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82/04 Apotheken Arzneimittel;Norm
AMG 1983 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde des W in Linz, vertreten durch Dr. Herbert Troyer, Rechtsanwalt in Salzburg, Kaigasse 27, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 22. März 2000, Zl. UVS-06/V/46/4/1999/13, betreffend Übertretung des Arzneimittelgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. Oktober 1998 war der Beschwerdeführer schuldig erkannt worden, er habe es als gemäß § 9 Abs. 2 VStG verantwortlicher Beauftragter eines näher bezeichneten Unternehmens, welches zur Ausübung des Kleinhandels gemäß § 124 Z. 11 GewO 1994 berechtigt sei, zu verantworten, dass dieses Unternehmen am 16. Jänner 1997 im Standort der weiteren Betriebsstätte in W., L. 17, das gemäß § 1 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes als Arzneimittel einzustufende Produkt "Slim-N-Zym-Kapseln" (Produkt der Firma P., welches im Selbstbedienungsregal zum Verkauf bereitgehalten worden sei) abgegeben habe, obwohl Arzneimittel gemäß § 1 der Abgrenzungsverordnung im Kleinverkauf nur in Apotheken bzw. von Gewerbetreibenden, die zur Herstellung, Abfüllung oder Abpackung von Arzneimitteln gemäß § 213 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 oder zur Sterilisierung und Imprägnierung von Verbandmaterial mit Arzneimitteln gemäß § 213 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 oder zur Ausübung des Gewerbes des Drogisten gemäß § 216 GewO 1994 berechtigt seien, abgegeben werden dürften.
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 84 Z. 3 des Arzneimittelgesetzes in Verbindung mit § 1 der Abgrenzungsverordnung, BGBl. Nr. 568/1995, begangen. Über ihn wurde eine Geldstrafe in Höhe von S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) verhängt.
In der Begründung dieses Bescheides war unter anderem ausgeführt worden, der Umstand, dass es sich bei dem beanstandeten Produkt um ein Arzneimittel handle, ergebe sich aus dem der Anzeige beiliegenden Schreiben des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz vom 12. Juli 1996. Dieses Schreiben könne zwar nicht als Bescheid qualifiziert werden, doch habe das Ministerium auf Anfrage der belangten Behörde am 18. November 1997 eine Stellungnahme samt sachverständiger Expertise übermittelt, in der die Qualifikation von "Slim-N-Zym-Kapseln" als Arzneimittelspezialität hinreichend dokumentiert sei. Die Arzneimitteleigenschaft werde in erster Linie mit dem hohen Bromelaingehalt des Produktes sowie der pharmakologischen Wirkung des Stoffes Bromelain erklärt. Der Beschwerdeführer habe keine Gegenexpertise vorgelegt, sodass für die belangte Behörde kein Anlass bestanden habe, die schlüssige fachliche Beurteilung des Produktes durch das Ministerium in Frage zu stellen.
Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 1999, 98/10/0424, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Die Aufhebung erfolgte, weil der aufgehobene Bescheid keine Begründung dafür enthalten hatte, dass und aus welchen Gründen das intriminierte Produkt vom Anwendungsbereich des § 1 der Abgrenzungsverordnung erfasst werden. Gegen die Arzneimitteleigenschaft des Produktes hegte der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 22. März 2000 entschied die belangte Behörde neuerlich über die Berufung des Beschwerdeführers gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis und gab dieser Berufung insofern Folge, als die Geldstrafe von S 15.000,-- auf S 5.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen auf 1 Tagen herabgesetzt wird. In der Schuldfrage wurde das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass
1. in der Tatumschreibung im Spruch die Wortfolge "obwohl Arzneimittel gemäß § 1 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz im Kleinverkauf nur in Apotheken, im Falle von Gewerbetreibenden, nur solche, die zur Herstellung, Abfüllung oder Abpackung von Arzneimitteln gemäß § 213 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994, zur Imprägnierung von Verbandmaterial gemäß § 213 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 und zum Drogistengewerbe berechtigt sind, abgegeben werden dürfen" durch die Wortfolge "obwohl Arzneimittel im Kleinverkauf nur in Apotheken abgegeben werden dürfen" ersetzt wird;
2. die Übertretungsnorm "§ 83 Z. 5 in Verbindung mit § 59 Abs. 1 Arzneimittelgesetz" lautet und
3. die Strafsanktionsnorm "§ 83 Arzneimittelgesetz" lautet.
In der Begründung heißt es, die Frage, ob "Slim-N-Zym-Kapseln" unter die Abgrenzungsverordnung fielen, habe im fortgesetzten Berufungsverfahren insoweit geklärt werden können, als das diesbezüglich von der belangten Behörde befragte Bundesministerium mit Schreiben vom 10. August 1999 mitgeteilt habe, der Wirkstoff Bromelain sei in keiner der Anlagen zur Abgrenzungsverordnung enthalten, sodass das Produkt "Slim-N-Zym-Kapseln" nicht unter die Abgrenzungsverordnung falle und daher eine Abgabe im Kleinverkauf nur durch Apotheken, nicht aber durch Drogisten oder andere Gewerbetreibende, die zur Herstellung von Arzneimitteln berechtigt seien, erfolgen dürfte. Diese Auskunft sei dem anwaltlichen Vertreter des Beschwerdeführers im Rahmen der neuerlichen öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7. Dezember 1999 vorgehalten worden, sei unbestritten geblieben und werde von der belangten Behörde als erwiesen angenommen. Der Vertreter des Beschwerdeführers habe in der Verhandlung lediglich ausgeführt, die Tatumschreibung im erstinstanzlichen Straferkenntnis sei insofern zu unbestimmt, als nicht angeführt sei, in welcher Menge "Slim-N-Zym-Kapseln" zum Verkauf bereitgehalten worden seien. Zudem habe er darauf hingewiesen, dass diese Kapseln in den Märkten eines Konkurrenzunternehmens ohne behördliche Beanstandung angeboten würden.
Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, es stehe nunmehr fest, dass eine Anwendung der Abgrenzungsverordnung auf "Slim-N-Zym-Kapseln" nicht in Betracht komme. Nichts desto weniger sei jedoch das dem Beschwerdeführer in der Tatumschreibung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses angelastete Verhalten als Verstoß gegen die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes zu qualifizieren. Falle ein als Arzneimittel zu qualifizierendes Produkt nicht unter die Abgrenzungsverordnung, so dürfe es entsprechend § 59 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes im Kleinverkauf nur in Apotheken abgegeben werden. Das dem Beschwerdeführer mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis zur Last gelegte Verhalten sei somit lediglich einer anderen Norm, nämlich dem § 83 Z. 5 in Verbindung mit § 59 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes zu unterstellen gewesen. Da sämtliche Tatbestandselemente des § 83 Z. 5 in Verbindung mit § 59 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes dem Beschwerdeführer schon innerhalb von sechs Monaten nach dem Tatzeitpunkt angelastet worden und im Rahmen der im angefochtenen Bescheid vorgenommenen Anpassung der Tatumschreibung nur die auf die Abgrenzungsverordnung bezugnehmenden Wortfolgen gestrichen, jedoch keine zusätzlichen Tatbestandselemente hinzugefügt worden seien, sei der Bestätigung des erstinstanzlichen Schuldspruches auch nicht das Hindernis der Verfolgungsverjährung entgegengestanden. Angaben über die zum Verkauf bereitgehaltenen Mengen seien nicht erforderlich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Beschwerdeführer bringt vor, der ihm im erstinstanzlichen Straferkenntnis zur Last gelegte Vorwurf bestehe nicht zu Recht; er sei verjährt. Der Beschwerdeführer habe "nicht ein Produkt abgegeben". Im erstinstanzlichen Straferkenntnis sei dem Beschwerdeführer eine Übertretung nach der Abgrenzungsverordnung zur Last gelegt worden. Dieser Vorwurf werde im angefochtenen Bescheid nicht mehr aufrecht erhalten. Der Vorwurf hinsichtlich der Erfüllung eines anderen Tatbestandes sei längst verjährt. Das gegenständliche Produkt sei kein Arzneimittel. Die bisherige Einstufung als Arzneimittel beziehe sich auf den Gehalt an Bromelain. Da Bromelain in der Anlage 1 der Abgrenzungsverordnung nicht enthalten sei, sei das Produkt auch nicht als Arzneimittel einzustufen. Im angefochtenen Bescheid werde nicht eine Anpassung der Tatumschreibung vorgenommen, sondern dem Beschwerdeführer ein völlig neuer Tatvorwurf gemacht. Die verhängte Strafe sei bei weitem überhöht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 59 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes, BGBl. Nr. 185/1983 (AMG), dürfen Arzneimittel nur durch Apotheken abgegeben werden, sofern in den §§ 57 und 58 oder im Folgenden nichts anderes bestimmt ist.
Nach § 83 Z. 5 AMG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer Arzneimittel entgegen den §§ 57 bis 59 oder entgegen einer durch Verordnung gemäß § 59 Abs. 3 festgelegten Abgabebefugnis abgibt.
Die Arzneimitteleigenschaft hat die belangte Behörde auf Grund eines Gutachtens eines Amtssachverständigen festgestellt. Der Einwand des Beschwerdeführers, der Gutachter habe die Arzneimitteleigenschaft auf den hohen Gehalt des Produktes an Bromelain zurückgeführt, eines Stoffes also, der im Anhang zur Abgrenzungsverordnung nicht enthalten sei, geht ins Leere. Ob Bromelain im Anhang zur Abgrenzungsverordnung enthalten ist, ist nur für die Frage der Unterstellung des dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verhaltens unter die Abgrenzungsverordnung von Bedeutung, nicht aber für die Einstufung des Produktes als Arzneimittel. Diese bestimmt sich nach § 1 AMG.
Unzutreffend ist auch die Auffassung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe die Tat gegenüber dem erstinstanzlichen Straferkenntnis ausgetauscht und die ihm nunmehr angelastete Verwaltungsübertretung sei daher verjährt. Die belangte Behörde hat lediglich das dem Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Straferkenntnis angelastete Verhalten einer anderen Norm als die Erstbehörde unterstellt. Das war zulässig.
Unklar ist, was der Beschwerdeführer damit meint, er habe "nicht ein Produkt abgegeben". Dass der Beschwerdeführer für die Abgabe des in Rede stehenden Produktes verantwortlich war, wurde bereits im Vorerkenntnis vom 22. März 1999, 98/10/0424, dargelegt.
Dass die verhängte Strafe unangemessen sei, ist nicht zu ersehen.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
Wien, am 3. Juli 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000100089.X00Im RIS seit
09.08.2001