Entscheidungsdatum
21.11.2017Norm
AlVG §25Spruch
W238 2167813-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin EGGER und Mag. Josef WURDITSCH als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Korneuburg vom 13.04.2017, GZ XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 27.07.2017, GZ XXXX , betreffend Verpflichtung zur Zahlung eines Sonderbeitrages zur Arbeitslosenversicherung gemäß § 25 Abs. 2 AlVG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 AMPFG beschlossen:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 4, § 17, § 28 Abs. 1, § 31 Abs. 1 VwGVG und §§ 32, 33 AVG als verspätet zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Korneuburg (im Folgenden: AMS) vom 13.04.2017 wurde der nunmehrige Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 2 AlVG iVm § 2 Abs. 1 AMPFG zur Zahlung eines Sonderbeitrages zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von EUR 236,45 verpflichtet. Begründend führte das AMS im Wesentlichen aus, dass XXXX (Anm.: die Ehefrau des Beschwerdeführers) im Zuge von Erhebungen durch Organe der Finanzpolizei am 18.03.2017 bei der Ausübung von Dienstverrichtungen für die Firma XXXX am Betriebsort in XXXX angetroffen worden sei. Eine zeitgerechte Anmeldung zur Sozialversicherung sei nicht erfolgt. Weiters enthält der Bescheid nähere Ausführungen zur Bemessung des Sonderbeitrages.
2. Ausweislich des Verwaltungsaktes wurde eine Zustellung des Bescheides mittels RSb-Sendung vorgenommen. Aus dem Rückschein ergibt sich, dass der Beschwerdeführer die Sendung am 18.04.2017 persönlich übernommen hat.
3. Am 08.06.2017 langte beim AMS ein mit 10.05.2017 datierter Einspruch (richtig: Beschwerde) ein. Darin führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass seine Gattin nur ab und zu im Rahmen der ehelichen Beistandspflicht ausgeholfen habe. Da er und seine Frau zwei Kinder hätten, habe seine Frau auch nicht so viel Zeit, um regelmäßig auszuhelfen.
4. Mit Bescheid des AMS vom 27.07.2017, zugestellt am 28.08.2017, wurde eine Beschwerdevorentscheidung erlassen, mit der die "Beschwerde vom 10.05.2017 (eingelangt am 08.06.2017)" gegen den Bescheid des AMS vom 13.04.2017 gemäß §§ 7 und 14 VwGVG iVm § 56 Abs. 2 AlVG als verspätet eingebracht zurückgewiesen wurde.
Nach Wiedergabe der dem Bescheid zugrunde gelegten Rechtsvorschriften führte das AMS begründend im Wesentlichen aus, dass der angefochtene Bescheid vom 13.04.2017 dem Beschwerdeführer mittels RSb-Sendung nachweislich am 18.04.2017 zugestellt worden sei. Die vierwöchige – mit Zustellung des Bescheides am 18.04.2017 beginnende – Beschwerdefrist habe am 16.05.2017 geendet. Die Beschwerde sei am 08.06.2017 persönlich beim AMS eingebracht worden. In Folge Ablaufs der Beschwerdefrist sei die Beschwerde als verspätet eingebracht zurückzuweisen.
5. Mit per E-Mail eingebrachter Eingabe vom 08.08.2017 langte beim AMS fristgerecht ein als Einspruch bezeichneter Vorlageantrag des Beschwerdeführers ein. Darin führte er aus, dass er den Einspruch (gemeint wohl: die Beschwerde) zeitgerecht erhoben habe. Er habe diese nicht persönlich, sondern per Post eingebracht. Es sollte der Poststempel gelten. Der Fehler des Beschwerdeführers sei lediglich darin gelegen, dass er den Brief nicht eingeschrieben abgeschickt habe.
6. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben der belangten Behörde vom 17.08.2017 vorgelegt. Im Begleitschreiben des AMS wurde unter Bezugnahme auf das Vorbringen des Beschwerdeführers im Vorlageantrag ausgeführt, dass aufgrund des Eingangsstempels auf der Beschwerde anzunehmen sei, dass diese doch per Post übermittelt worden sei. Ein Kuvert sei jedoch nicht auffindbar. Wann die Beschwerde nun tatsächlich zur Post gegeben wurde, sei daher nicht überprüfbar. Die Beschwerde sei mit 10.05.2017 datiert, jedoch erst am 08.06.2017 bei der regionalen Geschäftsstelle des AMS eingelangt. Ein Postenlauf von fast einem Monat sei in Österreich nicht üblich. Weiters wurde angemerkt, dass dem Beschwerdeführer der Eingang der Beschwerde (08.06.2017) mit Schreiben der Behörde vom 09.06.2017 bestätigt worden sei. Der Beschwerdeführer habe daraufhin kein Vorbringen erstattet. Das AMS habe daher von einer verspäteten Einbringung der Beschwerde ausgehen können.
7. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.08.2017 wurde dem Beschwerdeführer das Begleitschreiben der belangten Behörde vom 17.08.2017 zur Kenntnis gebracht und ihm in Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit eingeräumt, eine Stellungnahme dazu abzugeben. Weiters wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit gegeben, nähere Angaben zur Einbringung der Beschwerde zu machen. Diesbezüglich wurden vom Bundesverwaltungsgericht insbesondere die Fragen aufgeworfen, an welchem Tag die Beschwerde zur Post gegeben wurde, ob die Beschwerde (bereits frankiert) in einen Briefkasten eingeworfen oder bei einer Postdienststelle aufgegeben wurde und wo die Beschwerde aufgegeben wurde. Dem Beschwerdeführer wurde freigestellt, zwecks Glaubhaftmachung des Tages der Postaufgabe Bescheinigungsmittel vorzulegen (z.B. Vorlage einer Rechnung über das Sendungsentgelt) oder sonstige Beweismittel anzuführen. Schließlich wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden, sofern eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragt wird.
Der Beschwerdeführer ließ dieses Schreiben unbeantwortet.
8. Am 29.10.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Eingabe des Beschwerdeführers ein, in der er die Wiederaufnahme des Verfahrens aufgrund neuer Beweise begehrte. Unter einem legte er einen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 19.09.2017 betreffend Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens nach dem ASVG vor. Diese Eingabe wurde beim Bundesverwaltungsgericht zu Zahl W238 2167813-2 protokolliert.
9. Der Antrag auf Wiederaufnahme samt Beilage wurde mit Verfügung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.11.2017 gemäß § 6 AVG iVm § 17 VwGVG zuständigkeitshalber an das AMS weitergeleitet, wobei insbesondere auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen wurde, wonach ein verspätet eingebrachtes Rechtsmittel die formelle Rechtskraft eines Bescheides nicht wieder beseitigt und daher einem Wiederaufnahmeantrag auch nicht entgegensteht. Des Weiteren wurde darauf hingewiesen, dass die Anhängigkeit einer Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht einer Anwendung des § 68 Abs. 2 AVG nicht zuwiderläuft.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Bescheid des AMS vom 13.04.2017 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 2 AlVG iVm § 2 Abs. 1 AMPFG zur Zahlung eines Sonderbeitrages zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von EUR 236,45 verpflichtet.
Der Bescheid wurde am 18.04.2017 rechtswirksam durch persönliche Übernahme seitens des Beschwerdeführers zugestellt.
Die dagegen erhobene, mit 10.05.2017 datierte Beschwerde langte am 08.06.2017 bei der belangten Behörde ein.
Die Beschwerde wurde vom Beschwerdeführer (nicht eingeschrieben) zur Post gegeben.
Die Frist für die Einbringung der Beschwerde endete am 16.05.2017.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerde vor Ablauf dieser Frist (bis spätestens am 16.05.2017) zur Post gegeben wurde.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Zustellvorgang des angefochtenen Bescheides beruhen auf dem vorliegenden unbedenklichen und gut lesbaren RSb-Rückschein. Dieser stellt als Zustellschein eine öffentliche Urkunde dar, welche die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich hat (vgl. dazu näher die nachfolgende rechtliche Beurteilung). Auf diesem unbedenklichen Rückschein ist die persönliche Übernahme der Sendung durch den Beschwerdeführer am 18.04.2017 vermerkt.
Der Beschwerdeführer hat im gesamten Verfahren kein Vorbringen erstattet, das am Vorliegen einer ordnungsgemäßen Zustellung zweifeln ließe.
Die Datierung der Beschwerde und der Zeitpunkt ihres Einlangens ergeben sich aus der im Verwaltungsakt einliegenden Beschwerde samt Eingangsstempel der Behörde. Im Übrigen hat der Beschwerdeführer nie behauptet, dass die Beschwerde zu einem früheren Zeitpunkt beim AMS eingelangt wäre.
Dass die Beschwerde vom Beschwerdeführer (nicht eingeschrieben) zur Post gegeben wurde, ergibt sich aus dem diesbezüglich glaubhaften Vorbringen im Vorlageantrag, welches von der belangten Behörde anlässlich der Beschwerdevorlage insoweit bestätigt wurde, als auch das AMS – in Abkehr zur Feststellung in der Beschwerdevorentscheidung – mit Blick auf den Eingangsstempel auf der Beschwerde die Annahme traf, dass diese doch per Post übermittelt wurde.
Hinsichtlich der Bestimmung des Fristenlaufs für die Einbringung der Beschwerde wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen verwiesen.
Aus folgenden beweiswürdigenden Erwägungen konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerde vor Ablauf dieser Frist (bis spätestens am 16.05.2017) zur Post gegeben wurde:
Im Vorlageantrag führte der Beschwerdeführer zur Rechtzeitigkeit seiner Beschwerde aus, dass er den Einspruch (richtig: die Beschwerde) "zeitgerecht" erhoben habe. Er habe die Beschwerde nicht persönlich, sondern per Post eingebracht. Es sollte der Poststempel gelten. Der Fehler des Beschwerdeführers sei lediglich darin gelegen, dass er den Brief nicht eingeschrieben abgeschickt habe.
An welchem Tag und an welchem Ort die Beschwerde zur Post gegeben wurde, führte der Beschwerdeführer nicht an.
Seitens der belangten Behörde wurde zwar anlässlich der Beschwerdevorlage eingeräumt, dass die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid per Post erhoben worden sein dürfte. Ein Kuvert wurde jedoch offenbar nicht aufgefunden und ist auch nicht Bestandteil des vorliegenden Verwaltungsaktes. Eine Feststellung des Tages der Postaufgabe anhand des allenfalls auf dem Kuvert ersichtlichen Aufgabedatums scheidet daher aus. Vom AMS wurde in diesem Zusammenhang aber auch auf die Diskrepanz zwischen der Datierung der Beschwerde (10.05.2017) und ihrem Einlangen bei der belangten Behörde (08.06.2017) hingewiesen.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich insoweit der Einschätzung der Behörde an, dass ein Postenlauf von fast einem Monat in Österreich nicht üblich ist. Den eigenen Angaben der österreichischen Post zufolge erreichen 95 % der Briefe, die in Österreich versandt werden, am nächsten Arbeitstag ihr Ziel. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass Briefsendungen ausnahmsweise einem (erheblich) längeren Postenlauf unterliegen.
Aus diesem Grund wurde dem Beschwerdeführer seitens des Bundesverwaltungsgerichtes die Gelegenheit eingeräumt, eine Stellungnahme zum ergänzenden Vorbringen der belangten Behörde zu erstatten, sowie die Behauptung der Rechtzeitigkeit der Beschwerde – insbesondere durch Angabe von Tag und Ort der Postaufgabe – zu konkretisieren (vgl. dazu Punkt I.7.). Dem Beschwerdeführer wurde auch freigestellt, zwecks Glaubhaftmachung des Tages der Postaufgabe Bescheinigungsmittel vorzulegen (z.B. Vorlage einer Rechnung über das Sendungsentgelt) oder sonstige Beweismittel anzuführen.
Das Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes blieb jedoch unbeantwortet.
Der Beschwerdeführer hat im gesamten Verfahren keine Bescheinigungsmittel vorgelegt, welche die von ihm behauptete rechtzeitige Erhebung der Beschwerde untermauern könnten. In einem solchen Fall ist das erkennende Gericht auf die Angaben des Beschwerdeführers angewiesen. Dabei genügen aber nicht bloße Behauptungen, sondern es bedarf einer entsprechenden Glaubhaftmachung durch den Beschwerdeführer. Angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdeführer, obwohl er dazu vom Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich eingeladen wurde, nicht einmal versucht hat, seine Behauptung, wonach er die Beschwerde "zeitgerecht" erhoben habe, durch – allenfalls weitere Ermittlungsschritte des Bundesverwaltungsgerichtes ermöglichende – Angaben darüber zu konkretisieren, wann und wo er die Beschwerde zur Post gegeben hat, war das Vorbringen des Beschwerdeführers als nicht glaubhaft anzusehen, zumal zu erwarten gewesen wäre, dass der Beschwerdeführer im Falle einer tatsächlich rechtzeitig erfolgten Beschwerdeerhebung an der Feststellung des Sachverhalts entsprechend mitwirkt.
In Zusammenschau der bereits aufgezeigten Diskrepanz zwischen Datierung der Beschwerde und ihrem Einlangen bei der Behörde mit der Tatsache, dass sich der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht verschwiegen hat, ist somit im Ergebnis davon auszugehen, dass die Beschwerde tatsächlich erst nach Ablauf der Beschwerdefrist aufgegeben wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.
3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
3.3. Der Behörde steht es gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung).
Abweichend von der Bestimmung des § 14 Abs. 1 VwGVG beträgt die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die Geschäftsstelle gemäß § 56 Abs. 2 zweiter Satz AlVG zehn Wochen.
Vorliegend hat der Beschwerdeführer mit am 08.06.2017 eingelangter Eingabe Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom 13.04.2017 erhoben. Dem AMS stand es somit grundsätzlich gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG iVm § 56 Abs. 2 AlVG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zehn Wochen mittels Beschwerdevorentscheidung aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass die Beschwerdevorentscheidung vom 27.07.2017 – rechtswirksam zugestellt am 28.08.2017 – innerhalb der zehnwöchigen Frist erlassen wurde.
Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Insoweit der Vorlageantrag ein zur ursprünglichen Beschwerde konkretisiertes Vorbringen enthält, stellt dies eine Erweiterung der ursprünglichen Beschwerde dar (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 8 zu § 15 VwGVG unter Hinweis auf AB 2112 BlgNR 24. GP 3, wonach aus der Regelung des § 15 VwGVG geschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag nicht zu begründen hat, ihn aber begründen kann).
Gegenstand des Verfahrens des Bundesverwaltungsgerichtes ist die Beschwerde vom 08.06.2017 gegen den Ausgangsbescheid des AMS vom 13.04.2017. Dieser ist Maßstab dafür, ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht (s. VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026). Ist die Beschwerde nicht zulässig, so ist sie vom Verwaltungsgericht zurückzuweisen, wobei der Beschluss des Verwaltungsgerichtes an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung tritt, dies mit der Wirkung, dass die Rechtskraft des Ausgangsbescheides festgestellt wird (vgl. auch dazu VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026, mit Hinweis auf VwGH 26.06.2014, Ro 2014/10/0068).
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:
3.4. Die Bescheidbeschwerde ist schriftlich (in Form eines Schriftsatzes) bei der belangten Behörde einzubringen (§ 12 VwGVG).
Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (= Parteibeschwerde) dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung.
Im vorliegenden Fall wurde in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides vom 13.04.2017 zutreffend darauf hingewiesen, dass gegen den Bescheid binnen vier Wochen nach Zustellung schriftlich Beschwerde bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle eingebracht werden kann. Die Rechtsmittelbelehrung entspricht auch sonst den Anforderungen des § 61 Abs. 1 AVG.
Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats (§ 32 Abs. 2 AVG).
Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen (33 Abs. 2 AVG).
Bei der Frist zur Einbringung der Beschwerde handelt es sich um eine durch Gesetz festgesetzte Frist, die nicht verlängerbar ist (§ 33 Abs. 4 AVG). Sie ist eine prozessuale (formelle) Frist, sodass die Tage des Postenlaufes nicht einzurechnen sind (§ 33 Abs. 3 AVG).
Das Dokument ist dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen (§ 13 Abs. 1 ZustG).
Die Zustellung ist vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden (§ 22 Abs. 1 ZustG).
3.5. Nach den Beurkundungen des Zustellorgans wurde die RSb-Sendung vom Beschwerdeführer am 18.04.2017 persönlich übernommen. Dieser bestätigte die Übernahme des Bescheides auf dem Zustellnachweis durch seine Unterschrift.
Bei dem genannten Rückschein handelt es sich als Zustellschein um eine öffentliche Urkunde, die die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich hat, dass die Zustellung den Angaben auf dem Zustellschein entsprechend erfolgt ist. Diese Vermutung ist widerlegbar. Behauptet jemand, es lägen Zustellmängel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die im Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/02/0156; 11.11.2015, Ra 2015/04/0086, je mwN). Dazu bedarf es jedoch konkreter Darlegungen und eines entsprechenden Beweisanbotes (vgl. etwa VwGH 27.07.2007, 2006/10/0040; 21.07.2011, 2007/18/0827 mwN).
Festzuhalten ist, dass der Beschwerdeführer keine Zustellmängel behauptet hat.
Der genannte Bescheid wurde am 18.04.2017 rechtswirksam zugestellt.
3.6. Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge hat vor einer Zurückweisung eines Rechtsmittels wegen Verspätung entweder von Amts wegen überprüft zu werden, ob ein Zustellmangel unterlaufen ist, oder es ist der Partei die Verspätung ihres Rechtsmittels vorzuhalten. Wird ohne vorangegangenen Vorhalt von einer Verspätung des Rechtsmittels ausgegangen, ist das Risiko einer Entscheidungsbehebung zu tragen (vgl. VwGH 11.03.2016, Ra 2015/06/0088 mwN).
Ausweislich des Verwaltungsaktes wurde dem Beschwerdeführer vor Zurückweisung der Beschwerde kein Verspätungsvorhalt gemacht.
3.7. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 276 BAO alt (idF vor BGBl. I Nr. 14/2013) können die in einer Berufungsvorentscheidung erstmals getroffenen Sachverhaltsfeststellungen, denen der Abgabepflichtige nicht entgegentritt, als richtig angesehen werden, weil einer Berufungsvorentscheidung auch die Wirkung eines Vorhaltes zukommt. Im Hinblick auf die Wirkung der Berufungsvorentscheidung als Vorhalt ist es demnach Sache der Partei, sich im Vorlageantrag mit dem Ergebnis dieser Ermittlungen auseinander zu setzen und die daraus gewonnenen Feststellungen zu widerlegen (vgl. etwa VwGH 23.05.1996, 94/15/0024; 28.05.2008, 2006/15/0125, je mwH).
Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ist diese Rechtsprechung auf Beschwerdevorentscheidungen iSd § 14 VwGVG (hier: iVm § 56 Abs. 2 AlVG) insofern übertragbar, als auch ihnen die Wirkung eines Vorhaltes zukommt.
Mit der Begründung der Beschwerdevorentscheidung wurde dem Beschwerdeführer die Versäumung der Rechtsmittelfrist vorgehalten. Nachdem er mit der Verspätung der von ihm eingebrachten Beschwerde konfrontiert wurde, erstattete der Beschwerdeführer im Vorlageantrag ein Vorbringen zur behaupteten Rechtzeitigkeit der Beschwerde.
Demnach habe der Beschwerdeführer den Einspruch (richtig: die Beschwerde) "zeitgerecht" per Post erhoben. Nähere Angaben, an welchem Tag und an welchem Ort die Beschwerde zur Post gegeben wurde, enthält der Vorlageantrag nicht.
3.8. Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung unter Punkt II.2 ausführlich dargelegt, ist es dem Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen nicht gelungen, die rechtzeitige Erhebung der Beschwerde (im Wege ihrer Postaufgabe vor Ablauf der Beschwerdefrist) glaubhaft zu machen, zumal der Beschwerdeführer weder die ihm vom Bundesverwaltungsgericht eingeräumte Möglichkeit wahrgenommen hat, eine Stellungnahme zum ergänzenden Vorbringen der belangten Behörde betreffend die Diskrepanz zwischen Datierung der Beschwerde und Zeitpunkt ihres Einlangens zu erstatten, noch (zumindest) die Behauptung der Rechtzeitigkeit der Beschwerde – durch Angabe von Tag und Ort der Postaufgabe – konkretisiert hat.
Angesichts des Umstandes, dass eine Postaufgabe vor Ablauf der Beschwerdefrist nicht festgestellt werden konnte, vermag auch das im § 33 Abs. 3 AVG vorgesehene Privileg der Nichteinrechnung des Postenlaufes in den Lauf der Frist der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.
3.9. Da der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer am 18.04.2017 rechtswirksam zugestellt wurde, endete die Frist für die Erhebung der Beschwerde am 16.05.2017. Die nach Ablauf der Beschwerdefrist aufgegebene, am 08.06.2017 bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerde erweist sich somit als verspätet.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß zurückzuweisen.
Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen ist dem Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Verspätung verwehrt (vgl. VwGH 16.11.2005, 2004/08/0117).
3.10. Im vorliegenden Beschwerdefall konnte die Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG entfallen, weil die Beschwerde zurückzuweisen war.
Ergänzend ist im Beschwerdefall aus dem Blickwinkel von Art. 6 EMRK (Art. 47 GRC) auf den Umstand hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer vom Bundesverwaltungsgericht bei Einräumung des Parteiengehörs auf die Möglichkeit hingewiesen wurde, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu beantragen, indem ihm seitens des Verwaltungsgerichtes mitgeteilt wurde, dass – sollte er eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragen – eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung in Aussicht genommen werde. Der Beschwerdeführer hat sich daraufhin nicht mehr geäußert.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung bereits in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Zu den einen Entfall der Verhandlung nach Art. 6 EMRK rechtfertigenden Umständen gehört auch der (ausdrückliche oder schlüssige) Verzicht auf die mündliche Verhandlung. Nach der Rechtsprechung kann die Unterlassung eines Antrags auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung von der Rechtsordnung unter bestimmten Umständen als (schlüssiger) Verzicht auf eine solche gewertet werden. Zwar liegt ein solcher Verzicht dann nicht vor, wenn eine unvertretene Partei weder über die Möglichkeit einer Antragstellung belehrt wurde, noch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie von dieser Möglichkeit hätte wissen müssen (vgl. VfSlg. 16.894/2003 und 17.121/2004; VwGH 26.04.2010, 2004/10/0024; VwGH 12.08.2010, 2008/10/0315; VwGH 30.01.2014, 2012/10/0193). Dies ist hier aber angesichts des erwähnten Umstands eines entsprechenden Hinweises an den Beschwerdeführer und der ihm explizit eingeräumten Gelegenheit zur Antragstellung nicht der Fall. Die unterbliebene Antragstellung kann vor diesem Hintergrund als schlüssiger Verzicht im Sinne der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK gewertet werden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. dazu insbesondere Punkt II.3.3., II.3.5. und II.3.6.); darüber hinaus hing die Entscheidung über die Frage der Rechtzeitigkeit der Beschwerde lediglich von bereits ausjudizierten – nicht übermäßig komplexen – Rechtsfragen ab.
Schlagworte
Rechtsmittelfrist, Verspätung, Zurückweisung, ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:W238.2167813.1.00Zuletzt aktualisiert am
18.12.2017