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L66105 Einforstung Wald- und Weideservituten FelddienstbarkeitNorm
EinforstungsrechteG Slbg 1986 §24 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des HP in G, vertreten durch Dr. Bernhard Heitzmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, Müllerstraße 3, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 4. Februar 1999, Zl. LAS - 555/6-98, betreffend Lastenfreistellung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, soweit mit ihm die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid abgewiesen wurde.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 440 GB Jochberg, bestehend aus dem Grundstück Nr. 1309/5. Dieses Grundstück ist mit einer Reihe von Einforstungsrechten zu Gunsten verschiedener Jochberger Liegenschaften belastet.
Mit Eingabe vom 6. März 1995 beantragte der Beschwerdeführer beim Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) die Ablösung dieser Wald- und Weiderechte.
Mit Bescheid vom 21. März 1996 stellte die AB gemäß § 39 des Tiroler Wald- und Weideservitutengesetzes, LGBl. Nr. 21/1952 (WWSG), fest, dass ein gültiger Antrag des Beschwerdeführers vorliegt, und verfügte die Einleitung eines Servitutenverfahrens hinsichtlich der auf Grundstück Nr. 1309/5 lastenden Einforstungsrechte.
In der Folge holte die AB ein Gutachten eines forsttechnischen Amtssachverständigen der Bezirksforstinspektion Kitzbühel und ein Gutachten eines landwirtschaftlichen Amtssachverständigen zur Frage der dauernden Entbehrlichkeit und des Ablösungsbetrages für die in Rede stehenden Einforstungsrechte ein.
Der forsttechnische Amtssachverständige führte in seinem Gutachten vom 14. November 1997 zu den Holzbezugsrechten aus, deren dauernde Entbehrlichkeit sei deswegen zu bejahen, weil seit sehr langer Zeit (auch die Ältesten könnten sich nicht an einen Waldbestand erinnern) die Fläche unbewaldet sei. Das Grundstück sei um 1870, zum Zeitpunkt der Regulierung, laut Auskunft des Vermessungsamtes Kitzbühel 36,4823 ha groß gewesen. Heute umfasse das Grundstück Nr. 1309/5 nur mehr 1641 m2. Der Grundbuchauszug vom 28. Februar 1995 sei hinsichtlich der Fläche (1729 m2) nicht mehr richtig. Somit umfasse dieses Grundstück nur mehr eine Fläche von 0,45 % des ursprünglichen Ausmaßes; dies ergebe einen Reduktionsfaktor von 0,0045. Als Ablöse ergebe sich ein Betrag von S 5.465,--.
Der landwirtschaftliche Amtssachverständige führte in seinem Gutachten vom 17. November 1997 aus, in der Regulierungsurkunde vom 25. Juni 1872, Nr. 10773/547, und einem dort angeführten Regulierungsvergleich sei das Grundstück Nr. 1309 mit einem Ausmaß von 1 Joch und 1453 Klafter als ein Teil der Ärarial-Auparzellen angeführt. Aus dieser Parzelle sei durch Teilungen die heutige Parzelle 1309/5 mit einem Gesamtausmaß von 1729 m2 entstanden. In einer Ablösungsvereinbarung aus dem Jahr 1996 seien 88 m2 Weide freigestellt worden, sodass nunmehr eine belastete Fläche von 1641 m2 einer Regelung bedürfe. Zwischenzeitlich seien zwischen der Österreichischen Bundesforste AG und verschiedenen Berechtigten Servitutenablösungsverträge abgeschlossen und ein wesentlicher Teil bereits abgelöst worden.
Auf Grund der Lage der belasteten Grundparzellen, der starken Verbauung in diesem Bereich und der äußerst starken Verkehrsentwicklung auf der Pass-Thurn-Straße sei eine Ausübung der Weiderechte heute als absolut unmöglich zu bezeichnen. Auch sei die Wirtschaftlichkeit als untergeordnet einzustufen und erfahre keine der berechtigten Liegenschaften eine wirtschaftliche Beeinträchtigung durch die gegenständliche Lastenfreistellung.
Der Amtssachverständige errechnete einen Ablösungsbetrag für die Weiderechte von S 6.765,--.
Weiters heißt es im Gutachten, die gegenständlichen Weiderechte seien nur als Vorweide zu betrachten und ihre Ablösung bedeute für keine der berechtigten Liegenschaften in irgendeiner Weise eine wirtschaftliche Beeinträchtigung, weshalb die Ablösung gerechtfertigt sei.
Mit Bescheid vom 11. Februar 1998 entschied die AB gemäß § 38 WWSG in dem mit ihrem Bescheid vom 21. März 1996 eingeleiteten Servitutenverfahren, dass eine Ablösung der Nutzungsrechte nicht stattfindet. Gleichzeitig wurde gemäß § 46 WWSG der Abschluss des Verfahrens verfügt.
In der Begründung heißt es, der Beschwerdeführer sei Eigentümer der Liegenschaft in EZ 440 GB Jochberg. Im Gutsbestand dieser Liegenschaft sei als einziges das Grundstück Nr. 1309/5 mit einer Grundstücksfläche von 1641 m2 vorgetragen. Rechte seien mit dieser Liegenschaft keine verbunden. Im Lastenblatt seien unter C-LNr. 1 bis 23 diverse Dienstbarkeitsrechte der Weide, des Holz- und Streubezuges einverleibt. Diese Dienstbarkeitsrechte seien Nutzungsrechte im Sinne des Wald- und Weideservitutengesetzes; sie seien durch mehrere Servitutenregulierungsurkunden geregelt. In der Regulierungsurkunde vom 25. Juni 1872 scheine die Grundparzelle Nr. 1309 mit einem Ausmaß von 1 Joch und 1453 Klafter unter den belasteten Objekten als eine der Ärarial-Auparzellen in der Gemeinde Jochberg auf. Durch Teilungen sei in der Folge das Grundstück Nr. 1309/5 entstanden, welches der Beschwerdeführer mit Kaufvertrag vom 21. August 1978 erworben habe. Zweck des Antrages des Beschwerdeführers vom 6. März 1995 sei, das Grundstück Nr. 1309/5 nunmehr lastenfrei zu stellen. Eine derartige "Lastenfreistellung" sei im WWSG allerdings nicht vorgesehen. Die auf Grundstück Nr. 1309/5 bestehenden Einforstungsrechte seien nur gesamthaft mit jenen belasteten Objekten zu betrachten, die sich heute im Eigentum der Österreichischen Bundesforste AG befänden. Einer gesonderten Ablösung betreffend lediglich eine Teilfläche (Grundstück Nr. 1309/5) des urkundlich zur Gänze belasteten Gebietes stehe entgegen, dass das Grundstück Nr. 1309/5 eben nur in Verbindung mit den weiteren belasteten Grundstücken die zahlenmäßig genau bestimmten Einforstungsrechte zu bedecken vermöge. Es könne sich demnach auch nicht um eine teilweise Ablösung von Nutzungsrechten handeln, da das Recht an sich ungeschmälert fortbestehen solle. Bezweckt sei vielmehr, dass das urkundlich servitutsbelastete Gebiet eine Verkleinerung erfahre. Wenn das Recht an sich aber keine Einschränkung im Sinne einer Reduzierung des Holzbezuges bzw. der Anzahl der Grasrechte erfahren solle, so könne genauso wenig eine Ablösung nur für einen Teil der Verpflichteten im Sinn des § 8 Abs. 5 WWSG erfolgen, ohne dass gleichzeitig die übrigen belasteten Grundstücke einer Regelung bedürften. In diesem Sinne gehe die Bestimmung des § 18 Abs. 4 WWSG auch davon aus, dass bei Vorliegen keiner Hinderungsgründe nach Abs. 2 und 3 Nutzungsrechte auch nur teilweise abgelöst werden könnten, die restlichen Nutzungsrechte aber einer Regulierung zu unterziehen seien. Das gegenständliche Verfahren sei über diesbezüglichen Antrag lediglich hinsichtlich der auf Grundstück Nr. 1309/5 (simultan) bestehenden Einforstungsrechte eingeleitet worden. Ohne Einbeziehung der übrigen belasteten Grundstücke, wofür nach Ansicht der AB jedoch bereits im Hinblick auf die in Relation zum urkundlich belasteten Gebiet geringe Größe des antragsgegenständlichen Grundstücks und des damit verbundenen Regelungsinteresses keinerlei Veranlassung bestehe, sei eine Ablösung der Nutzungsrechte somit im Ergebnis nach den Bestimmungen des WWSG nicht möglich.
Der Beschwerdeführer berief.
Im Verfahren vor der belangten Behörde stellte der Beschwerdeführer noch den Antrag auf Durchführung einer Gesamtablöse betreffend sämtliche im Lastenblatt der EZ 440 angeführten Servitutsrechte und bezeichnete diesen Antrag als Eventualantrag zur begehrten Einzelablösung.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 4. Februar 1999 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der Eventualantrag wurde zurückgewiesen.
In der Begründung heißt es, die urkundliche Belastung des Grundstückes Nr. 1309/5 mit Einforstungsrechten (Dienstbarkeiten der Weide sowie des Holz- und Streubezuges) stamme aus den Jahren 1865 bis 1872. Das seinerzeit ungeteilte Grundstück Nr. 1309 sei, wie durch Grundbuchabfrage erhoben worden sei, in die Grundstücke Nr. 1309/1 bis 1309/11 geteilt worden. Von diesen Grundstücken seien grundbücherlich mit den gegenständlichen Einforstungsrechten die Grundstücke Nr. 1309/1 bis 1309/5 belastet. Die Belastungsfläche weise ein Gesamtausmaß von 5563 m2 auf. Das ungeteilte Grundstück Nr. 1309 habe ein Flächenausmaß von 1,0980 ha gehabt. Das Grundstück Nr. 1309/5 des Beschwerdeführers sei zwar als Bauland/Wohngebiet gewidmet, sei jedoch unbebaut. In der Natur stelle sich dieses Grundstück als zweischnittige Wiese mittlerer Bonität (Aussage des am Ortsaugenschein am 12. August 1998 teilnehmenden landwirtschaftlichen Amtssachverständigen) dar. Es weise im Bereich zwischen Grundstück Nr. 1307 und Grundstück Nr. 1300/15 eine Verflachung auf und steige zur westlich vorbeiführenden Gemeindestraße hin steil an. Angrenzend an die im Südosteck vorbeiführende Gemeindestraße sei das Grundstück flach. Die Grundstücke Nr. 1309/2, 1309/4 und 1309/5 grenzten, wie der beigeschaffte Lageplan zeige, aneinander und bildeten ein in sich geschlossenes arrondiertes Servitutsgebiet. Vom ebenfalls belasteten Grundstück Nr. 1309/1 seien diese drei Grundstücke lediglich durch das öffentliche Gut (Straßen und Wege), Grundstücke Nr. 1309/8 und 1782/1 getrennt. Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, die Ausübung der Nutzungsrechte auf seinem Grundstück sei objektiv unmöglich. Offenbar wolle er damit die von ihm behauptete offensichtliche Entbehrlichkeit der Einforstungsrechte für die berechtigte Liegenschaft untermauern. Beim Ortsaugenschein am 12. August 1998 habe sich jedoch kein Anhaltspunkt dafür ergeben, dass die Ausübung der Einforstungsrechte, jedenfalls der Weiderechte, nicht möglich sein sollte. Die behauptete jahrzehntelange Nichtausübung der Nutzungsrechte rechtfertige keineswegs die Annahme der (dauernden) Entbehrlichkeit. Diese Annahme, von der der Beschwerdeführer ausgehe, würde einer Verjährung der Nutzungsrechte gleichkommen, die jedoch durch § 2 Abs. 2 WWSG ausgeschlossen sei. Zu berücksichtigen sei auch, dass die gegenständlichen Einforstungsrechte hauptsächlich zu Gunsten von geschlossenen Höfen bestünden (nach dem aktuellen Grundbuchstand seien 32 geschlossene Höfe und 16 walzende Liegenschaften berechtigt), was nicht für die Annahme einer die Ablösung in Geld rechtfertigenden dauernden Entbehrlichkeit nach § 26 Abs. 1 lit. b WWSG aller auf Grundstück Nr. 1309/5 lastenden Nutzungsrechte und damit gegen die Möglichkeit der gänzlichen Lastenfreistellung des Grundstückes Nr. 1309/5 spreche.
Nach § 18 Abs. 3 lit. a WWSG sei eine Ablösung insbesondere dann unzulässig, wenn dadurch die wirtschaftliche Abrundung des verpflichteten Grundstückes zerstört werde. Dies treffe im vorliegenden Fall zu. Durch die vom Beschwerdeführer begehrte "Lastenfreistellung" des Grundstückes Nr. 1309/5 würde das verpflichtete Grundstück, worunter nicht nur ein einzelnes Grundstück, sondern das Servitutsgebiet zu verstehen sei, wesentlich verkleinert und seine wirtschaftliche - im Sinne von vorteilhafter, zweckmäßiger - Abrundung verlieren.
Ein Servitutenverfahren sei ein "Verfahren zur Regulierung oder Ablösung". Auch wenn man die vom Beschwerdeführer angestrebte "Lastenfreistellung" nicht als Ablösung, sondern als eine Maßnahme der Regulierung bzw. Neuregulierung ansehen wollte, stehe einer solchen Entlastung die Bestimmung des § 9 Abs. 2 WWSG entgegen, weil eine Neuregulierung sowohl die Ergänzung als auch die Änderung der Servitutenregulierungsurkunden bezwecke, um sie geänderten Bedürfnissen anzupassen und so die volle und beste wirtschaftliche Ausnutzung der Rechte zu erreichen. Dem Ziel, die volle und beste wirtschaftliche Ausnutzung der Rechte zu erreichen, könne wohl nicht entsprochen werden, wenn die auf Grundstück Nr. 1309/5 lastenden Einforstungsrechte aufgehoben würden.
Der Einleitungsbescheid vom 21. März 1996 enthalte hinsichtlich der verpflichteten Liegenschaften die eindeutige Beschränkung auf EZ 440, bestehend aus Grundstück Nr. 1309/5. Es liege daher die rechtskräftige Einleitung eines Servitutenverfahrens in einem eingeschränkten Umfang vor. Voraussetzung für die positive Abwicklung eines Regulierungs- oder Ablösungsverfahrens sei, wenn die Regulierung oder Ablösung nur für einen Teil der Berechtigten oder Verpflichteten erfolgen solle, dass die Servitutslast dadurch nicht drückender werde. Mit den verfahrensgegenständlichen Nutzungsrechten seien auf Grund grundbücherlicher Eintragung auch Liegenschaften Dritter belastet, welche die durch das Ausscheiden der Liegenschaft des Beschwerdeführers aus dem Kreis der Verpflichteten entstehende Mehrbelastung zusätzlich solidarisch tragen müssten. Daraus ergebe sich im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1996, 93/07/0030, die Unzulässigkeit der vom Beschwerdeführer angestrebten Lastenfreistellung, da der Schutz der Liegenschaften dieser dritten Personen vor einer Mehrbelastung nicht gewährleistet sei, da sich das eingeleitete Servitutenverfahren auf ihre Liegenschaften nicht erstrecke. Es wäre Sache des Beschwerdeführers, die Einleitung eines umfassenden Servitutenverfahrens zu erwirken.
Der in der Verhandlung vor der belangten Behörde gestellte Eventualantrag stelle sich als eine Erweiterung des Berufungsantrages dar, die weder den Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides noch des Einleitungsbescheides vom 21. März 1996 bilde. Dieser Eventualantrag sei daher zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 29. November 1999, B 525/99-6, ihre Behandlung ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides - und zwar erkennbar nur im Umfang der Abweisung der Berufung - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit erblickt der Beschwerdeführer darin, dass die belangte Behörde zu Unrecht die Voraussetzungen für eine Ablöse der Einforstungsrechte verneint habe. Dass diese Einforstungsrechte dauernd entbehrlich seien, ergebe sich aus den eingeholten Amtssachverständigengutachten.
Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt der Beschwerdeführer darin, dass die belangte Behörde ohne ausreichende Ermittlungen davon ausgehe, die Genehmigung der beantragten Ablöse würde eine Benachteiligung Dritter nach sich ziehen. Außerdem sei ein Ortsaugenschein vorgenommen worden, zu dem der Beschwerdeführer nicht beigezogen worden sei. Schließlich sei der Vorsitzende der belangten Behörde bereits in erster Instanz tätig geworden, was eine Verkürzung des Instanzenzuges bewirke.
Schließlich meint der Beschwerdeführer, die §§ 2 Abs. 2 und 7 Abs. 2 WWSG seien verfassungswidrig.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 2 Abs. 2 WWSG findet eine Verjährung von Nutzungsrechten durch Nichtausübung derselben nicht statt.
Nach § 7 Abs. 2 leg. cit. hat der auf belasteten Grundstücken zur Zeit eines Verfahrens bestehende Kulturzustand auf die Feststellung des Rechtsumfanges ohne Einfluss zu bleiben.
Beide Bestimmungen sind im Beschwerdefall nicht präjudiziell, weshalb auch eine Anfechtung derselben beim Verfassungsgerichtshof nicht in Frage kommt.
Der erstinstanzliche Bescheid ist nicht vom Vorsitzenden der belangten Behörde unterfertigt. Dass dieser früher einmal mit dem Beschwerdegegenstand bei seiner Tätigkeit bei der AB zu tun gehabt hat, stellt keinen Befangenheitsgrund dar. Eine Verkürzung des Instanzenzuges liegt dadurch ebenfalls nicht vor.
Nach § 8 Abs. 1 WWSG können Nutzungsrechte der in § 1 bezeichneten Art auf Antrag oder von Amts wegen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes reguliert oder abgelöst werden, auch wenn sie bereits nach älteren Vorschriften reguliert oder neu reguliert worden sind.
Nach § 8 Abs. 5 leg. cit. kann eine Regulierung oder Ablösung nur für einen Teil der Berechtigten oder Verpflichteten auf Antrag dieser Berechtigten oder Verpflichteten stattfinden, doch darf der Ertrag der Nutzungsrechte der übrigen Berechtigten dadurch nicht geschmälert und die Servitutslast dadurch nicht drückender werden.
Die von § 8 Abs. 5 WWSG geschaffene Möglichkeit, eine Ablösung nur für einen Teil der Verpflichteten vorzunehmen, wenn die Servitutslast dadurch nicht drückender wird, zeigt, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass es auch Ablösungen von Nutzungsrechten für einzelne Verpflichtete gibt, die nicht dazu führen, dass die Servitutslast drückender wird. Es ist daher in jedem Einzelfall zu prüfen, ob bei einer solchen Ablösung für einzelne Verpflichtete die Servitutslast drückender wird oder nicht.
Die belangte Behörde geht in der Begründung ihres Bescheides davon aus, dass bei Ablösung der Nutzungsrechte nur für das Grundstück des Beschwerdeführers die Servitutslast für die übrigen Verpflichteten drückender würde.
Für diese Annahme fehlt eine ausreichende Begründung.
Der in erster Instanz beigezogene Amtssachverständige für Landwirtschaft hat in seinem Gutachten ausgeführt, auf Grund der Lage der belasteten Grundparzellen, der starken Verbauung in diesem Bereich und der äußerst starken Verkehrsentwicklung auf der Pass Thurn-Straße sei eine Ausübung der Weiderechte heute als absolut unmöglich zu bezeichnen.
Dem Gutachten des forsttechnischen Amtssachverständigen ist zu entnehmen, dass das Grundstück des Beschwerdeführers schon seit Menschengedenken unbewaldet ist und daher für Holzbezugsrechte ausscheidet.
Dieser Zustand der belasteten Liegenschaft führt zwar nicht zum Erlöschen der auf ihm lastenden Rechte, da nach § 7 Abs. 2 WWSG der auf belasteten Grundstücken zur Zeit eines Verfahrens bestehende Kulturzustand auf die Feststellung dieses Rechtsumfanges ohne Einfluss zu bleiben hat; warum es aber angesichts dieses offenbar "irreparablen" Zustandes der belasteten Liegenschaft beim Ausscheiden derselben aus dem Kreis der Verpflichteten zu einer Mehrbelastung kommen sollte, welche die übrigen Verpflichteten solidarisch tragen müssten, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid meint, ist nicht ersichtlich. Eine Auseinandersetzung mit den Gutachten des Amtssachverständigen für Landwirtschaft und des forsttechnischen Amtssachverständigen ist weder im erstinstanzlichen Bescheid noch im angefochtenen Bescheid erfolgt. Es ist daher auch nicht zu ersehen, dass diese Gutachten unzutreffend wären.
Der vorliegende Fall unterscheidet sich daher von dem durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1996, 93/07/0030, entschiedenen in einem wesentlichen Punkt. Im vorliegenden Beschwerdefall indizieren die Gutachten der Amtssachverständigen das Vorliegen eines Sachverhaltes, der es auszuschließen scheint, dass im Falle der Ablösung der auf dem Grundstück des Beschwerdeführers lastenden Nutzungsrechte die Servitutslast der verbleibenden Verpflichteten drückender wird. In dem dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1996, 93/07/0030, zu Grunde liegenden Fall hingegen lag ein solcher Sachverhalt nicht vor; vielmehr ergab sich sogar aus dem Vorbringen der damaligen Beschwerdeführer, dass im Fall des Ausscheidens ihrer Grundstücke aus dem belasteten Gebiet der durch § 8 Abs. 5 WWSG verpönte Effekt einzutreten drohte. Die damaligen Beschwerdeführer haben nämlich damit argumentiert, dass einer der übrigen Belasteten ohnehin bereit sei, ihre Servitutslast zu übernehmen. Auf das erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes konnte sich die belangte Behörde daher angesichts des im vorliegenden Fall anders gelagerten Sachverhaltes nicht stützen. Eine Aussage des Inhalts, dass in jedem Fall eines Ausscheidens eines belasteten Grundstückes aus dem belasteten Gebiet zwingend die Gefahr drohe, es werde dadurch die Servitutslast drückender und es müsse daher in allen diesen Fällen eine Einbeziehung aller übrigen belasteten Grundstücke erfolgen, enthält das Erkenntnis nicht.
Nach § 18 Abs. 2 WWSG ist die Ablösung unzulässig, wenn hiedurch allgemeine Interessen der Landeskultur oder volkswirtschaftliche Interessen verletzt oder der ordentliche Wirtschaftsbetrieb des berechtigten Gutes oder der Hauptwirtschaftsbetrieb des verpflichteten Grundstückes gefährdet werden oder wenn sie übereinstimmend von Berechtigten und Verpflichteten abgelehnt wird.
§ 18 Abs. 3 lit. a WWSG erklärt die Ablösung insbesondere dann für unzulässig, wenn dadurch die wirtschaftliche Abrundung des verpflichteten Grundstückes zerstört wird.
Die belangte Behörde meint, dass durch eine Ablösung der Nutzungsrechte allein auf dem Grundstück des Beschwerdeführers die wirtschaftliche Abrundung des verpflichteten Grundstückes, worunter das gesamte belastete Gebiet zu verstehen sei, zerstört werde.
§ 18 Abs. 3 lit. a WWSG, der eine Ablösung von Nutzungsrechten für unzulässig erklärt, wenn dadurch die wirtschaftliche Abrundung des verpflichteten Grundstückes zerstört wird, dient dem Schutz des verpflichteten Grundstückes. Der Ausdruck "verpflichtetes Grundstück" ist in diesem Zusammenhang nicht auf ein einzelnes Grundstück im liegenschaftsrechtlichen Sinn beschränkt, sondern kann auch mehrere Grundstücke umfassen, wenn diese zu einer wirtschaftlichen Einheit im Sinne eines Wirtschaftsbetriebes gehören. Dies ergibt sich aus der Generalklausel des § 18 Abs. 2 WWSG, welche von einer Gefährdung des "Hauptwirtschaftsbetriebes des verpflichteten Grundstückes" spricht, also offensichtlich mit dem "verpflichteten Grundstück", dessen Schutz die Bestimmung dient, wirtschaftliche Einheiten im Sinne eines Wirtschaftsbetriebes meint. Nach der Aktenlage bildet das Grundstück des Beschwerdeführers mit anderen verpflichteten Grundstücken keine wirtschaftliche Einheit im Sinne eines Wirtschaftsbetriebes. Inwiefern die wirtschaftliche Abrundung dieses Grundstückes durch die Ablösung der darauf lastenden Einforstungsrechte zerstört werden könnte, ist nicht ersichtlich.
Nach § 26 Abs. 1 WWSG ist die Ablösung von Nutzungsrechten in Geld nur dann und insoweit zulässig, als entweder
a) das belastete Grundstück dauernd außer Stande ist, die Bezüge zu decken, und die Heranziehung eines bisher nicht belasteten Ersatzgrundstückes aus dem Grundbesitz des Verpflichteten unzulässig ist oder die Zuweisung eines solchen Grundstückes den Berechtigten eine wesentliche Wirtschaftserschwerung bereiten würde oder
b) die Rechte für das berechtigte Gut dauernd entbehrlich sind oder
c) das berechtigte Gut einen dauernden Ersatz gefunden hat, sodass es die Rechte nicht mehr benötigt.
Die belangte Behörde geht davon aus, dass eine dauernde Entbehrlichkeit der auf dem Grundstück des Beschwerdeführers lastenden Rechte für die berechtigten Liegenschaften nicht gegeben sei.
Die hiefür gegebene Begründung ist nicht nachvollziehbar.
Es ist in diesem Zusammenhang neuerlich auf die Ausführungen in den Gutachten des Amtssachverständigen für Landwirtschaft und des forsttechnischen Amtssachverständigen zu verweisen, die das Gegenteil indizieren, wobei dahingestellt werden kann, ob der von diesen Sachverständigen konstatierte Sachverhalt den Tatbestand des § 26 Abs. 1 lit. b WWSG oder jenen der lit. a leg. cit. erfüllt. Mangels Auseinandersetzung mit diesen Gutachten in den Bescheiden beider Instanzen ist nicht zu erkennen, dass die Aussagen in diesem Gutachten nicht zutreffen. Welche Bedeutung die von der belangten Behörde angeführte Tatsache haben soll, dass die Einforstungsrechte hauptsächlich zu Gunsten von geschlossenen Höfen bestehen, ist nicht ersichtlich.
Einer Ablösung lediglich auf dem Grundstück des Beschwerdeführers lastenden Einforstungsrechte könnte allerdings § 18 Abs. 4 WWSG entgegenstehen. Diese Bestimmung lautet:
"Liegen keine Umstände vor, welche die Ablösung im Sinne der Absätze 2 und 3 hindern, so können die Nutzungsrechte auch nur teilweise abgelöst und die restlichen Nutzungsrechte einer Regulierung unterzogen werden."
Zu einer vergleichbaren Bestimmung im Salzburger Einforstungsrechtegesetz, LGBl. Nr. 74/1986 (§ 24 Abs. 3), hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29. Oktober 1996, Slg. NF Nr. 14.550/A, ausgesprochen, dass diese Bestimmung eine abschließende Regelung über die Zulässigkeit einer Teilablösung darstellt und dass eine Teilablösung nur gleichzeitig mit einer Ergänzungsregulierung vorgenommen werden darf.
Würde dies auch für den vorliegenden Fall gelten, dann hätte die belangte Behörde eine Teilablösung für das Grundstück des Beschwerdeführers zu Recht verweigert. Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid der AB vom 21. März 1996 wurde nämlich die Einleitung eines Servitutenverfahrens (nur) hinsichtlich der auf dem Grundstück Nr. 1309/5 lastenden Einforstungsrechte verfügt. Mit diesem Bescheid wurde in einer für die im weiteren Verfahren ergehenden Entscheidungen bindenden Weise der Regulierungsgegenstand in örtlicher und sachlicher Hinsicht festgelegt. Solange durch den Einleitungsbescheid das Verfahren auf das Grundstück des Beschwerdeführers beschränkt ist, wäre eine Regulierung der auf den übrigen Grundstücken des belasteten Gebietes bestehenden Nutzungsrechte nicht möglich (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1996, 93/07/0030). Wäre eine Teilablösung nur gemeinsam mit einer Regulierung zulässig, dann müsste im gegenwärtigen Stadium des Verfahrens eine Teilablösung scheitern.
Nun sieht aber § 8 Abs. 5 WWSG unter bestimmten Voraussetzungen eine Ablösung nur für einen Teil der Verpflichteten vor.
§ 8 WWSG regelt die Voraussetzungen der Regulierung, Neuregulierung oder Ablösung; er enthält Bestimmungen darüber, unter welchen Voraussetzungen ein Regulierungs- oder Ablösungsverfahren eingeleitet werden kann, insbesondere auch, wer antragsberechtigt ist.
Die Einfügung der Regelungen des Abs. 5 in diesen Zusammenhang legt den Schluss nahe, dass § 8 Abs. 5 WWSG es ermöglicht, ein auf einen Teil der Verpflichteten beschränktes Ablösungsverfahren einzuleiten. Ermächtigt aber das Gesetz zur Durchführung eines Verfahrens, welches von vornherein auf einen Teil der Verpflichteten und damit auch auf einen Teil des belasteten Gebietes beschränkt ist, dann scheidet für ein solches Verfahren zwangsläufig die Anwendung des § 18 Abs. 4 WWSG, der eine Erfassung des gesamten belasteten Gebietes in Form einer Ablösung und einer Regulierung der nicht abgelösten Rechte vorsieht, aus. § 8 Abs. 5 WWSG und § 18 Abs. 4 leg. cit. stehen in einem Widerspruch zueinander, der ihre gleichzeitige Anwendung unmöglich macht. Mit einer auf bestimmte Verpflichtete und auf ein bestimmtes Gebiet beschränkten Einleitung eines Ablösungsverfahrens wird der Verfahrensgegenstand in räumlicher Hinsicht festgelegt. Es kann daher in einem so beschränkten Verfahren nicht zu einer gleichzeitigen Regulierung der übrigen, nicht in das Verfahren einbezogenen Grundstücke kommen. § 18 Abs. 4 WWSG findet daher nur auf jene Verfahren Anwendung, die nicht auf die Ablösung der Nutzungsrechte für einen Teil der Verpflichteten beschränkt sind.
Dem steht auch nicht entgegen, dass sich in einem solchen Verfahren mit eingeschränktem Umfang die Notwendigkeit einer Regulierung der übrigen, nicht in das Verfahren einbezogenen Einforstungsrechte herausstellen kann. In diesem Fall kann es eben zu keiner Ablösung auf der Basis des § 8 Abs. 5 WWSG nur für einen Teil der Verpflichteten kommen, sondern es muss das Verfahren eingestellt oder entsprechend erweitert werden.
Diesem Ergebnis steht auch nicht das bereits zitierte, zum Salzburger Einforstungsrechtegesetz ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Oktober 1996, Slg. NF Nr. 14.550/A, entgegen. Abgesehen davon, dass das Salzburger Einforstungsrechtegesetz sich vom Tiroler WWSG insofern unterscheidet, als es ein eingeschränktes Verfahren nicht für einen Teil der Verpflichteten, sondern nur für einen Teil der Berechtigten kennt, handelte es sich bei dem diesem Erkenntnis zu Grunde liegenden Fall um einen solchen, bei dem nicht bereits im Einleitungsbescheid eine Beschränkung in personeller oder räumlicher Hinsicht erfolgte. Zur Frage des Verhältnisses von § 24 Abs. 3 des Salzburger Einforstungsrechtegesetzes zu § 12 Abs. 1 leg. cit., der eine Ergänzungsregulierung nur für einen Teil der Berechtigten für zulässig erklärt, wurde in dem Erkenntnis nichts ausgesagt. In dem Erkenntnis wurde lediglich zum Ausdruck gebracht, dass es nach dem Salzburger Einforstungsrechtegesetz nicht zulässig war, einen Teil der in das Einforstungsverfahren einbezogenen Nutzungsrechte abzulösen und die Entscheidung über die übrigen Nutzungsrechte einem weiteren Bescheid vorzubehalten.
Aus den dargestellten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid, so weit mit ihm die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde, als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Gegen die Zurückweisung des Eventualantrages wird in der Beschwerde nichts vorgebracht.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 29. Juni 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000070007.X00Im RIS seit
06.03.2001Zuletzt aktualisiert am
09.07.2009