ist die Erstbeschwerdeführerin auch, wenn sie bemängelt, dass die belangte Behörde nicht auf die von der Erstbeschwerdeführerin in der Verhandlung vor der belangten Behörde ins Treffen geführten Argumente eingegangen ist, dass die der Erstbeschwerdeführerin durch die verfügte Weidegebietseinteilung zur Verfügung stehende Weidefläche von 0,48 ha je Kuh nicht ausreiche und dass der vorgeschriebene Stacheldraht zu Nachteilen für die Beschwerdeführerin führe.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
2. Beschwerde der zweitbeschwerdeführenden Partei:
Die zweitbeschwerdeführende Partei hat im Verfahren vor der belangten Behörde behauptet, die Teilfäche Nr. 21 (samt Sportplatz), deren Zuweisung an eine der Weidegruppen die belangte Behörde plante, sei nicht mit Einforstungsrechten belastet. Diese Behauptung durfte die belangte Behörde nicht damit abtun, dass es sich bei der getroffenen Maßnahme nicht um eine endgültige Maßnahme, sondern um ein Provisorium handle. Auch in einem Provisorium dürfen nicht mit Weiderechten belastete Flächen nicht an Weideberechtigte zugeteilt werden. Die belangte Behörde hätte sich daher mit der Behauptung der zweitbeschwerdeführenden Partei auseinanderzusetzen gehabt, was sie nicht getan hat.
Aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Bescheid auch in Bezug auf die zweitbeschwerdeführende Partei als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 29. Juni 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999070217.X00Im RIS seit
03.04.2001Zuletzt aktualisiert am
09.07.2009