TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/29 W116 2148247-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.11.2017
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Entscheidungsdatum

29.11.2017

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W116 2148247-1/4E

W116 2148254-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI als Einzelrichter über die Beschwerden 1.) des XXXX , geb. XXXX , und 2.) der XXXX , geb. XXXX , beide StA. Syrien, gegen die Spruchpunkte I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.01.2017, Zlen. 1.) 1024473206-14776572, und 2.) 1024473304-14777048, zu Recht erkannt:

A)

Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und 1.) dem XXXX und 2.) der XXXX , gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status von Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass 1.) dem XXXX und

2.) der XXXX , damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin reisten gemeinsam mit ihren beiden Kindern illegal nach Österreich ein und stellten am 09.07.2014 für sich und ihre minderjährigen Kinder die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz. Bei ihrer Erstbefragung gaben sie gleichlautend an, Staatsangehörige Syriens, Araber und muslimisch/sunnitischen Glaubens zu sein. Sie hätten Syrien am XXXX gemeinsam mit ihren beiden Kindern legal von XXXX aus verlassen und seien mit einem Flugzeug nach Alexandria (Ägypten) geflogen. Danach seien sie mit einem Boot nach Sizilien (Italien) gelangt und nach einem Tag in einem Flüchtlingscamp mit einem Flugzeug nach Reggio Emilia weitergereist. Anschließend seien die beiden Beschwerdeführer mit dem Zug über Mailand schließlich illegal nach Österreich eingereist, wo sie am 09.07.2014 für sich und ihre Kinder einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben. Sie seien standesamtlich verheiratet und die leiblichen Eltern des Beschwerdeführers zu W116 2148250-1. Zum Nachweis ihrer Identität legten sie ihren syrischen Reisepass und ihren Personalausweis vor.

1.2. Am 11.07.2014 wurden die beiden Beschwerdeführer durch eine Verfahrensanordnung gemäß §°29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 über das Führen von Konsultationen mit Italien informiert. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.09.2014, Zl. 1024473206-14776572 u.a., wurden die Anträge der beiden Beschwerdeführer und ihrer zwei Kinder gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 61 Abs. 1 Z 1 FPG als unzulässig zurückgewiesen und wurde die Abschiebung nach Italien für zulässig erklärt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.07.2016, W 205 2011853-1/16E u.a., wurde ihrer rechtzeitigen Beschwerde stattgegeben und wurden die bekämpften Bescheide gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG behoben.

1.3. Nach Zulassung der Verfahren wurden die beiden Beschwerdeführer am 12.01.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein einer Dolmetscherin für die arabische Sprache niederschriftlich einvernommen. Befragt, weshalb sie ihren Herkunftsstaat verlassen hätten, teilte der Erstbeschwerdeführer im Wesentlichen mit, dass er Araber sowie sunnitischer Moslem sei und seinen Wehrdienst bereits in den Jahren XXXX bis XXXX geleistet habe. Er sei kurz danach nochmals für neun Monate zum Militär einberufen worden und habe Syrien schließlich am XXXX gemeinsam mit seinen Angehörigen legal mit einem Flugzeug verlassen. Nur sein älterer Sohn XXXX sei schon zuvor ausgereist, weil er zum Wehrdienst einrücken hätte müssen. Anschließend schilderte er ein Problem mit einem Arbeitskollegen, welches seinen Ausreiseentschluss letztlich bekräftigt habe. Er sei am Flughafen (in Syrien) von einem Schlepper durchgeschleust worden und habe dafür 400.000,-- syrische Lira bezahlt.

Die Zweitbeschwerdeführerin brachte zu ihren Fluchtgründen zusammenfassend vor, dass die Sicherheit (in Syrien) nicht mehr gegeben sei. Ihr mitgereister Sohn XXXX sei immer wieder bei den Checkpoints angehalten und gefragt worden, zu welcher Macht er halten würde. Wenn er dabei eine falsche Antwort gegeben hätte, hätte es sein können, dass er inhaftiert werde. Und ihr älterer Sohn habe Angst gehabt, zum Militär einrücken zu müssen. Nachdem es in der Schule ihrer Tochter immer wieder Demonstrationen gegeben habe und die Direktorin verhaftet worden sei, habe sie auch Angst um ihre Tochter gehabt. Auch ihrem Mann seien bei der Arbeit viele Probleme gemacht worden, weil der Großteil (seiner Kollegen) Alawiten gewesen seien. Er sei geschlagen und sein Auto kaputt gemacht worden. Es sei generell keine Sicherheit mehr gegeben, sodass nur mehr Angst herrschen würde. Sie habe Angst um ihre Kinder, ihren Mann und um sich selbst gehabt. Weiters teilte sie mit, dass der ältere Bruder ihres Mannes nach ihrer Ausreise verhaftet worden und dessen Aufenthaltsort nun unbekannt sei. Bezüglich ihrer Ausreise mit dem Flugzeug gab sie an, dass sie jemanden bezahlt hätten, um ohne Probleme dorthin zu kommen. Auf die Frage, wie es möglich sei, das Land problemlos per Flugzeug zu verlassen, wenn ihr Mann tatsächlich auf einer Liste stehen sollte, erwiderte sie, dass man die Hilfe von Personen in Anspruch nehmen könnte; mit Geld würde alles gehen.

2. Die angefochtenen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl:

2.1. Mit den oben im Spruch angeführten Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.01.2017, durch Hinterlegung zugestellt am 20.01.2017, wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde den Beschwerdeführern der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihnen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 15.01.2018 erteilt (Spruchpunkt III.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf herkunftsstaatsbezogene Feststellungen zur allgemeinen Lage in Syrien, stellte die Identität der beiden Beschwerdeführer (und ihrer Kinder) fest und begründete die abweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin bei der Erstbefragung übereinstimmend angegeben hätten, ihr Heimatland aus Angst vor den allgemein schwierigen Umständen verlassen zu haben. Erstmals in der Einvernahme hätten sie und auch ihre Tochter dann von persönlichen Problemen des Erstbeschwerdeführers mit einem Übergriff am Arbeitsplatz berichtet. Seine Religionszugehörigkeit als Ursache werde aber schon dadurch relativiert, dass der Erstbeschwerdeführer sonst keine weiteren Vorkommnisse behauptet habe, die (geschilderten) Handlungen nur von einer Person ausgegangen seien und in Syrien rund 75% der Bevölkerung den Sunniten angehören würden. Außerdem würde es sich dabei um ein gesteigertes Vorbringen handeln und seien die Angaben dazu oberflächlich geschildert und deshalb zweifelhaft. Auch die Tatsache, dass der Erstbeschwerdeführer gemeinsam mit seiner Gattin und den beiden Kindern das Heimatland auf legalem Weg verlassen habe, würde nicht für eine tatsächliche Bedrohung an den Kontrollpunkten sprechen. Er habe daher keine persönliche Bedrohung glaubhaft machen können. Zur Zweitbeschwerdeführerin wird ergänzend ausgeführt, dass sie glaubhaft und nachvollziehbar angegeben habe, persönlich niemals einer Bedrohung oder einem Übergriff ausgesetzt gewesen zu sein. Es sei somit glaubhaft, dass sie Syrien aufgrund der allgemeinen Gefährdung und der allgemein schwierigen Bedingungen verlassen habe. Der Wunsch nach besseren Lebensbedingungen und Sicherheit würde aber keinen Asylgrund darstellen. Die Situation im Herkunftsland werde jedoch insofern gewürdigt, dass ihnen aufgrund der derzeitigen Lage subsidiärer Schutz gewährt werde.

2.2. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 17.01.2017 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

2.3. Gegen die Spruchpunkte I. der oben genannten Bescheide wurde fristgerecht eine gemeinsame Beschwerde erhoben, welche am 15.02.2017 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte. In dieser wurde – neben einer teilweisen Wiederholung des bisherigen Fluchtvorbringens des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin im Wesentlichen ausgeführt, dass sie dem sunnitischen Glauben angehören würden und deshalb bereits seit Jahren Beleidigungen, Demütigungen und Bedrohungen durch Angehörige der alawitisch/sunnitischen Glaubensgemeinschaft ausgesetzt gewesen seien. Zusätzlich würde ihrem mitgereisten Sohn die Einziehung zum Militärdienst drohen. Da er nicht gewillt sei, für das syrische Regime in den Krieg zu ziehen, würden ihm in Syrien Verfolgung und Misshandlung bis hin zum Tod drohen. Davon abgesehen habe die belangte Behörde ihr Fluchtvorbringen nicht mit der gebotenen Tiefe ermittelt und dadurch die in §°18 Abs. 1 AsylG normierte Ermittlungspflicht in grober Weise verletzt. Hätte die Behörde sie ordnungsgemäß und detailliert zu allen asylrelevanten Punkten befragt, hätten sie ihr Fluchtvorbringen glaubhaft und vor allem detailliert schildern können. Da den Länderberichten zufolge in Syrien alle Männer im Alter zwischen 18 und 40 Jahren für den Wehrdienst in Frage kommen würden und ihr Sohn bald das wehrfähige Alter erreichen würde, sei auch er definitiv davon betroffen. Ferner gebe es in den angefochtenen Bescheiden keine Berichte über die aktuelle Situation in der Heimatregion XXXX bzw. zu den dominierenden Glaubensgemeinschaften in dieser Region und zum dort vorherrschenden Konflikt zwischen Alawiten und Sunniten. Davon abgesehen wären sie bei einer Rückkehr nach Syrien allein schon aufgrund ihrer Asylantragstellung im Ausland gefährdet und wäre dies bzw. ein allfällig drohender Militärdienst von Amts wegen zu erörtern gewesen. In diesem Zusammenhang wird ein Auszug eines Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichtes angeführt (W170 1430055-1, vom 05.03.2014). Nach zahlreichen Entgegnungen zu Feststellungen der Behörde im Verfahren des Erstbeschwerdeführers ("BF1") wird zu seinem mitgereisten Sohn ("BF4") zusammenfassend ausgeführt, dass das Bundesamt Feststellungen zu dessen Wehrdienstpflicht gänzlich unterlassen und zu diesen entscheidungswesentlichen Punkten auch keine Ermittlungen angestellt habe. Andernfalls hätte es feststellen müssen, dass diesem aufgrund seines Alters im Falle einer Rückkehr nach Syrien definitiv die Einberufung zum Wehrdienst und im Fall seiner Weigerung demnach asylrelevante Verfolgung drohen würde. Aufgrund der aktuellen Situation im Bürgerkriegsland Syrien sei nämlich davon auszugehen, dass allen wehrfähigen Männern unabhängig von ihrem konkreten Alter mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Einziehung zum Militärdienst droht. Es sei daher nicht nachvollziehbar, dass die Behörde vor dem Hintergrund ihrer eigenen Länderfeststellungen und den oa. aktuellen Erkenntnisquellen zum Schluss komme, dass im gegenständlichen Fall keine individuelle Verfolgung sowie kein Fluchtgrund iSd GFK vorliegen. Aus den oa. Erkenntnisquellen und der Judikatur würde sich vielmehr das reale Risiko ergeben, dass ihr Sohn und auch sie selbst bei einer Rückkehr nach Syrien einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung sowie einer individuellen Verfolgung ausgesetzt sein würden. Den Beschwerdeführern würde in ihrem Heimatland jedenfalls Verfolgung aufgrund ihrer religiösen Gesinnung und ihrem (mitgereisten) Sohn darüber hinaus die Einziehung zum Militärdienst drohen. Da er nicht gewillt sei, für das syrische Regime in den Krieg zu ziehen, würden ihm zudem Verfolgung und Misshandlung bis hin zum Tod drohen. Von dieser Verfolgung seien auch sie als Angehörige aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie betroffen. Schließlich würde ihrer gesamten Familie eine Verfolgung aufgrund ihrer Asylantragstellung im Ausland und der damit einhergehenden unterstellten, oppositionellen Gesinnung drohen, weshalb ihnen jedenfalls die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der GFK zuerkannt werden müsste.

3. Die Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Die gegenständliche (gemeinsame) Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und sind am 22.02.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässigen Beschwerden erwogen:

1. Entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage der Anträge auf internationalen Schutz vom 09.07.2014, der Einvernahmen der beiden Beschwerdeführer durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der (gemeinsamen) Beschwerde gegen die angefochtenen Bescheide des Bundesamtes, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakten sowie der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, Fremdeninformationssystem, Strafregister und Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zur Person und zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführer:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige Syriens und Angehörige der Volksgruppe der Araber. Sie bekennen sich zum sunnitischen Islam.

Die Beschwerdeführer reisten illegal nach Österreich ein und stellten am 09.07.2014 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die beiden Beschwerdeführer haben in ihrem Verfahren keine sie betreffende auf den in der GFK taxativ aufgezählten Gründen beruhende Bedrohung oder Verfolgung in Syrien ausreichend substantiiert vorgebracht.

Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin sind die Eltern des XXXX , dem mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, W116 2148250-1, im Wesentlichen wegen seiner Wehrdienstverweigerung, einer damit allenfalls unterstellten regimekritischen Einstellung und der deshalb drohenden Verfolgung durch das syrische Regime gemäß § 3 AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Im gegenständlichen Fall liegt ein Familienverfahren iSd § 34 AsylG 2005 vor.

Es ist nicht ersichtlich, dass den Beschwerdeführern die Fortsetzung des bestehenden Familienlebens mit ihrem asylberechtigten minderjährigen Sohn in einem anderen Staat möglich wäre.

Die Beschwerdeführer sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführer, ihrer Staatsangehörigkeit und Volksgruppenzugehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben der beiden Beschwerdeführer und hinsichtlich dieser auf die von ihnen im Verfahren vorgelegten Dokumente (insbesondere ihres syrischen Reisepasses und Personalausweises). Die Identitäten der Beschwerdeführer wurden auch bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl festgestellt. Die Feststellungen zur Fluchtroute gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin.

Die Zeitpunkte der Antragstellung und die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur persönlichen und familiären Situation der Beschwerdeführer ergeben sich aus ihren Angaben im Rahmen des Verfahrens sowie aus Abfragen in den entsprechenden amtlichen österreichischen Registern (Zentrales Melderegister, Fremdeninformationssystem, Grundversorgungs-Informationssystem). Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

Dass bei den Beschwerdeführern keine eigenen individuellen Fluchtgründe vorliegen, ergibt sich aus dem Vorbringen der beiden Beschwerdeführer.

Die Feststellung, dass es sich bei den Beschwerdeführern um die Eltern des XXXX handelt, gründet sich auf die diesbezüglich übereinstimmenden sowie gleichbleibenden und damit glaubwürdigen Angaben der beiden Beschwerdeführer im Verfahren.

Dass dem minderjährigen Sohn der Beschwerdeführer mit Erkenntnis vom heutigen Tag gemäß § 3 AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde, ergibt sich aus dem Gerichtsakt zu W116 2148250-1.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BFA-VG, AsylG 2005) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.1.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.1.3. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist – das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

In den vorliegenden Beschwerdefällen ergibt sich, dass aus den Akteninhalten der Verwaltungsakte die Grundlage der bekämpften Bescheide in Verbindung mit den Beschwerden unzweifelhaft nachvollziehbar ist. Der maßgebliche Sachverhalt war aus der Aktenlage in Verbindung mit der (gemeinsamen) Beschwerde als geklärt anzusehen. Auch die gebotene Aktualität ist unverändert gegeben, zumal die den Bescheiden zugrunde gelegten Länderfeststellungen unverändert die zur Beurteilung des konkreten Falls notwendige Aktualität aufweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

3.2.2. Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen – würden sie von staatlichen Organen gesetzt – asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH vom 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 3 mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargestellt wurde, haben der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin eine sie betreffende auf den in der GFK taxativ aufgezählten Gründen beruhende Bedrohung oder Verfolgung in Syrien im Verfahren nicht ausreichend substantiiert vorgebracht, weshalb keine individuelle asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat festgestellt werden kann.

Im vorliegenden Fall liegt jedoch ein Familienverfahren im Sinne des § 34 AsylG 2005 bezüglich der Verfahren der beiden Beschwerdeführer und ihres minderjährigen Sohnes vor.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

Gemäß § 34 Abs. 2 AsylG 2005 hat die Behörde aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3); die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang.

Dem minderjährigen Sohn der Beschwerdeführer wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, W116 2148250-1, gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten aufgrund seiner Wehrdienstverweigerung zusammen mit seiner Zugehörigkeit zur sunnitischen Glaubensgemeinschaft und seiner Asylantragstellung im Ausland und einer damit drohenden Verfolgung durch das syrische Regime zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Da dem Sohn der Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, ist gemäß § 34 Abs. 2 AsylG 2005 auch den Beschwerdeführern der Status von Asylberechtigten zuzuerkennen, zumal keine Sachverhaltselemente, die unter einen der Tatbestände des § 34 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 zu subsumieren wären, erkennbar sind.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder aufgrund eines Antrages auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Den Beschwerden ist daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 stattzugeben und festzustellen, dass dem Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz am 09.07.2014, somit vor dem 15.11.2015 gestellt wurden, wodurch insbesondere die §§ 2 Abs. 1 Z 15 und 3 Abs. 4 AsylG 2005 idF des Bundesgesetzes BGBl. I 24/2016 ("Asyl auf Zeit") gemäß § 75 Abs. 24 leg. cit. im konkreten Fall keine Anwendung finden.

3.3. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W116.2148247.1.00

Zuletzt aktualisiert am

19.12.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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