TE Vwgh Erkenntnis 2000/6/29 2000/07/0037

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Veröffentlicht am 29.06.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs1;
AWG 1990 §1 Abs3;
AWG 1990 §17 Abs1;
AWG 1990 §2 Abs5;
FestsetzungsV gefährliche Abfälle 1997 §3 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des OS in Wien, vertreten durch Dr. Gerfried Höfferer, Rechtsanwalt in Wien II, Franzensbrückenstraße 20/I/6b, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 9. Februar 2000, Zl. RU4-B-036/000, betreffend einen abfallwirtschaftsrechtlichen Beseitigungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zuge mehrerer Besichtigungen eines vom Beschwerdeführer angemieteten Grundstückes durch Organe der Gewässeraufsicht wurde festgestellt, dass sich auf diesem Grundstück eine Anzahl von Kraftfahrzeugen und Baumaschinen auf unbefestigter Fläche im Freien abgestellt befänden, wobei starke Mineralölverunreinigungen sowohl an den Kraftfahrzeug- und Maschinenteilen als auch im Bereiche des darunter gelegenen Erdreichs festgestellt und fotografisch dokumentiert wurden. Auf Grund der durchwegs starken Mineralölverunreinigungen bei den Fahrzeugteilen und unter den motorbetriebenen Teilen am Boden müsse angenommen werden, dass sämtliche Fahrzeuge zumindest teilweise die Betriebsmittel noch enthielten. Aus Sicht der Gewässeraufsicht wäre eine Entsorgung der abgestellten Kraftfahrzeuge ebenso wie des mineralölverunreinigten Erdreichs zu veranlassen, bekundete ein Amtssachverständiger.

Mit Bescheid vom 27. September 1999 trug die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha (BH) dem Beschwerdeführer auf, auf seine Kosten die im Bereich des näher genannten Grundstückes abgelagerten Problemstoffe und gefährliche Abfälle "wie:

.) gelber Bagger (Caterpillar), Motorblock und Batterie

ersichtlich,

.) weiße Ente, Motor teilweise vorhanden, stark

schmiermittelverunreinigt,

.) 'Bai'(gemeint wohl: 'Bau')maschinenfahrzeug mit

Kranvorrichtung

.) weiteres Baumaschinenfahrzeug mit Kranvorrichtung

.) gelber Bagger

.) weitere Bagger

.) Straßenwalze

.) Baumaschine

.) grauer Nissan, Überprüfungsplakette am 4/96 abgelaufen .) BMW 520i, Überprüfungsplakette am 2/99 abgelaufen"

bis zum 30. Oktober 1999 ordnungsgemäß und nachweislich zu entsorgen und einen Nachweis darüber der BH bis zum genannten Datum unaufgefordert vorzulegen.

In der Begründung dieses Bescheides berief sich die BH auf § 32 Abs. 1 AWG mit der Feststellung, dass Altautos bzw. Autowracks jedenfalls dann unter die Kategorie gefährliche Abfälle fielen, wenn ihnen im Folgenden näher aufgezählte Bauteile, Stoffe bzw. Flüssigkeiten anhafteten, wobei die BH auch Motor-, Getriebe- und Differenzialöle "gem. § 2 Z. 24 Verordnung über die Festsetzung gefährlicher Abfälle, BGBl. 49/1991", sowie Schmier- und Hydrauliköle "gem. § 2 Z. 24 der Verordnung über die Festsetzung gefährlicher Abfälle" aufzählte. Die vorgefundenen Baufahrzeuge bedürften einer Erfassung und Behandlung im öffentlichen Interesse vor allem im Hinblick auf die in den Fahrzeugen befindlichen Treibstoffe und Öle.

Die Erhebungsberichte der Gewässeraufsicht und die Bekundung des Amtssachverständigen schloss die BH der dem Beschwerdeführer zugestellten Ausfertigung ihres Bescheides in Ablichtung an.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer ein Rechtsmittel, in welchem er Folgendes ausführte:

"Betrifft: EINSPRUCH gegen den Bescheid ...

Da ich das Grundstück ... zur Zeit und nur begrenzt benütze, und zwar längstens bis 2002. Da ich schon längere Zeit ein geeignetes Grundstück suche, werde ich meine abgestellten Maschinen und Sachen von dem oben erwähnten Grundstück entfernen und auch die dafür notwendige Entsorgung von verschmutztem Erdreich vornehmen! Das obige Grundstück war vorher, bevor ich es kultivierte, eine richtige Müllstätte (Mistablagerung), wo verschiedene Ablagerungen bereits vorhanden waren! Ich hatte dieses Gelände nur eingeebnet, dafür darf ich meine Baugeräte und Maschinen 2 bis längstens 3 Jahre abstellen. Inzwischen werde ich natürlich verschiedene Maschinen und Sachen verkaufen!"

Diese Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid unter Neufestsetzung der Erfüllungsfrist mit dem 10. April 2000 abgewiesen. In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer gegen die ihm von der BH gesetzte Leistungsfrist lediglich eingewendet habe, dass er die Abfälle offensichtlich aus wirtschaftlichen bzw. persönlichen Gründen bis zum Jahr 2002 zwischenlagern wolle. Bei einem Behandlungsauftrag nach § 32 AWG sei eine angemessene Frist zur Ausführung der Leistung zu bestimmen. Die von der BH festgesetzte Frist sei mehr als ausreichend zur tatsächlichen Beseitigung der im Bescheid angeführten Abfälle. Dass diese Abfälle innerhalb der gesetzten Frist entfernt werden könnten, entspreche der Lebenserfahrung; es führe der Beschwerdeführer auch gar nicht aus, dass die Frist unangemessen sei. Tatsächlich wäre eine Entfernung der Fahrzeuge auch innerhalb einer kürzeren Frist möglich. Dass der Beschwerdeführer die Abfälle aus persönlichen bzw. wirtschaftlichen Gründen vom Grundstück erst im Jahr 2002 entfernen wolle, sei der belangten Behörde klar, doch spreche dagegen das öffentliche Interesse am Schutz des Grundwassers, wie sich dies aus dem Gutachten des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik ergebe. Angesichts der Angemessenheit der von der BH festgesetzten Frist sei die Berufung abzuweisen gewesen, wobei die belangte Behörde die Erfüllungsfrist neu zu bestimmen gehabt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über welche der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Der Beschwerdeführer trägt vor, die belangte Behörde habe zu Unrecht die Auffassung vertreten, dass er in seiner Berufung nur die gesetzte Leistungsfrist bekämpft habe. Bei richtigem Verständnis seines Berufungsvorbringens hätte die Behörde erkennen müssen, dass er auch den Auftrag zur Entfernung der im erstinstanzlichen Bescheid genannten Sachen dem Grunde nach bekämpft habe. Sollte dies der belangten Behörde unklar gewesen sein, hätte sie ihm einen entsprechenden Verbesserungsauftrag erteilen müssen. Es sei der Beschwerdeführer im gesamten erstinstanzlichen Verfahren nicht beigezogen und deshalb sein Parteiengehör verletzt worden. Eine Mitwirkung des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Verfahren hätte die Behörden zur Einsicht führen müssen, dass die abgestellten Kraftfahrzeuge und Maschinen keine gefährlichen Stoffe enthalten hätten. Die im Spruche des erstinstanzlichen Bescheides genannten Maschinen und Fahrzeuge, deren Entfernung dem Beschwerdeführer aufgetragen worden sei, seien ungenügend bezeichnet und erlaubten keine Vollstreckung durch eine Ersatzvornahme. Das dem Verfahren zugrunde gelegte Gutachten eines Amtssachverständigen für Wasserbautechnik sei unzulänglich, weil es in keiner Weise anführe, welche Art von Problemstoffen eine Gefährdung des Grundwassers herbeiführen könne. Es enthalte das Gutachten auch keine Ausführungen über die Mengen jener Stoffe, die aus den Maschinen allenfalls austreten könnten. Auch die genaue Beschaffenheit der Betriebsmittel und Mineralöle werde nicht genannt, was schon deshalb nötig gewesen wäre, um die von der Behörde vorgenommene Einordnung nach der Verordnung über die Festsetzung gefährlicher Abfälle, BGBl. Nr. 49/1991, nachvollziehbar zu machen. Dafür, dass sich die in der betroffenen Verordnung genannten Betriebsmittel in den auf dem Grundstück abgestellten Fahrzeugen befänden, gebe es aus dem gesamten Verfahren keinen Anhaltspunkt und keine Feststellung. Es handle sich bei den Fahrzeugen daher nicht um Abfälle im Sinne des AWG.

Werden Problemstoffe nicht gemäß § 12 AWG gelagert oder entsorgt, werden andere Abfälle - soweit für diese Abfälle Bestimmungen hinsichtlich Sammlung, Lagerung, Behandlung und Transport in diesem Bundesgesetz vorgesehen sind - oder Altöle nicht gemäß den §§ 16 bis 18 AWG entsorgt oder werden sie entgegen den §§ 19, 20 und §§ 28 bis 30 AWG befördert, gelagert oder behandelt, oder ist die schadlose Behandlung der Abfälle oder Altöle und des durch sie verunreinigten Bodens zur Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG geboten, so hat nach § 32 Abs. 1 AWG die Bezirksverwaltungsbehörde die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzug unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen.

Nach § 17 Abs. 1 AWG ist das Ablagern von gefährlichen Abfällen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen unzulässig.

Nach § 2 Abs. 1 AWG sind Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes bewegliche Sachen,

1. deren sich der Eigentümer oder Inhaber entledigen will oder entledigt hat, oder

2. deren Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) geboten ist.

Nach § 2 Abs. 5 AWG hat der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie mit Verordnung festzulegen, welche Abfälle zum Schutz der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) als gefährlich gelten.

Die auf Grund dieser Bestimmung ergangene - entgegen der Auffassung beider Parteien im vorliegenden Fall anzuwendende - Festsetzungsverordnung 1997, BGBl. II 1997/227, in der Fassung BGBl. II 1998/75, bezeichnet im § 3 Abs. 1 als gefährliche Abfälle jene Abfälle der ÖNORM S 2100 "Abfallkatalog", ausgegeben am 1. September 1997, welche in dem Verzeichnis gefährlicher Abfälle gemäß Anlage 1 enthalten sind.

Zu den danach als gefährliche Abfälle einzustufenden Abfällen gehören nach der Schlüsselnummer 35203 "Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile, mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen oder Inhaltsstoffen (zB Starterbatterien, Bremsflüssigkeit, Motoröl)".

In ähnlich gelagerten Beschwerdefällen, in welchem es ebenfalls um Autowracks ging, die auf unbefestigtem Boden gelagert worden sind, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits klargestellt, dass nach der Lebenserfahrung davon ausgegangen werden kann, dass in solchen Autowracks umweltrelevante Mengen an gefährlichen Anteilen und Inhaltsstoffen enthalten sind, und es daher keiner detaillierten Untersuchung der Autowracks bedarf, um von einem derartigen Sachverhalt ausgehen zu können. In einem solchen Fall ist es Sache des Beschwerdeführers, präzise anzugeben, dass und aus welchen Gründen diese Annahme im seinem Fall nicht zutreffen sollte (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 25. März 1999, Zl. 99/07/0002, und vom 13. April 2000, 99/07/0155).

Ein solches Vorbringen hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht erstattet. Soweit er dazu rügt, im erstinstanzlichen Verfahren keine Gelegenheit gehabt zu haben, verfängt diese Rüge nicht, weil er in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid Gelegenheit hatte, seinen Standpunkt darzustellen. Entgegen der in der Beschwerdeschrift nunmehr aufgestellten Behauptung hat der Beschwerdeführer in seiner Berufung den ihm durch Zustellung des angefochtenen Bescheides samt der in Kopie angeschlossenen Erhebungsberichte und Bekundungen der technischen Gewässeraufsicht und des Amtssachverständigen bekannt gegebenen Sachverhalt dem Tatsächlichen nach in keiner Weise bestritten. Er hat im Gegenteil sogar angekündigt, für die von ihm selbst als notwendig eingesehene Entsorgung des verschmutzten Erdreiches sorgen zu wollen. Was der Beschwerdeführer in seiner Berufung vorgetragen hat, war zum einen der - rechtlich irrelevante - Umstand, dass das betroffene Grundstück schon vor der Benützung durch ihn von Mistablagerungen betroffen gewesen sei, und zum anderen seine Auffassung, die von ihm abgestellten Baugeräte und Maschinen zwei bis drei Jahre abstellen zu dürfen, weil er das Gelände "kultiviert" habe. Für diesen vom Beschwerdeführer eingenommenen Standpunkt gab es aber angesichts der wiedergegebenen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes keine rechtliche Grundlage. Dass die Entfernung der abgestellten Kraftfahrzeuge und Maschinen binnen der schon von der BH gesetzten Frist möglich war, wurde vom Beschwerdeführer in seiner Berufung ebensowenig in Abrede gestellt, wie die Möglichkeit der Entfernung der abgelagerten Sachen auch in der im angefochtenen Bescheid gesetzten Frist in der Beschwerde nicht bestritten wird.

Da der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren trotz der ihm in der Berufung offen gestandenen Gelegenheit die Tatbestandsvoraussetzungen des abfallwirtschaftlichen Behandlungsauftrages nach § 32 Abs. 1 AWG nicht bestritten hatte, erweisen sich seine nunmehrigen Beschwerdeausführungen wegen ihres Verstoßes gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot samt und sonders als unbeachtlich, wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend einwendet. Ob Gegenstand des Berufungsverfahrens der belangten Behörde überhaupt nur die Angemessenheit der von der BH gesetzten Leistungsfrist gewesen wäre, wie die belangte Behörde meint, kann dahingestellt bleiben. Nach den oben getroffenen Darlegungen über die Obliegenheit einer Person, die Autowracks auf unbefestigtem Boden abstellt, den Beweis des ersten Anscheins zu widerlegen, dass in solchen Autowracks umweltrelevante Mengen solcher Stoffe enthalten sind, die nach den Bestimmungen der Festsetzungsverordnung 1997 in der geltenden Fassung solche Fahrzeuge und Arbeitsmaschinen zu gefährlichen Abfällen machen, ist eine Rechtswidrigkeit der Beurteilung der vom Beschwerdeführer abgestellten Kraftfahrzeugwracks und Arbeitsmaschinen als gefährliche Abfälle nicht zu erkennen.

Dem abfallwirtschaftsrechtlichen Behandlungsauftrag haftet auch unzureichende Bestimmtheit nicht an. Ergibt sich aus dem Inhalt des von der belangten Behörde aufrecht erhaltenen erstinstanzlichen Bescheides doch mit ausreichender Deutlichkeit, dass der Beschwerdeführer sämtliche Kraftfahrzeuge und Baumaschinen vom näher genannten Grundstück zu entfernen hat.

Die Beschwerde war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, was der Verwaltungsgerichtshof angesichts der Einfachheit der Fallgestaltung und der wiedergegebenen Vorjudikatur in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat beschließen konnte.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 29. Juni 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000070037.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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