TE Bvwg Erkenntnis 2017/12/5 I403 2163881-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.12.2017
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Entscheidungsdatum

05.12.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

I403 2163881-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX StA. Ägypten (alias Sudan), vertreten durch die juristischen Personen Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.06.2017, Zl. 1048219401 - 140286449/BMI-BFA_TIROL_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger Ägyptens, stellte am 15.12.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 16.12.2014 gab der Beschwerdeführer an, dass er XXXX heiße und sudanesischer Staatsbürger sei. Er habe den Sudan 2003 verlassen und danach bis 2009 in Ägypten sowie anschließend bis 2014 in Libyen gelebt. Daraufhin sei er nach Ägypten zurückgekehrt und schlepperunterstützt ausgereist. Zu seinen Fluchtgründen befragt führte der Beschwerdeführer Folgendes an: "Ich möchte in einem Land leben, wo ich in Sicherheit bin, arbeiten kann, einen Beruf erlernen kann. Das alles ist in meinem Heimatland nicht möglich, da es dort sehr gefährlich ist. Man hat auch sehr schlechte Chancen auf eine gute Ausbildung. Ich habe keine weiteren Flucht oder Asylgründe."

Bei einer Rückkehr habe er mit keinen Sanktionen seitens des Staates oder der Regierung zu rechnen.

Am 31.01.2015 wurde von Dr. XXXX ein Befund zur Sprachkompetenz und den Landeskenntnissen des Beschwerdeführers mit dem Ergebnis erstellt, dass der Beschwerdeführer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht im Sudan, sondern in Ägypten hauptsozialisiert worden sei.

Der Beschwerdeführer wurde niederschriftlich am 02.02.2017 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), RD Tirol, einvernommen. Der Beschwerdeführer gab an, abgesehen von einer Allergie und einem Hühnerauge, gesund zu sein und keine physischen sowie psychischen Probleme zu haben. Er sei ägyptischer Staatsbürger, habe bei seiner Erstbefragung allerdings die sudanesische Staatsbürgerschaft und einen anderen Namen angegeben, da er Angst davor gehabt habe nach Ägypten zurückgeschickt zu werden. Er habe im Haus seines Vaters in Alexandria gelebt und seiner Familie sei es finanziell "mittelmäßig" gegangen. In Ägypten würden noch seine Mutter, seine Schwester und zwei Brüder leben, zu welchen er regelmäßigen telefonischen Kontakt habe. In Ägypten habe er neun Jahre lang die Schule und danach sechs Jahre lang eine Fachschule für Automechaniker besucht, welche er 2006 erfolgreich abgeschlossen habe. Danach habe er eine Tourismusakademie besucht, aber nicht abgeschlossen. Zudem sei er im Zeitraum von 2003 bis 2007 auch als Automechaniker tätig gewesen. Von 2007 bis 2009 habe er eine Ausbildung zum Seemann gemacht. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er sich im Jahr 2008 des Öfteren mit Studienkollegen der Tourismusakademie getroffen habe, welche Bahaisten gewesen seien. Er sei sehr an deren Religion interessiert gewesen und diese hätten ihn konvertieren wollen, aber dies habe er damals nicht verstanden. Eines Tages seien er und zwei dieser Kollegen in einem Café neben der Akademie von der Security der Akademie belauscht worden, als sie sich über den Bahaismus unterhalten haben. Daraufhin seien sie bei der Studienabteilung angezeigt worden und man habe ihre Studentenausweise eingezogen. Der Sicherheitschef habe ihn gefragt, über was er mit seinen Kollegen gesprochen habe, woraufhin er angegeben habe, dass sie über Fußball geredet hätten und dieser ihn als Lügner bezeichnet habe. Zwei Tage später würden er und seine Kollegen dann eine Ladung der Staatsanwaltschaft erhalten haben und seien befragt worden, ob sie über Bahaismus sprechen würden, was sie verneint haben würden. Sein Onkel sei dann mit einem Anwalt auf die Polizeistation gekommen, er habe eine Geldstrafe erhalten und man habe ihm nach Ausfolgerung der entsprechenden Protokolle mitgeteilt, dass die Sache damit erledigt sei. Zu einem späteren Zeitpunkt habe der Anwalt seinem Onkel mitgeteilt, dass dieses Thema wieder anhängig sein würde und es besser wäre ihn ins Ausland zu schicken. Sein Onkel habe in Frankreich 13 Jahre lang eine Import/Export Firma gehabt und habe ihm Papiere besorgt, welche bestätigen würden, dass er dort als Experte für Maschinen beschäftigt sei. Auch habe ihm der Onkel ein Konto eingerichtet und ihn mit Traveller Schecks versorgt. Seine Schwester, eine Ärztin, habe ihm zudem ein Attest ausgestellt, dass er zur Behandlung seiner Rückenschmerzen ins Ausland müsse. Daraufhin habe er sich noch eine Studienbestätigung von der Akademie geholt und habe so vom Militär die Genehmigung zur Ausreise erhalten. Schließlich sei er dann mit einem türkischen Visum ausgereist. Nach zwei Jahren in der Türkei habe ihn sein Bruder angerufen und ihm mitgeteilt, dass er in Ägypten zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und einer Geldstrafe in der Höhe von 15.000,-- ägyptischen Pfund und vom Militär zu einer Haftstrafe von sieben Jahren und einer Geldstrafe in der Höhe von 60.000,-- ägyptischen Pfund verurteilt worden sei, da er sich durch seine Ausreise dem Wehrdienst entzogen habe. Außerdem habe der Bruder noch gesagt, dass er den Kontakt zu seiner Familie abbrechen müsste. Weitere Fluchtgründe habe er keine. Unterlagen zu den Gerichtsverfahren habe er keine, da er diese selbst abholen müsste, da die Mutter niemanden bevollmächtigen habe wollen. Auf Vorhalt des BFA, dass es nicht glaubwürdig sei, dass seine Rechtsvertretung keine Einsicht in den Fall erhalten habe, führte er an, dass die Mutter für die entsprechenden Kopien kein Geld mehr ausgeben habe wollen, da er sowieso schon im Ausland gewesen sei. Auf Vorhalt des BFA, dass es nicht glaubhaft sei, dass der Beschwerdeführer zu einer derart hohen Strafe in Abwesenheit verurteilt worden sei, erklärte er, dass ein Soldat seinem Bruder gesagt habe, dass er eine massive Strafe erhalten sollte, da er vor dem Militärdienst geflüchtet sei. Zudem führte der Beschwerdeführer an, dass er weder eine Mitteilung bekommen habe, dass ein Verfahrens vor dem Militär geführt werde noch eine Einberufung. Abgesehen von der Sache mit seinen bahaistischen Freunden habe er in Ägypten nie Probleme mit den Behörden gehabt. Bei einer Rückkehr befürchte er verhaftet zu werden. Zu seinem Privat- und Familienleben in Österreich befragt, führte der Beschwerdeführer an, dass er einen Deutschkurs besuche, gemeinnützige Arbeit verrichte, gelegentlich im Admiral-Sportwetten Fußball schaue und in die Disco gehe. Er lebe von der Grundversorgung. Verwandte oder Familienangehörige habe er in Österreich keine. Lediglich der Sohn der Tante seiner Mutter lebe in Wien, aber es bestehe kein Kontakt.

Mit Bescheid des BFA, RD Tirol, vom 21.06.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 15.12.2014 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ägypten abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz, wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Ägypten zulässig sei (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Die Vorbringen des Beschwerdeführers bezüglich seiner Verfolgung aufgrund des Vorfalls mit seinen bahaistischen Freunden und aufgrund seiner Militärdienst-Verweigerung würden nicht nur der Logik und dem gesunden Menschenverstand widersprechen, sondern auch im Widerspruch mit der tatsächlichen Situation vor Ort stehen und seien sohin nicht glaubwürdig. Eine besondere Rückkehrgefährdung wurde als nicht gegeben erachtet und ein besonders schützenswertes Privat- oder Familienleben in Österreich ebenfalls nicht festgestellt. Der Bescheid wurde am 23.06.2017 zugestellt.

Gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde fristgerecht am 06.07.2017 Beschwerde erhoben. Der Bescheid wurde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten. Es wurde darauf hingewiesen, dass seitens des Beschwerdeführers zahlreiche Beweismittel, u.a. eine handschriftliche ägyptische polizeiliche Anzeige und ein Protokoll der Vernehmung vor der Staatsanwaltschaft, vorgelegt worden seien, welche vom BFA ignoriert und inhaltlich nicht gewürdigt worden seien. Des Weiteren sei keine gesetzmäßige Beweiswürdigung erfolgt, da das BFA Widersprüche übermäßig stark berücksichtigt habe, ohne sich darauf zu konzentrieren, ob die wesentlichen Teile der Schilderung konsistent wiedergegeben worden seien. Es wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG durchzuführen; der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen; die angefochtene Entscheidung hinsichtlich Spruchpunkt I. zu beheben und dem Beschwerdeführer Asyl zuzuerkennen; in eventu den angefochtenen Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt II. zu beheben und dem Beschwerdeführer subsidiären Schutz zu gewähren; festzustellen, dass die Abschiebung nach Ägypten auf Dauer unzulässig ist; in eventu, den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zu beheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen.

Am 10.07.2017 langte beim BFA eine Beschwerdeergänzung ein. Darin wurde ausgeführt, dass die im Bescheid getroffenen Länderfeststellungen nicht vollständig seien und zum Teil die tatsächlichen Gegebenheiten in Ägypten verkennen würden. Zudem würden diese zwar allgemeine Aussagen beinhalten, sich jedoch nicht mit dem konkreten Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers befassen. Diesbezüglich wurden Textstellen aus einer ACCORD Anfragebeantwortung zu Ägypten vom 31.08.2016 bezüglich staatlicher Repressionen im Falle einer Missionstätigkeit zitiert. Außerdem wurden Textstellen verschiedener Quellen zum Thema Wehrpflicht, Wehrdienstverweigerung und Ausnahmeregelungen widergegeben. Für den Beschwerdeführer würde keine inländische Flucht- bzw. Schutzalternative bestehen, da er nirgendwo in Ägypten Schutz vor den ägyptischen Behörden finden könnte. Schließlich könne auch nicht mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr im Falle der Verbüßung einer Haftstrafe in Ägypten aufgrund seiner Wehrdienstverweigerung unmenschlicher oder erniedrigender Haftbedingungen ausgesetzt sein könnte und in seinen Rechten gem. Art. 3 EMRK verletzt werde. Es wurde daher beantragt, eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG durchzuführen; die angefochtene Entscheidung hinsichtlich Spruchpunkt I. zu beheben und den Beschwerdeführer Asyl zuzuerkennen; in eventu den angefochtenen Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt II. zu beheben und dem Beschwerdeführer subsidiären Schutz zu gewähren; festzustellen, dass die Abschiebung nach Ägypten auf Dauer unzulässig ist; in eventu den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zu beheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 12.07.2017 vorgelegt und von Seiten des BFA erklärt, dass auf die Durchführung und Teilnahme an einer mündlichen Beschwerdeverhandlung verzichtet werde.

Am 05.10.2017 wurde eine mündliche Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht abgehalten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Ägypten und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Nubier an. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Er hält sich seit (mindestens) 15.12.2014 in Österreich auf.

Der Beschwerdeführer verfügt über eine neunjährige Schulbildung, einen Abschluss einer Fachhochschule für Automechaniker, eine Ausbildung zum Seemann und besuchte zwei Jahre lang ein Tourismuscollege. Vor seiner Ausreise war er als Ingenieurassistent bei einem Autohaus und als Automechaniker tätig. Aufgrund seiner Ausbildung und seiner Berufserfahrung in Ägypten hat er eine Chance am ägyptischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Nicht festgestellt werden kann, ob der Beschwerdeführer in Ägypten den Militärdienst geleistet hat.

In Ägypten leben Familienangehörige des Beschwerdeführers, u.a. seine Mutter, zwei Brüder und eine Schwester. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Er hat durchaus einige Schritte zur Integration gesetzt, hat einen Deutschkurse besucht und ist einer gemeinnützigen Tätigkeit nachgegangen. Doch auch wenn er um eine Integration in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht bemüht ist, kann dennoch nicht von einer nachhaltigen Verfestigung gesprochen werden. So ist er weder am Arbeitsmarkt integriert noch brachte er - abgesehen von einer Lehrerin, welche ihn unterstützt - ein besonders ausgeprägtes, auf Österreich konzentriertes soziales Netzwerk vor.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Entgegen seinem Fluchtvorbringen kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Ägypten von der Polizei wegen des Vorfalls den Bahaismus betreffend, von Anhängern des Bahaismus aufgrund seiner Freilassung aus dem Gefängnis und vom Militär aufgrund seiner Wehrdienstverweigerung verfolgt werden würde oder ihm hohe Haftstrafen drohen würden.

1.3. Zur Situation in Ägypten:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wurde im angefochtenen Bescheid das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Ägypten mit Stand vom 02.05.2017 auszugsweise zitiert. Die folgenden Feststellungen stellen eine aussagekräftige Zusammenfassung des aktuellen Länderinformationsblattes dar.

Zur politischen Lage ist auszuführen, dass Ägypten mit dem Verfassungsreferendum im Januar 2014, der Wahl Abdel Fattah Al-Sisis zum Staatspräsidenten im Mai 2014 und den Wahlen zum Abgeordnetenhaus im November und Dezember 2015 seinen "Fahrplan zur Demokratie" formal abgeschlossen hat. Nach der Absetzung von Präsident Mohamed Mursi im Juli 2013 und der Wahl von Abdel Fattah Al-Sisi zum Staatspräsidenten im Mai 2014 sieht sich Ägypten jedoch noch immer vor allem enormen wirtschafts- und sicherheitspolitischen Herausforderungen gegenüber, die die politische Konsolidierung verzögern. Die Wahlen zum neuen Parlament Ende 2015 vollzogen sich grundsätzlich frei und gesetzmäßig, fanden jedoch in einem Klima allgemeiner staatlicher Repression statt, in dem politische Opposition oder der Einsatz für Menschenrechte in die Nähe von Terrorismus und staatsfeindlichen Aktivitäten gerückt wurden. Dies setzt der freien politischen Betätigungen faktisch enge Grenzen. Das von etwa 25 % der ägyptischen Wahlberechtigten gewählte und im Januar 2016 konstituierte ägyptische Parlament zeigt die erwarteten Anlaufschwierigkeiten auf dem Weg zu einem eigenständigen politischen Akteur, der seine Kontrollfunktion gegenüber der Regierung effektiv und selbstbewusst ausübt. Das Parlament bleibt dennoch die einzige Institution in Ägypten, die derzeit das Potential hierzu besitzt.

Die 2014 in Kraft getretene Verfassung sieht für das Land das Regierungssystem eines demokratischen Rechtsstaats vor. Die Verfassung vom Januar 2014 enthält einen im Vergleich zu früheren Verfassungen erweiterten Grundrechtskatalog, der sowohl bürgerlich-politische wie auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte umfasst. Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern wird gewährt. Ägypten hat den Kernbestand internationaler Menschenrechtsübereinkommen ratifiziert, so etwa den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, den Pakt über wirtschaftliche und soziale Rechte, die Konvention zur Beseitigung aller Formen der Diskriminierung von Frauen, die UN-Folterkonvention und die UN-Behindertenrechtskonvention von 2008. Obwohl Ägypten alle wichtigen internationalen Menschenrechtskonventionen unterzeichnete und Personen- und Freiheitsrechte in der Verfassung geschützt sind, wurde und wird das Land regelmäßig wegen Menschenrechtsverletzungen stark kritisiert.

Arbeitsschwerpunkte der Regierung unter Premierminister Sherif Ismael bleiben Stabilitätserhalt und Wirtschaftsförderung. Mit der "Egypt Vision 2030" legte die ägyptische Regierung einen ambitionierten Entwicklungsplan vor, der thematisch sämtliche Bereiche umspannt und sich an den internationalen Zielen für Nachhaltige Entwicklung (SDGs) orientiert. Das Jahr 2017 wurde von Staatspräsident Al-Sisi zum ägyptischen "Jahr der Frau" erklärt, nachdem 2016 offiziell als "Jahr der Jugend" deklariert wurde.

Zur Sicherheitslage wird ausgeführt, dass die Armee 2016 weiterhin mit gepanzerten Fahrzeugen, Artillerie und Luftangriffen gegen bewaffnete Gruppen im Norden der Sinai-Halbinsel vorgehen würde. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wurden bei jedem Einsatz zahlreiche "Terroristen" getötet. Für einen Großteil des Gebietes galt weiterhin der Ausnahmezustand. Unabhängige Menschenrechtsbeobachter und Journalisten hatten faktisch keinen Zugang. Bewaffnete Gruppen verübten mehrfach tödliche Anschläge auf Sicherheitskräfte sowie auf Regierungsbedienstete, Justizpersonal und andere Zivilpersonen. Die meisten Angriffe gab es im Norden des Sinai, aber auch aus anderen Landesteilen wurden Bombenanschläge und Schießereien bewaffneter Gruppen gemeldet. Zu vielen Anschlägen bekannte sich ein Ableger der bewaffneten Gruppe Islamischer Staat (IS), der sich "Provinz Sinai" nennt. Die bewaffnete Gruppe gab an, sie habe im Laufe des Jahres 2016 mehrere Männer hingerichtet, weil diese für die Sicherheitskräfte spioniert hätten. Am 18. April 2017 kam es zu einem Anschlag auf einen Kontrollposten in unmittelbarer Nähe des "Katharinenklosters" im Süden der Sinai-Halbinsel, bei dem ein Polizist getötet und weitere Personen verletzt wurden. Am Palmsonntag, den 9. April 2017, wurden zwei Anschläge auf christlich-koptische Kirchen in der Stadt Tanta, ca. 80 km nördlich von Kairo entfernt, und in Alexandria verübt. Es sind zahlreiche Tote und Verletzte zu beklagen. Bereits am 11. Dezember 2016 fielen Teilnehmer an einem Gottesdienst in der koptischen Kirche "Peter und Paul" in Kairo einem Attentat zum Opfer. Damit wurden im zeitlichen Zusammenhang mit hohen christlichen Feiertagen wiederholt koptische Kirchen zu Anschlagszielen.

Die primären Sicherheitskräfte des Innenministeriums sind die Polizei und die Zentralen Sicherheitskräfte. Die Polizei ist für die Strafverfolgung bundesweit verantwortlich. Die Zentralen Sicherheitskräfte sorgen für die Sicherheit der Infrastruktur und wichtigen in- und ausländischen Beamten. Zivile Behörden behielten die wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte bei. Die Straflosigkeit blieb jedoch auch aufgrund schlecht geführter Ermittlungen ein Problem. Die Polizei hat gemeldeten Polizeimissbrauch nicht ausreichend untersucht.

Bezüglich des Militärdienstes gibt es keine belastbaren Erkenntnisse, dass die Heranziehung zum Militärdienst an gruppenbezogenen Merkmalen orientiert ist. Die Art und Weise des Einsatzes von Wehrpflichtigen folgt allerdings nach Kriterien der sozialen Zugehörigkeit. So werden wehrpflichtige Angehörige niedriger, insbesondere ländlicher, Bevölkerungsschichten häufig für (bereitschafts-)polizeiliche Aufgaben unter harten Bedingungen eingesetzt. Die Möglichkeit des Ersatzdienstes besteht nicht. Vom Bestehen inoffizieller Möglichkeiten des "Freikaufs" ist auszugehen. Amnestien oder die Möglichkeit des Ersatzdienstes im Bereich des Wehrdienstes sind nicht bekannt. Wehrdienstverweigerung wird mit Haftstrafen von im Normalfall bis zu zwei Jahren in Verbindung mit dem Entzug politischer Rechte und der Verpflichtung, den Wehrdienst nachträglich abzuleisten, bestraft. Männer, die den Wehrdienst nicht abgeschlossen haben, dürfen nicht ins Ausland reisen oder auswandern. Nationale Identifikationskarten indizieren den Abschluss des Militärdienstes.

Zur Folter und unmenschlichen Behandlung besagt die Verfassung, dass keine Folter, Einschüchterung, Zwang, körperlicher Schaden einer Person zugefügt werden darf, die Behörden inhaftiert oder festgenommen haben. Das Strafgesetzbuch verbietet die Folter, um ein Geständnis von einem festgenommenen oder inhaftierten Verdächtigen zu erlangen.

Die Religionsfreiheit bleibt eingeschränkt. Die Verfassung garantiert lediglich die Glaubensfreiheit uneingeschränkt. Die Freiheit des Kultes und das damit verbundene Recht zum Bau von Gotteshäusern bleiben den Offenbarungsreligionen (Muslime, Christen, Juden) vorbehalten. Im August 2016 wurde ein lange erwartetes Gesetz über den Kirchenbau verabschiedet, das dem Bau von Kirchen allerdings nach wie vor administrative Hürden in den Weg legt. Kopten, die etwa 10% der ägyptischen Gesellschaft ausmachen und in ihrer Eigenwahrnehmung keine Minderheit darstellen, sind Opfer vielfacher Diskriminierungen, die oft auch in Gewalt münden. Insbesondere während der Welle der Gewalt im August 2013, die seit Mai 2016 wieder aufflammte, wurden koptische Kirchen attackiert und Christen ermordet. Die Sicherheitskräfte griffen kaum zu ihrem Schutz ein.

Hinsichtlich der Bewegungsfreiheit wird ausgeführt, dass Bürger und Ausländer in Gebiete des Landes, die als Militärzonen bezeichnet werden, nicht reisen dürfen. Für ägyptische Staatsangehörige besteht darüberhinaus keine zentrale Meldepflicht; eine dem deutschen Meldewesen vergleichbare Einrichtung gibt es in Ägypten nicht. Bei Forderungen gegen unbekannt verzogene ägyptische Staatsangehörige ist daher der Versuch einer Aufenthaltsermittlung nahezu aussichtslos.

Hinsichtlich der Grundversorgung der Bevölkerung in Ägypten ist auszuführen, dass Subventionen zur Absicherung der Grundversorgung der ägyptischen Bevölkerung eine lange Tradition haben und einen erheblichen Teil des Staatshaushaltes aufzehren. Die Zurverfügungstellung von subventionierten Lebensmitteln (vor allem Brot) ist eine zentrale Aufgabe des Ministeriums für Binnenhandel. Es ist nach Aussagen der ägyptischen Regierung davon auszugehen, dass ca. 70 Mio. Menschen derzeit berechtigt sind, auf subventionierte Lebens-mittel zuzugreifen. Die Verwaltung erfolgt durch familienbezogene elektronische Bezugskarten, die mit Punkten aufgeladen werden, die wiederum in staatlichen Supermärkten eingelöst werden können. Das Spektrum der in diesen Ausgabestellen verfügbaren Lebensmittel hat sich seit einer grundlegenden Reform des Systems seit Anfang 2014 deutlich verbreitert. Ein weiteres Instrument der sozialen Sicherung liegt im Mietrecht begründet. Für einen Großteil von Mietverträgen die in den 1950er und 1960er Jahren geschlossen wurden und seitdem innerhalb der Großfamilie weitergegeben wurden gilt noch eine Mietpreisbindung, die im Altbestand zu teilweise grotesk niedrigen Mieten führt. Im Rahmen von zwei Sozialhilfeprogrammen KARAMA und TAKAFUL werden zudem verstärkte Schritte für eine gezielte Unterstützung der Ärmsten vorgenommen. Das Karama Projekt sieht monatliche Geldleistungen im Umfang von 40-80 USD an die Ärmsten der Armen sowie an ältere Menschen und Behinderte vor. Das konditionierte Takaful Projekt zielt auf die finanzielle Unterstützung von Familien mit Kindern ab, vorausgesetzt diese besuchen regelmäßig eine Schule. Darüber hinaus existiert ein zwar in seiner Leistungsfähigkeit beschränktes, aber funktionierendes Sozialversicherungssystem, welches Arbeitslosen-, Kranken-, Renten- und Unfallversicherungselemente enthält und von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam bezahlt wird. Die größten Probleme ergeben sich hier aus relativ geringen tatsächlichen Auszahlungen und der Nichterfassung der großen Anzahl an Personen ohne formelle Erwerbsaktivitäten (informeller Sektor) bzw. solche die arbeitslos sind. Einen erheblichen Beitrag zur sozialen Sicherung leisten karitative Einrichtungen, vornehmlich auf religiöser Basis und finanziert aus Spenden und wohltätigen Stiftungen. Insbesondere in den letzten zehn Jahren intensivieren nicht-staatliche Organisationen – oft mit internationaler Unterstützung - Unterstützungsmaßnahmen in allen Bereichen der Gesellschaft. Formale staatliche Institutionen für die Aufnahme von Rückkehrern sind hier nicht bekannt. Es zeichnet sich ab, dass Militär und auch Sicherheitsdienste in sozialen Bereichen, beispielsweise in der Verteilung von Lebensmitteln, einspringen und staatliche Aufgaben verstärkt substituieren.

Zur wirtschaftlichen Lage Ägyptens ist auszuführen, dass Ägypten das nach Südafrika am stärksten industrialisierte Land Afrikas ist. Außerhalb der Ballungsgebiete spielt insbesondere die Landwirtschaft eine erhebliche Rolle. Jeder dritte Ägypter ist in der Landwirtschaft beschäftigt. Die landwirtschaftliche Nutzfläche erstreckt sich vor allem entlang des Nils sowie im Nildelta, macht aber nur rund vier Prozent der Gesamtfläche des Landes aus. Aufgrund der starken Parzellierung können viele Landwirte lediglich Subsistenzwirtschaft betreiben (AA 03.2017b). Die offizielle Arbeitslosenrate schwankte in den letzten zehn Jahren zwischen 9 und 10.5%. Unabhängige Schätzungen gehen jedoch von bis zu 30% Arbeitslosen aus da viele Arbeitswillige aus der engen Definition der Arbeitssuchenden herausfallen. Grundsätzlich gilt für Ägypten, dass Armut nicht mit Arbeitslosigkeit gleichgesetzt werden kann. Anders als die Nicht-Armen, die bei Arbeitslosigkeit auf die Unterstützung ihrer Familien zählen können, können es sich die Armen nicht leisten, über einen längeren Zeitraum kein wenn auch noch so niedriges Einkommen zu haben. Das grundlegend funktionierende Sozialversicherungssystem mit Elementen der Kranken- und Unfallversicherung ist eingeschränkt leistungsfähig. Eine minimale kostenlose Grund-versorgung ist gegeben. Notfälle werden behandelt; die Grundversorgung chronischer Krankheiten ist minimal und oft nur mit Zuzahlungen gegeben. Es gibt im Großraum Kairo über 100 staatliche Krankenhäuser, u. a. die Unikliniken Kasr El Aini und Ain Shams. Die Versorgung mit Medikamenten im örtlichen Markt ist ausreichend. Importe werden staatlich kontrolliert. Mit fast 30 Ärzten pro 10.000 Einwohner (regionaler Schnitt 10/10.000) hat Ägypten eine vergleichsweise gute medizinische Versorgung. Die Möglichkeit der ambulanten Versorgung in privaten Kliniken oder Praxen ist in Kairo vielfältig. Der Großteil der ägyptischen Bevölkerung ist über den Staat versichert. Problematisch ist, dass diese Versicherung an Ausbildung oder Arbeitsplatz gekoppelt ist, und Arbeitslose oder Arme daher ausschließt. Wegen der teils gravierenden Qualitätsmängel in der staatlichen Versorgung - mangelnde Hygiene oder vernachlässigte Wartung von Geräten ebenso wie unterbezahltes Personal - meidet, wer kann, die großen Krankenhäuser ohnehin zugunsten privater Kliniken.

Aktuell sind Rückkehr- und Reintegrationsprojekte nicht bekannt. Es gibt keine gesonderten Aufnahmeeinrichtungen. Zur Situation von Rückkehrern liegen keine Erkenntnisse vor. Staatliche Maßnahmen als Reaktion auf Asylanträge im Ausland sind nicht bekannt.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass nach Gegenüberstellung des im angefochtenen Bescheid verwendeten "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" Ägypten vom 11.01.2016 mit dem zum Entscheidungszeitpunkt des erkennenden Gerichtes vorliegenden "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" Ägypten vom 02.05.2017 jedenfalls keine Verschlechterung der allgemeinen Situation für die einheimische Bevölkerung bzw. für Rückkehrer erfolgt ist.

Aus diesen Länderfeststellungen ergibt sich insgesamt, dass in Ägypten für die Masse der Bevölkerung nicht im gesamten Staatsgebiet jene gemäß der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegt, welche die Rückkehr eines Fremden automatisch im Widerspruch zu Art. 2 oder Art. 3 EMRK erscheinen lässt (vgl. dazu VwGH vom 21. August 2001, 2000/01/0043). Wie sich aus den Länderfeststellungen ergibt wird eine nach Ägypten abgeschobene Person, bei welcher keine besonders berücksichtigungswürdigen Umstände vorliegen, durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine "unmenschliche Lage" versetzt.

Diese Feststellungen basieren im Wesentlichen auf den folgenden Quellen:

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AA – Auswärtiges Amt (15.12.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Ägypten, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1483948426_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-aegypten-stand-dezember-2016-15-12-2016.pdf, Zugriff 26.04.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (02.2017a): Ägypten – Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Aegypten/Innenpolitik_node.html, Zugriff 27.04.2017

-

AI – Amnesty International (22.02.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights – Egypt, http://www.ecoi.net/local_link/336475/479129_de.html, Zugriff 26.04.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (02.05.2017): Ägypten – Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertigesamt.de/DE/Laenderinformationen/00SiHi/Nodes/AegyptenSicherheit_node.html, Zugriff 02.05.2017

-

USDOS - US Department of State (03.03.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 – Egypt, http://www.ecoi.net/local_link/337183/479946_de.html, Zugriff 27.04.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (09.2016a): Liportal, Ägypten – Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/aegypten/geschichte-staat/, Zugriff 02.05.2017

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HRW - Human Rights Watch (12.01.2017): World Report 2017 – Egypt, http://www.ecoi.net/local_link/334703/476536_de.html, Zugriff 26.04.2017

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DBK - Deutsche Botschaft Kairo (03.2014): Rechtsverfolgung in Ägypten in Zivil- und Handelssachen, http://www.kairo.diplo.de/contentblob/4044670/Daten/4042325/rk_merkblatt_rechtsverfolgung.pdf, Zugriff 26.04.2017

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DBK - Deutsche Botschaft Kairo (06.2016): Medizinische Hinweise – Kairo,

http://www.kairo.diplo.de/contentblob/3865926/Daten/3348611/regarzt_medizinische_hinweise.pdf, Zugriff 26.04.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (03.2017b): Liportal, Ägypten – Gesellschaft, https://www.liportal.de/aegypten/gesellschaft/#c89356, Zugriff 02.05.2017

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers stehen aufgrund der im Akt einliegenden Dokumente (ägyptischer Personalausweis in Kopie, türkisches Visum in Kopie, ägyptischer Reisepass in Kopie, ägyptische Geburtsurkunde in Kopie) und aufgrund des Befundes von Dr. XXXX zu den Sprachkompetenzen und den Landeskenntnissen des Beschwerdeführers vom 31.01.2017 fest.

Die Feststellungen betreffend die Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Auch aus der Aktenlage sind keinerlei Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen ableitbar.

Die Feststellungen zur Ausbildung, zur Berufserfahrung und zur Familie des Beschwerdeführers in Ägypten ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie den vorgelegten Dokumenten (ägyptischer Seemanns-Reisepass im Original, Studentenausweis der Tourismus&Computer-Akademie XXXX, Diplom KFZ-Mechaniker im Original, Zertifikat des ägyptischen Arbeitsministeriums in Kopie, ägyptisches Dienstzeugnis in Kopie).

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse und die Lebensumstände des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf den Aussagen des Beschwerdeführers vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie auf den vorgelegten Dokumenten (Bestätigung des Bürgermeisters der Stadt K. vom 01.02.2017 sowie vom 02.10.2017, Bestätigung des Flüchtlingsheims vom 01.02.2017 sowie vom 02.10.2017, Bestätigung über die Anmeldung zu einer ÖSD A2 Prüfung vom 04.07.2017, Teilnahmebestätigung Deutschkurs vom 28.09.2017).

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 01.12.2017.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer hatte, auf das Wesentlichste zusammengefasst, vorgebracht, dass er in Ägypten von der Polizei verfolgt werde, da diese der Meinung sei, dass er Anhänger des Bahaismus sei, von Anhängern des Bahaismus verfolgt werde, da diese glauben würden, dass er sie an die Polizei verraten habe und zudem den Wehrdienst in Ägypten nicht ableisten wolle, weswegen ihm eine Haftstrafe drohe.

Dieses Vorbringen wurde vom BFA im angefochtenen Bescheid aufgrund verschiedener Divergenzen in den Aussagen und des gesteigerten Fluchtvorbringens für nicht glaubhaft befunden.

Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Dem BFA ist zuzustimmen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers diesen Anforderungen nicht entsprach und somit nicht glaubhaft ist.

Dies beginnt schon damit, dass er bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 15.12.2017 angab, aus dem Sudan zu stammen und den Sudan verlassen zu haben, da es dort sehr gefährlich sei, man schlechte Chancen auf eine gute Ausbildung habe und er in einem Land leben möchte, wo er in Sicherheit ist und er arbeiten kann. Nachdem im Befund zu den Sprachkompetenzen und den Landeskenntnissen des Beschwerdeführers von Dr. XXXX vom 31.01.2015 seine Hauptsozialisation in Ägypten festgestellt wurde, führte er in seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA vom 02.02.2017 dann erstmals an ägyptischer Staatsbürger zu sein. Auch gab er bei seiner Erstbefragung einen falschen Namen und ein falsches Geburtsdatum an. Bereits bei seiner Antragsstellung auf internationalen Schutz versuchte der Beschwerdeführer folglich die österreichischen Behörden durch die Angabe einer falschen Identität sowie eines unrichtigen Herkunftsstaates zu täuschen und sich dadurch einen unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu erschleichen (F:

"Welche ihre Angaben entsprachen nicht der Wahrheit?" A: "Nur die Angabe, dass ich Sudanese bin war falsch. Meine Mutter war Sudanesin, hat aber die ägyptische Staatsbürgerschaft. Ich hatte Angst, dass man mich wieder nach Ägypten zurückgeschickt." Vorhalt:

"Sie haben heute einen vollkommen anderen Namen angegeben ebenso wie ein anderes Geburtsdatum, haben aber eben angeführt, dass die restlichen Angaben korrekt waren. Was sagen Sie dazu?" A: "Das Geburtsdatum war ein Fehler vom Dolmetscher, da dieser 1994 angab statt das von mir vorgebrachte Geburtsjahr 1984. Ich habe 1984 gesagt, da ich meine Daten tauschen wollte, weil ich Angst hatte. Der Dolmetscher war ein Libanese, es kann sein, dass dieser mich falsch verstanden hat. [...]" Vorhalt: "Sie haben die gesamte Niederschrift der Erstbefragung unterschrieben, bezeichnenderweise mit ihrem dort angegebenen Namen "XXXX". Was sagen Sie dazu?" A:

"Ich musste das so machen. Ich habe aus Angst einen anderen Namen angegeben, darum habe ich auch mit diesem Namen unterschrieben."). Laut Verwaltungsgerichtshof kommt der Richtigkeit der Angaben des Asylwerbers über seine Identität und seine Herkunft grundsätzlich maßgebliche Bedeutung für die Frage zu, ob die von ihm angegebenen - aus seiner behaupteten Abstammung resultierenden - Verfolgungsgründe überhaupt zutreffen können. Im Einzelfall kann hierbei die Verschleierung der Identität ein gewichtiges Indiz für die Unglaubwürdigkeit eines Asylwerbers darstellen (vgl. VwGH 21.11.2002, 99/20/0549).

Des Weiteren machte der Beschwerdeführer bezüglich seiner Familienangehörigen widersprüchliche Angaben. Bei seiner Erstbefragung führte er an, dass sein Vater verstorben sei und er noch eine Mutter habe, jedoch keine Geschwister. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht erklärte er dann allerdings, dass er noch eine Mutter, eine Schwester und zwei Brüder habe, welche alle in Ägypten leben würden. Außerdem machte der Beschwerdeführer in den verschiedenen Befragungen auch unterschiedliche Angaben bezüglich seiner Ausbildung. So erklärte er bei seiner Erstbefragung keine Ausbildung zu haben, aber in seinem Heimatdorf gut lesen und schreiben gelernt zu haben. Bei seiner Ersteinvernahme vor dem BFA gab er dann allerdings an, dass er über eine neunjährige Schulausbildung verfüge, die Fachhochschule für Automechaniker erfolgreich abgeschlossen habe, zwei Jahre eine Tourismusakademie besucht habe und von 2007 bis 2009 eine Ausbildung zum Seemann gemacht habe. In der mündlichen Verhandlung gab er allerdings im Widerspruch dazu an, dass er seine Seemanns-Ausbildung bereits 2003/2004 gemacht habe.

Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer bei seiner Ersteinvernahme im Zusammenhang mit seiner sudanesischen Staatsbürgerschaft noch einen gänzlich anderen Fluchtgrund angab, traten auch danach bezüglich seiner Angaben in der Einvernahme beim BFA und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zahlreiche Widersprüche auf. So gab er zunächst vor dem BFA an, dass er mit zwei Studienkollegen, welche Bahaisten gewesen seien, in einem Cafe neben der Akademie über den Bahaismus gesprochen habe, vom Sicherheitsdienst der Akademie belauscht worden sei und drei Tage später eine Ladung von der Polizei erhalten habe, eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000,-- ägyptischen Pfund bekommen habe und schlussendlich von dem von seinem Onkel engagierten Anwalt informiert worden sei, dass seine Causa wieder offen und eine Flucht ins Ausland zu empfehlen sei. In der mündlichen Verhandlung erklärte er im Widerspruch dazu, dass er mit seinen Freunden an einem Sonntag nach dem College in einer Wohnung Alkohol getrunken und Drogen genommen habe, von der Polizei verhaftet worden sei, die Polizisten ihm vorgeworfen haben würden, Anhänger des Bahaismus zu sein, sein Bruder für ihn bei der Polizei eine Kaution hinterlegt habe, woraufhin er von seinen Studienkollegen (Anhängern des Bahaismus) bedroht worden sei, da diese geglaubt haben würden, er arbeite mit der Polizei zusammen und ihm schließlich seine Mutter geraten habe, das Land zu verlassen. Der Beschwerdeführer widerspricht sich folglich bei zentralen Details, wie etwa wer seinen Anwalt engagierte, wo das besagte Treffen mit seinen Studienkollegen stattgefunden haben soll oder wer ihm geraten hat auszureisen. Die Bedrohung durch seine Studienkollegen aufgrund seiner Freilassung aus dem Gefängnis wurde zudem erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgebracht.

Der Vollständigkeit halber sei bezüglich der vom Beschwerdeführer vorgebrachten handschriftlichen ägyptischen polizeilichen Anzeige und dem Protokoll der Vernehmung vor der Staatsanwaltschaft erwähnt, dass diese Dokumente aufgrund der zahlreichen Widersprüche und Unplausibilitäten im Vorbringen des Beschwerdeführers nicht für glaubwürdig befunden werden können, zumal darin auch mehrmals angeführt wird, dass der Beschwerdeführer sich zum Bahaismus bekannt habe. Der Beschwerdeführer versuchte dies in der mündlichen Verhandlung zu entkräften, indem er meinte, der Polizist habe das Protokoll geändert, doch ist dies ein weiteres Indiz, dass gegen die Beweiskraft der vorgelegten Schreiben spricht.

Der Beschwerdeführer war aber auch sonst nicht in der Lage, sein Vorbringen so zu schildern, dass es den Anforderungen an eine Glaubhaftmachung entspricht. Bezüglich seiner angeblichen Wehrdienstverweigerung konnte er weder eine offizielle Einberufung vorweisen, noch Unterlagen zu seinem diesbezüglichen Gerichtsverfahren und der erhaltenen Haftstrafe. Soweit der Beschwerdeführer vorbrachte, dass er im Falle einer Rückkehr mit einer siebenjährigen Haftstrafen und einer Geldstrafe in Höhe von 60.000,-- ägyptischen Pfund zu rechnen hätte, da er sich dem Wehrdienst entzogen habe, ist den Länderfeststellungen und dem mit Beschwerdeergänzung übermittelten Bericht einer Organisation namens "Connection e.V." zufolge bei Wehrdienstverweigerung mit einer Haftstrafe von maximal drei Jahren zu rechnen. Warum der Beschwerdeführer mit einer höheren Haftstrafe zu rechnen haben sollte, vermochte er in der mündlichen Verhandlung jedoch nicht zu erklären: "Weil ich geflohen bin, werde ich bestimmt Probleme wegen meiner nationalen Identitätsnummer bekommen, daher würde ich eine längere Haftstrafe bekommen." Auch konnte der Beschwerdeführer nicht konkret angeben, warum er den Wehrdienst in Ägypten nicht antreten könne: "Ich bin vom Militär geflohen, warum sollte ich dort hingehen? Ägypten ist nicht wie Europa."

Es kann aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer die Ableistung des Wehrdienstes – im Gegensatz zur sonstigen ägyptischen Bevölkerung - unzumutbar wäre. Laut den aktuellen Länderfeststellungen erfolgt zwar die Art und Weise des Einsatzes von Wehrpflichtigen nach Kriterien der sozialen Zugehörigkeit. So werden wehrpflichtige Angehörige niedriger, insbesondere ländlicher, Bevölkerungsschichten häufig für (bereitschafts-)polizeiliche Aufgaben unter harten Bedingungen eingesetzt. Da der Beschwerdeführer aus der zweitgrößten ägyptischen Stadt Alexandria stammt, über eine sehr gute Ausbildung verfügt und einen gut bezahlten Beruf (Ingenieurassistent bei einem Autohaus) hatte, bei welchem er laut eigenen Angaben mehr verdiente als seine Schwester als Ärztin, fällt er jedoch nicht in diese Kategorie.

Nach neuerer höchstgerichtlicher Judikatur kann auch der Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und den Sanktionen – wie etwa der Anwendung von Folter – jede Verhältnismäßigkeit fehlt. Unter dem Gesichtspunkt des Zwanges zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen kann auch eine "bloße" Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung sein (vgl. VwGH, 27. April 2011, Zl. 2008/23/0124). Der Beschwerdeführer führte weder in der Einvernahme am 02.02.2017 noch in der Beschwerde noch in der mündlichen Verhandlung am 05.10.2017 an, dass er sich dem Wehrdienst wegen seiner politischen oder religiösen Überzeugungen entzogen habe. Auch wurde nicht vorgebracht, dass Wehrdienstverweigern von Seiten des ägyptischen Staates eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt würde. Dies ergibt sich auch nicht aus den Länderfeststellungen.

Wie bereits ausgeführt ist es zwar nicht anzunehmen, kann aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr den Wehrdienst antreten oder gegebenenfalls mit einer Strafe rechnen müsste. Dies kann aber nicht als unverhältnismäßig angesehen werden; der Strafrahmen für Wehrdienstverweigerung liegt laut diesbezüglich unbestrittenen Länderfeststellungen bei maximal drei Jahren. Nach § 7 Militärstrafgesetz ist auch in Österreich mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu bestrafen, wer der Einberufung zum Grundwehrdienst länger als 30 Tage keine Folge leistet. Auch wenn der Strafrahmen in Ägypten höher sein mag, kann noch nicht von einer unverhältnismäßigen Bestrafung ausgegangen werden und machte der Beschwerdeführer auch keinen besonderen Grund geltend, warum ihm die Absolvierung des Wehrdienstes unzumutbar wäre.

Dass die Strafen für Nubier höher wären als für sonstige ägyptische Staatsbürger, wurde nicht behauptet und ergibt sich auch nicht aus den Länderfeststellungen.

Ausgehend von den genannten Widersprüchen und Unstimmigkeiten kommt das Bundesverwaltungsgericht, wie zuvor schon das BFA, zum Schluss, dass es nicht glaubhaft ist, dass der Beschwerdeführer aus Furcht vor einer Verfolgung durch die Polizei und einer Bedrohung seitens seiner Studienkollegen und aufgrund einer Wehrdienstverweigerung geflohen ist. Eine Gefährdung seiner Person für den Fall der Rückkehr ergibt sich daher nicht.

Der Beschwerdeführer ist jung, gesund, arbeitsfähig, verfügt über eine Schulbildung, über eine Berufsausbildung (Automechaniker) sowie Berufserfahrung und sollte im Falle seiner Rückkehr durch die Aufnahme einer Tätigkeit, selbst wenn es sich dabei um eine Hilfstätigkeit handelt, seinen Lebensunterhalt bestreiten können. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

2.4. Zu den Länderfeststellungen:

Vorausgeschickt wird, dass die seitens der vom BFA verwendeten Länderberichte zuletzt am 02.05.2017 einer Gesamtaktualisierung unterzogen wurden.

Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen im angefochtenen Bescheid wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht der erkennenden Richterin bei den Feststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210).

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat den Quellen und deren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren auch nicht substantiiert entgegen und gab in seiner mündlichen Verhandlung auch keine Stellungnahme zu den Länderfeststellungen ab.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft machen, dass ihm aus einem der Gründe der Genfer Flüchtlingskonvention Verfolgung droht; die von ihm behauptete Verfolgung durch die ägyptische Polizei und durch Anhänger des Bahaismus ist nicht glaubhaft.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, Ägypten verlassen zu haben, weil er seinen Wehrdienst nicht ableisten wollte, ist festzuhalten, dass dies, selbst unter Annahme einer entsprechenden Sanktionierung wegen Wehrdienstverweigerung, keine konkrete, individuelle Verfolgung seiner Person aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe darstellt. Eine Sanktionierung für eine etwaige Wehrdienstverweigerung, wie etwa eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe, kann nicht als Verfolgung durch unverhältnismäßige oder diskriminierende Bestrafung angesehen werden (vgl. dazu zuletzt EuGH, Urteil vom 26.02.2015 – C-472/13 Shepherd gegen Deutschland). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Furcht vor Verfolgung im Fall der Wehrdienstverweigerung oder Desertion nur dann als asylrechtlich relevant einzuordnen, wenn der Asylwerber hinsichtlich seiner Behandlung oder seines Einsatzes während dieses Militärdienstes im Vergleich zu Angehörigen anderer Volksgruppen in erheblicher, die Intensität einer Verfolgung erreichenderweise benachteiligt würde oder davon auszugehen sei, dass dem Asylwerber eine im Vergleich zu anderen Staatsbürgern härtere Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung droht oder auch wenn ihm wegen seiner Verweigerung eine politische Gesinnung unterstellt würde. Wie bereits in der Beweiswürdigung dargelegt wurde, ist dies gegenständlich nicht der Fall und das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er mit einer Haftstrafe zu rechnen habe, reicht nicht aus und entfällt als Rechtfertigungsgrund. Die Bestrafung einer Wehrdienstverweigerung oder Desertion mit einer Freiheitsstrafe wird generell auch nicht als überschießend betrachtet (EuGH mit Urteil vom 26.02.2015 in der Rechtssache C-472/13, Shepherd). Nur unter dem Gesichtspunkt des Zwanges zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen kann auch eine "bloße" Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung sein (vgl. VwGH, 27. April 2011, Zl. 2008/23/0124).

Laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.03.2015, Zl. Ra 2014/20/0085 kann auch der Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung asylrechtliche Bedeutung zukom

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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