TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/30 W153 2009183-1

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Veröffentlicht am 30.11.2017
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Entscheidungsdatum

30.11.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W153 2009183-1/22E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christoph KOROSEC als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Ghana, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.06.2014, Zl. 1019771202 - 14653039, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.09.2017, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3, § 8, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG

2005, § 9 BFA-VG, § 46, § 52, § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige aus Ghana, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 26.05.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der niederschriftlichen Erstbefragung am 27.05.2017 gab die Beschwerdeführerin zum Fluchtgrund im Wesentlichen folgendes an:

"Vor einem Jahr erzählte ich meinem Vater dass ich lesbisch bin. Mein Vater wurde sehr böse. Er hat mich geschlagen und mich mit dem Umbringen bedroht, wenn ich nicht aufhöre lesbisch zu sein. Ich entschied mich deswegen meinen Vater zu verlassen und bin weggelaufen. Ich ging in die Stadt XXXX und spielte dort Fußball. Weil es in in Ghana verboten ist lesbisch zu sein, habe ich mich entschieden Ghana zu verlassen und nach Europa zu gehen. Ich möchte hier leben können wie ich möchte und nicht diskriminiert werden."

"Ich habe Angst, dass mein Vater mich umbringt wenn er mich in Ghana findet. Er will nicht dass ich lesbisch bin. In Ghana ist es gegen das Gesetz lesbisch bzw. gay zu sein. Ich habe Angst, dass ich deswegen bestraft werde."

Nach Zulassung ihres Asylantrages wurde die Beschwerdeführerin am 06.06.2017 im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Englisch von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen. Es folgen die entscheidungsrelevanten Auszüge aus der Einvernahme:

" LA: Wie verstehen Sie den anwesenden Dolmetscher?

VP: Danke gut.

F: Haben Sie Personendokumente oder sonstige Beweismittel die Sie in Vorlage bringen möchten?

VP: Nein, keine.

LA: Haben Sie Angehörige in einem anderen Staat der EU?

VP: Nein, keine.

LA: Haben Sie Familienangehörige in Österreich?

VP: Nein.

LA: Sie haben bei der Erstbefragung am 27.5.2014 beim PAZ XXXX die Wahrheit angegeben und es entsprechen somit die von Ihnen bei Erstbefragung angegebenen Daten zu Ihrer eigenen Person sowie den Personendaten der nächsten Angehörigen im Heimatland der Wahrheit. Sie haben dem bei Erstbefragung Angegebenen nichts hinzuzufügen und haben auch nichts abzuändern.

VP: Diese Angaben entsprechen der Wahrheit. Befragt ob ich etwas zu meinen

niederschriftlichen Angaben hinzuzufügen habe, gebe ich an, dass ich weder zu meinen Personendaten noch zu meinen Fluchtgründen etwas hinzuzufügen habe oder abändern möchte. Ich habe alles angegeben und es entspricht der Wahrheit.

LA: Hatten Sie in Ihrer Heimat Ghana Probleme mit den Behörden, den

Sicherheitsbehörden, den Gerichten?

VP. Nein, niemals

F: Haben Sie sich jemals freiwillig, das heißt von sich aus an heimatliche Behörden, Sicherheitsbehörden, Gerichte, Staatsanwaltschaft etc. gewandt?

A: Nein. Niemals

LA: Welche Schulbildung haben Sie? Welchen Beruf haben Sie in Ghana ausgeübt?

VP: 6 Jahre Grundschule, keine Berufsausbildung.

F: Wovon haben Sie im Heimatland bis zu Ihrer Ausreise gelebt?

A: Meine Freunde haben mich unterstützt.

F: Machen Sie konkrete Angaben! Wen meinen Sie damit? Wer sind diese Freunde, die Ihren Unterhalt bestritten haben?

A: Meine Freunde mit denen ich Fußball gespielt habe , haben mich unterstützt.

F: Geben Sie bitte die Bezeichnung des Clubs bei welchem Sie Fußball gespielt haben und die konkreten Personendaten der Fußballkollegen welche Ihren Unterhalt bestritten haben bekannt!

A: Der Fußballclub heißt Laledis Club und ist im Bezirk Labadi in XXXX etabliert. Meine Freundinnen die mich unterstützt haben heißen XXXX und XXXX und mein Coach heißt XXXX .

F: Wie verstehen Sie die Dolmetscherin?

A: Danke, gut.

F: In welchem konkreten Zeitraum haben Sie in diesem Fußballclub gespielt?

A: Drei Monate.

Aufforderung

Machen Sie konrkete Angaben zu den Zeiten! Von wann bis wann genau?

A: Drei Monate in diesem Jahr, ich habe es vergessen.

Aufforderung

Machen Sie konkrete Zeitangaben! Welche Monate genau!

A: Anfang des Jahres, die Monate habe ich vergessen.

F: Geben Sie bitte die konkrete Anschrift Ihres letzten Aufenthaltsortes und Anschrift bevor Sie Ghana verlassen haben bekannt!

A: Ich habe in XXXX gewohnt, die genaue Anschrift weiß ich nicht mehr.

F: Wo haben Sie zuvor gewohnt?

A: In XXXX , befragt gebe ich an dass es ein Dorf ist.

F: Wo liegt dieses Dorf? Welche größere Stadt ist in der Nähe? In welchem Bezirk befindet sich das Dorf?

A: Das Gebiet in dem das Dorf liegt heißt XXXX , mehr kann ich dazu nicht angeben. Konkret befragt, kann ich auch keine Anschrift nennen. Ich weiß es nicht mehr.

F: In welchem konkreten Zeitraum haben Sie sich in XXXX aufgehalten?

A: Ich verbrachte dort sechs Monate bevor ich nach XXXX ging.

F: Wo haben Sie zuvor gelebt? Machen Sie konkrete Angaben zu Ihrer Wohnanschrift!

A: In XXXX .

F: Mit wem haben Sie an dieser Anschrift gelebt?

A: Das Haus gehört meinem Trainer.

Fragewiederholung

A: Ich und mein Coach.

F: Machen Sie konkrete Angaben rund um die Person Ihres Coaches bei dem Sie behaupten gelebt zu haben! Geben Sie konkrete Auskünfte rund um dessen familiäre Verhältnisse etc etc.

A: Er heißt XXXX und ist ein älterer Mann. Mehr weiß ich nicht.

F: Ist das Alles was Sie mir über Ihren Trainer sowie Unterkunftgeber und Mitbewohner sagen können?

A: Ja, mehr weiß ich nicht.

F: Wie lange und in welchem Zeitraum haben Sie mit dem Trainer gelebt?

A: Sechs Monate.

F: Von wann bis wann konkret? Zeitangaben bitte!

A: Ich habe nur drei Monate bei ihm gewohnt.

Vorhalt

Sie tätigen unterschiedliche Angaben zu Ihren letzten Aufenthaltsorten! Sie treten als Person nicht glaubwürdig in Erscheinung!

A: Ich habe insgesamt 6 Monate in XXXX verbracht, davon war ich drei Monate bei einer Freundin und danach hat sie mich rausgeworfen und danach war ich im Haus meines Trainers drei Monate lang.

F: Machen Sie konkrete Angaben rund um die Person Ihrer Freundin bei der Sie behaupten gelebt zu haben! Geben Sie konkrte Auskünfte rund um dessen familiäre Verhältnisse etc etc.

A: XXXX , ca. 42 Jahre alt, konkretes Geburtsdatum weiß ich nicht. Die Adresse habe ich vergessen. Sonst kann ich auch nichts angeben.

F: In welchem Verhältnis sind zu XXXX gestanden? Welcher Art war Ihre Freundschaft?

A: XXXX Sohn spielte in dem gleichen Fußballclub wie ich. Er nahm mich zu sich bzw. zu seiner Mutter nach Hause. Nachgefragt gebe ich an, dass es die Mutter eines Freundes von mir war, weitere Beziehungen bestanden nicht zu ihr.

F: Geben Sie bitte die Personendaten Ihrer nächsten Angehörigen im Heimatland bekannt!

AW schreibt die Personendaten der nächsten Angehörigen im Heimatland auf ein Blatt Papier – wird als Anlage 1 zum Akt genommen

A: Meine Mutter heißt XXXX – im Alter von 42 Jahren infolge einer Verletzung gestorben, Vater: XXXX – ca 70 Jahre alt, mein Vater ist nach XXXX verreist, seine genaue Adresse weiß ich nicht. Ich habe vier Geschwister, nämlich drei Schwestern und einen Bruder. Bis auf

XXXX sind es Halbgeschwister. Sie heißen: XXXX – 16 Jahre, XXXX – 14 Jahre alt, XXXX – 11 Jahre alt und einen Bruder namens XXXX – 15 Jahre alt. Mein Vater hat ein zweites Mal geheiratet und aus dieser Ehe stammen bis auf XXXX die genannten Geschwister. Sie haben nicht den gleichen Familiennamen wie ich. Sie heißen

mit Familiennamen XXXX ( phon.)

AW gibt nunmeh an .nein, es sind vier ..sein Name lautet XXXX – er ist 5 Jahre, ich kann nicht Namen nicht aufschreiben, auch er ist aus der zweiten Heirat meines Vaters.

F: Geben Sie bitte die Wohnanschriften Ihrer Familienangehörigen im Heimatland bekannt

A: Zwei Schwestern namens XXXX und XXXX und meine Brüder XXXX und XXXX leben In Ghana in Lapas. Befragt gebe ich an, dass diese mit meinem Stiefvater dort leben. Mein Vater lebt ja in XXXX .

Vorhalt

Sie tätigen absolut widersprüchliche Angaben rund um Ihre eigenen Personendaten sowie die Personendaten der nächsten Angehörigen im Heimatland, rund um Ihr familiäres Umfeld Was sagen Sie dazu? Nehmen Sie dazu Stellung!

A: XXXX und ich haben denselben Vater und dieselbe Mutter. Die anderen Geschwister haben einen anderen Vater aber die gleiche Mutter wie ich.

F: Geben Sie bitte den konkreten Todeszeitpunkt Ihrer Mutter bekannt!

A: Im Jahr 2010

Aufforderung

Machen Sie konkrete Angaen! Welchen Monat, welcher Tag, Anfang, Mitte, Ende des Jahres?

A: Ich weiß es nicht.

F: Machen Sie bitte konkrete Angaben zu den Aufenthaltsorten sowie Anschriften von Geburt bis zur Ausreise in Ghana! Geben Sie bitte ebenso an mit wem Sie an welchen Anschriften zusammengelebt haben!

A: Ich habe von Geburt bis zum 16. Lebensjahr in XXXX gemeinsam mit meinen Eltern gelebt, die Anschrift kann ich nicht angeben, weiß ich nicht mehr. Danach bin ich mit ca. 17 Jahren für 6 Monate nach XXXX gezogen und von dort bin ich nach Italien ausgereist.

F: Wann hat Ihr Vater seine zweite Frau geheiratet?

A:Ich weiß es nicht, ich weiß auch nicht, wie alt ich damals war weil ich bei meiner Mutter gewohnt habe. Mein Vater hat dann zu Hause verlassen, ich blieb bei meiner Mutter. Ich weiß nicht wohin mein Vater nach der Trennung von meiner Mutter gezogen ist. Ich weiß auch nicht wie alt ich zu jenem Zeitpunkt war, ich war aber nicht mehr in der Schule. Ich habe meinem Vater zwar damals in XXXX besucht, aber ich weiß die Adresse nicht. Ich habe sogar bei ihm für ein Jahr gewohnt.

F: Von wann bis wann haben Sie bei Ihrem Vater gewohnt?

A: Im Jahr 2013.

Aufforderung

Machen Sie konkrete Angaben!

A: Vom Mai 2013 bis Mai 2014.

Aufforderung

Machen Sie konkrete Zeitangaben! Anfang, Mitte oder Ende Mai 2014?

A: Ich weiß es nicht mehr.

F:Was arbeitet Ihr Vater?

A: Ich weiß es nicht. Er arbeitet nicht.

F: Wovon ernährt Ihr Vater die Familie?

A: Ich weiß es nicht.

F: Geben Sie bitte an wann und von wo aus haben Sie Ghana verlassen und sind nach Österreich gereist?

A: Von XXXX aus in diesem Jahr.

Aufforderung

Machen Sie konkrete Angaben!

A: Ich weiß es nicht.

Vorhalt

Sie sind als Person gänzlich unglaubwürdig. Geben Sie an, wann konkret Sie die Anschrift verlassen und wann genau Sie aus Ghana ausgereist sind!

A: Es war dieses Jahr, mehr weiß ich nicht.

F: Vor wie vielen Monaten haben Sie Ghana verlassen?

A: Vor sechs Monaten:

F:Wer hat Ihre Ausreise organisiert und finanziert? Wie hoch waren die Kosten der Ausreise?

A: Ein Mann der auf dem Schiff gearbeitet hat, hat mir geholfen, er hat mir auch die Ausreise finanziert.

F: Wer ist dieser Mann? Geben Sie die konkreten Personendaten bekannt!

A: Er heißt XXXX , er ist von XXXX und stammt aus Ghana. Mehr weiß ich nicht.

F: Woher kennen Sie diesen Mann?

A: Aus Ghana.

Fragewiederholung

A: Ich habe dort eine weibliche Fußballmannschaft besucht in XXXX und er arbeitet auf einem Schiff. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

F: Wie ist die Verständigung mit der Dolmetscherin?

A: Gut.

FLUCHTGRUND

LA: Geben Sie bitte Ihre Fluchtgründe die Sie zur Ausreise aus Ghana veranlasst haben bekannt. Schildern Sie diese bitte unter Angabe von Einzelheiten und anscheinenden Nebensächlichkeiten.

A: Ich hatte ein Problem mit meinem Vater. Ich bin Lesbin. Mein Vater wollte das nicht akzeptieren. Als ich bei ihm war, sagte er er würde mich töten. Aus diesem Grund verließ ich sein Haus und ging nach XXXX . Danach reiste ich nach Italien aus. In Italien sollte ich für eine Frau arbeiten, ich sollte als Prostituierte für diese Frau arbeiten. Das ist alles. Andere Gründe habe ich nicht.

F: Sind das alles Ihre Gründe?

A: Ja.

Aufforderung

Sie schildern lediglich einen abstrakten Sachverhalt ohne jegliche Zusammenhänge ohne Angabe von Nebensächlichkeiten und Einzelheiten. Machen Sie konkrete Angaben zu den höchstpersönlichen Erlebnissen welche Sie letztendlich zur Ausreise veranlasst haben in Bezug auf konkrete Angaben von Umständen, Vorfällen, Ereignissen, Personen, Zeiten und Orten!

A: Wegen meiner lesbischen Neigung.

Aufforderung

Machen Sie konkrete Angaben zu Ihren höchstpersönlichen Erlebnissen und somit Fluchtgründen warum Sie Ghana verlassen haben. Machen Sie konkrete Angaben zu den Vorfällen rund um Ihre sexuelle Orientierung in Bezug auf Zeit und Ort, Vorfälle, Personen etc. etc. etc.

A: Mein Vater hat sogar Leute angeheurt die mich verprügelt haben, damit ich aufhöre lesbisch zu sein. Er hat mit bedroht mich zu töten, deswegen bin ich nach XXXX geflüchtet.

F: Sind das alles Ihre Gründe?

A: Ja.

F: Wann haben Sie Ihren Vater mitgeteilt dass Sie lesbisch sind?

A.: Ich habe es ihm nicht gesagt, er hat mich mit einer Frau gesehen.

F: Machen Sie konkrete Angaben rund um die behaupteten Misshandlungen denen Sie ausgesetzt waren!

A: Mein Vater, nein ich meine die Leute, die er angeheuert hat mich zu verprügeln. Es war in XXXX , außerhalb, draußen. Vorm Haus meines Vaters. Es war vor einem Jahr. Ich blieb dann noch einige Zeit bei meinem Vater, dann hat er mich wieder mit einer Frau gesehen und hat dann gesagt wenn ich damit nicht aufhöre wird er mich umbringen. Ich will aber keinen Mann als Partner haben.

F: Machen Sie bitte konkrete Zeitangaben und schildern Sie detailliert und in Einzelheiten und Nebensächlichkeiten

A: Es ist lange her, ich weiß nicht wann es war. Es waren zwei Männer.

F: Schildern Sie detailliert und in Einzelheiten und Nebensächlichkeiten die Geschehnisse

A: Meine Freundin, sie ist auch beim Fußballclub war bei mir zuhause im Zimmer. Wir haben uns gerade geküsst. Er hat uns gesehen.

F: Machen Sie konkrete Angaben zu Ihrer Freundin sowie deren familiäres Umfeld, Eltern, Geschwister etc. etc.

A: Sie ist von XXXX , heißt XXXX . sie ist ca. 21 Jahre alt, ich weiß nicht wer ihre Eltern sind bzw. wie ihre Geschwister heißen, weiß auch nicht ihre Anschrift.

F: Wie lange waren Sie mit XXXX befreundet?

A: Ich weiß es nicht. Kann darüber nichts sagen.

LA: Werden Sie von heimatlichen Behörden, Polizei, Gericht, Staatsanwaltschaft gesucht?

VP: Nein.

F: Haben Sie jemals Probleme mit heimatlichen Behörden gehabt, wie Polizei, Gericht, Staatsanwaltschaft oder sonstigen Behörden?

VP: Nein.

F: Haben Sie jemals strafbare Handlungen in Ghana begangen?

A: Nein, niemals.

LA: Wurden Sie aus religiösen Gründen verfolgt?

VP: Nein.

LA: Wurden Sie aus Gründen der Rasse verfolgt?

VP: Nein.

LA: Wurden Sie aus Gründen Ihrer Nationalität verfolgt?

VP: Nein.

LA: Wurden Sie wegen Ihrer politischen Gesinnung verfolgt?

VP: Nein.

LA: Wurden Sie auf Grund Ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt?

VP: Ja, weil ich lesbisch bin.

In Ghana herrscht Reise- und Bewegungsfreiheit. Sie hätten Ihren angeblichen Problemen doch auch durch die Verlegung Ihres Wohnsitzes entgehen können und somit nicht Ihr Heimatland verlassen müssen.

LA: Könnten Sie in einem anderen Ort, einer anderen Stadt in Ghana leben und arbeiten?

VP: Ja, ich weiß das. Ich kenne mich aber in den anderen Orten nicht aus.

F: Das heißt, Sie sind sich der Möglichkeit Ihren Wohnsitz innerhalb Ghana zu verlegen und somit den behaupteten Problemen zu entgehen bewusst gewesen? Habe ich Sie richtig verstanden?

A: Ja. Das ist richtig. Ich kenne aber in den anderen Orten, außer in XXXX niemanden.

F: In Österreich kennen Sie aber doch auch niemanden! Was sagen Sie dazu?

A: Ich wollte anfangs gar nicht nach Österreich kommen, die Frau wollte aber dass ich für sie arbeite und diese Arbeit wollte ich nicht machen. Dann war ich auf einem Bahnhof und ein Mann, ein schwarzer Bruder, dem ich meine Probleme erzählt habe, hat dann gesagt dass er nach Österreich fährt und ich kann mitfahren.

F: Sie behaupten, dass Sie in Italien von der Frau weggelaufen sind und hätten Sie sich zum Bahnhof begeben. Haben Sie sich um Hilfe an die italienischen Behörden wegen der behaupteten zwangsweisen Ausübung der Prostitution gewandt?

A: Nein.

F: Weswegen nicht?

A: Ich dachte nicht daran, ist mir nicht eingefallen.

F: Es wäre aber doch nahe liegend gewesen!

A: Ja, aber ich kann nicht schnell denken.

F: Haben Sie in Italien einen Asylantrag gestellt?

A: Nein, ich habe dort ja niemanden gekannt.

F: Wo waren Sie in Italien? In welcher Stadt waren Sie? Von welchem Bahnhof aus sind Sie nach Österreich mit dem Zug gefahren?

A: Ich weiß es nicht. Ich weiß nur dass ich in Italien war. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

LA: Was hätten Sie zu befürchten, wenn Sie heute nach Ghana zurückkehren würden?

VP Ich habe Angst vor meinem Vater. Andere Befürchtungen habe ich nicht.

F: Was müsste passieren damit Sie wieder nach Ghana zurückkehren können?

A: Ich habe ja niemanden dort. Meine Mutter ist schon tot. Ich will auch nicht zurückkehren.

LA: Sprechen Sie Deutsch?

VP: Nein.

LA: Haben Sie einen sonstigen Bezug (Freunde, Bekannte) zu Österreich?

VP: Nein, niemanden.

LA: Wovon leben Sie zurzeit in Österreich?

VP: Ich erhalte staatliche Unterstützung durch die Bundesbetreuung.

LA: Durch welche Arbeitstätigkeit könnten Sie denn in Österreich Ihr Leben finanzieren?

VP: Ich könnte Reinigungsarbeiten durchführen.

LA: Leben oder lebten Sie sonst noch je in einer Ehe oder eheähnlichen Beziehung oder dem gleichkommenden Partnerschaft?

VP: Nein. Ich bin allein.

LA: Hatten Sie jemals einen Aufenthaltstitel in Österreich, der nicht auf dem Asylantrag begründet?

VP: Nein.

LA: Wie haben sie den Dolmetscher verstanden?

VP: Danke, ja. Das habe ich.

F: Ich beende nun die Befragung. Möchten Sie noch etwas angeben? Ihr Vorbringen ergänzen, oder aber auch korrigieren?

A: Ich möchte nur sagen, dass ich hier gerne in die Schule möchte und auch hier arbeiten möchte. Könnten Sie mir dabei bitte helfen?

F: Waren Sie in der Lage alles zu erzählen, Ihr Vorbringen umfassend vorzubringen? Hatten Sie genug Zeit dazu?

A: Ja. Ich habe alles gesagt was ich sagen wollte.

In Anbetracht der Kürze Ihres Aufenthaltes sowie auch fehlender familiärer oder privater Bindungen in Österreich ist nicht ersichtlich, dass Ihre Ausweisung einen ungerechtfertigten Eingriff in Ihr Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens darstellen würde.

VP: Ich kann mir Daten nicht merken, deswegen konnte ich keine genauen Zeitangaben machen. Ich will nicht nach Ghana zurück.

Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt. Im Zuge dieser Rückübersetzung besteht die Möglichkeit Korrekturen, Ergänzungen oder Richtigstellungen vorzunehmen, Einwendungen anzubringen oder gegebenenfalls rückzufragen. Mit ihrer Unterschrift bestätigt die VP., dass die Angaben vollständig, verständlich und richtig wiedergegeben wurden. Die VP. bestätigt auch, dass die Befragung in einer respektvollen und angenehmen Atmosphäre stattfand."

Mit Bescheid des BFA vom 06.06.2014 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ghana abgewiesen (Spruchpunkt II.). Der Beschwerdeführerin wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG nach Ghana zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III.).

Die Behörde hat sich dabei von folgenden Erwägungen leiten lassen:

" betreffend die Feststellungen der Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes:

Bzgl. Ihrer Fluchtgründe haben Sie sich bloß auf unkonkrete bzw. widersprüchliche und abstrakte Behauptungen beschränkt.

Keinen einzigen Aspekt Ihrer Behauptungen haben Sie durch dazugehörige konkrete Angaben (Vorfallsörtlichkeiten, Vorfallszeitpunkte etc.) untermauert und konnten Sie nachgefragt keinerlei fundierte, substantiierte Auskünfte erteilen.

Insb. haben Sie in Ihr Vorbringen auch keinerlei Nebensächlichkeiten bzw. anscheinende Belanglosigkeiten einfließen lassen.

Aus diesem Grund ist ebenfalls davon auszugehen, dass sämtliche Ihrer Behauptungen beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl jeglicher Realität entbehren und somit eine gedankliche Konstruktion darstellen!

So haben Sie im Zuge Ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bzgl. Ihrer Fluchtgründe bloß lapidar wortwörtlich angegeben. "Ich hatte ein Problem mit meinem Vater. Ich bin Lesbierin. Mein Vater wollte das nicht akzeptieren. Als ich bei ihm war, sagte er, er würde mich töten. Aus diesem Grund verließ ich sein Haus und ging nach XXXX . Danach reiste ich nach Italien aus. In Italien sollte ich für eine Frau arbeiten, ichsollte als Prostituierte für diese Frau arbeiten. Das ist alles. Andere Gründe habe ich nicht.

Sie behaupten Probleme mit Ihrem Vater aufgrund Ihrer sexuellen Orientierung und hätte Ihr Vater Ihnen mit dem Tode bedroht, sodass Sie sich letztendlich zur Ausreise aus dem Heimatland entschlossen hätten, ohne diesbezüglich irgendwelche konkreten näheren Angaben zu machen. Sie behaupten weiters Probleme im Zuge Ihres Reisewegs und haben Sie auch rund um diese Behauptungen keinerlei konkreten bzw. näheren Angaben gemacht.

Im Zuge Ihrer Schilderungen haben Sie den dringenden Eindruck erweckt, als würden Sie ausschließlich einen einstudierten bzw. erlernten Sachverhalt schildern und waren Sie trotz mehrfacher Nachfragen nicht in der Lage substantiierte und detaillierte Angaben hinsichtlich Ihrer Behauptungen zu geben.

Tatsächlich verfolgte Personen schildern Realereignisse, insbesondere wenn sie im Leben einschneidend sind, detailliert und auf Einzelheiten eingehend. Dazu waren Sie zu keinem Zeitpunkt Ihrer Einvernahme in der Lage. Vielmehr haben Sie Ihr Fluchtvorbringen in der Einvernahme bereits bei der Asylantragstellung abstrakt und vage geschildert. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass Ihr gegenständliches Vorbringen den Tatsachen entspricht, sondern vielmehr, dass es sich dabei um eine ausschließliche gedankliche Konstruktion handelt.

Dass dies tatsächlich so ist, zeigt sich u.a. auch darin, als Sie auch mehrere widersprüchliche sowie logisch nicht nachvollziehbare Sachverhalte behauptet haben.

Anlässlich der Asylantragstellung gaben Sie selbstredend an: "Vor einem Jahr erzählte ich meinem Vater, dass ich lesbisch bin"

Im krassen Widerspruch dazu, gaben Sie jedoch auf konkrete Nachfrage zum Zeitpunkt an dem Sie Ihrem Vater erzählt hätten, dass Sie lesbisch seien in der Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nunmehr wiederum an: "ich habe es ihm nicht gesagt, er hat mich mit einer Frau gesehen"

In einer nicht nachvollziehbaren Art und Weise waren Sie auch trotz Ihrer Behauptung, wonach Sie eine lesbische Freundschaft mit einer Frau gepflegt hätten und beim Austausch von Zärtlichkeit vom Vater überrascht wurden, sodass Sie in der Folge aus Furcht vor Verfolgung durch Ihren Vater Ihr Heimatland verlassen hätten müssen, nicht in der Lage konkrete und substantiierte Auskünfte rund um die Person Ihrer Freundin, letztendlich Auslöser Ihrer Flucht, zu geben.

Konkret nach der Person Ihrer Freundin, der Dauer Ihrer Freundschaft, Kennenlernen, familiäres Umfeld usw. befragt, gaben Sie in einer nicht nachvollziehbaren Art und Weise bloß den Vornamen Ihrer Freundin mit XXXX und deren Alter mit 21 Jahren bekannt, behaupteten lediglich dass XXXX ebenfalls im Fußballclub Mitglied wäre und gaben an über keine Kenntnisse hinsichtlich der Familie Ihrer Freundin zu verfügen und waren Sie überdies nicht einmal ansatzweise in der Lage die Dauer der Beziehung/Freundschaft mit XXXX anzugeben, sondern behaupteten lapidar wortwörtlich: "ich weiß es nicht, kann darüber nichts sagen"

Von "Kindern", welche jedoch tatsächlich von Ihren Eltern beim Austausch von Intimitäten mit einem Freund/Freundin "erwischt werden" noch dazu, wenn, sowie von Ihnen behauptet, es sich bei dem Freund/Freundin um eine gleichgeschlechtliche Person handelt und dies so wie von Ihnen behauptet zum Verlassen des Heimatlandes aus Furcht vor Verfolgung durch den eigenen Vater führt, sind jedoch jederzeit in der Lage rund um dieses Vorfallsereignis sowie die Person der Freundin/Freundes substantiierte und detaillierte Angaben zu tätigen. Dazu waren Sie jedoch nicht in der Lage und kann davon ausgegangen werden, dass Ihre Angaben eine gedankliche Konstruktion darstellen!

Dass dies tatsächlich so ist, zeigt sich auch in der widersprüchlichen Vorbringenserstattung zu den eigenen Personendaten!

Sie gaben an, aus Furcht vor Verfolgung durch Ihren Vater von zu Hause weggelaufen zu sein und Ihr Heimatland im Mai 2014 verlassen zu haben. Sie hätten sich zuvor monatelang bei einer Freundin eines Fußballkollegen sowie einem Trainer (wobei Sie erstaunlicherweise weder rund um die Personendaten der Freundin noch die des Trainers und deren konkrete Wohnanschriften auch nur annähernd substantiierte und konkrete Auskünfte erteilen konnten!) aufgehalten.

Im krassen Widerspruch dazu und entgegen der behaupteten Furcht vor Verfolgung durch Ihren Vater, behaupteten Sie jedoch an anderer Stelle der Einvernahme konkret nachgefragt wiederum, von Mai 2013 bis Mai 2014 im gemeinsamen Haushalt mit Ihrem Vater gelebt zu haben!

Hinsichtlich Ihrer weiteren in der Einvernahme vom 6.6.2014 behaupteten unterschiedlichen Daten zur eigenen Person (Wohnanschriften, Aufenthaltsorte sowie Ausreisezeitpunkt) sowie Personendaten der nächsten Angehörigen wird auf die diesbezügliche Niederschrift verwiesen.

Abschließend wird bemerkt, dass Sie im krassen Widerspruch zu Ihren anlässlich der Asylantragstellung getätigten Angaben, wonach Sie im Falle einer Rückkehr aufgrund Ihrer sexuellen Orientierung Furcht vor Bestrafung geäußert und wortwörtlich behauptet haben: "In Ghana ist es gegen das Gesetz lesbisch bzw. gay zu sein und entgegen der behaupteten Persönlichkeitsstruktur (Schulbildung) zu Beginn der Einvernahme, konkret befragt, das Begehen strafbarer Handlungen im Heimatland negiert haben!

Entsprechend der Erfahrung der erkennenden Behörde im Umgang mit tatsächlich verfolgten Personen bzw. mit Personen, die in ihrem Leben tatsächlich einschneidende Erlebnisse erfahren haben, zeigt sich, dass diese Personen vor den österreichischen Behörden im Verfahren gleich bleibend und konkret von den für die Flucht ausschlaggebenden Ereignissen berichten. Auch zeigt sich aus der Erfahrung der Behörde, dass tatsächlich schutzbedürftige Personen wahrheitsgemäß über ihre Person Auskunft erteilen.

Dieses Verhalten indiziert Ihre persönliche Unglaubwürdigkeit, was in weiterer Folge auch die Unglaubhaftigkeit Ihrer im Verfahren aufgestellten Behauptungen bedingt.

Aufgrund der genannten Umstände kann davon ausgegangen werden, dass Ihr Gesamtvorbringen eine ausschließliche gedankliche Konstruktion darstellt. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass Sie begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft gemacht haben.

betreffend die Feststellung Ihrer Situation im Falle der Rückkehr:

Die Negativ Feststellung, nämlich, dass Sie keiner Gefahr im Sinne des § 50 FPG im Falle der Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung in Ihr Heimatland ausgesetzt sind, ergibt sich aus der allgemeinen tatsächlichen Lage in Ihrem Heimatland und aus Ihrem Vorbringen, welches keine Asylrelevanz entfalten konnte sowie aus den behördlichen Feststellungen zur allgemeinen Lage in Nigeria.

Sie sind arbeitsfähig und arbeitswillig, leiden überdies an keiner lebensbedrohenden Erkrankung und besteht überdies die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Rückkehrhilfe bzw. div. Förderungen zur Reintegration auch im Heimatland, sodass Sie im Falle einer Rückkehr, in der Lage sein werden, sich mit diversen Tätigkeiten ein ausreichendes und ländertypisches Einkommen zu verschaffen.

Sie haben sich den Großteil Ihres Lebens in Ghana aufgehalten. Ihre Angaben bzgl. Ihrer Fluchtgründe wurden wie zuvor beweiswürdigend ausgeführt für nicht wahr erachtet sodass in der Folge ausgegangen werden kann, dass Sie über Familienangehörige im Heimatland verfügen (Eltern, zahlreiche Geschwister) und im Falle einer Rückkehr (so wie auch vor Ihrer Ausreise) bis zur eigenständigen Sicherung des Lebensunterhaltes im Familienverband versorgt sind und über Unterkunft und die notwendigen Mittel zur Bestreitung Ihres Lebensunterhaltes verfügen und nicht in eine ausweglose und oder unmenschliche Lage geraten.

betreffend die Feststellungen über Ihr Privat- und Familienleben:

Die hierzu getroffenen Feststellungen basieren auf Ihren niederschriftlichen Angaben vom 02.06.2014."

Rechtlich folgerte das BFA daraus, dass es nicht glaubhaft sei, dass der Antragstellerin im Herkunftsstaat Verfolgung drohe. Im Rahmen der Beweiswürdigung seien deren Angaben grundsätzlich als unwahr bewertet worden. Die Behörde gelangte weiter zur Ansicht, dass vor dem Hintergrund der Angaben der Antragstellerin und der getroffenen, unbedenklichen Feststellungen zu Ghana keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, dass die Antragstellerin im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Gefahr laufe, in Ihrem Heimatland einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden, womit festzustellen sei, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung zulässig sei. Die Antragstellerin habe in Österreich keine privaten oder familiären Bindungen. Es sei daher kein schützenswertes Privat- und Familienleben gegeben. Auch die übrigen Voraussetzungen zur Durchsetzung einer Rückkehrentscheidung würden vorliegen und eine Abschiebung nach Ghana sei somit zulässig.

In der Beschwerde gibt die Beschwerdeführerin an, dass sie nicht vom Bestehen der Möglichkeit der Einvernahme durch einen männlichen Organwalter in Kenntnis gesetzt worden sei. Sie führt weiters aus, dass durch die rasche Einvernahme und ihrer de facto Anhaltung in XXXX eine Vorbereitung durch einen Rechtsbeistand ausgeschlossen gewesen sei. Im Beschwerdeverfahren bzw. generell im weiteren Verfahren ersuche sie daher um Einvernahme durch männliche Richter unter Beiziehung von einem männlichen Dolmetscher, denn sie habe Hemmungen vor Frauen über ihre Sexualität zu sprechen. Außerdem habe sie die englische Dolmetscherin nicht gut verstanden, weil sie nur einen sehr kleinen englischen Wortschatz besitze. Dies habe sie auch bei der Einvernahme angegeben. Das BFA habe sich auch zu wenig mit der Lage homosexueller Menschen in Ghana auseinandergesetzt. Die Beschwerdeführerin sei auch erst seit kurzer Zeit in Österreich und viele homosexuelle Menschen aus Westafrika würden Jahre des Aufenthaltes in Österreich brauchen um sich zu "outen". Die Vorgangsweise des BFA die Beschwerdeführerin trotz deren Minderjährigkeit ohne Beiziehung eines gesetzlichen Vertreters und ohne Vorbereitungszeit einvernommen zu haben, sei rechtswidrig gewesen. Ihr Fluchtgrund sei keineswegs unglaubwürdig, wenn sie sich aus persönlichen Gründen nicht detailliert zum gesamten Fluchtproblem geäußert habe, denn sie habe noch die Ächtung der Homosexualität verinnerlicht. Diesbezüglich verweist die Beschwerdeführerin auch auf ihr jugendliches Alter, ihre geringe Schulbildung und die Unerfahrenheit im Umgang mit Behörden.

Mit Beschluss vom 18.07.2016, W215 2009183-1/6E, hob das Bundesverwaltungsgericht den vorliegenden Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurück.

Der VwGH hob mit Entscheidung vom 26.04.2017, Ra 2016/19/0221-5 den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes aufgrund eines Verstoßes gegen die feste Geschäftsverteilung auf.

Vom nunmehr zuständigen Richter des Bundesverwaltungsgerichtes wurde mit Schreiben vom 03.08.2017 eine mündliche Verhandlung angeordnet und der Beschwerdeführerin die aktuelle Länderinformation vom Ghana vom 24.11.2015 zur Stellungnahme übermittelt.

In einer Stellungnahme vom 31.08.2017 wurde im Wesentlichen nochmals darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführerin als homosexuelle und auch als alleinstehende junge Frau in Ghana kein freies und menschenwürdiges Leben möglich sei. Die Verfolgung von Homosexuellen werde in den vorgelegten Länderfeststellungen vollinhaltlich bestätigt.

Am 05.09.2017 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr die mündliche Verhandlung im Beisein eines männlichen Dolmetschers für die Sprache Englisch, eines männlichen Schriftführers und der bevollmächtigten Beschwerdeführervertreterin durchgeführt. In der Verhandlung wurden seitens der Beschwerdeführerin eine Kursbestätigung von Orient-Express vom 19.01.2017 (Basiskurs für junge Flüchtlinge vom 16.01. bis 10.03.2017), ein Sozialbericht der Caritas vom 01.09.2017, eine Stellungnahme von Queer Base vom 04.09.2017, ein Bericht aus der Tagesschau vom 18.01.2016 (www.tagesschau.de/ausland/homosexuelle-ghana-101.html), Spielervertrag für den Zeitraum von 01.07.2015 – 30.06.2016 beim XXXX , ein Empfehlungsschreiben, Spielerkarte einer Freundin (selbe Person, die bei der polizeilichen Anhaltung anwesend war) sowie eine Information der MA 63 zur "Verpartnerung" vorgelegt. Die entscheidungsrelevanten Auszüge aus der Verhandlung sind wie folgt:

" R: Warum haben Sie keine Identitätsausweise?

BF: Weil ich das nicht habe.

R: Haben Sie nie gehabt?

BF: Nein.

R: Wo haben Sie in Ghana gelebt, bitte möglichst genau und chronologisch.

BF: Ich bin zwar in XXXX geboren, habe aber bis zu meinem 16. Lebensjahr in dem Heimatort meiner Mutter in XXXX gelebt.

R: Wo liegt XXXX ungefähr?

BF: In Central Region.

R: Was ist die nähstgrößere Stadt?

BF: XXXX .

R: Sie sind in XXXX geboren und bis zu Ihrer Flucht haben Sie in XXXX gelebt?

BF: Ja.

R: Welche Ausbildung haben Sie in Ghana erhalten?

BF: Nur sechs Jahre Grundschule.

R: Was haben Sie zuletzt gearbeitet, wovon haben Sie vor der Ausreise gelebt?

BF: Ich war Profifußballerin in XXXX .

R: Sie haben gesagt, dass Sie bis zur Ausreise in XXXX gelebt haben, sind Sie jeden Tag von XXXX nach XXXX zum Fußballspielen gefahren?

BF: Im Alter von 16 Jahre bin ich nach XXXX , zum Wohnort meines Vaters umgezogen, nach weitere sechs Monaten bin ich dann nach XXXX gezogen und von dort hierher.

R: Haben Sie nur in XXXX Fußball gespielt oder haben Sie auch woanders in Ghana Fußball gespielt?

BF: Ich habe in XXXX und in XXXX gespielt.

R: Wo haben Sie zuerst gespielt und wie lange haben Sie wo gespielt?

BF: Zuerst habe ich bei XXXX sechs Monate gespielt. In XXXX habe ich nicht mehr als eine Woche gespielt, bevor ich weggegangen bin.

R: Ist Frauenfußball in Ghana verbreitet?

BF: Ja.

R: Wer ist eigentlich Adjoa BAJOR?

BF: Sie ist eine Fußballspielerin.

R: Welche nahen Angehörigen, Familienmitglieder, haben Sie in Ghana und wo leben diese?

BF: Jetzt, wo ich schon drei Jahre hier lebe, kann ich nicht sagen, wo meine Familienmitglieder sich aufhalten.

R: Haben Sie noch Kontakt zur Familie zu Personen in Ghana?

BF: Nein.

R: Wirklich nicht?

BF: Ich habe eine ghanaische "SIM-Karte" gehabt, diese ist verloren gegangen, deshalb kann ich nicht mehr anrufen.

R: Wann und wo haben Sie die "SIM-Karte" verloren?

BF: Das war vor meiner Reise nach Italien.

R: Zum Zeitpunkt Ihrer Ausreise, welche Familienmitglieder gibt es und wo haben diese gelebt?

BF: Bei meiner Ausreise lebte der zweite Mann meiner Mutter in XXXX . Meine Mutter ist 2010 verstorben. Mein Vater ist in XXXX . Ich habe eine jüngere Schwester, die in XXXX wohnte, dann habe ich noch Halbgeschwister, zwei Halbbrüder und drei Halbschwestern, die haben auch in XXXX bei meinem Stiefvater gelebt.

R: Wie sind Sie nach Österreich gekommen?

BF: Ich kannte Österreich nicht einmal, jemand hat mir zur Ausreise nach Italien verholfen. Von Italien kam ich nach XXXX und von XXXX hierher.

R: Wie sind Sie nach Italien gekommen?

BF: Ich war nur eine Woche in XXXX und dann brachte mich der Bruder von einer Freundin zum Hafen von XXXX und am Bord eines Schiffes.

R: Wie viel hat die Reise gekostet?

BF: Das habe ich nicht mitbekommen, ich habe das erst mitbekommen, als ich in Italien war.

R: Sie haben für die Reise weder etwas gezahlt, noch irgendeine andere Leistung erbringen müssen?

BF: Nein, nichts, gar nichts.

R: Das ist aber sehr unwahrscheinlich. Wo haben Sie sich auf der Schiffsreise aufgehalten?

BF: Ich weiß das nicht, ich war noch zuvor auf einem Schiff, es war auch Nacht.

R: Wie lange hat die Reise gedauert?

BF: Das weiß ich nicht.

R: Ungefähr?

BF: Das kann ich nicht sagen.

R: Waren mehrere Frauen am Bord, wurden Sie dort sexuell belästigt?

BF: Nein, es waren mehrere Frauen an Bord und ich wurde nicht sexuell belästigt.

Zum Fluchtgrund:

R: Nochmals Sie wollen trotz Ihrer sexuellen Orientierung von einem männlichen Richter unter Beziehung eines männlichen Dolmetschers einvernommen werden. Sie hätten Hemmungen vor einer Frau über Ihre Sexualität zu sprechen. Geht das in Ordnung, auch dass Ihre weibliche Rechtsvertreterin anwesend ist?

BF: Ja, das ist OK.

R: Sie wollen nicht von einer Richterin einvernommen werden?

BF: Nein, ich will von einem Richter einvernommen werden.

R: Können Sie mir genau Ihre Fluchtgründe beschreiben?

BF: Ich bin lesbisch. Ich war noch ein Kind, als mein Vater meine Mutter verließ. Nach dem Begräbnis meiner Mutter, bin ich dann zu meinem Vater gegangen nach XXXX . Dort traf ich eine Dame und ich war dann im Zimmer mit ihr und wir machten Sex miteinander und mein Vater kam und sah uns dabei und er begann dann, mich zu schlagen und danach hat mein Vater jeden Tag gesagt: "Es ist nicht gut lesbisch zu sein". Jeden Tag hat er das gesagt und ich soll schauen, wohin ich gehe und dann bin ich nach XXXX gegangen und dann habe ich mir auch ein Mädchen genommen und deren Mutter hat mich erwischt und nach diesem Vorfall in XXXX bin ich dann nach XXXX und von XXXX bin ich dann nach Italien gekommen.

R: Wie hat diese Frau geheißen, mit der Sie Sex hatten?

BF: XXXX .

R: Was ist für Sie "Sex" in diesem Zusammenhang, Ihr Vater hat Sie beim Sex erwischt, was heißt das?

BF: Küssen und zärtliche Berührungen, während man nackt ist.

R: Hat es solche sexuelle Intimitäten von Frauen untereinander in der Familie oder im Freundeskreise gegeben bzw. sind Ihnen solche aufgefallen?

BF: Nein.

R: Im Familienkreis hat es das unter Frauen nie gegeben?

BF: Nein.

R: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?

BF: Twi.

R: Hatten Sie in Ghana ein Verhältnis zu einer Frau gehabt?

BF: Nein, eigentlich nur die sechs Monate, wo ich bei meinem Vater war und dann bin ich nach XXXX gekommen.

R: Aber mit dieser XXXX hatten Sie ein Verhältnis, Sie hatten nicht nur einmal intimen Verkehr gehabt, sondern öfters?

BF: Ich hatte nur einmal Kontakt mit ihr, wie mein Vater mich mit ihr erwischt hat.

R: Ihr Vater mag keine lesbischen Beziehungen, aber Sie konnten mir nicht sagen, dass Sie in Ghana deswegen verfolgt werden.

BF: In Ghana kann man nicht lesbisch sein, wenn man das tut, muss man sich verstecken.

R: Sind Sie konkret verfolgt worden, außer von Ihrem Vater?

BF: In Ghana ist es verboten lesbisch zu sein, ich musste das verbergen, ich konnte das nicht offen ausleben.

R: Was passiert Ihnen in Ghana, wenn Sie lesbisch sind, welche Strafe droht Ihnen?

BF: Man geht fünf Jahre ins Gefängnis dafür.

R: Vorhalt: Nach dem Strafgesetzt von 1960 in Kapitel 6 Artikel 105 werden nur homosexuelle Handlungen unter Männern mit Strafe bedroht (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Homosexalität_in_Ghana).

BF: Das stimmt nicht, auch Frauen sind mit Strafe bedroht.

R: Hatten Sie je sexuellen Kontakt mit Männern?

BF: Nein.

R: Wirklich nicht?

BF: Nein.

R: Mussten Sie jemals als Prostituierte arbeiten, wurden Sie einmal gezwungen?

BF: Ja, in Italien.

R: Haben Sie dort als Prostituierte dort gearbeitet?

BF: Nein.

R: Vorhalt: Auffällig ist, dass Sie immer wieder Männerbekanntschaften erwähnen, wie der Freund von der Fußballmannschaft oder der Trainer bei denen Sie gelebt haben, die Fluchthelfer und letztendlich wurden Sie in Österreich gemeinsam mit einem Mann von der Polizei aufgegriffen. Was sagen Sie dazu?

BF: In Österreich wurde ich nicht nur in Begleitung eines Mannes sondern auch in Begleitung einer weiteren Frau angehalten.

R: Vorhalt (AS 35): Sie haben damals in der Einvernahme am 27.05.2014 angegeben: "In XXXX lernte ich am Bahnhof einen Mann aus Ghana kennen. Der Mann wollte auch Fußballspielen und so wollten wir gemeinsam zu diesem Platz nahe XXXX fahren, wo wir Fußballspielen können "

Aufgegriffen wurden Sie gemeinsam mit XXXX . Aus der Meldung vom 26.06.2014 ergibt sich, dass auch noch eine weibliche Person beim Aufgriff dabei war und auch bei dieser eine Personenkontrolle durchgeführt wurde.

Integration:

Richter versucht die Befragung auf Deutsch fortzusetzen. Aufgrund der mangelhaften Deutschkenntnisse wurde meistens auf Englisch befragt.

R: Sind Sie grundsätzlich gesund oder haben Sie Krankheiten oder Beschwerden?

BF: Nein

R (auf Englisch): Sie sind seit Mai 2014 in Österreich, was haben Sie in Zwischenzeit für Ihre Integration gemacht?

BF (auf Deutsch): Ich habe zweimal einen Deutschkurs besucht, Prüfung habe ich keine abgelegt.

R: Warum haben Sie noch keine Prüfung gemacht?

BF (auf Deutsch): Mein Deutsch ist noch nicht so gut.

R: Ich nehme an Sie spielen Fußball?

BF (auf Deutsch): Ich habe Fußball gespielt, ein Jahr bin ich zu Hause.

R: Sie haben Fußball gespielt und warum haben Sie aufgehört?

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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