Entscheidungsdatum
04.12.2017Index
60 Gesundheits- und Sozialrecht (S)Norm
WFfG §3 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter MMag. Dr. Böhm-Gratzl über die Beschwerde des Dr. A. R., H.-gasse, Wien, vom 30.10.2017 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 9.10.2017, Zl. MBA ... - S 6243/17, betreffend eine Übertretung des § 3 Abs. 1 und 2 des (Wiener) Gesetzes über die verpflichtende frühe Förderung in Kinderbetreuungseinrichtungen – WFfG, LGBl. Nr. 21/2010, idF LGBl. Nr. 42/2016
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die mit dem angefochtenen Straferkenntnis verhängte Geldstrafe von EUR 100,– auf EUR 50,– und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Stunden auf drei Stunden herabgesetzt wird.
Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens bei der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 2 VStG mit EUR 10,– festgesetzt, das ist der gesetzliche Mindestkostenbeitrag.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gemäß § 25a Abs. 4 VwGG ist gegen dieses Erkenntnis eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig. Im Übrigen ist gemäß Abs. 1 par. cit. eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 9.10.2017 wurde dem Beschwerdeführer wie folgt zur Last gelegt:
„Sie haben als Erziehungsberechtigter Ihres zum Besuch einer geeigneten institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung verpflichteten Kindes, nämlich des N. R., geb. am ...2010, mit dem Hauptwohnsitz in Wien, H.-gasse, von 05.09.2016 bis 02.02.2017 entgegen Ihrer Verpflichtung gemäß § 3 Abs.2 des Wiener Frühförderungsgesetz - WFfG nicht dafür gesorgt, dass dieses Kind die Besuchspflicht während des gesamten verpflichtenden Kindergartenjahres im Ausmaß von mindestens 20 Stunden an mindestens vier Tagen pro Woche gemäß § 3 Abs.1 WFfG erfüllt, da keine Bestätigung einer Kinderbetreuungseinrichtung über den dortigen Besuch des Kindes erfolgt ist. Die Anzeige der häuslichen Erziehung ist erst am 17.02.2017 bei der Behörde eingelangt.“
(Unkorrigiertes Originalzitat)
Der Beschwerdeführer habe hiedurch § 3 Abs. 1 und 2 WFfG verletzt und wurde über ihn – mit näherer Begründung – gemäß § 7 leg. cit. eine Geldstrafe iHv EUR 100,– bzw. für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von sechs Stunden verhängt.
Hiegegen richtet sich die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde vom 30.10.2017, in welcher wie folgt vorgebracht wird:
„Wir müssen weiterhin darauf bestehen dass, die Paragraphen 3 Abs 1 und Abs 2 des WFfG im Falle unseres Sohnes nicht zutreffen, da er mit eindeutiger Dokumentation ohne jeglichen Zweifel in den Genuss frühkindlicher Erziehung in dem besagten Zeitraum vom 5.9.2016 bis Ende des Schuljahres gekommen ist. Die Anerkennung und Bewilligung der häuslichen Erziehung gem. dem Schreiben von Frau H. datiert 20.2.2017 (diesem Einspruch beigelegt) wurde uns von MA 11 als rückwirkend beschrieben. Mittlerweile hat MA 11 nach detailierter Dokumentation der häuslichen Erziehung angefragt und nach Einreichen der selbigen zu MA 11 von unserer Seite, hat die MA 11 diesen Fall ad acta gelegt. Das Schreiben von MA 11 (signiert durch Frau H., datiert 7.6.2017) ist diesem Einspruch ebenfalls beigelegt.“
(Unkorrigiertes Originalzitat)
Der Beschwerdeführer beantragt ein Absehen von seiner Bestrafung.
Die belangte Behörde nahm von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand und legte den Verwaltungsakt dem erkennenden Gericht (einlangend am 6.11.2017) vor.
Am 14.11.2017 nahm das Verwaltungsgericht Wien Einsicht in das Zentrale Melderegister, wobei festgestellt wurde, dass der Sohn des Beschwerdeführers, N. R., während des gesamten Tatzeitraumes (i.e. 5.9.2016 bis 2.2.2017) über eine Hauptwohnsitzmeldung in Wien verfügte.
Eine amtswegige Einsichtnahme in das Verwaltungsstrafregister der Stadt Wien am selben Tage brachte ebenso wenig verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen des Beschwerdeführers zu Tage wie eine auf Ersuchen des erkennenden Gerichtes erteilte Auskunft durch die Landespolizeidirektion Wien vom 15.11.2017.
Einer dahingehenden Aufforderung des Verwaltungsgerichtes Wien folgend, gab der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 1.12.2017 seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekannt.
Am selben Tage nahm das erkennende Gericht Einsicht in die Versicherungsdatenbank, wobei festzustellen war, dass der Beschwerdeführer zuletzt einer geringfügigen Beschäftigung nachgegangen ist.
Das Verwaltungsgericht Wien nimmt den folgenden – entscheidungserheblichen – Sachverhalt als erwiesen an:
Der am ...2010 geborene Sohn des Beschwerdeführers, N. R., verfügt durchgehend seit 1.6.2011 bis zuletzt über eine Hauptwohnsitzmeldung in Wien, zuletzt in Wien, H.-gasse. Der Beschwerdeführer hat nicht dafür gesorgt, dass sein Sohn in der Zeit von 5.9.2016 bis 2.2.2017 eine „geeignete institutionelle Kinderbetreuungseinrichtung“ im Sinne des § 2 Z 1 WFfG im Ausmaß von mindestens 20 Stunden an mindestens vier Tagen pro Woche besucht hat.
Zur Beweiswürdigung:
Die o.a. Meldedaten des N. R. gründen sich auf einen amtswegig beigeschafften Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 14.11.2017. Im Übrigen hat der Beschwerdeführer nicht bestritten, dass sein Sohn der Pflicht, eine Kinderbetreuungseinrichtung in obigem Sinne zu besuchen, im hier maßgeblichen Zeitraum (i.e. 5.9.2016 bis 2.2.2017) nicht nachgekommen ist. Er beruft sich hiezu zum einen auf zwei Schreiben des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 11, vom 20.2.2017 und 7.6.2017, in welchen die häusliche Erziehung des Kindes zur Kenntnis genommen wird. Zum anderen hat der Beschwerdeführer im behördlichen Verfahren eine Besuchsbestätigung einer US-amerikanischen Schule vom 21.4.2017 vorgelegt. Im Ergebnis werden damit jedoch rein rechtliche Fragen aufgeworfen, die es im Folgenden zu klären gilt, nicht jedoch wird der maßgebliche Sachverhalt bestritten, welcher sohin entscheidungsreif feststeht.
Das Verwaltungsgericht Wien hat hiezu erwogen:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in Verwaltungsstrafsachen die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen hat das Verwaltungsgericht stets in der Sache selbst zu entscheiden.
Auch in – wie hier – Verwaltungsstrafverfahren richtet sich der Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes grundsätzlich nach § 27 VwGVG. In diesem Rahmen ist das Verwaltungsgericht auch befugt, Rechtswidrigkeitsgründe aufzugreifen, die im Beschwerdeschriftsatz nicht vorgebracht wurden (vgl. etwa VwGH 26.3.2015, Ra 2014/07/0077).
Darüber hinaus ist jedoch das in § 42 leg. cit. normierte Verbot der „reformatio in peius“ zu berücksichtigen, welches nur dann nicht gilt, wenn – anders als im vorliegenden Fall – die Beschwerde nicht zu Gunsten des Bestraften erhoben wird. Eine Befugnis des Verwaltungsgerichtes zur Ausdehnung des Gegenstands des Beschwerdeverfahrens über die Sache des Verwaltungsstrafverfahrens im Sinne des § 50 Abs. 1 VwGVG hinaus wurde durch den Gesetzgeber nicht geschaffen und würde dies eine unzulässige Erweiterung des Tatvorwurfs und damit der Sache des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht darstellen (vgl. hiezu bspw. VwGH 5.11.2014, Ra 2014/09/0018).
Das erkennende Gericht hat auf Grund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seines Erkenntnisses zu entscheiden (vgl. VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076), wobei in – wie hier – Verwaltungsstrafsachen die Bestimmung des § 1 Abs. 2 VStG beachtlich ist (vgl. auch § 38 VwGVG).
Die hier relevanten Bestimmungen des (Wiener) Gesetzes über die verpflichtende frühe Förderung in Kinderbetreuungseinrichtungen – WFfG, LGBl. Nr. 21/2010, lautet in seiner – im Tatzeitraum geltenden und seitdem unveränderten – Fassung LGBl. Nr. 42/2016 – auszugsweise – wie folgt:
„Begriffsbestimmungen
§ 2. Im Sinne dieses Gesetzes
1. ist eine geeignete institutionelle Kinderbetreuungseinrichtung
a) ein gemäß dem Wiener Kindergartengesetz – WKGG, LGBl. für Wien Nr. 17/2003, in der jeweils geltenden Fassung, bewilligter Kindergarten,
b) ein Übungskindergarten, der einer öffentlichen Schule zum Zwecke lehrplanmäßig vorgesehener Übungen eingegliedert ist, oder
c) eine gemäß dem Wiener Tagesbetreuungsgesetz – WTBG, LGBl. für Wien Nr. 73/2001, in der jeweils geltenden Fassung, bewilligte Kindergruppe, sofern diese nach dem Wiener Bildungsplan und dem zusätzlichen integrierten Modul für 5-Jährige gemäß Art. 2 Abs. 5 der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Einführung der halbtägig kostenlosen und verpflichtenden frühen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen, LGBl. für Wien Nr. 53/2009, arbeitet, und
2. entspricht das verpflichtende Kindergartenjahr dem Unterrichtsjahr im Sinne des § 56 Wiener Schulgesetz – WrSchG, LGBl. für Wien Nr. 20/1976, in der jeweils geltenden Fassung.
Umfang der Besuchspflicht
§ 3. (1) Der Besuch der geeigneten institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung hat während des gesamten verpflichtenden Kindergartenjahres im Ausmaß von mindestens 20 Stunden an mindestens vier Tagen pro Woche zu erfolgen. Die Besuchspflicht beginnt mit dem 6. September 2010.
(2) Zum Besuch sind jene Kinder verpflichtet, die vor dem 1. September des jeweiligen Kalenderjahres das 5. Lebensjahr vollendet und ihren Hauptwohnsitz in Wien haben. Die Erziehungsberechtigten sind verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ihre Kinder die Besuchspflicht erfüllen.
(3), (4) [...]
Ausnahmen von der Besuchspflicht
§ 4. (1) Von der Besuchspflicht gemäß § 3 ausgenommen sind Kinder,
1. die vorzeitig die Schule besuchen (§ 7 Schulpflichtgesetz 1985, BGBl. Nr. 76, in der Fassung BGBl. I Nr. 113/2006),
2. denen auf Grund einer Behinderung, aus medizinischen Gründen oder auf Grund eines besonderen sonderpädagogischen Förderbedarfes der Besuch nicht zugemutet werden kann,
3. denen auf Grund der Entfernung zwischen Wohnort und nächstgelegener geeigneter institutioneller Kinderbetreuungseinrichtung der Besuch nicht zugemutet werden kann,
4. deren Betreuung durch eine Tagesmutter oder einen Tagesvater im Sinne des WTBG erfolgt, wenn der Leitfaden gemäß Art. 2 Abs. 6 der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Einführung der halbtägig kostenlosen und verpflichtenden frühen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen eingehalten wird,
5. deren Betreuung durch häusliche Erziehung erfolgt, wenn der Leitfaden gemäß Art. 2 Abs. 6 der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Einführung der halbtägig kostenlosen und verpflichtenden frühen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen eingehalten wird, oder
6. die eine institutionelle Kinderbetreuungseinrichtung in einem anderen Bundesland besuchen, sofern diese die nach den jeweiligen landesgesetzlichen Vorschriften notwendige Bewilligung und die nach der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Einführung der halbtägig kostenlosen und verpflichtenden frühen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen nötige Eignung besitzt.
(2), (3) [...]
Strafbestimmungen
§ 7. Die Nichterfüllung der in § 3 festgelegten Besuchspflicht stellt eine Verwaltungsübertretung dar und ist mit einer Geldstrafe bis zu 220 Euro zu bestrafen.“
Gemäß § 3 Abs. 2 WFfG ist Voraussetzung für die Annahme einer Besuchspflicht im Sinne des Abs. 1 par. cit., dass ein hiefür in Frage kommendes Kind vor dem 1. September des jeweiligen Kalenderjahres das fünfte Lebensjahr vollendet und seinen Hauptwohnsitz in Wien hat.
Im konkreten Fall hat der am ...2010 geborene Sohn des Beschwerdeführers am 30.9.2015, sohin vor dem 1.9.2016, das fünfte Lebensjahr vollendet und war von 1.6.2011 an bis zuletzt im Gebiet der Stadt Wien mit Hauptwohnsitz gemeldet. Der Sohn des Beschwerdeführers war sohin ab dem Beginn des verpflichtenden Kindergartenjahres am 5.9.2016 (vgl. § 2 Z 2 WFfG iVm § 56 Abs. 1 Wiener Schulgesetz, LGBl. Nr. 20/1976, idF LGBl. Nr. 6/2015) zum Besuch einer „geeigneten institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung“ im Sinne des § 2 Z 1 WFfG verpflichtet, ist dem jedoch unstrittig nicht nachgekommen.
Insofern im behördlichen Verfahren auf die Bestätigung einer US-amerikanischen Schule verwiesen wurde, so genügt die Feststellung, dass jene nicht als „geeignete institutionelle Kinderbetreuungseinrichtung“ im Sinne des § 2 Z 1 WFfG zu qualifizieren ist und mit deren Besuch sohin der Pflicht des § 3 leg. cit. jedenfalls nicht nachgekommen wird.
Wenn zudem mit Beschwerdeschriftsatz auf zwei Schreiben des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 11, vom 20.2.2017 und 7.6.2017 betreffend die häusliche Erziehung des N. R. hingewiesen wird, so bezieht sich deren Inhalt auf einen Sachverhalt, der in zeitlicher Hinsicht nach dem hier interessierenden Tatzeitraum (i.e. 5.9.2016 bis 2.2.2017) gelegen ist. Eine zeitliche Rückwirkung ist diesen beiden Schreiben aus Sicht des erkennenden Gerichtes nicht zuzusinnen und lag damit im hier relevanten Zeitraum auch keine Ausnahme von der Besuchspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 WFfG vor.
Indem der erziehungsberechtigte Beschwerdeführer nicht für den Besuch einer „geeigneten institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung“ durch seinen Sohn gesorgt hat und hier kein Ausnahmetatbestand vorliegt, wurde das Tatbild der hier zur Last gelegten Verwaltungsübertretung demnach zweifelsfrei erfüllt.
Gemäß § 5 Abs. 1 erster Satz VStG genügt zur Strafbarkeit – mangels einer anderslautenden Verwaltungsvorschrift – bereits fahrlässiges Verhalten. Bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung handelt es sich zudem um ein sog. Ungehorsamsdelikt.
Gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG gilt bei Ungehorsamsdelikten die gesetzliche Vermutung des Vorliegens der fahrlässigen Begehung der angelasteten Verwaltungsübertretung, wenn das Vorliegen eines tatbildmäßigen Verhaltens festgestellt worden ist und das mangelnde Verschulden durch den Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht worden ist. Es ist sohin Sache des Beschuldigten, initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht, etwa durch die Beibringung geeigneter Beweismittel bzw. die Stellung entsprechender konkreter Beweisanträge (vgl. etwa VwGH 30.6.1998, 96/11/0175).
Der Beschwerdeführer hat diesbezüglich kein substantiiertes Vorbringen erstattet und konnte somit nicht im Sinne von § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft machen, dass ihm die Einhaltung der übertretenen Rechtsvorschrift ohne sein Verschulden nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wäre.
Der Beschwerdeführer hat die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung sohin auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht.
Zur Strafbemessung:
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß Abs. 2 par. cit. sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Tat des Beschwerdeführers schädigte in nicht unerheblichem Ausmaß das öffentliche Interesse am Besuch geeigneter institutioneller Kinderbetreuungseinrichtungen durch Kinder im letzten Jahr vor der Schulpflicht (vgl. § 1 WFfG). Der objektive Unrechtsgehalt der Tat kann daher nicht als geringfügig erachtet werden.
Das Verschulden konnte ebenfalls nicht als geringfügig gewertet werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe, oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Im gegenständlichen Fall waren daher die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Absehen von der Fortführung des Strafverfahrens und eine Einstellung gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG sowie eine Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 zweiter Satz VStG nicht gegeben, da – wie bereits ausgeführt – einerseits die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Taten und andererseits das Verschulden des Beschwerdeführers nicht als gering angesehen werden konnten.
Als erschwerend ist kein Umstand hervorgekommen, als mildernd wurde bereits durch die belangte Behörde die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers berücksichtigt.
Entgegen der Annahme der belangten Behörde, die bei ihrer Strafbemessung von durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beschwerdeführers ausgegangen ist, steht allerdings nunmehr – auf Grund der vorgelegten Nachweise und nach Einsichtnahme in die Versicherungsdatenbank – fest, dass hier vielmehr ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse anzunehmen sind.
Angesichts dieser Darlegungen und im Lichte des bis zu EUR 220,– reichenden Strafsatzes (vgl. § 7 WFfG) war die verhängte Geldstrafe auf die im Spruch ersichtliche Strafhöhe herabzusetzen und kann damit nach Ansicht des erkennenden Gerichtes auch in spezialpräventiver Hinsicht – insbesondere unter Ansehung der letztlich erfolgten Bekanntgabe häuslicher Erziehung des N. R. gegenüber dem Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 11 – das Auslangen gefunden werden.
Gemäß § 16 Abs. 1 VStG ist bei Verhängung einer Geldstrafe zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzulegen. Gemäß Abs. 2 letzter Satz par. cit. ist diese Ersatzfreiheitsstrafe ohne Bedachtnahme auf § 12 leg. cit. nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.
In Anbetracht der o.a. Strafzumessungsgründe war die Ersatzfreiheitsstrafe sohin um das nunmehr im Spruch ersichtliche Ausmaß zu reduzieren.
Eine weitere Strafherabsetzung kam unter Bedachtnahme auf die vorangeführten Strafbemessungsgründe sowie die general- und spezialpräventive Funktion einer Verwaltungsstrafe nicht in Betracht.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle.
Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung:
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z 3 VwGVG abgesehen werden, da die im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Geldstrafe die Höhe von EUR 500,– nicht übersteigt und die Durchführung einer Verhandlung von keiner Verfahrenspartei beantragt wurde (vgl. VwGH 9.9.2015, Ra 2015/03/0032).
Zudem war bei – soweit entscheidungserheblich – unstrittigem Sachverhalt und vor dem Hintergrund einer einschlägigen ständigen Judikatur bloß eine Rechtsfrage ohne besondere Komplexität zu beantworten, sodass hier dem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen (vgl. etwa EGMR 5.9.2002, Appl. Nr. 42.057/98, Speil [ÖJZ 2003, 117]; 7.3.2017, Appl. Nr. 24.719/12, Tusnovics).
Zum Revisionsausspruch:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen (obzitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche, über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung der hier zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal auch die Gesetzeslage eindeutig ist (vgl. etwa VwGH 28.5.2014, Ro 2014/07/0053; 3.7.2015, Ra 2015/03/0041). Zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen (vgl. VwGH 24.3.2014, Ro 2014/01/0011; 28.4.2015, Ra 2014/19/0177).
Im Übrigen ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 B-VG) gemäß § 25a Abs. 4 VwGG unzulässig, zumal wegen Übertretung des § 3 Abs. 1 und 2 WFfG bloß eine Geldstrafe von bis zu EUR 220,– und keine (primäre; vgl. hiezu zB VwGH 29.10.2014, Ra 2014/01/0113) Freiheitsstrafe verhängt werden durfte (vgl. hiezu § 7 WFfG) und im angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe von EUR 100,– verhängt wurde.
Schlagworte
Häusliche Erziehung; Besuchspflicht; KindergartenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.001.016.14798.2017Zuletzt aktualisiert am
19.12.2017