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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §33 Abs3Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision der Dr. J R in R, vertreten durch Dr. Johannes Eltz, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währinger Straße 48/1/7, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 29. Dezember 2016, Zl. LVwG 41.30-893/2016-44, betreffend Einstellung eines Verfahrens iA. Gewährung von Wochengeld nach der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Steiermark (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Verwaltungsausschuss der Ärztekammer für Steiermark), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 23. Oktober 2015 wurde einem Antrag der Revisionswerberin auf Gewährung von Wochengeld stattgegeben, wobei festgehalten wurde, dass Wochengeld für den Zeitraum vom 25. Juli bis zum 11. Oktober 2015 in Höhe von EUR 7.054,70 gebühre. Die dagegen von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde wurde von der belangten Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom 21. Jänner 2016 abgewiesen und der Bescheid vom 23. Oktober 2015 vollinhaltlich bestätigt. Mit am 17. März 2016 eingelangtem Vorlageantrag (datiert mit 15. März 2016) beantragte die Revisionswerberin, ihre Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.
2 Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen, angefochtenen Beschluss stellte das Landesverwaltungsgericht Steiermark das Beschwerdeverfahren ein und verfügte die Weiterleitung des Vorlageantrags an die belangte Behörde. Unter einem wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.
3 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung, soweit im Revisionsfall von Interesse, Folgendes zugrunde:
4 Eine wirksame Zustellung der Beschwerdevorentscheidung an die Revisionswerberin sei spätestens am 1. März 2016 erfolgt, die zweiwöchige Frist für die Erhebung des Vorlageantrags habe demnach am 15. März 2016 geendet.
5 Das den mit 15. März 2016 datierten Vorlageantrag enthaltende Schriftstück habe die Revisionswerberin am 15. März 2016 um 23:04:58 Uhr laut im Akt aufliegenden Postaufgabeschein im Selbstbedienungsbereich des Postamts xy Wien, mit der Rechnungsnummer yz um 23:06:09 frankiert und unmittelbar danach in den dafür vorgesehenen Schlitz des Postkastens im Selbstbedienungsbereich dieses Postamts eingeworfen. Auf dem Kuvert des Schriftstücks scheine der Poststempel "Wien 16.03.16 - 18.00 Uhr 1094" auf. Die Öffnungszeiten der Postfiliale seien Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr. "Zu diesen Zeiten" würden die Posteinwürfe geleert. Der am 15. März 2016 in den Briefkasten eingeworfene Vorlageeintrag sei als erst am 16. März 2016 zur Post gegeben zu betrachten und sei demnach verspätet.
6 2.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. die Beschlüsse VwGH 25.3.2014, Ra 2014/04/0001; 18.2.2015, Ra 2015/08/0008).
9 2.2.1. Die (außerordentliche) Revision führt zu ihrer Zulässigkeit aus, es fehle Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Aufgabezeitpunkt bei Verwendung der Selbstbedienungsautomaten der Post. Die Revisionswerberin habe den Vorlageantrag am letzten Tag der offenen Frist, dem 15. März 2016, beim Selbstbedienungsautomaten frankiert und in den Verfügungsbereich des Zustelldienstes übergeben. Durch Einscannen des Barbelegs sei ein eindeutiger Aufgabezeitpunkt feststellbar. Auf der Frankiermaschine selbst, bei den Informationen oberhalb derselben sowie auf der Versandbox der in Rede stehenden Postfiliale finde sich kein Hinweis darauf, zu welchem Zeitpunkt eingeworfene Sendungen zugestellt würden. Nur der Postkasten außerhalb der Filiale auf der Straße enthalte einen Hinweis darauf, dass Sendungen, die vor 17 Uhr eingeworfen werden, innerhalb Österreichs "ebenfalls am nächsten Werktag zugestellt werden". Die Selbstbedienungsmaschine sei gleichzusetzen mit dem Angestellten des Zustelldienstes, der ein Schriftstück am Schalter entgegennimmt.
10 Mit diesem Vorbringen wird jedoch nicht aufgezeigt, dass die Behandlung der Revision von der Beantwortung einer Rechtsfrage abhinge, der grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommt.
11 2.2.2. Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Aus § 17 VwGVG iVm. § 33 AVG ergibt sich, dass die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) in die Frist, hier die Frist zur Einbringung des Vorlageantrags, nicht eingerechnet werden.
12 Der Vorlageantrag der Revisionswerberin wäre somit rechtzeitig, wenn sie am letzten Tag der Frist, dem 15. März 2016, mit der Wirkung des Beginns des Postlaufes zur Post gegeben worden wäre. Für den Beginn des Postlaufes ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes maßgeblich, wann das Schriftstück vom Zustelldienst, hier: von der Post, in Behandlung genommen wird (vgl. zB VwGH 25.3.1994, 92/17/0298; 8.8.1996, 95/10/0206; 24.9.2009, 2009/18/0110). Zur Feststellung dieses Zeitpunktes ist grundsätzlich der von der Post angebrachte Datumsstempel heranzuziehen (vgl. VwGH 92/17/0298; 95/10/0206; 2009/18/0110). Der Einwurf in einen Briefkasten löst den Postlauf am selben Tag dann aus, wenn am Briefkasten der Vermerk angebracht ist, daß dieser noch am selben Tag ausgehoben werde (vgl. z.B. VwGH 24.6.1993, 93/15/0031, 0032; 95/10/0206; 2009/18/0110; 22.4.2010, 2008/09/0247). Durch den Einwurf in einen Briefkasten noch vor Ende des Tages, aber nach der letzten Aushebung wird die Übergabe an die Post nicht an diesem Tag bewirkt; auch dann nicht, wenn das Poststück mit einer Freistempelung mit diesem Datum versehen ist, weil durch diesen ein Zeichen der Gebührenentrichtung darstellenden Vorgang der Postlauf nicht in Gang gesetzt wird (vgl. abermals VwGH 95/10/0206; 2009/18/0110; 2008/09/0247).
13 Die Revision behauptet nicht, dass auf dem im Selbstbedienungsbereich befindlichen Briefeinwurfkasten, in den sie das in Rede stehende Schriftstück unstrittig am 15. März 2016 knapp vor Mitternacht eingeworfen hat, der Vermerk angebracht gewesen sei, dass der Briefkasten noch am 15. März 2016, aber nach dem von ihr vorgenommenen Einwurf, geleert würde.
14 Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass das Verwaltungsgericht bei seiner rechtlichen Beurteilung, dass angesichts des Poststempels, der unstrittig auf den 16. März 2016 lautete, von einer Postaufgabe nicht bereits am 15. März 2016 auszugehen sei, weshalb sich der Vorlageantrag als verspätet erweise, von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre.
15 2.3. Der erkennende Senat hat aus diesen Erwägungen beschlossen, die Revision zurückzuweisen.
Wien, am 21. November 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017110237.L00Im RIS seit
29.04.2020Zuletzt aktualisiert am
29.04.2020