Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 6. Dezember 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Schuber als Schriftführer in der Strafsache gegen Alfred S***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 1. Juni 2017, GZ 40 Hv 3/17z-68, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Alfred S***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 (zu ergänzen) Abs 1 StGB (A/I), jeweils mehrerer Verbrechen der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB (A/II), der schweren Erpressung nach §§ 144, 145 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB (A/III) und der schweren Nötigung nach §§ 105, 106 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB (A/IV, B/I), mehrerer Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB (A/V) sowie der Vergehen des Hausfriedensbruchs nach § 109 Abs 1 StGB (A/VI) und der beharrlichen Verfolgung nach § 107a Abs 1 und 2 Z 1 und 2 StGB (B/II) schuldig erkannt.
Danach hat er in F***** und an anderen Orten
(A/I) am 2. Oktober 2016 versucht, Barbara G***** mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs zu nötigen, indem er sie gegen ihren Willen entkleidete, ihre schützend vor den Schambereich gehaltenen Hände ergriff und danach trachtete, diese wegzudrücken,
(A/II) vom Jahresanfang 2015 bis zum 1. Oktober 2016 in zahlreichen Angriffen außer den Fällen des § 201 StGB Barbara G***** durch gefährliche Drohung zur Vornahme einer geschlechtlichen Handlung, nämlich der Masturbation, genötigt, indem er ihr androhte, sie im Fall der Weigerung zu vergewaltigen,
(A/III) vom 11. November 2014 bis zur Jahresmitte 2016 in zahlreichen Angriffen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Barbara G***** durch Drohung mit dem Tod zu einer Handlung genötigt, die diese am Vermögen schädigte, nämlich zur Übergabe von Bargeld in der Höhe von jeweils mehreren hundert Euro,
(A/IV) vom Jahresende 2012 bis zum 10. November 2014 Barbara G***** durch Drohung mit dem Tod zur Unterlassung einer Anzeige gegen ihn genötigt,
(A/V) vom Mai 2012 bis zur Jahresmitte 2016 Barbara G***** mehrfach mit dem Tod bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen,
(A/VI) im September 2016 den Eintritt in die Wohnstätte der Barbara G***** mit Gewalt erzwungen, indem er einen Fuß in die Eingangstür setzte und diese sodann mit Körperkraft aufdrückte,
(B/I) im Mai 2016 Roswitha K***** mit Gewalt, nämlich durch Ziehen am Arm, sowie durch Drohung mit dem Tod zum Verweilen in ihrer Wohnung genötigt und
(B/II) vom 23. August 2016 bis zum 28. September 2016 Roswitha K***** widerrechtlich beharrlich verfolgt, indem er in einer Weise, die geeignet war, sie in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen, eine längere Zeit hindurch fortgesetzt mehrfach ihre räumliche Nähe aufsuchte und mehrmals täglich im Wege von Telefonanrufen, SMS und WhatsApp-Nachrichten Kontakt zu ihr herstellte.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 4 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wies das Erstgericht mehrere Beweisanträge (ON 67 S 7 iVm ON 48) ohne Verletzung von Verteidigungsrechten ab (ON 67 S 7):
Der Antrag auf Vernehmung des Dr. Hubert Sc***** zum Beweis dafür, dass „die handschriftlichen Aufzeichnungen der Zeugin G***** nicht deshalb angefertigt wurden, weil der Beschuldigte von der Zeugin G***** Geld entwendet haben soll“, ließ keinen Konnex zu schuld- oder subsumtionsrelevanten Umständen erkennen (siehe aber § 55 Abs 2 Z 1 und 2 StPO), weil eine Geldwegnahme gar nicht Gegenstand des Verfahrens war.
Entsprechendes gilt für den Antrag auf Vernehmung der Marianne E***** als Zeugin zum Nachweis dafür, dass Barbara G***** „vor dem Beschuldigten keine Angst hatte und auch keine Angst zu haben brauchte“, weil damit keine Tatbestandselemente der von den Schuldsprüchen umfassten strafbaren Handlungen angesprochen wurden. Sollte damit die Eignung der Drohungen, begründete Besorgnisse einzuflößen (§ 74 Abs 1 Z 5 StGB), angesprochen sein, genügt der Hinweis, dass diese in den Bereich der rechtlichen Beurteilung fällt (SSt 52/54, RIS-Justiz RS0092448, jüngst 13 Os 27/16v, Jerabek in WK2 StGB § 74 Rz 34) und demnach nicht Gegenstand des Zeugenbeweises ist.
Hinzu kommt, dass beide Anträge nicht erkennen ließen, warum die begehrten Beweisaufnahmen das behauptete Ergebnis erwarten lassen, und solcherart auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung zielten (11 Os 152/03, RZ 2004, 140; RIS-Justiz RS0118444).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) legt nicht dar, welche über die zum Schuldspruch A/V hinsichtlich der subjektiven Tatseite getroffenen (US 10) hinausgehenden Feststellungen zur rechtsrichtigen Subsumtion erforderlich sein sollen und verfehlt daher die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0095939, RS0117247 und RS0118342).
Hinzugefügt sei, dass der insoweit relevierte (gemäß § 5 Abs 1 StGB zumindest bedingte) Vorsatz in Bezug auf die gefährliche Drohung (dazu Schwaighofer in WK2 StGB § 107 Rz 10) durch die Formulierung, wonach der „Sinngehalt“ der Äußerungen des Beschwerdeführers darin bestand, Barbara G***** „ernsthaft mit dem Tod zu bedrohen“ (US 9 f), das angesprochene Tatbestandsmerkmal mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringt.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Schlagworte
Strafrecht;Textnummer
E120166European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2017:0130OS00118.17B.1206.000Im RIS seit
22.12.2017Zuletzt aktualisiert am
22.12.2017