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L82000 Bauordnung;Norm
BauRallg;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der H Gesellschaft m.b.H. in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 13. März 2000, Zl. 03-12.05 G 145-00/2, betreffend Ersatzvornahme und Kostenvorauszahlung (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Graz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Mit Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Partei vom 12. März 1997 wurde der Beschwerdeführerin die Baubewilligung zur plan- und beschreibungsgemäßen Errichtung eines Zubaues (nicht unterkellert, eingeschoßig) eines Lagergebäudes an der Nordseite des bestehenden Betriebsgebäudes und eines Zubaues (eingeschoßig) auf den näher angeführten Grundstücken erteilt. Unter Auflage Punkt 4 wurde vorgeschrieben, dass die Lagerhalle mit Brandrauchentlüftungsöffnungen dimensioniert und ausgeführt entsprechend der TRVB S 125 auszustatten sei. Der rechnerische Nachweis sei bis zur Benützungsbewilligung der Genehmigungsbehörde vorzulegen. Der verfahrensgegenständliche Zubau wurde durchgeführt. Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers wurde die angeführte Brandschutzvorschrift nicht erfüllt.
Da der angeführten Auflage nicht entsprochen wurde, hat der Magistrat Graz das Verwaltungsvollstreckungsverfahren eingeleitet und mit Schreiben vom 16. September 1998 der Beschwerdeführerin die Ersatzvornahme angedroht. Mit Schreiben vom 29. November 1999 wurde der Beschwerdeführerin betreffend die Schaffung von Brandrauchentwicklungsöffnungen das Ergebnis einer Kostenschätzung zur Kenntnis gebracht. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadt vom 14. Jänner 2000 wurde die Ersatzvornahme angeordnet sowie die Vorauszahlung der Kosten für die Ersatzvornahme in der Höhe von S 528.000,-- aufgetragen.
Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Kostenschätzung für die Ersatzvornahme von Dipl. Ing. F.E., der staatlich befugter und beeideter Zivilingenieur und allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Sicherheitswesen - Brandschutzwesen sei, geprüft worden sei. Das Ergebnis der Kostenschätzung sei bei genauerer Durchsicht der gegenständlichen Unterlagen lückenlos nachvollziehbar. Die Beschwerdeführerin habe zu dem übermittelten Ergebnis der Kostenschätzung im Verfahren nicht Stellung genommen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 1 VVG kann, wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden. Gemäß § 4 Abs. 2 VVG kann die Vollstreckungsbehörde in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen.
Nach Auffassung der Beschwerdeführerin handle es sich bei der Auflage in einem Genehmigungsbescheid nicht um eine vollstreckbare behördliche Verfügung nach dem VVG, sondern um die Einräumung eines Rechtes, welches vom Bescheidadressaten in Anspruch genommen werden könne, aber nicht in Anspruch genommen werden müsse. Nach dem VVG seien nur Bescheide zu vollstrecken, die dem Bescheidadressaten unbedingte Pflichten auferlegen würden. Dies sei ein baupolizeilicher Beseitigungsauftrag. Die Vollstreckung einer Auflage eines Baubewilligungsbescheides nach dem VVG sei jedenfalls unzulässig.
Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin nicht im Recht. Es handelt sich bei der Auflage um eine pflichtbegründende Nebenbestimmung eines (an sich) begünstigenden Verwaltungsaktes. Dabei kann die Pflicht auf ein Tun, Dulden oder Unterlassen gerichtet sein. Dem durch den Bescheid Berechtigten wird eine "Last" auferlegt. Mit einer Begünstigung (z.B. der Erteilung einer verwaltungsbehördlichen Erlaubnis), die den Hauptinhalt des Bescheides ausmacht, wird ein besonderes Gebot oder Verbot verbunden (siehe Antoniolli - Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 1996, S. 555). Für die Auflage ist charakteristisch, dass durch ihre Beisetzung das Recht, das mit dem begünstigenden Verwaltungsakt begründet wird, weder nach seinem Inhalt noch nach seinem Umfang eingeschränkt, sondern dass nur der Inhaber des Rechtes für den Fall der Gebrauchnahme zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen verpflichtet wird. Der Verwaltungsakt wird also ohne Rücksicht auf die Erfüllung der Auflage rechtswirksam. Das durch den Spruch gestaltete Rechtsverhältnis bleibt auch bei Nichtbeachtung der Auflage bestehen. Allerdings kann die Auflage, wenn sie nicht erfüllt wird, vollstreckt werden; unter Umständen kann auch Strafe für den Fall der Nichterfüllung angedroht sein (vgl. Antoniolli - Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 556). Auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes können nicht projektsändernde Auflagen eines Baubewilligungsbescheides dann, wenn von der Bewilligung Gebrauch gemacht wurde, vollstreckt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1981, Slg. Nr. 10.614/A). Demgegenüber ist die rechtliche Sanktion bei Nichterfüllung von projektsänderden Auflagen eines Baubewilligungsbescheides die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages, weil die Missachtung einer projektsändernden Auflage bei der Bauausführung die Konsenswidrigkeit des Baues bedeutet (vgl. das angeführte hg. Erkenntnis Slg. Nr. 10.614/A). Bei der vorliegenden Auflage, dass die Lagerhalle mit Brandrauchentlüftungsöffnungen dimensioniert und ausgeführt entsprechend der TRVB S 125 auszustatten sei, handelt es sich nicht um eine projektändernde Auflage. Nachdem von der vorliegenden Baubewilligung Gebrauch gemacht wurde, durfte die bisher nicht erfüllte Auflage 4. gemäß § 4 VVG vollstreckt werden.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 29. Juni 2000
Schlagworte
Auflagen BauRallg7 Baupolizei Vollstreckung Kosten BauRallg10 Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000060059.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
27.10.2008