Norm
PVG §2 Abs1Schlagworte
Antragslegitimation von Mitgliedern eines PVO; Grundsätze der Interessenvertretung; Interessenabwägung; keine Verfolgung von Einzelinteressen bei Interessenkollision; Interessen des Dienstbetriebs; Ermessenspielraum der PVO; gesetzwidrige Entscheidung der PV; Hinausgabe von Rundschreiben (Informationsfoldern) an die Bediensteten; Beschlussfassung über Rundschreiben (Informationsfolder); Inhalt von Rundschreiben (Informationsfoldern); Verbot parteipolitischer Betätigung; Ausnahme vom Verbot parteipolitischer Betätigung; Verdacht des DA auf das Vorliegen parteipolitischer Betätigung; keine Zuständigkeit der PVAB für § 43 Abs. 2 WG 2001Text
A 13-PVAB/17
Bescheid
Die Personalvertretungsaufsichtsbehörde (PVAB) hat durch ihre Mitglieder Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI als Vorsitzende sowie Dr.in Anita PLEYER als Vertreterin des Dienstgebers und Dr. Wolfgang SETZER als Vertreter der Dienstnehmer/innen über den Antrag von Vzlt A, Vzlt B und OStv C, die Geschäftsführung des Dienststellenausschusses beim *** (DA) wegen des Beschlusses des DA, seinen Verdacht auf das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung durch einen Informationsfolder der Wählergruppe X dem Dienststellenleiter mit dem Ersuchen um Prüfung weiterzuleiten, und wegen des Beschlusses des DA, die Bediensteten mit einem Rundschreiben „Informationsfolder der X; Richtigstellung durch das PV-Organ“ zu informieren, auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen, sowie festzustellen, dass der Informationsfolder der X nicht als parteipolitische Betätigung iSd § 43 des Wehrgesetzes 2001 (WG 2001), BGBl. I Nr. 146/2001, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2015, gesehen werden kann, gemäß § 41 Abs. 1 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes, BGBl. Nr. 133/1967, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 119/2016, entschieden:
1. Insoweit sich der Antrag gegen die beiden oben näher bezeichneten Beschlüsse des DA richtet, wird er mangels Gesetzwidrigkeit der Geschäftsführung des DA abgewiesen.
2. Insoweit sich der Antrag auf die Feststellung richtet, der verfahrensgegenständliche Informationsfolder sei von der Ausnahme des § 43 Abs. 2 letzter Satz WG 2001 erfasst, wird er mangels Zuständigkeit der PVAB zurückgewiesen.
Begründung
Mit Schreiben vom 28. Juli 2017, in der PVAB eingelangt am 31. Juli 2017, beantragten die Antragsteller gemäß § 41 Abs. 1 PVG, die Geschäftsführung des DA zu den beiden im Spruch näher bezeichneten Beschlüssen des DA als gesetzwidrig festzustellen sowie festzustellen, dass der verfahrensgegenständliche Informationsfolder nicht als parteipolitisch iSd § 43 WG 2001 gesehen werden kann.
Mit Schriftsatz vom 7. August 2017, GZ A 13-PVAB/17-3, wurde der DA zur Stellungnahme zum Antragsvorbringen binnen zwei Wochen aufgefordert. Die Stellungnahme des DA langte fristgerecht am 21. August 2017 in der PVAB ein. Aufgrund des Antragsvorbringens und der Stellungnahme des DA erachtete die PVAB folgenden Sachverhalt als erwiesen:
In seiner Sitzung vom 7. April 2017 beschloss der DA, dem insgesamt 12 Mitglieder angehören, zu TOP 17 (Inhaltliche Betrachtung hinsichtlich Relevanz für den DA und verwaltungsstrafrechtlicher Tatbestände – Unterpunkt 17/1: Sachverhalt zuständigkeitshalber an den Kommandanten zur Prüfung unten angeführter Punkte) mehrheitlich (drei Gegenstimmen), den Verdacht auf das Vorliegen parteipolitischer Betätigung durch die X in dem verfahrensgegenständlichen Informationsfolder an den DL mit dem Ersuchen um Prüfung heranzutragen. Der Verdacht des DA auf parteipolitische Betätigung wurde durch folgende zwei Passagen in diesem Informationsfolder hervorgerufen (Zitat):
? „Die letzten Bundespräsidentenwahlen haben bereits gezeigt, dass die Bevölkerung den verknöcherten Altparteien nichts mehr zutraut, sie wurden abgewählt. Eine neue Zeit bricht an.“
? „Die X und die Y unterstützen weiterhin die Z, um die gerechte Anrechnung der Pensionszeiten für Zeitsoldaten zu erhalten: Ein neuerlicher Vorstoß der Abgeordneten D zur Aufhebung der 30 Monate-Deckelung am 31. Jänner 2017 wurde allerdings von den Regierungsparteien (SPÖ/ÖVP) im Parlament niedergestimmt. Daran erkennt jeder leicht die Durchsetzungskraft der in der GÖD zusammengefassten FCG/FSG bei ihren Mutterparteien SPÖ und ÖVP, sie geht de facto gegen Null!“
Zudem beschloss der DA in seiner Sitzung vom 7. April 2017 zu TOP 17 (Unterpunkt 17/2: Eine Richtigstellung durch das PV-Organ an ALLE Bedienstete im Vertretungsbereich des DA zu senden), dieses Rundschreiben gleichfalls mehrheitlich (drei Gegenstimmen) und übermittelte in Folge sein mit 7. April 2017 datiertes Schreiben „Informationsfolder der X – Richtigstellung durch das PV-Organ“ an die Bediensteten, in dem Klarstellungen zu den Vorwürfen der X aus der Sicht des DA vorgenommen wurden.
Da das verfahrensgegenständliche Antragsvorbringen vom DA nicht bestritten wurde und der relevante Informationsfolder sowie das Bezug habende Protokoll der Sitzung des DA vom 7. April 2017, das DA-Schreiben an den DL vom 7. April 2017 zum Verdacht des DA auf parteipolitische Betätigung gemäß § 43 WG 2001 sowie das DA-Rundschreiben vom 7. April 2017 aktenkundig sind und vom DA in seiner Stellungnahme vom 21. Juli 2017 nicht bestritten wurden, steht der entscheidungsrelevante Sachverhalt unbestritten fest, weshalb ein Vorgehen gemäß § 45 Abs. 3 AVG nicht geboten war und die PVAB aus verfahrensökonomischem Gründen davon Abstand nahm.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 41 Abs. 1 PVG hat die Aufsicht durch die PVAB u.a. auf Antrag einer Person zu erfolgen, die die Verletzung ihrer Rechte durch gesetzwidrige Geschäftsführung eines Personalvertretungsorgans (PVO) behauptet. In seinen/ihren Rechten verletzt kann auch jede/r PV durch die Geschäftsführung des PVO sein, dem er/sie angehört. Die Verletzung kann durch einen Beschluss des PVO oder eine sonstige Geschäftsführungstätigkeit bzw. deren Unterlassung, aber auch durch ein Ausschussmitglied, dessen Verhalten dem PVO als Geschäftsführungsverhalten zuzurechnen ist, erfolgt sein. Das einzelne Mitglied eines PVO hat Anspruch darauf, dass auch die interne Geschäftsführung des PVO, dem es angehört, so geschieht, dass seine Rechte nicht verletzt werden, sofern es nicht selbst zuvor mit dem Vorgehen des PVO einverstanden war (Schragel, PVG, § 41, Rz 22, mwN; PAVB vom 19. Juni 2017, A 7-PVAB/17, mwN). Die Antragsteller sind Mitglieder des DA und haben in der DA-Sitzung vom 7. April 2017 gegen die Beschlüsse des DA zu TOP 17 dieser Sitzung, gegen die sich ihr Antrag richtet, gestimmt.
Ihre Antragslegitimation ist gegeben.
Zu Spruchpunkt 1
Zum Beschluss des DA, seinen Verdacht auf Verletzung des § 43 WG 2001 an den DL mit dem Ersuchen um Prüfung heranzutragen
§ 2 Abs. 1 erster Satz PVG spricht von den Bediensteten in der Mehrzahl. Daraus folgt, dass die Personalvertretung (PV) stets die Interessen der Gesamtheit der Bediensteten zu wahren und zu fördern hat. Das bedeutet nicht, dass sie nicht auch auf die Wahrung von Interessen einzelner Bediensteter hinwirken dürfte; sie hat aber immer eine Abwägung zwischen dem Einzelinteresse und dem Interesse der Gesamtheit der Bediensteten vorzunehmen und darf Einzelinteressen nur dann verfolgen, wenn dieses auch dem Interesse der Gesamtheit der Bediensteten entspricht (Schragel, PVG, § 2, Rz 16; PVAB vom 12. Oktober 2015, A 9-PVAB/15, mwN; PVAB vom 7. August 2017, A 8-PVAB/17, mwN).
Die Tätigkeit der PV hat sich also entsprechend den Vorgaben des PVG immer an den Interessen der Gesamtheit der Bediensteten zu orientieren, wobei die PV auch auf die Erfordernisse eines geordneten, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Dienstbetriebes Bedacht zu nehmen hat.
Dies kann dazu führen, dass der DA eine Maßnahme beantragt oder befürwortet, die für einzelne Bedienstete nachteilig ist, aber im Interesse der Gesamtheit der Bediensteten und eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebs geboten ist. Dazu zählt u.a. sogar, die Erstattung einer Disziplinaranzeige gegen Bedienstete anzuregen, deren Verhalten die Interessen der sich in der Regel wohlverhaltenden Bediensteten verletzt (Schragel, PVG, § 2, Rz 16, mwN).
Die Grundsätze, die die PV bei Erfüllung ihrer Aufgaben zu wahren und zu fördern hat, sind – so die ständige Rechtsprechung der Personalvertretungsaufsicht - im Gesetz nur sehr allgemein formuliert. Auch die dienstrechtlichen Gesetze und Vorschriften enthalten vielfach nur allgemeine Richtlinien, die im Einzelfall sehr verschieden verstanden und ausgelegt werden können. Da es sich dabei um Angelegenheiten handelt, bei denen die verschiedensten Gesichtspunkte zum Tragen kommen können, räumt das Gesetz nicht nur dem Dienstgeber, sondern auch der PV bei ihrer Geschäftsführung insofern einen weiten Spielraum ein, als sie bei der Beurteilung der Frage, was den Interessen der von ihr vertretenen Bediensteten am besten diene, zu verschiedenen - mangels auf jeden Einzelfall präzise anzuwendender Determinierung durch das Gesetz - weder in der einen noch in der anderen Richtung gesetzwidrigen Ergebnissen gelangen kann; eine Entscheidung der PV kann das Gesetz nur dann verletzen, wenn sie Grundsätze vertritt, die mit den nach § 2 Abs. 1 und 2 PVG zu wahrenden Grundsätzen in klarem Widerspruch stehen oder jede Auseinandersetzung mit der Problematik vermissen lassen (Schragel, PVG, § 2, Rz 17, mwN; PVAB vom 12. Oktober 2015, A 9-PVAB/15; PVAB vom 7. August 2017, A 8-PVAB/17, mwN).
Im vorliegenden Fall erhob sich für den DA aufgrund von zwei Textpassagen des Informationsfolders der X der Verdacht, es könne sich dabei um eine nicht von der Ausnahme des § 43 Abs. 2 zweiter Satz WG 2001 erfasste parteipolitische Betätigung handeln.
Die Richtigkeit dieses Verdachts vorausgesetzt, wäre dadurch den Intentionen des Gesetzgebers, nach dessen Vorgaben das Bundesheer als Einrichtung des Staates allen Bürgern in gleicher Weise zu dienen hat, weshalb von jeder parteipolitischen Betätigung unbedingt Abstand zu nehmen ist, diametral zuwidergehandelt, soll doch § 43 WG 2001 die Gewähr dafür bieten, den überparteilichen Charakter des Bundesheeres zu wahren und sein inneres Gefüge nicht durch parteipolitische Bestrebungen zu untergraben. Jede verbotene parteipolitische Betätigung innerhalb des Österreichischen Bundesheeres schädigt die Interessen der Gesamtheit der Bediensteten deshalb in hohem Maße.
Der DA ist daher befugt, seinen Verdacht auf das Vorliegen von verbotener parteipolitischer Betätigung gegenüber dem DL zu äußern und um Prüfung der Angelegenheit zu ersuchen.
Hält es der DA aus vertretbaren Gründen – wie im vorliegenden Fall – zur Wahrung der Interessen der Bediensteten für richtig, den DL um Prüfung seines Verdachts auf das Vorliegen verbotener parteipolitischer Betätigung zu ersuchen, ist dies im ihm vom Gesetzgeber eingeräumten weiten Spielraum des PVG gelegen, sofern die Grenzen des Ermessenspielraums – wie im vorliegenden Fall - nicht überschritten werden (Schragel, PVG, § 2, Rz 17 und 18, mwN).
Auch lag dem Schreiben des DA an den DL vom 7. April 2017 ein ordnungsgemäß nach den Vorgaben des PVG gefasster und im Sitzungsprotokoll dokumentierter Beschluss des DA zugrunde, dem neun der insgesamt zwölf DA-Mitglieder ihre Zustimmung erteilt hatten.
Die PVAB sieht sich angesichts des Umstandes, dass die Antragsteller DA-Mitglieder sind, in diesem Zusammenhang dazu veranlasst, ergänzend darauf zu verweisen, dass der DA nicht nur gemäß § 22 Abs. 3 PVG Mitglieder, die drei aufeinanderfolgenden Sitzungen ohne genügenden Entschuldigungsgrund fernbleiben, mit Zweidrittelmehrheit von der Mitgliedschaft zum DA ausschließen kann sowie nach § 28 Abs. 2 PVG zwingend die Zustimmung zur dienstrechtlichen Verfolgung seiner Mitglieder zu erteilen hat, sondern in Wahrnehmung seiner Interessenvertretungsaufgabe, wie bereits erwähnt, sogar selbst zur Anregung von Disziplinaranzeigen befugt ist (Schragel, PVG, § 2, Rz 16, mwN).
Der entsprechende Beschluss des DA und das diesen Beschluss ausführende Schreiben des DA an den DL erfolgten in gesetzmäßiger Geschäftsführung des DA.
Zum Rundschreiben des DA „Informationsfolder der X; Richtigstellung durch das PV-Organ“ vom 7. April 2017
Zu diesem Schreiben vertreten die Antragsteller die Auffassung, ein DA sei nicht befugt, „Meinungen anderer Fraktionen oder einzelner Personalvertreter in einen Beschluss eines PV-Organs zu fassen, um dies dann den Bediensteten so zu vermitteln, in dem nur das PVO als Meinungsbildner und Allwissender in Erscheinung tritt“, was vielmehr Aufgabe der einzelnen Personalvertreter/innen sei.
Nach ständiger Rechtsprechung der Personalvertretungsaufsicht ist die Hinausgabe von Informationsschreiben der PV an die zu vertretenden Bediensteten – aber nur an diese – zulässig, erfordert aber uneingeschränkte Sachlichkeit. Dies schließt die Vertretung von Standpunkten einer einzelnen Wählergruppe aus (PVAK vom 21. März 1996, A 63-PVAK/95).
Rundschreiben bedürfen einer vorherigen Beschlussfassung im PVO (PVAK vom 22. September 1998, A 27-PVAK/98) und sind als Teil der Erfüllung der Aufgaben der PV anzusehen, dürfen aber nicht über die Erfüllung dieses Zwecks hinausgehen und daher keine unsachlichen oder abfälligen Äußerungen enthalten (PVAK vom 21. April 1997, A 6-PVAK/97; PVAB vom 7. September 2015, A 13-PVAB/15, mwN).
Diesen Anforderungen entspricht das Rundschreiben des DA vom 7. April 2017, das der Berichterstattung über die Geschäftsführung des DA dient, durchgehend sachlich formuliert ist und keine unsachlichen oder abfälligen Äußerungen über die X oder Herabwürdigungen dieser wahlwerbenden Gruppe (Fraktion) enthält. Auch lag diesem Rundschreiben ein ordnungsgemäß gefasster und dokumentierter Beschluss des DA zugrunde, dem neun von insgesamt zwölf DA-Mitgliedern zustimmten. Das Rundschreiben diente der Berichterstattung über die Geschäftsführung des DA.
Eine Darstellung tatsächlicher Abläufe der Geschäftsführung des DA entgegen den von der X in ihrem Informationsfolder gegen die Vertreter der beiden anderen im DA vertretenen Fraktionen erhobenen Vorwürfe ist als nicht überzogen, sondern als angemessen zu beurteilen. Dies umso mehr, als das Rundschreiben die Reaktion auf den verfahrensgegenständlichen Informationsfolder war und die Wortwahl im Rundschreiben den Anforderungen an sachliche und nicht beleidigende oder herabwürdigende Formulierungen Rechnung trägt (anders als beispielsweise im Informationsfolder der X über andere Fraktionen: „Besserwisser“; „von einer demokratischen Entscheidung will man nichts wissen“; „brutales ‚vom Tisch wischen‘ des Themas“; „man will nicht wahrhaben, dass es auch andere Meinungen gibt“, etc.).
Der Meinung der Antragsteller, ein DA sei nicht befugt, „Meinungen anderer Fraktionen oder einzelner Personalvertreter in einen Beschluss eines PV-Organs zu fassen, um dies dann den Bediensteten so zu vermitteln, in dem nur das PVO als Meinungsbildner und Allwissender in Erscheinung tritt“, ist entgegenzuhalten, dass diese Meinung im PVG keine Deckung findet. Dazu kommt, dass demokratische Willensbildung durch Mehrheitsbeschlüsse in einem Kollegialorgan immer wieder dazu führen kann und führt, dass Minderheitsmeinungen überstimmt werden. Auch wurde im Rundschreiben des DA vom 7. April 2017 nicht etwa die Meinung einer einzelnen Wählergruppe entgegen den rechtlichen Vorgaben des PVG vertreten, sondern die Bediensteten im Vertretungsbereich des DA aus seiner mehrheitlichen Sicht von Angelegenheiten seiner Geschäftsführung informiert.
Da im Rundschreiben des DA vom 7. April 2017 keine Beleidigungen oder herabwürdigenden Bemerkungen enthalten sind und es sich dabei - wie bereits ausgeführt - um ein vom DA ordnungsgemäß beschlossenes und dokumentiertes klarstellendes sachliches Rundschreiben über die tatsächlichen Abläufe im Zusammenhang mit der Geschäftsführung des DA handelt, mit dem auf die Angriffe im gegenständlichen Informationsfolder reagiert wurde, erfolgte die Hinausgabe des Rundschreibens in gesetzmäßiger Geschäftsführung des DA.
Zu Spruchpunkt 2
§ 43 Abs. 2 WG 2001 lautet (Zitat):
„(2) Während des Dienstes und innerhalb des militärischen Dienstbereiches ist jede nach außen in Erscheinung tretende parteipolitische Betätigung, wie die Werbung für Ziele und Zwecke einer politischen Partei oder einer Wahlpartei, die Abhaltung von Versammlungen oder Kundgebungen in militärischen oder vom Bundesheer belegten Gebäuden und Räumen einschließlich der Kasernenhöfe und militärischen Anlagen, verboten. Von dem Verbot wird insbesondere die persönliche Information über politisches Tagesgeschehen aus allgemein zugänglichen Nachrichtenquellen nicht berührt.“
In der Regierungsvorlage zur Stammfassung des Wehrgesetzes in BGBl. Nr. 181/1955, die wortgleich den zweiten Satz des § 43 Abs. 2 WG 2001 enthielt, der auch heute noch unverändert dem geltenden Recht angehört, sind dazu folgende Erläuterungen enthalten (Zitat):
„Als Einrichtung des Staates ist das Bundesheer, das allen Bürgern in gleicher Weise zu dienen hat, von jeder parteipolitischen Verwendung unbedingt fernzuhalten. Im Gesetz sind daher Bestimmungen aufgenommen, die Gewähr bieten sollen, dass der überparteiliche Charakter des Bundesheeres gewahrt bleibt und sein inneres Gefüge nicht durch parteipolitische Bestrebungen untergraben wird. Hierzu gehören das Verbot jeder parteipolitischen Betätigung im Dienst und in militärischen Unterkunftsbereichen sowie das Verbot der Teilnahme an politischen Versammlungen, Demonstrationen und Aufmärschen von Soldaten in Uniform. Die Information aus allgemein zugänglichen und erlaubten Nachrichtenquellen, wie Zeitungen und Rundfunksendungen, fällt nicht unter den Begriff der parteipolitischen Betätigung.“
Die Ausnahme im zweiten Satz des § 43 Abs. 2 WG 2001 bezieht sich nach dem Wortsinn nur auf die persönliche – also eigene, für sich selbst vorgenommene - Information der Angehörigen des Österreichischen Bundesheeres über politisches Tagesgeschehen aus allgemein zugänglichen Nachrichtenmedien, wie Tageszeitungen und Nachrichtensendungen.
Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) vom 4. September 1990, 90/09/0050, VwSlg 13 254 (A), ist bei der Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes „parteipolitische Betätigung“ im WG 2001 davon auszugehen, dass auch eine parteipolitische Einzelhandlung, wie das Verteilen von Informationsmaterial, darunter fallen kann. Das politische Handeln muss jedoch eine gewisse Qualität haben, um „Betätigung“ iSd Wehrgesetzes zu sein. Dies folge schon aus dem Grundsatz der freien Meinungsäußerung (Art. 13 StGG und Art. 10 MRK), die nur innerhalb der gesetzlichen Schranken gewährleistet ist.
Zweck- und Verfassungskonformität des § 46 Abs. 3 (Anmerkung: heute § 43 Abs. 2) des Wehrgesetzes zwingen lt. VwGH mithin zu der Auslegung, unter „parteipolitischer Betätigung“ begrifflich solches Handeln zu verstehen, mit dem am parteipolitischen Konkurrenzkampf teilgenommen wird.
Die Antragsteller vertreten die Auffassung, der Informationsfolder der X sei von der Ausnahme des § 43 Abs. 2 zweiter Satz Wehrgesetz 2001 erfasst und beantragen, dies in der Entscheidung der PVAB festzustellen.
Die PVAB ist zur Beurteilung und Feststellung, ob der verfahrensgegenständliche Informationsfolder zur Gänze oder in bestimmten Passagen seines Textes „parteipolitische Betätigung“ iSd WG 2001 und damit eine Verletzung des entsprechenden Verbots in diesem Gesetz darstellen könnte, jedoch nicht zuständig. Dies zu beurteilen ist Aufgabe der zuständigen Dienstgeberorgane. Die Zuständigkeit der PVAB erstreckt sich ausschließlich auf die Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Geschäftsführung von PVO, auf die Prüfung von Beschwerden von PVO wegen behaupteter Verletzung des PVG durch Organe des Dienstgebers und auf die Erstattung von Gutachten nach § 10 Abs. 7 PVG.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 18. September 2017
Die Vorsitzende:
Sektionschefin i.R. Prof.in Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:PVAB:2017:A.13.PVAB.17Zuletzt aktualisiert am
19.12.2017