TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/29 L516 2126691-1

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Veröffentlicht am 29.11.2017
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Entscheidungsdatum

29.11.2017

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L516 2126691-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch Mag.a Nadja LORENZ, Rechtsanwältin, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.04.2016, Zahl 1089372009-151466400/BMI-BFA_NOE-RD, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs 1 iVm § 34 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin, eine minderjährige iranische Staatsangehörige, reiste am 29.09.2015 gemeinsam mit ihrer Mutter in Österreich ein und stellte durch diese als gesetzliche Vertreterin am 30.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu diesem wurde seine Mutter am 01.10.2015 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt sowie am 12.04.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen.

1.1. Die Mutter des Beschwerdeführers wurde zu ihren Ausreisegründen näher befragt und gab darüber hinausgehend an, dass für ihre Tochter die gleichen Fluchtgründe gültig seien.

1.2. Der Vater der Beschwerdeführerin reiste am 13.03.2016 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 14.03.2016 ebenso einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Das BFA wies mit gegenständlich angefochtenem Bescheid den Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (AsylG) bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I) und gemäß § 8 Abs 1 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II) ab. Das BFA erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG und erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG. Das BFA stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III) und sprach aus, dass gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV). Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführerin vom BFA mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren amtswegig eine juristische Person als Rechtsberater zur Seite gestellt.

2.1. Das BFA erachtete das Vorbringen der Mutter der Beschwerdeführerin zum Ausreisegrund sowie einen Glaubenswechsel für nicht glaubhaft und führte aus, dass auch kein Sachverhalt im Sinne der Art 2 und 3 EMRK vorliege und eine Rückkehrentscheidung im Falle der Beschwerdeführerin keine Verletzung des Art 8 EMRK darstelle. Das BFA stellte des Weiteren fest, dass ein Familienverfahren vorliege und für die Beschwerdeführerin keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht worden seien.

3. Für die Beschwerdeführerin wurde durch die Mutter im Rahmen eines gemeinsamen Schriftsatzes fristgerecht gegen den Bescheid des BFA Beschwerde erhoben.

4. Die Mutter der Beschwerdeführerin übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 24.10.2017 und 27.10.2017 Bestätigungen ihrer Bibellehrerinnen über die aktive Teilnahme sowie das Engagement der Mutter der Beschwerdeführerin bei der Glaubensgemeinschaft Jehovas Zeugen, Lichtbildern zur Bestätigung der regelmäßigen aktiven Teilnahme an den religiösen Veranstaltungen ihrer Glaubensgemeinschaft sowie eine persönliche Schilderung der Gründe und Bedeutung des Glaubensübertritts für die Mutter der Beschwerdeführerin.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Die Beschwerdeführerin führt in Österreich den im Spruch angeführten Namen sowie das ebenso dort angeführte Geburtsdatum. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehöriger des Iran. Ihre Identität steht fest. Die Beschwerdeführerin ist die minderjährige Tochter von XXXX , geb. XXXX [Mutter; hg GZ L516 2126692], und XXXX , geb XXXX [Vater; hg GZ L516 2128630].

1.2. Der Mutter der Beschwerdeführerin wurde mit Erkenntnis vom heutigen Tag gemäß § 3 AsylG der Status einer Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 festgestellt, dass dieser damit kraft Gesetztes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

2. Beweiswürdigung:

Die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen

2.2. Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführerin, ihrer Staatsangehörigkeit und Herkunft (oben II.1.1.) sowie zur Zugehörigkeit zur Kernfamilie ihrer Mutter ergeben sich aus den Angaben der Mutter im Verfahren, welche insofern stringent waren und an denen auf Grund der Sprachkenntnisse auch nicht zu zweifeln war. Da die Identität und Familienzugehörigkeit der Beschwerdeführerin bereits vom BFA als feststehend erachtet worden war, bestehen für das Bundesverwaltungsgericht auch keine Zweifel an der Identität der Beschwerdeführerin.

2.3. Die Feststellung zur Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten im Falle der Mutter der Beschwerdeführerin (oben II.1.2.) ergibt sich aus deren ho Gerichtsakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß §§ 3, 34 AsylG 2005

Rechtsgrundlagen

3.1. Gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK), droht.

3.2. Gemäß § 34 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 gilt der Antrag auf internationalen Schutz eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. Gemäß § 2 Z 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat;

3.3. Gemäß § 34 Abs 2 hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist (Z 1) und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7) (Z 3).

3.4. Gemäß § 34 Abs 4 hat die Behörde Asylanträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen und es erhalten unter den Voraussetzungen der Abs 2 und 3 alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

3.5. Gemäß § 34 Abs 5 gelten die Bestimmungen der Abs 1 bis 4 sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht. Gemäß § 34 Abs 6 sind die Bestimmungen dieses Abschnittes nicht auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind (Z 1), auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind (Z 2) und im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG) anzuwenden.

Zum gegenständlichen Verfahren

3.6. Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde der Mutter der Beschwerdeführerin, somit einem Familienmitglied im Sinne des § 2 Z 22 AsylG 2005, stattgegeben, ihr gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 den Status einer Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 festgestellt, dass der Mutter der Beschwerdeführerin damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

3.7. Bereits aufgrund des Bestehens dieser Tatsache war im Falle der Beschwerdeführerin die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten sowie der Flüchtlingseigenschaft geboten.

3.8. Da der verfahrensgegenständliche Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15.11.2015 gestellt wurde, kommt der Beschwerdeführerin das dauernde Einreise- und Aufenthaltsrecht gem § 2 Abs 1 Z 15 AsylG 2005 idF vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr 24/2016 zu (§ 75 Abs 24 AsylG 2005).

Zu B)

Revision

3.9. Da die Rechtslage eindeutig ist, ist die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig (vgl VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

3.10. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:L516.2126691.1.00

Zuletzt aktualisiert am

20.12.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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