TE Lvwg Erkenntnis 2017/5/23 VGW-041/037/9117/2016

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.05.2017
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Entscheidungsdatum

23.05.2017

Index

60/01 Arbeitsvertragsrecht

Norm

AVRAG §7g Abs1
AVRAG §7g Abs2
AVRAG §7i Abs2a
AVRAG §7i Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Rotter über die Beschwerde des Herrn R. F., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 30.05.2016, Zl. MBA … - S 22716/16, betreffend Übertretungen des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes, nach durchgeführter Verhandlung

zu Recht e r k a n n t:

Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I) 1) bis 7) des Straferkenntnisses Folge gegeben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte II) 1) bis 7) des Straferkenntnisses keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

Dementsprechend ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs. 2 VStG auf insgesamt 700,– Euro, das sind 10 Prozent der nunmehr insgesamt verhängten Strafen.

Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens hinsichtlich der Spruchpunkte II) 1) bis 7) des Straferkenntnisses in der Höhe von insgesamt 1.400,– Euro, das sind 20% der verhängten Geldstrafen, zu bezahlen.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens hinsichtlich der Spruchpunkte I) 1) bis 7) des Straferkenntnisses zu bezahlen.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Das angefochtene Straferkenntnis hat folgenden Spruch:

„I)

Sie haben es als Inhaber des Einzelunternehmens „R. F.“ mit Sitz in Wien, K.-gasse, zu verantworten, dass Sie als Arbeitgeber am 03.12.2015 entgegen § 7g Abs. 2 AVRAG (wonach der zuständige Träger der Krankenversicherung berechtigt ist, in die für die Tätigkeit nach Abs. 1 erforderlichen Unterlagen Einsicht zu nehmen und auf Verlangen des Trägers der Krankenversicherung Arbeitgeber die erforderlichen Unterlagen oder Ablichtungen zu übermitteln haben), der Aufforderung durch die Wiener Gebietskrankenkasse zur Vorlage der erforderlichen Lohnunterlagen (Dienstvertrag/Dienstzettel, Lohnkonten, Lohnauszahlungsbelege und Arbeitszeitaufzeichnungen) für den Zeitraum von 01.01.2014 bis 02.12.2015 für alle Arbeitnehmer/innen, nämlich

1) A. T., VSNR …, Anmeldung: 15.04.2015, Abmeldung: 30.09.2015

2) G. Ar., VSNR …, Anmeldung: 10.11.2014, Abmeldung: 31.12.2014

3) H. N., VSNR …, Anmeldung: 01.10.2014, Abmeldung: 31.01.2015

4) J. Ro., VSNR …, Anmeldung: 01.07.2015, Abmeldung: 30.09.2015

5) Ja. E., VSNR …, Anmeldung: 01.03.2015, Abmeldung: 30.09.2015

6) M. Mo., VSNR …, Anmeldung: 01.09.2014, Abmeldung: 31.07.2015

7) Z. An., VSNR …, Anmeldung: 11.05.2014, Abmeldung: 31.05.2014

am 03.12.2015 um 09.15 Uhr in der Wiener Gebietskrankenkasse, Abteilung Beitragsprüfung, 1100 Wen, Wienerbergstraße 15-19, nicht entsprochen haben, obwohl die Wiener Gebietskrankenkasse als zuständige Trägerin der Krankenversicherung die Vorlage dieser Nachweise mittels Einladungskarte vom 30.11.2015 (laufende Nummer …), Ihnen persönlich in Wien, K.-gasse am 30.11.2015 übergeben, gemäß § 7g Abs. 2 AVRAG von Ihnen verlangte und Sie es dadurch dem Träger der Krankenversicherung unmöglich gemacht haben, im Rahmen dessen Tätigkeit zu überprüfen, ob Sie als Arbeitgeber den nach dem ASVG unterliegenden Arbeitnehmern zumindest den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Grundlohn unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien geleistet haben.

II)

Sie haben es als Inhaber des Einzelunternehmens „R. F.“ mit Sitz in Wien, K.-gasse, zu verantworten, dass Sie als Arbeitgeber am 07.04.2016 entgegen § 7g Abs. 2 AVRAG (wonach der zuständige Träger der Krankenversicherung berechtigt ist, in die für die Tätigkeit nach Abs. 1 erforderlichen Unterlagen Einsicht zu nehmen und auf Verlangen des Trägers der Krankenversicherung Arbeitgeber die erforderlichen Unterlagen oder Ablichtungen zu übermitteln haben), der Aufforderung durch die Wiener Gebietskrankenkasse zur Vorlage der erforderlichen Lohnunterlagen (Dienstvertrag/Dienstzettel, Lohnkonten, Lohnauszahlungsbelege und Arbeitszeitaufzeichnungen) für den Zeitraum von 01.01.2014 bis 02.12.2015 für die Arbeitnehmer/innen

1) A. T., VSNR …, Anmeldung: 15.04.2015, Abmeldung: 30.09.2015

2) G. Ar., VSNR …, Anmeldung: 10.11.2014, Abmeldung: 31.12.2014

3) H. N., VSNR …, Anmeldung: 01.10.2014, Abmeldung: 31.01.2015

4) J. Ro., VSNR …, Anmeldung: 01.07.2015, Abmeldung: 30.09.2015

5) Ja. E., VSNR …, Anmeldung: 01.03.2015, Abmeldung: 30.09.2015

6) M. Mo., VSNR …, Anmeldung: 01.09.2014, Abmeldung: 31.07.2015

7) Z. An., VSNR …, Anmeldung: 11.05.2014, Abmeldung: 31.05.2014

am 07.04.2016 von 13.00 Uhr bis 13.15 Uhr in der Wiener Gebietskrankenkasse, Abteilung Beitragsprüfung, 1100 Wien, Wienerbergstraße 15-19, nicht entsprochen haben, obwohl die Wiener Gebietskrankenkasse als zuständige Trägerin der Krankenversicherung die Vorlage dieser Nachweise mittels Rückscheinbrief vom 15.03.2016, adressiert an Ihre Betriebsadresse (Wien, K.-gasse), zugestellt durch Ersatzzustellung am 17.03.2016 (§16 ZustG) in Wien, K.-gasse, gemäß § 7g Abs. 2 AVRAG von Ihnen verlangte und Sie es dadurch dem Träger der Krankenversicherung unmöglich gemacht haben, im Rahmen dessen Tätigkeit zu überprüfen, ob Sie als Arbeitgeber den nach dem ASVG unterliegenden Arbeitnehmern zumindest den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Grundlohn unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien geleistet haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

I 1-7 und II 1-7) jeweils § 7i Abs. 3 in Verbindung mit § 7g Abs. 2 Arbeitsvertragsrechts- Anpassungsgesetz (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993 in der geltenden Fassung

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

14 Geldstrafen von je € 1.000,00, falls diese uneinbringlich sind,

14 Ersatzfreiheitsstrafen von je 2 Tagen und 12 Stunden

I und II) gemäß § 7i Abs. 3 iVm mit § 7i Abs. 2a 1. Strafsatz, Arbeitsvertragsrechts- Anpassungsgesetz - AVRAG.

Summe der Geldstrafen: € 14.000,00

Summe der Ersatzfreiheitsstrafen: 1 Monat, 5 Tage

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 1.400,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 15.400.00.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.“

Gegen dieses Straferkenntnis erhob R. F., vertreten durch Rechtsanwalt, Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien mit der Begründung, dass er die Einladungskarte der Wiener Gebietskrankenkasse, mit welcher er aufgefordert wurde, am 03.12.2015 Unterlagen vorzulegen, seiner steuerlichen Vertretung, Herrn Ha. C. von der Firma I. GmbH & Co KG, mit dem Auftrag übergeben habe, die Lohnunterlagen wie gefordert vorzulegen. Er sei daher davon ausgegangen, dass diese Vorlage vorgenommen werde. Er habe keine Informationen erhalten und daher nicht damit rechnen können, dass dem nicht Folge geleistet worden sei. Daher liege diesbezüglich kein Verschulden vor.

Die Ladung bezüglich des Termins am 07.04.2016, die eine Mitbewohnerin entgegen genommen haben solle, habe er nicht erhalten; prinzipiell funktioniere die Zustellung an seiner Wohnadresse nur schlecht, da die Wohnung über einen separaten Eingang verfüge. Er habe daher weiterhin keine Kenntnis davon gehabt, dass die Unterlagen nicht vorgelegt worden seien. Es liege daher auch hinsichtlich des zweiten Termins kein Verschulden vor. Inzwischen habe er die Unterlagen der Wiener Gebietskrankenkasse vorgelegt.

Er habe ein Einkommen von rund 960,– Euro und Sorgepflichten für drei minderjährige Kinder, außerdem sei am 11.05.2016 ein Schuldenregulierungsverfahren über sein Vermögen eröffnet worden. Daher seien ungünstige Vermögensverhältnisse zugrunde zu legen.

Die Verhängung von 14.000,– Euro sei völlig unangemessen, insbesondere hätte nur einmal eine Übertretung des § 7g Abs. 2 AVRAG angenommen werden dürfen. Er beantrage daher die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, sowie das Strafverfahren einzustellen.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens wird als erwiesen angenommen, dass der Beschwerdeführer mit seinem Einzelunternehmen R. F. ein Restaurant am Standort Wien, K.-gasse, betrieben hat. Im Zeitraum vom 01.01.2014 bis 02.12.2015 waren die sieben im Straferkenntnis angeführten Arbeitnehmer beim Beschwerdeführer beschäftigt. Im Winter 2015/2016 war der Beschwerdeführer in Insolvenz und im Frühling 2016 wurde ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet.

Am 30.11.2015 wurde dem Beschwerdeführer im Zuge einer Überprüfung durch die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) in seinem Restaurant eine Einladungskarte überreicht, mit welcher er aufgefordert wurde, am 03.12.2015 bei der WGKK vorzusprechen und Dienstverträge/Dienstzettel, Lohnkonten, Lohnauszahlungsbelege und Arbeitsaufzeichnungen für alle im Zeitraum vom 01.01.2014 bis 02.12.2015 beschäftigten Arbeitnehmer vorzulegen.

Der Beschwerdeführer gab diese Einladungskarte an seinen Steuerberater, Herrn Ha. C. von der Firma I. GmbH & Co KG, mit dem Auftrag weiter, der Aufforderung entsprechend die Unterlagen vorzulegen. Am 03.12.2015 erschien weder der Beschwerdeführer noch sein Steuerberater bei der WGKK, es waren auch in der Zwischenzeit weder Unterlagen vorgelegt worden und noch eine Kontaktaufnahme erfolgt.

Am 17.02.2016 versuchte die zuständige Bearbeiterin der WGKK, den Beschwerdeführer telefonisch zu erreichen, und hinterließ eine Nachricht auf seiner Mailbox; darauf erfolgte aber keine Reaktion des Beschwerdeführers. Daraufhin übermittelte die WGKK am 15.03.2016 dem Beschwerdeführer ein Schreiben mit einer neuerlichen Aufforderung, zu einem Termin am 07.04.2016 bei der WGKK zu erscheinen und die geforderten Lohnunterlagen für die sieben Arbeitnehmer vorzulegen. Das Schreiben wurde von der Ehefrau des Beschwerdeführers entgegen genommen. Es erschien erneut niemand zum Termin und die WGKK wurde weder kontaktiert noch wurden ihr bis zur Erlassung des Straferkenntnisses Unterlagen bezüglich der sieben Arbeitnehmer übermittelt.

Es konnte nicht festgestellt werden, ob der Steuerberater den Angaben des Beschwerdeführers entsprechend bis zu diesem Vorfall alles zufriedenstellend erledigt hat, oder ob der Beschwerdeführer sich bei ihm erkundigt hat, ob er der Aufforderung, die hier gegenständlichen Unterlagen vorzulegen, Folge geleistet hat.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Behörde, ergänzende Ermittlungen und die Durchführung einer Verhandlung:

Das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gründet sich auf eine Anzeige der Wiener Gebietskrankenkasse vom 28.04.2016, nach der bei einer Überprüfung an der Betriebsadresse K.-gasse, Wien, dem Beschwerdeführer als Inhaber des Einzelunternehmens R. F. eine Einladungskarte übergeben worden sei, mit welcher er aufgefordert worden sei, am 03.12.2015 bei der Wiener Gebietskrankenkasse zu erscheinen und Dienstverträge/Dienstzettel, Lohnkonten, Lohnauszahlungsbelege und Arbeitsaufzeichnungen für sämtliche Arbeitnehmer für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis 02.12.2015 vorzulegen. In diesem Zeitraum seien sieben Arbeitnehmer beschäftigt gewesen. Da er unentschuldigt nicht erschienen sei, sei er mit Schreiben vom 15.03.2016 erneut aufgefordert worden, bei einem Termin am 07.04.2016 die genannten Unterlagen vorzulegen. Das Schreiben sei von einem Ersatzempfänger entgegen genommen worden. Der Beschwerdeführer sei erneut unentschuldigt nicht erschienen. Daher werde beantragt, gemäß § 7g Abs. 2 iVm § 7i Abs. 3 AVRAG Geldstrafen in Höhe von insgesamt 14.000,– Euro zu verhängen.

Der Anzeige waren Kopien der Einladungskarte, des Schreibens vom 15.03.2016 an den Beschwerdeführer samt dem diesbezüglichen Zustellnachweis, Aktenvermerke (denen auch zu entnehmen war, dass am 17.02.2016 auf der Mailbox des Beschwerdeführers- erfolglos - ein Rückrufersuchen hinterlassen worden war) und eine Aufstellung der Arbeitnehmer angeschlossen.

Die Behörde hatte mit Schreiben vom 02.05.2016 ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des § 7g Abs. 2 iVm § 7i Abs. 3 AVRAG gegen den nunmehrigen Beschwerdeführer eingeleitet, welches dieser jedoch nicht behob. Die Behörde erließ in der Folge das zuvor wiedergegebene Straferkenntnis, gegen welches das gegenständliche Rechtsmittel erhoben wurde.

Die Amtspartei, die Wiener Gebietskrankenkasse, gab zu dieser Beschwerde eine Stellungnahme ab, in der ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer nicht bestreite, dass ihm eine Einladungskarte übergeben worden sei. Beauftrage der Beschwerdeführer einen Dritten zur Erfüllung seiner Pflichten, so sei ihm dessen Verhalten zuzurechnen, die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit treffe ihn und nicht den Gehilfen. Eine Überwälzung dieser Verantwortlichkeit sei nicht möglich. Außerdem würden ihn Auswahl-, Begleit- und Überwachungspflichten treffen, er habe daher der Erfüllung des Auftrages nachzugehen. Dazu habe sich der Beschwerdeführer jedoch nicht geäußert. Die Ladung betreffend den zweiten Termin sei von einem Ersatzempfänger übernommen und somit zugestellt worden, die Zustellung habe problemlos funktioniert. Entgegen den Angaben des Beschwerdeführers seien nachträglich nicht alle Unterlagen, sondern lediglich Jahreslohnkonten von 2014 und 2015 sowie An- und Abmeldungen von sieben Arbeitnehmern eingelangt. Hinsichtlich der Frage, ob ein oder zwei Übertretungen vorlägen, sei anzumerken, dass dies die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht zu entscheiden habe; es sei lediglich vorgeworfen worden, dass bei beiden Terminen keine Unterlagen vorgelegt worden seien.

In der Sache wurde am 19.01.2017 eine Verhandlung durchgeführt, an welcher der Beschwerdeführer in Begleitung seines Rechtsvertreters, ebenso wie ein Vertreter der Wiener Gebietskrankenkasse teilnahmen; die Behörde hatte auf die Teilnahme an der Verhandlung verzichtet.

Der Beschwerdeführer gab an, nunmehr ein Einkommen von etwa 1.000,-- bis 1.200,-- Euro, kein Vermögen und Sorgepflichten für drei Kinder zu haben; das Schuldenregulierungsverfahren sei mittlerweile abgeschlossen. Zur Sache selbst gab er Folgendes zu Protokoll:

„Ich kann zu der Sache nur sagen, dass ich alle Schreiben der Krankenkasse an meinen Steuerberater weiter gegeben habe und ihn gebeten habe alles weitere zu erledigen. Ich habe mich darauf verlassen, dass er das auch tut und keine Rückmeldung bekommen, dass es nicht funktioniert hat. Mittlerweile hat er offensichtlich dich einige Unterlagen geschickt und ich habe auch Bestätigungen von all meinen Dienstnehmern, dass sie auch alles ausbezahlt bekommen haben, was sie bekommen sollten. Ich kann nur mutmaßen, dass der Steuerberater meinen Aufträgen nicht nachgekommen ist, weil damals mein Insolvenzverfahren schon im Laufen war und er befürchtet hat, dass er von mir nicht sein gesamtes Geld bekommt. In dieser Situation kann ich auch eine Strafe in dieser Höhe nicht bezahlen.

Ich hatte damals ein Restaurant, wir hatten einen gewerberechtlichen Geschäftsführer und mehrere Dienstnehmer die teilweise in Teilzeit gearbeitet haben.

Ich glaube zwar, dass ich Ende November 2015 gar nicht mehr in Betrieb war, die Einladungskarte, AS 6, habe ich aber bekommen und meinen Steuerberater weitergegeben.

Wenn mir die AS 13 und 14 vorgehalten werden gebe ich an, ich habe sehr wohl mit einer Dame von der Krankenkasse telefoniert und ihr die Telefonnummer von meinem Steuerberater gegeben.

Es ist richtig, dass ich am 30.11.2015 im Restaurant war, da war ich als Geschäftsführer und nicht mehr als Selbstständiger dort; ich habe mit der Dame gesprochen und ihr auch die Telefonnummer des Steuerberaters gegeben. Wenn mir vorgehalten wird, dass eine Vorlage der angeforderten Unterlagen bis Mitte Februar jedenfalls nicht erfolgt ist, gebe ich an

Ich habe mit den Steuerberater gesprochen und er hat mir versicherter, dass er alles erledigt hat. Als ich dann das Straferkenntnis bekommen habe, bin ich zu ihm gegangen und es hat sich insofern aufgeklärt, als er etwas verwechselt haben dürfte und die entsprechenden Unterlagen der Nachfolgefirma vorgelegt hatte und nicht unsere. Die Aufforderung zur Rechtfertigung habe ich nicht bekommen, da gab es die Schwierigkeiten mit der Post, sodass ich darauf nicht reagieren konnte.

An das Schreiben vom 15.03.2016 kann ich mich jetzt nicht erinnern, der Rückschrein wurde jedenfalls von meiner Frau unterschrieben. Damals war schon die Insolvenz im Gang und es war so viel zu tun.

Ich habe den Steuerberater schon immer wieder gefragt, ob er die Sachen erledigt hat und er hatte gesagt, er habe es gemacht oder eine Fristverlängerung bekommen. Als ich dann mit dem Straferkenntnis zu ihm gekommen bin, hat er dann zugegeben, dass er das vergessen haben könnte. Es war so, dass er zwar ein sehr netter Mensch war aber kein fixes Büro hatte, sondern nur von Kunden zu Kunden gegangen ist und offensichtlich nicht alles getan hat, was er tun sollte.

Er hat seit September 2013 die Sachen für uns erledigt, es hat manchmal gedauert aber er hat immer alles erledigt. Bis zu gegenständliche Sache habe ich immer nur wahrgenommen, dass er sich Zeit für uns nimmt und die Sachen erledigt, er hat auch einen günstigen Preis gehabt.

Wenn ich gefragt werde, warum ich die zuständige Bearbeiterin der Krankenkasse nicht zurückgerufen habe, als sie mir eine Nachricht auf der Mailbox hinterließ, gebe ich an, damals war wegen der Insolvenz sehr viel zu tun und es kann sein die Mailbox nicht abgehört habe oder vergessen habe zurückzurufen.

Wenn ich gefragt werde, warum ich auf das Schreiben vom 15.03.2016 nicht reagiert habe, gebe ich an, an dieses Schreiben kann ich mich überhaupt nicht erinnern. Es kann sein, dass meine Frau es irgendwo hingelegt hat oder dass ich es übersehen habe. Ich hatte damals wegen der Insolvenz so viel zu tun und auch sehr viel Post bekommen.

Wenn ich den Steuerberater gefragt habe hat er gesagt er hat die Sache erledigt. Es war damals auch sehr viel im Zusammenhang mit dem Finanzamt zu tun und hat er das auch alles gemacht. Meistes habe ich von ihm auch eine schriftliche Bestätigung oder Korrespondenz bekommen wenn etwas erledigt war, in diesen Fall damals aber nicht. Es wäre eigentlich eine einfache Sache gewesen, dass er die Jahreslohnkonten an die Krankenkasse schickt. Er hatte alle Daten und auch die An- und Abmeldungen erledigt, er hat ja später auch tatsächlich die Jahreslohnkonten und An- und Abmeldungen geschickt. Wir haben uns regelmäßig getroffen und ich habe ihm alle Unterlagen gegeben, er hat das ja auch für die Lohnabrechnung gebraucht. Wir haben die Dienstnehmer in bar ausbezahlt. Sie haben die Übernahme auch jeweils Bestätigt. Gestern habe ich mich auch mit ihnen getroffen und sie haben mir noch einmal bestätigt dass die ihr ganzes Geld bekommen haben.

Der Vertreter des Bf führt ergänzend aus, das die An- und Abmeldungen von Dienstnehmer vom Steuerberater, der I. GmbH & Co KG durchgeführt worden waren.

Weiters sei im Juni 2016 eine gesamt Prüfung von Lohnsteuer und Kommunalsteuer erfolgt, bei der alle Unterlagen für den Zeitraum 01.01.2014 bis 10.05.2016 geprüft worden seien.“

Im Anschluss daran wurde (nach Schluss der Beweisaufnahme und Abgabe von Schlussworten der Parteienvertreter) auf die Verkündung der Entscheidung verzichtet.

Bei der Beweiswürdigung waren folgende Erwägungen maßgeblich:

Wie aus einem Auszug des Gewerbeinformationssystems Austria hervorgeht, hat der Beschwerdeführer mit seinem Einzelunternehmen R. F. ein Restaurant am Standort Wien, K.-gasse, betrieben. Unbestrittenermaßen waren im Zeitraum vom 01.01.2014 bis 02.12.2015 die sieben im Straferkenntnis angeführten Arbeitnehmer beim Beschwerdeführer beschäftigt.

Aus den insofern glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers und seines Vertreters in der mündlichen Verhandlung geht hervor, dass der Beschwerdeführer im Winter 2015/2016 in Insolvenz war und in der Folge im Frühling 2016 ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet wurde.

Der Beschwerdeführer brachte in der Verhandlung weiters glaubhaft vor, dass er nach Erhalt der Einladungskarte seinen Steuerberater, Herrn Ha. C. von der Firma I. GmbH & Co KG, beauftragt habe, der Aufforderung der WGKK zu entsprechen und die geforderten Unterlagen vorzulegen.

Dass dem Beschwerdeführer am 30.11.2015 eine Einladungskarte übergeben worden war, sowie deren Inhalt und der Zeitpunkt des Termins gehen aus der von der WGKK der Anzeige beigelegten Kopie hervor. Dass er einem in der Mobilbox seines Telefons hinterlassenes Rückrufersuchen der WGKK von 17.02.2016 nicht nachgekommen war, steht aufgrund der Anzeigeangaben und der damit vorgelegten Unterlagen fest. Weiters wurde mit der Anzeige das Schreiben der WGKK vom 15.03.2016 übermittelt, aus dem der Zeitpunkt des zweiten Termins ersichtlich ist, sowie aus dem diesbezüglichen Rückschein, dass das Schreiben von einem Ersatzempfänger entgegengenommen worden war. Dem Beschwerdeführer zu Folge handelt es sich, nach Vorlage des Rückscheins in der mündlichen Verhandlung, um die Unterschrift seiner Ehefrau.

Diese Umstände hat der Beschwerdeführer im Wesentlichen unbestritten gelassen bzw. deren Richtigkeit bestätigt; er brachte vor, dass er mit der Abwicklung der Angelegenheit seinen Steuerberater beauftragt habe, der bis zu diesem Zeitpunkt alles gut für ihn erledigt habe, und er sich auch bei ihm erkundigt habe, ob er der Aufforderung Folge geleistet habe.

Nach dem glaubhaften Vorbringen der WGKK, welches auch nicht bestritten wurde, waren jedenfalls bis zur Erlassung des Straferkenntnisses keine Unterlagen betreffend die Arbeitnehmer des Beschwerdeführers vorgelegt worden.

Der zuvor festgestellte Sachverhalt ist daher mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit als erwiesen anzusehen.

Rechtlich war dieser Sachverhalt folgendermaßen zu würdigen:

Gemäß § 7g Abs. 1 AVRAG in der zur Tatzeit und bei Erlassung des Straferkenntnisses geltenden Fassung des BGBl. I Nr. 113/2015 gilt, stellt der zuständige Träger der Krankenversicherung im Rahmen seiner Tätigkeit fest, dass der Arbeitgeber

1.

dem dem ASVG unterliegenden Arbeitnehmer oder

2.

dem Arbeitnehmer, der seinen gewöhnlichen Arbeitsort in Österreich hat ohne dem ASVG zu unterliegen,

nicht zumindest das ihm nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag in Österreich unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien zustehende Entgelt im Sinne des § 7i Abs. 5 leistet, § 7e Abs. 3 bis 5 mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Kompetenzzentrums LSDB der zuständige Träger der Krankenversicherung tritt.

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung ist der zuständige Träger der Krankenversicherung berechtigt, in die für die Tätigkeit nach Abs. 1 erforderlichen Unterlagen Einsicht zu nehmen und Abschriften dieser Unterlagen anzufertigen. Auf Verlangen haben Arbeitgeber die erforderlichen Unterlagen oder Ablichtungen zu übermitteln, wobei die Unterlagen oder Ablichtungen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.

Gemäß § 7i Abs. 2a (ebenfalls in der zur Tatzeit und bei Erlassung des Straferkenntnisses geltenden Fassung des BGBl. I Nr. 113/2015) begeht, wer die Einsichtnahme in die Unterlagen nach den §§ 7b Abs. 5 und 7d verweigert, eine Verwaltungsübertretung und ist für jeden Arbeitnehmer von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 1.000 Euro bis 10.000 Euro, im Wiederholungsfall von 2.000 Euro bis 20.000 Euro zu bestrafen.

Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung ist nach Abs. 2a ebenso zu bestrafen, wer als Arbeitgeber entgegen § 7g Abs. 2 die Einsichtnahme in die Unterlagen verweigert.

Die rechtliche Würdigung des Sachverhaltes ergab, dass ein Fall der Verweigerung der Einsichtnahme in Lohnunterlagen vorliegt. Der Beschwerdeführer hat keiner der Aufforderungen, zu einem bestimmten Termin bei der WGKK zu erscheinen und Lohnunterlagen vorzulegen, Folge geleistet. Eine der Aufforderungen wurde ihm persönlich übergeben, die andere wurde ihm ordnungsgemäß zugestellt, da seine Ehefrau und somit eine Ersatzempfängerin im Sinne des § 16 Abs. 2 ZustG das Schreiben entgegen genommen hat. Zudem hat die zuständige Bearbeiterin der WGKK versucht, den Beschwerdeführer telefonisch zu erreichen und eine Nachricht auf seiner Mailbox hinterlassen. Da der Beschwerdeführer in keinster Weise auf diese Aufforderungen reagiert hat, nicht erschienen ist und keine Einsicht in die Lohnunterlagen gewährt hat, ist der objektive Tatbestand des § 7g Abs. 2 AVRAG erfüllt.

Ein fortgesetztes Delikt liegt vor, wenn eine Reihe von Einzelhandlungen von einem einheitlichen Willensentschluss umfasst war und vermöge der Gleichartigkeit ihrer Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs zu einer Einheit zusammentraten (VwGH vom 28.11.2016, Ra 2016/06/0122).

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde handelt es sich bei den in den Spruchpunkten I. und II. beschriebenen Handlungen hier nicht um zwei separate Übertretungen der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift: Die WGKK hat nach dem Nichterscheinen des Beschwerdeführers zum ersten Termin und der Nichtvorlage der Lohnunterlagen dem Beschwerdeführer noch weitere Gelegenheiten gegeben, der diesbezüglichen Aufforderung nachzukommen, und ihn in einem ihrerseitigen Entgegenkommen noch weitere Male kontaktiert. Hinsichtlich der Nichtvorlage der Unterlagen liegt hier ein Gesamtkonzept vor, das in sachlicher und zeitlicher Einheit steht, sodass nach der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur um ein fortgesetztes Delikt handelt.

Da zum Tatbestand der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und auch über das Verschulden keine Bestimmung enthalten ist, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG. Bei einem solchen besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche von diesem jedoch widerlegt werden kann. Ihm obliegt es, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Der Beschuldigte hat hiezu initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht; dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen.

Der Beschwerdeführer bestritt sein Verschulden an dieser Übertretung, da er seinen Steuerberater beauftragt habe, der Aufforderung der WGKK zu entsprechen. Diesbezüglich wurde Folgendes erwogen: Der Beschwerdeführer hat, wenn er jemand anderen beauftragt, dafür Sorge zu tragen, dass der Beauftragte der Aufforderung nachkommt, und sicher zu gehen, dass alles erledigt wurde. Es konnte nicht nachgewiesen werden, dass der Beschwerdeführer dies getan hat. Selbst wenn dem so wäre, bliebe dennoch die Tatsache zu beachten, dass die WGKK den Beschwerdeführer nachweislich mehrfach versucht hat zu kontaktieren und dass dieser trotz einer Nachricht auf seiner Mailbox und eines entgegengenommenen Briefs in keinster Weise reagiert hat. Der Beschwerdeführer konnte daher nicht nachweisen, dass ihm die Einhaltung der gegenständlichen Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war.

Es war somit vom Vorliegen auch der subjektiven Tatseite zumindest in der Form fahrlässigen Verhaltens auszugehen.

Zur Strafbemessung wurde Folgendes erwogen:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG in der Fassung des BGBl. I Nr. 33/2013 hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind; nach dem letzten Satz des § 45 Abs. 1 VStG kann die Behörde anstatt die Einstellung zu verfügen, den Beschuldigten im Falle der Z. 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen in gleicher Art abzuhalten.

Da der Beschwerdeführer zur relevanten Zeit nicht einschlägig vorbestraft war, gelangt der erste Strafsatz des § 7i Abs. 2a AVRAG mit einem Strafrahmen von 1.000,– Euro bis 10.000,– Euro pro betroffenem Arbeitnehmer zur Anwendung.

Durch die vom Beschwerdeführer zu verantwortenden Verwaltungsübertretungen wurde das öffentliche Interesse an der unmittelbaren, raschen und effizienten behördlichen Kontrollmöglichkeit zwecks Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und von Lohn- und Sozialdumping in erheblichem Maße geschädigt. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat kann daher, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als gering gewertet werden, auch wenn der WGKK nachträglich einige Unterlagen (wohl im Rahmen einer Beitragsprüfung) zur Verfügung gestellt wurden.

Auch das Verschulden des Beschwerdeführers konnte nicht als gering eingestuft werden, da weder hervorgekommen ist noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe, oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Ein Vorgehen nach § 45 Abs. 1 Z. 4 iVm § 45 Abs. 1 Schlusssatz VStG idF gemäß BGBl. I Nr. 33/2013 (entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 21 Abs. 1 VStG) kam im vorliegenden Fall nicht in Betracht, weil die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten nicht als gering angesehen werden konnten. Das tatbildmäßige Verhalten des Beschwerdeführers blieb nämlich keinesfalls erheblich hinter dem in der gegenständlichen Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurück.

Die Behörde hat bei ihrer Strafbemessung zutreffend keine Umstände als mildernd oder erschwerend berücksichtigt.

Im gegenständlichen Fall kam mangels Überwiegens von Milderungsgründen eine Anwendung des § 20 VStG, also eine außerordentliche Strafmilderung, nicht in Betracht.

Hinsichtlich der allseitigen Verhältnisse des Beschwerdeführers wurde seinen diesbezüglichen Angaben in der Verhandlung (Einkommen von ca. 1.000,– bis 1.200– Euro, kein Vermögen, abgeschlossenes Schuldenregulierungsverfahren, Sorgepflichten für drei Kinder) gefolgt.

Unter Berücksichtigung der oben genannten objektiven und subjektiven Strafzumessungskriterien und unter Zugrundelegung der unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse und der vorliegenden Sorgepflichten erweisen sich die mit dem angefochtenen Straferkenntnis verhängten Geldstrafen, welche ohnedies mit der gesetzlichen Mindeststrafe festgesetzt wurden, jedenfalls als schuld- und tatangemessen, aber auch aus general- und spezialpräventiven Gründen erforderlich, um die Begehung derartiger Übertretungen in Hinkunft hintanzuhalten. Auch wenn sich der Beschwerdeführer auf Grund der Insolvenz in einer schwierigen Situation befand und einen Steuerberater beauftragt hat, vermag sich dies, da bereits jeweils die gesetzliche Mindeststrafe verhängt wurde, nicht auf die Strafbemessung auszuwirken, da die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe oder einer Unterschreitung der Mindeststrafe nicht erfüllt waren.

Hinsichtlich der Spruchpunkte I) 1) bis 7) des angefochtenen Straferkenntnisses ist festzuhalten, dass der objektive Tatbestand nicht erfüllt ist, da die Nichtvorlage der Lohnunterlagen als Einheit zu betrachten ist und somit nur ein einmaliger Verstoß gegen die gegenständlichen Verwaltungsvorschriften vorliegt.

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben.

Das Verfahren nach den Spruchpunkten I) 1) bis 7) des Straferkenntnisses war daher gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenaussprüche gründen sich auf die im Spruch genannten Bestimmungen.

Es wird abschließend auf die Möglichkeit der Einbringung eines Ratenansuchens bei der Magistratsabteilung 6 - Buchhaltungsabteilung 35, 1050 Wien, Ramperstorffergasse 67, hingewiesen (§ 54b Abs. 3 VStG).

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfragen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen waren, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor; das Erkenntnis folgt vielmehr der zuvor wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Der Entscheidung kommt auch keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.

Schlagworte

Lohnunterlagen; Verweigerung der Einsichtnahme; fortgesetztes Delikt; Vorsatz; einheitlicher Willensentschluss; zeitlicher Zusammenhang

Anmerkung

VwGH v. 12.09.2017, Ra 2017/11/0223; Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.041.037.9117.2016

Zuletzt aktualisiert am

20.12.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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