Entscheidungsdatum
05.12.2017Norm
AsylG 2005 §3Spruch
L515 2178288-1/2Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch XXXX , geb. XXXX , diese vertreten durch RAe Dr. Martin DELLASEGA & Dr. Max KAPFERER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Asyl- und Fremdenwesen vom 10.10.2017, Zl. XXXX , beschlossen:
A) Der Beschwerde wird gem. § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz
(BFA-VG), BGBl I Nr. 87/2012 idgF die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gem. § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl I Nr. 87/2012 idgF zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1.1 Die beschwerdeführende Partei (nachfolgend als "bP" bezeichnet) brachten am im Akt ersichtlichen Datum bei der belangten Behörde ("bB") Anträge auf Gewährung von internationalem Schutz ein.
Bei der bP handelt es sich um einen Staatsbürger der Republik Georgien.
Die bP wurde im Bundesgebiet als gemeinsames Kind von 2 Asylwerbern geboren, deren Asylverfahren im Stand der Beschwerde anhängig sind und den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuerkannt vom ho. Gericht zuerkannt wurde. Hiervon wurde die bB verständigt. Der Ausgang der Verfahren der bP ist noch ungewiss.
1.2. Mit im Spruch genannten Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Des Weiteren wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 1 a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und sprach das BFA aus, dass einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde.
2. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid des BFA fristgerecht Beschwerde und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
3. Nach der Vorlage der Beschwerdeakte und dem Einlangen in der ho. Gerichtsabteilung erfolgte eine Sichtung der Akte durch den zuständigen Richter.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Feststellungen ergeben sich zum einen aus dem beschriebenen Verfahrenshergang.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der außer Zweifel stehenden und von den Verfahrensparteien nicht beanstandeten Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Mangels anderslautender Rechtsvorschrift liegt im gegenständlichen Fall somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A)
1. Gemäß § 18 Abs. 1 Z BFA-VG kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz aberkennen, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt.
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung amtswegig zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
2. Der bB ist zwar beizupflichten, dass es sich bei der Republik Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG handelt, eine Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde hätte im gegenständlichen Fall jedoch zur Folge, dass die drei Monate alte bP verpflichtet wäre, von den Eltern getrennt und unbegleitet –zumal in Bezug auf die Eltern aufgrund des offenen Asylverfahrens gegenwärtig nicht festgestellt werden kann, ob ihnen ein Rückkehr nach Georgien zumutbar ist- das Bundesgebiet zu verlassen und von ihrem Herkunftsstaat aus den Ausgang des eigenen und das ihre Eltern betreffende Asylverfahren abzuwarten. Dies würde zumindest zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK, wenn nicht auch aufgrund des geringen Alters der bP zu einer Verletzung von Art. 2 bzw. Art. 3 der EMRK führen und ist daher gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Bei der Rechtsvorschrift des § 18 Abs. 1 BFA-VG handelt es sich um eine Ermessensentscheidung (Arg.: Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, ), das heißt, sie hat nicht in jedem Fall, der vom Wortlaut des Gesetzes gedeckt ist, die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, sondern sie hat hier Ermessen im Sinne des Gesetzes zu üben. Willkürliches Vorgehen ist ihr im Rahmen der Ermessensausübung verwehrt.
Im Rahmen der Ausübung des Ermessen im Sinne des Gesetzes hat die bP selbstredend zu berücksichtigen, ob durch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Genau dies ist hier der hier vorliegenden Fallkonstellation vor: Den Beschwerden der Eltern der bP wurde die aufschiebende Wirkung zuerkannt, weshalb diese unter Abschiebeschutz stehen und ihnen im Falle einer Abweisung ihrer Anträge und im Falle der Erlassung einer Rückkehrentscheidung eine Frist für die freiwillige Ausreise von mindestens 14 Tagen zukommen wird, wobei festzuhalten ist, dass der Ausgang der Asylverfahren der Eltern noch nicht feststeht.
Die Folgen der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung liegen nach Ansicht des ho. Gerichts für die bB klar erkennbar auf der Hand und stellt eine Außerachtlassung dieser Umstände im Rahmen ihrer Ermessensausübung im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 1 BFA-VG Willkür dar und ist jedenfalls davon auszugehen, dass die bB nicht Ermessen im Sinne des Gesetzes übte.
3. Zurückweisung des Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG regelt, dass das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen amtswegig zuzuerkennen hat. Ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - wie er etwa in § 13 Abs. 3 und 4 und § 22 Abs. 1 und 3 VwGVG sowie § 30 Abs. 2 VwGG vorgesehen ist - ist in § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorgesehen. Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG ist somit unzulässig (vgl. zum Ganzen den Beschluss des VwGH vom 13. September 2016, Fr 2016/01/0014, sowie dem folgend die Beschlüsse des VwGH vom 19. Juni 2017, Fr 2017/19/0023 und 0024, und vom 27. Juni 2017, Fr 2017/18/0022).
Der Beschluss auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zur Auslegung der in § 18 Abs. 5 BFA-VG genannten Tatbestandsmerkmale bzw. der Unzulässigkeit der Antragstellung abgeht. Im Hinblick auf die Auslegung des Rechtsinstituts des sicheren Herkunftsstaates orientiert sich das ho. Gericht ebenfalls an der hierzu einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur.
Aus dem Umstand, dass das ho. Gericht und die belangte Behörde mit 1.1.2014 ins Leben gerufen wurden, bzw. sich die asyl- und fremdenrechtliche Diktion, sowie Zuständigkeiten zum Teil änderte, und das Asyl- und Fremdenrecht eine verfahrensrechtliche Neuordnung erfuhr kann ebenfalls kein unter Art. 133 Abs. 4 zu subsumierender Sachverhalt hergeleitet werden, zumal sich am substantiellen Inhalt der anzuwendenden Normen keine relevante
Änderung ergab. Im Falle verfahrensrechtlicher Neuordnungen wird auf die einheitliche Judikatur zu den Vorgängerbestimmungen verwiesen (z. B. in Bezug auf § 18 BFA-VG auf § 38 AsylG aF).
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, zumal die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als uneinheitlich zu beurteilen ist.
Schlagworte
Antragsbegehren, aufschiebende Wirkung, Rechtsanschauung des VwGH,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:L515.2178288.1.00Zuletzt aktualisiert am
21.12.2017