TE Lvwg Erkenntnis 2017/7/13 VGW-101/020/9119/2017, VGW-101/V/020/9120/2017, VGW-101/V/020/9121/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.07.2017
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Entscheidungsdatum

13.07.2017

Index

L55009 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BaumschutzG Wr 1974 §4 Abs1
BaumschutzG Wr 1974 §5 Abs1
AVG §8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Schopf über die Beschwerden des Herrn Mag. R. W. sowie der Frau Mag. N. W., der I. L. und der Dr. E. B., alle vertreten durch Dr. G., gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 18.05.2017, Zl. 1014090-2016,

zu Recht erkannt:

I.     Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit angefochtenem Bescheid wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf Zustellung des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 11.10.2016, Zl. 98085-2016 und auf bescheidmäßige Feststellung, dass den Antragstellern in dem mit zitiertem Bescheid vom 11.10.2016 abgeschlossenen Verfahren Parteistellung zukomme, zurückgewiesen

Dieser Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass das Magistratische Bezirksamt für den ... Bezirk mit dem Bescheid vom 11.10.2016, GZ.: 98085-2016 auf Antrag des Minderheitseigentümers Ing. A. W. die Bewilligung zur Entfernung einer auf der Liegenschaft O.-Straße, Wien, gelegenen Rosskastanie erteilt und gleichzeitig die Durchführung einer Ersatzpflanzung vorgeschrieben habe. Dieser Bescheid sei Ing. A. W. als Antragsberechtigten zugestellt worden und in Rechtskraft erwachsen. Bei der Frage der Antragsberechtigung habe es sich um eine Vorfrage gehandelt, die aufgrund eines Urteiles des Bezirksgerichtes ... sowie in diesem Verfahren getätigten Aussagen und einer Besichtigung vor Ort beurteilt worden sei. Es habe sich ergeben, dass Ing. A. W. Nutzungsberechtigter und daher Antragsberechtigter gewesen sei. Da dieser allein Nutzungsberechtigter des Gartenanteils, auf dem sich die verfahrensgegenständliche Kastanie befinde und auf dem auch die Ersatzpflanzung zu erfolgen habe, gewesen sei, sei er allein zur Antragstellung legitimiert gewesen.

Dagegen richtet sich die innerhalb offener Frist eingebrachte Beschwerde, in welcher die Antragsteller zusammengefasst gemeinsam vorbringen, sie alle seien Miteigentümer der gegenständlichen Liegenschaft EZ ..., KG ..., mit der Liegenschaftsadresse O.-Straße, Wien. Gemeinsam würden sie die Mehrheit der Miteigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft bilden. Der Antragsteller, Ing. A. W., sei zu 10/24 Teilen grundbücherlicher Minderheitseigentümer und habe den Antrag auf Bewilligung der Entfernung der Rosskastanie gestellt. Er verfüge weder über die Mehrheit der Anteile an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft noch über ein wie auch immer geartetes Bestand – und/oder Nutzungsrecht am gegenständlichen Kastanienbaum. Er sei daher nicht alleine antragslegitimiert gewesen. Dennoch habe die Behörde den in Rede stehenden Bescheid vom 11. Oktober 2016 erlassen und die Bewilligung der Entfernung des Baumes erteilt. Die Beschwerdeführer hätten weder Kenntnis vom genannten Verfahren gehabt noch sei ihnen der Bescheid zugestellt worden. Die Entfernung des Baumes habe gerade noch abgewendet werden können und daraufhin sei die Zustellung des Bescheides sowie die Feststellung der Parteistellung im Bewilligungsverfahren beantragt worden. Ihre Parteistellung ergebe sich aus der Zusammenschau der Bestimmungen der §§ 4 und 5 Wiener Baumschutzgesetz sowie des § 8 AVG. Die Vorgehensweise der Behörde, die Nutzungsberechtigung aus einem Gerichtsverfahren zu erschließen, grenze gegenständlich an Willkür und sei rechtlich nicht nachvollziehbar. Die Rechtskraft eines zivilgerichtlichen Urteils beziehe sich nur auf den Urteilsgegenstand, festgestellte Tatsachen, die nicht in den Urteilsspruch eingeflossen seien, seien nicht der Rechtskraft zugänglich. Das beim Bezirksgericht ... geführte Verfahren habe ausschließlich den Umfang des auf der Nachbarliegenschaft gelegenen Bestandsverhältnisses einer mit den hier beteiligten Personen nicht identen Person behandelt. Die Feststellungen zur vermeintlichen Nutzungsberechtigung von Ing. A. W. seien weder vom Streitgegenstand umfasst noch seien diese in den Urteilsspruch eingeflossen. Darüber hinaus beziehe die Erstbehörde sich bei der Feststellung der Antragslegitimation in einem Ende 2016 geführten Verfahren auf nicht der Rechtskraft zugängliche Feststellung in einem mehr als 6 Jahre alten Urteil. Die Klärung gegenständlicher Frage hätte somit nicht mit Berufung auf eine Vorfragenentscheidung sondern in einem eigenen Ermittlungsverfahren erfolgen müssen. Die Beiziehung der Beschwerdeführer als Miteigentümer gegenständlicher Liegenschaft hätte schon aufgrund der Möglichkeit der Beeinträchtigung ihrer Rechte erfolgen müssen. Da die Beschwerdeführer nicht dem Verfahren beigezogen worden seien, sei ihr rechtliches Gehör verletzt. Auch sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Behörde überhaupt eine Bewilligung nach § 4 Abs. 1 Baumschutzgesetz erteilt habe.

Beantragt wurde somit, das Verwaltungsgericht Wien wolle den Bescheid des Bezirksamtes vom 11.10.2016 zustellen, feststellen, dass den Beschwerdeführern im Verfahren zur Geschäftszahl 98085-2016 die Stellung als Partei zukomme, eine mündliche Verhandlung durchführen und in der Sache selbst entscheiden und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass den Anträgen der Beschwerdeführer stattgegeben werde. In eventu wurde beantragt, die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen.

Zufolge § 1 Abs. 1 des Gesetz zum Schutze des Baumbestandes in Wien (Wiener Baumschutzgesetz) ist zur Erhaltung einer gesunden Umwelt für die Wiener Bevölkerung der Baumbestand im Gebiete der Stadt Wien nach den Bestimmungen dieses Gesetzes geschützt ohne Rücksicht darauf, ob er sich auf öffentlichem oder privatem Grund befindet. Zum geschützten Baumbestand im Sinne dieses Gesetzes gehören alle Bäume, das sind Laub- und Nadelhölzer mit einem Stammumfang von mindestens 40 cm, gemessen in 1 m Höhe vom Beginn der Wurzelverzweigung, einschließlich ihres ober- und unterirdischen pflanzlichen Lebensraumes.

Nach § 2 Abs. 1 und 2 dieses Gesetzes ist jeder Grundeigentümer (Bauberechtigte) verpflichtet, den auf seinem Grundstück stockenden Baumbestand zu erhalten und obliegt im Falle der Bestandgabe oder sonstigen Überlassung zur Nutzung die Erhaltungspflicht dem Bestandnehmer oder sonstigen Nutzungsberechtigten.

Gemäß § 4 Abs. 1 leg.cit. bedarf das Entfernen von Bäumen einer behördlichen Bewilligung. Die Bewilligung ist bei Vorliegen der in den Ziffern 1 bis 6 genannten Voraussetzungen zu erteilen.

Nach § 5 Abs. 1 dieses Gesetzes ist antragsberechtigt für eine Bewilligung nach § 4 der Grundeigentümer (Bauberechtigte). Im Falle der Bestandgabe oder sonstigen Überlassung zur Nutzung ist unbeschadet allfälliger zivilrechtlicher Verpflichtungen auch der Bestandnehmer oder sonstige Nutzungsberechtigte zur Antragstellung berechtigt. Absatz 4 dieser Bestimmung normiert, dass die Bewilligungsbescheide dingliche Wirkung haben.

Vorweg ist festzuhalten, dass Gegenstand dieses Erkenntnisses weder die Rechtmäßigkeit des Bewilligungsbescheides noch die Zulässigkeit der diesem Bewilligungsbescheid zu Grunde liegenden Antragstellung sondern alleine die Frage ist, ob in dem vor dem Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk geführten Verfahren nach dem Wiener Baumschutzgesetz den Beschwerdeführern Parteistellung zukam und sie demzufolge einen Rechtsanspruch auf Zustellung des an Ing. W. erlassenen Bescheides haben.

Weder in der Beschwerde noch in einem sonstigen Schriftsatz wird folgender, auf Grund des unbedenklichen Akteninhaltes als erwiesen angenommener verfahrenswesentlicher Sachverhalt bestritten.

Die Beschwerdeführer sind, wie schon zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Bewilligung der Entfernung einer Rosskastanie durch Ing. W., Miteigentümer der Liegenschaft EZ ..., KG ..., mit der Liegenschaftsadresse O.-Straße, Wien.

Mit Schriftsatz vom 03.02.2016 beantragte der Bevollmächtigte im Namen von Ing. A. W. die Bewilligung zur Entfernung eines Rosskastanie auf der Liegenschaft Wien, O.-Straße. Darin ist noch keine Konkretisierung dahingehend enthalten, ob dieser Antrag von einem Eigentümer oder einem Nutzungsberechtigten gestellt wurde. Über Auftrag der Behörde, entsprechende Vollmachten vorzulegen, übermittelte der Antragsteller zum Beleg seines alleinigen Nutzungsrechtes das Urteil des Bezirksgerichtes ... vom 28.10.2010, 22 C 300/09/k – 20 und über weitere Aufforderung auch einen Plan betreffend die Grenzen der den Miteigentümern zur Nutzung überlassenen Gartenflächen und des Standortes des zu entfernenden Baumes. Nach Durchführung einer Augenscheinsverhandlung am 11.10.2016 erging der beantragte Bewilligungsbescheid, mit dem die beantragte Bewilligung erteilt und eine Ersatzpflanzung vorgeschrieben wurde.

Mit Schriftsatz vom 06.12.2016 beantragten die nunmehrigen Beschwerdeführer, allesamt (Mit)Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaft, die Zustellung des Bescheides vom 11.10.2016, GZ 98085-2016, in eventu die bescheidförmige Feststellung, dass ihnen im Verfahren zur GZ 98085-2016 Parteistellung zukomme. Dieser Antrag wurde von der belangten Behörde mit angefochtenem Bescheid zurückgewiesen.

Mit Erkenntnis vom 25.03.1986, 85/10/0040 sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass sich aus den §§ 4 Abs. 1 und 2, 5 Abs. 1 sowie 6 und 7 Wiener Baumschutzgesetz, LGBl 27/1974 ergäbe, dass dem Antragsteller - dieser müsse dem in § 5 Abs. 1 bezeichneten Personenkreis zugehören - ein Rechtsanspruch darauf eingeräumt sei, dass ihm bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (§ 4 Abs. 1) die von ihm begehrte behördliche Bewilligung erteilt werde. Insoweit nehme der Antragsteller - und nur dieser - als Partei an dem über seinen Bewilligungsantrag durchzuführenden Verfahren teil. Daraus folge unmittelbar, dass einem Nicht- Antragsteller Parteistellung in einem Bewilligungsverfahren nach § 4 Abs. 1 Z 4 nicht zukomme.

Gestützt auf diese Rechtsprechung führte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 03.07.2000, 99/10/0278 aus, das Wiener Baumschutzgesetz lasse die Erteilung einer Bewilligung zum Entfernen von Bäumen samt der Auferlegung der damit verbundenen Verpflichtung zur Vornahme von Ersatzpflanzungen nur an Personen zu, die eine Verfügungsberechtigung über das Grundstück als Grundeigentümer, Bauberechtigter, Bestandnehmer oder sonstiger Nutzungsberechtigter hätten. Dies ergäbe sich aus § 5 Abs. 1 leg.cit., der nur solchen Personen die Antragsberechtigung zugestehe. Aus diesem dem Gesetz zugrunde liegenden Konzept der Verbindung der Bewilligung mit der Nutzungsbefugnis ergäbe sich, dass (nur) die an einen Nutzungsbefugten im Sinne des § 5 Abs. 1 leg.cit. erteilte Bewilligung dingliche Wirkung in dem Sinn habe, dass die Bewilligung (samt der dazugehörigen Verpflichtung zur Ersatzpflanzung) mit dem Grundstück verbunden sei und im Falle eines Wechsels in der Person des Verfügungsberechtigten auf den neuen Verfügungsberechtigten übergehe. Hingegen könne eine entgegen dem Gesetz an einen nicht im Sinne des § 5 Abs. 1 des Wiener Baumschutzgesetzes über das Grundstück Verfügungsberechtigten erteilte Bewilligung nicht bewirken, dass die Bewilligung und die Ersatzpflanzungsverpflichtung mit dem Grundstück verbunden sei und damit der Grundstückseigentümer bzw. Verfügungsbefugte berechtigt und verpflichtet werde. Die Annahme, der einem nicht Verfügungsberechtigten gegenüber erlassene Bescheid berechtige und verpflichte den Grundeigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten, verbiete sich schon deshalb, weil diesem gegenüber der Bescheid nicht erlassen worden sei, er also auch keine Rechtsschutzmöglichkeit gehabt habe. Ein entgegen dem Wiener Baumschutzgesetz einem nicht über das Grundstück Verfügungsberechtigten erteilter Bescheid gehe aber nicht ins Leere. Er sei zwar rechtswidrig, aber wirksam. Die öffentlich-rechtliche Berechtigung aus diesem Bescheid komme dem Bescheidadressaten zu, desgleichen die Verpflichtung zur Ersatzpflanzung. Da die Bescheidwirkungen in einem solchen Fall von vornherein nicht mit dem Grundstück verbunden gewesen seien, komme auch ein Übergang der aus dem Bescheid resultierenden Verpflichtungen bei einem Übergang der Nutzungsbefugnisse am Grundstück nicht in Betracht. Die aus dem Bescheid resultierenden Rechte und Pflichten blieben beim ursprünglichen Bescheidadressaten. Die im § 5 Abs. 4 des Wiener Baumschutzgesetzes normierte dingliche Wirkung entfalle, da sie auf der Voraussetzung beruhe, dass die Bewilligung einem über das Grundstück Verfügungsberechtigten erteilt worden sei.

In seiner Entscheidung vom 23.12.1999, 99/06/0108 führte der Verwaltungsgerichtshof aus, das Salzburger BauPolG 1997 sehe eine Parteistellung des Grundeigentümers im Baubewilligungsverfahren nicht vor. Die Auffassung, dass der Grundeigentümer somit schlechter gestellt wäre als ein Nachbar, beruhe auf einer unzutreffend eingeschränkten Betrachtung, weil dabei nicht bedacht werde, dass der Grundeigentümer kraft seines Eigentumsrechtes eine nach dem Privatrecht unzulässige Bauführung auf seinem Grund zivilrechtlich unterbinden könne. Der Umstand, dass daher eine Zustimmung des Grundeigentümers nach den baurechtlichen Vorschriften nicht erforderlich sei, erscheine nicht verfassungswidrig.

Schon mit der zuvor ergangenen Entscheidung vom 25.04.1991, 90/06/0096 brachte der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck, dass sich aus den dort angewendeten Bestimmungen der Tiroler Bauordnung in der im Jahre 1971 in Geltung gestandenen Fassung eine Parteistellung eines vom Bauwerber verschiedenen Grundeigentümers nicht entnehmen lasse, zumal im Gegensatz zu neueren Bauvorschriften der Anspruch eines Bauwerbers auf Erteilung einer Baubewilligung von der Zustimmung des Eigentümers oder Miteigentümers des Grundstückes, das verbaut werden sollte, nicht abhängig gewesen sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe bereits in seinem Erkenntnis vom 31. Jänner 1972, Vwslg 8161/A, ausgesprochen, dass im Geltungsbereich der Tiroler Landesbauordnung keine Norm feststellbar sei, die den Anspruch eines Bauwerbers auf Erteilung einer Baubewilligung davon abhängig mache, dass derjenige, dessen Grund verbaut werden solle, der Bauführung zustimme. In dem zitierten Erkenntnis sei weiters ausgeführt worden, normativer Gehalt einer Baubewilligung sei nur der Ausspruch, dass dem bewilligten Bau kein im öffentlichen Recht fußendes rechtliches Hindernis entgegenstehe, während die Baubewilligung darüber, ob der bewilligte Bau nicht etwa vom Boden des Privatrechtes aus verhindert werden könne, nichts besage.

Da das Wiener Baumschutzgesetz für den Fall, dass ein Grundstück, auf dem ein zu entfernender Baum stockt, im Miteigentum mehrerer Personen steht, keine ausdrückliche Regelung für die Antragslegitimation enthält, wird dazu in Kroneder, „Wiener Naturschutzrecht“, Kurzkommentar, Manz 2014 S. 259 ff mit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.09.1993, 90/10/0141 zu einer vergleichbaren Bestimmung im Tiroler Naturschutzgesetz dahingehend argumentiert, dass sich die Beantwortung der Frage, wieviele Miteigentümer einen Antrag zu unterstützen hätten, aus der Privatrechtsordnung ableite und nach den zivilrechtlichen Vorschriften richte. So sei im Falle der ordentlichen Verwaltung (Entfernung etwa nach § 4 Abs. 1 Z 3 oder 1) lediglich die Mehrheit der Eigentümer für die Antragstellung erforderlich, wohingegen es bei Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung (etwa § 4 Abs. 1 Z 4 und 5) der Einstimmigkeit der Miteigentümer bedürfe. Weiters führen die Autoren aus, dass, da lediglich die Überlassung zur Nutzung die Legitimation zur Antragstellung auslöse, nur ein Nutzungsrecht zu dieser Antragstellung berechtige, das mit der Übertragung der Sache an die bestimmte Person (z.B. durch Miete oder Pacht) verbunden sei. Bei Gemeinschaftsflächen komme den einzelnen Nutzungsberechtigten somit kein Antragsrecht zu, bei Gärten, die in Wohnhausanlagen zur alleinigen Nutzung übertragen seien, seien hingegen die Nutzungsberechtigten alleine antragslegitimiert.

Schlussendlich vertreten die Autoren auch die Meinung, dass die Wendung „unbeschadet allfälliger zivilrechtlicher Verpflichtungen“ in § 5 Abs. 1 2. Satz Wiener Baumschutzgesetz ausdrücke, dass ein vom Nutzungsberechtigten ohne Wissen und Willen, wenn nicht sogar gegen den Willen des Grundeigentümers eingebrachter Bewilligungsantrag verwaltungsrechtlich zulässig und von der Behörde zu behandeln sei. Dem Grundeigentümer komme (mit Hinweis auf das zitierte Erkenntnis 85/10/0040) keine Parteistellung zu, allerdings seien zivilrechtliche Ersatzansprüche möglich.

Unter Zugrundelegung der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowie der wiedergegebenen Lehrmeinung ergibt sich daher keine Parteistellung der Beschwerdeführer im dem vorliegendem Beschwerdeverfahren vorangegangenen Bewilligungsverfahren nach dem Wiener Baumschutzgesetz und somit auch kein Recht auf Zustellung des Bescheides.

Der dem Bewilligungsverfahren zu Grunde liegende Antrag wurde alleine von dem Miteigentümer des Grundstückes, auf welchem der Baum stockt, dessen Entfernung beantragt wurde, Herrn Ing. W. eingebracht, wobei sich dieser zum Nachweis seiner Antragsberechtigung nicht auf seine Stellung als (Mit)Eigentümer sondern auf ein (behauptetes) Nutzungsrecht stützte. Das Verfahren wurde ohne Beiziehung weiterer Personen als Parteien des Verfahrens alleine mit dem Antragsteller geführt und durch Zustellung des Bewilligungsbescheides zum Abschluss gebracht. In dieser Vorgangsweise der Behörde, die als Partei des Verfahrens lediglich den Antragsteller herangezogen hat, kann im Lichte von Gesetzestext, Rechtsprechung und Lehrmeinung keine Rechtswidrigkeit erblickt werden. Alleine der Umstand, dass ein Bewilligungswerber im Bewilligungsverfahren betreffend eines mit einem Grundstück fest verbundenen Gegenstandes keine Identität mit dem Grundstückseigentümer aufweist oder sich nicht auf die Mehrheit der Grundstückseigentümer stützen kann, muss, wie der Verwaltungsgerichtshof im der zu Bauverfahren ergangenen Rechtsprechung klargestellt hat, nicht zwingend dazu führen, dass auch den betroffenen Grundstückseigentümern, gestützt auf § 8 AVG, im Bewilligungsverfahren Parteistellung einzuräumen ist. Im Gegenteil, neben der zur GZ 85/10/0040 vom Verwaltungsgerichtshof getroffenen Entscheidung spricht auch das Erkenntnis zur GZ 99/10/0278 gegen eine Parteistellung der antragstellenden Grundeigentümer, wäre ihnen doch sonst Rechtschutz eingeräumt. Ob Ing. W., wie von ihm behauptet und von der belangten Behörde als erwiesen angenommen, tatsächlich antragslegitimiert war, ist daher für die Parteistellung im Bewilligungsverfahren, die alleine an der Person des Antragstellers anknüpft, ohne Bedeutung.

Sollte dem Bewilligungsträger allerdings die Antragslegitimation gefehlt haben, so macht dies, wie der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat, den Bewilligungsbescheid zwar rechtswidrig, nicht aber rechtsunwirksam. Allerdings käme einem solchen Bescheid keine dingliche Wirkung mehr zu.

Gegenständlich aber hat die belangte Behörde, wie bereits ausgeführt, die Anträge der Beschwerdeführer zu Recht zurückgewiesen, weshalb auch die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Vorliegendenfalls waren die aufgeworfenen Rechtsfragen angesichts des unbestrittenen Wortlautes des zu Grunde liegenden Antrages wie des angefochtenen Bescheides an Hand der Beschwerde zu klären, wobei das Beschwerdevorbringen als Basis herangezogen wurde. Diesbezüglich hätte auch eine Erörterung in einer mündlichen Verhandlung nichts an den im vorliegenden Erkenntnis festgestellten und unbestrittenen Tatsachen geändert. Soweit Tatsachenfeststellungen der Behörde in der Beschwerde in Abrede gestellt wurden, wurde darauf nicht Bezug genommen. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Parteistellung; Grundstück; Grundeigentümer; Minderheitseigentümer; Mehrheitseigentümer; Schutz des Baumbestandes; Bewilligung; Entfernung eines Baumes; Ersatzpflanzung; Bauberechtigter; Nutzungsberechtigter; Antragsteller

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.101.020.9119.2017

Zuletzt aktualisiert am

19.12.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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