TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/24 I414 2153143-2

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Veröffentlicht am 24.11.2017
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Entscheidungsdatum

24.11.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I414 2153143-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, StA. Marokko (alias Algerien, alias Ägypten), vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.10.2017, Zl. 1094866701 - 170197979 EAST Ost, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des ersten Spruchteils des Spruchpunktes II. wie folgt lautet:

"Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG 2005 wird nicht erteilt."

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein marokkanischer Staatsbürger, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte erstmals am 13.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Zuge seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, welche am folgenden Tag durchgeführt wurde, gab der Beschwerdeführer an, den im Spruch genannten Namen zu führen und Staatsangehöriger von Marokko zu sein. Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab der Beschwerdeführer an: "Ich hatte einen Streit mit einem ehemaligen Freund, dieser verletzte mich mit einem Messer im Gesicht. Ich habe Angst, dass er mir was antut und gut bezahlte Arbeit kann ich auch nicht finden." Soweit aus der Aktenlage ersichtlich, wurde der Beschwerdeführer zu diesem Asylantrag nicht niederschriftlich einvernommen, weil er sich dem Verfahren entzogen hat.

Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) vom 29.04.2016 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 13.11.2015 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz, wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Marokko zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, dass dem Beschwerdeführer die Glaubhaftmachung einer aktuell drohenden Verfolgung in seinem Heimatland nicht gelungen sei, weshalb es in seinem Fall nicht zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten kommen konnte. Auch wäre es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, eine hinreichende Gefährdung für die Gewährung subsidiären Schutzes darzulegen.

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer keine Beschwerde ein und somit erwuchs dieser am 31.05.2016 in Rechtskraft.

2. Im Zeitraum von 11.02.2016 bis 28.06.2016 hat der Beschwerdeführer in der Schweiz, in Deutschland und in Dänemark Asyl beantragt und wurde am 26.07.2016 aufgrund der Dublin III Verordnung von Dänemark nach Österreich überstellt.

Der Beschwerdeführer wurde am 01.09.2016 (rk. 06.09.2016) vom Landesgericht für Strafsachen Wien zu 115 HV 95/2016g gem. §§ 127, 130 Abs. 1, 1. Fall StGB und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon 6 Monate Freiheitsstrafe, bedingt, Probezeit 3 Jahre verurteilt.

Am 14.02.2017 wurde der Beschwerdeführer aufgrund der Dublin III Verordnung von der Schweiz nach Österreich überstellt. Er brachte am selben Tag seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz ein. Bei der Erstbefragung zum Folgeantrag vor der Polizeiinspektion Feldkirch-Gisingen gab er auf die Frage, warum er einen neuerlichen Asylantrag stelle, an: "Es hat sich gar nichts geändert. Außer das ich mittlerweile Vater bin, und mit dieser Frau nicht verheiratet bin. So was wird im arabischen Raum nicht akzeptiert, und passt auch nicht zu dieser Kultur." Damit habe er alle Ausreise-, Flucht- oder Verfolgungsgründe genannt. Auf die Frage, was er im Falle seiner Rückkehr befürchte, antwortete er: "Die Brüder von meiner Freundin handeln mit Haschisch/Cannabis, und ich will damit nichts zu tun haben. Sie haben mich auch schon bedroht."

Am 16.02.2017 wurde über den Beschwerdeführer die Untersuchungshaft wegen § 87 Abs. 1 StGB, § 15 Abs. 1 StGB verhängt. Mit Verfahrensanordnung vom 27.02.2017 wurde dem Beschwerdeführer gem. § 13 Abs. 2 AsylG der Verlust seines Aufenthaltsrechtes im Bundesgebiet wegen Verhängung der Untersuchungshaft mitgeteilt.

Am 06.03.2017 fand in der Justizanstalt Wels eine niederschriftliche Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Der Beschwerdeführer führte aus, dass es ihm gesundheitlich gut gehe und er Medikamente wegen der psychischen Belastung nehme. Sein Vater und ein Bruder seien verstorben, seine Mutter lebe noch im Herkunftsstaat, er habe keine weiteren Geschwister. Er habe keine Verwandten in der EU. Er könne über Freunde mit seiner Mutter Kontakt aufnehmen. In seinem Heimatland habe er sieben Jahre die Schule besucht und mit Fischen und als Gelegenheitsarbeiter (Maler) seinen Unterhalt bestritten. Nach seinem Fluchtgrund befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er ein Mädchen in Marokko geschwängert habe, die Brüder des Mädchens hätten daraufhin ihn und seine Mutter mit dem Umbringen bedroht, weil er das Mädchen nicht geheiratet habe. Daraufhin habe er beschlossen, das Land zu verlassen. Seine Mutter habe sich verstecken müssen. Er wisse nichts von einer Vorladung oder Strafanzeige bei der Polizei.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.03.2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 14.02.2017 gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Dem Beschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt II.). Einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 13 Absatz 2 Ziffer 3 Asylgesetz wurde abgesprochen, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 16.02.2017 verloren hat (Spruchpunkt IV.). Im Bescheid wurde festgestellt, dass der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit Bescheid des Bundesasylamts abgewiesen wurde und dass dieser Bescheid in Rechtskraft erwuchs. Es sei davon auszugehen, dass die nun vorgebrachten Gründe, die der Beschwerdeführer als Flucht auslösend bzw. als für die Entscheidung nach den §§ 3 und 8 AsylG relevant erachte, schon zum Zeitpunkt des Verlassen des Herkunftsstaates bestanden hätten und er diese auch gekannt hätte. Es konnte daher kein im Vergleich zu den Feststellungen des Erst- und Zweitverfahrens neuer Sachverhalt festgestellt werden. Sein neuerliches Asylanbringen weise keinen glaubwürdigen Kern auf. Es bestünden auch keine anderen Hinweise darauf, die eine Abschiebung unzulässig machen könnten. In Marokko bestünde nicht eine solch extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung ausgesetzt wäre. Es hätten sich im Verfahren auch keine Anhaltspunkte ergeben, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr seinen Lebensunterhalt nicht durch berufliche Tätigkeiten bestreiten könnte. Ferner wäre ebenso in Betracht zu ziehen, dass er den Großteil seines Lebens dort verbracht hätte und über familiäre Anknüpfungspunkte in Marokko verfügen würde. Daher wäre in seinem Fall auch nicht davon auszugehen, dass er bei einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten könnte. Es gäbe keinerlei Anhaltspunkte, dass der Beschwerdeführer in Österreich in irgendeiner Form besonders integriert sei. Vielmehr würden die von ihm begangenen gerichtlich strafbaren Handlungen darauf hinweisen, dass er kein Interesse an einem rechtmäßigen Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet habe. Änderungen bezüglich der Zulässigkeit der Abschiebung im Vergleich zum Vorverfahren seien nicht festzustellen. Er habe gemäß § 13 Abs. 2 Z 3 AsylG ab dem 16.02.2017 sein Aufenthaltsrecht gemäß § 13 Abs. 1 AsylG ex lege verloren, weil an diesem Tag über ihn die Untersuchungshaft verhängt wurde. Ab demselben Tag komme ihm der faktische Abschiebeschutz gem. § 12 AsylG zu.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig Beschwerde und verwies auf seine Angaben in der niederschriftlichen Einvernahme vom 06.03.2017. Er sei vom Bruder seiner Freundin mit dem Umbringen bedroht worden. Zudem begründete er seinen Asylantrag mit der Notwendigkeit einer Operation am Kopfbereich, die der Arzt der Justizanstalt Josefstadt diagnostiziert hätte. Zudem sei er in medikamentöser Behandlung wegen einer psychischen Belastungsstörung. In eventu beantragte der Beschwerdeführer, dass die Abschiebung nach Marokko für unzulässig erklärt werde und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gem. § 17 BFA-VG.

Die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers legte dem Bundesverwaltungsgericht einen Befundbericht über eine computertomographische Untersuchung des Gehirnschädels, datiert mit 19.08.2016, vor. Eine weitere Untersuchung (Magnetresonanztomographie) wurde empfohlen. Die Krankenabteilung der Justizanstalt Wels legte dem Bundesverwaltungsgericht verschiedene Befundberichte vor, aus denen unter anderem hervorgeht, dass beim Beschwerdeführer ein Makroadenom der Hypophyse mit einer geringen Anhebung der Nervi optici vorliege. Überdies nehme der Beschwerdeführer verschiedene Psychopharmaka ein.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.04.2017 wurde die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II. und IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen und der Spruchpunkt III. des Bescheides ersatzlos behoben. Dem Beschwerdeführer wurde die persönliche Glaubwürdigkeit abgesprochen und erklärt, dass keine wesentlichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden seien, etwa dass eine schwere Erkrankung, die in der Heimat nicht behandelbar wäre oder ein sonstiger auf seine Person bezogener außergewöhnlicher Umstand vorliege, welcher eine neuerliche umfassende Refoulementprüfung notwendig erscheinen lassen würde. Dieses Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.

3. Der Beschwerdeführer wurde am 24.05.2017 (rk. 24.05.2017) vom Landesgericht Wels zu 004 HV 18/2017k gem. §§ 15, 87 StGB und § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten, davon 12 Monate Freiheitsstrafe, bedingt, Probezeit 3 Jahre verurteilt.

Am 06.07.2017 stellte der Beschwerdeführer seinen dritten Antrag auf internationalen Schutz. Dabei erklärte er, dass sich an seinen Fluchtgründen nichts geändert habe, gab jedoch ergänzend an, dass er jetzt krank (Gehirnblutung) sei und eine Operation geplant sei.

Der Beschwerdeführer wurde am 26.07.2017 (rk. 31.07.2017) vom Landesgericht für Strafsachen Wien zu 062 HV 76/2017z gem. § 27 (2a) 2 Fall, Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer wurde niederschriftlich am 09.08.2017 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Der Beschwerdeführer gab an, dass seine Fluchtgründe aus dem Erstverfahren immer noch bestehen würden, er aber auch neue Fluchtgründe habe, nämlich seit 2008 bestehende Probleme mit der marokkanischen Polizei. Er sei nämlich Musiker und "schimpfe auf den König von Marokko, [ ] die Polizei und das Ministerium" und es gebe in Marokko keine Meinungsfreiheit. Außerdem sei er krank.

Mit Verfahrensanordnung vom 25.07.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG mitgeteilt, dass die belangte Behörde beabsichtige seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 AVG zurückzuweisen. Zudem wurde ihm gemäß § 29 Abs. 3 Z 6 AsylG mitgeteilt, dass die belangte Behörde beabsichtige seinen faktischen Abschiebeschutz mit mündlichem Bescheid aufzuheben.

Mit im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.10.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 06.07.2017 gemäß § 68 AVG zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Marokko zulässig sei (Spruchpunkt II.). Unter Spruchpunkt III. wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 25.10.2017 zugestellt.

Dagegen wurde am 10.11.2017 Beschwerde erhoben und der Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und mangelhafter bzw. unrichtiger Bescheidbegründung sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung der Verfahrensvorschriften angefochten. Der Beschwerdeführer halte seine Aussagen vollinhaltlich aufrecht, er werde in Marokko als regierungskritischer Sänger von der Regierung verfolgt und sei in Österreich in ärztlicher Behandlung.

Beschwerde und Bezug habender Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 17.11.2017 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person und zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig, Staatsbürger von Marokko, gehört der arabischen Volksgruppe an und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte und auch über keine soziale oder integrative Verfestigung.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich insgesamt drei Mal strafrechtlich verurteilt:

-

Der Beschwerdeführer wurde am 01.09.2016 (rk. 06.09.2016) vom Landesgericht für Strafsachen Wien zu 115 HV 95/2016g gem. §§ 127, 130 Abs. 1, 1. Fall StGB und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon 6 Monate Freiheitsstrafe, bedingt, Probezeit 3 Jahre verurteilt.

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Der Beschwerdeführer wurde am 24.05.2017 (rk. 24.05.2017) vom Landesgericht Wels zu 004 HV 18/2017k gem. §§ 15, 87 StGB und § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten, davon 12 Monate Freiheitsstrafe, bedingt, Probezeit 3 Jahre verurteilt.

-

Der Beschwerdeführer wurde am 26.07.2017 (rk. 31.07.2017) vom Landesgericht für Strafsachen Wien zu 062 HV 76/2017z gem. § 27 (2a) 2 Fall, Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 13.11.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er im Wesentlichen damit, dass er Marokko aufgrund eines Streites mit einem ehemaligen Freund und weil er keine bezahlte Arbeit finden habe können, verlassen habe. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.04.2016 rechtskräftig negativ entschieden.

Am 14.02.2017 brachte er seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz ein. Diesen begründete er damit, dass er ein Mädchen in Marokko geschwängert und nicht geheiratet habe, weswegen die Brüder des Mädchens ihn und seine Mutter mit dem Umbringen bedroht hätten. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.03.2017 wurde dieser Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.04.2017 als unbegründet abgewiesen.

Am 06.07.2017 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz. Darin bestätigte der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe des Erstverfahrens und machte zudem geltend, dass er in Marokko als regierungskritischer Sänger seit 2008 Probleme mit der Regierung gehabt habe und krank sei.

Der Beschwerdeführer leidet an verschiedenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen (psychische Störung, Akromegalie bei Hypophysenmakroadenom, Hypophyseninsuffizienz), jedoch an keiner Krankheit, die lebensbedrohend ist. Die Krankheiten, an denen der Beschwerdeführer leidet, sind auch in seinem Heimatstaat behandelbar, die von ihm benötigten Wirkstoffe bzw. Medikamente sind auch in Marokko verfügbar. Das Vorhandensein eines Makroadenoms der Hypophyse wurde zudem bereits während seines zweiten Asylverfahrens vorgebracht und entsprechend berücksichtigt. Auch bezüglich der aktuellen Befunde und der mittlerweile erfolgten Operation kann nicht von einer wesentlichen Änderung des Sachverhaltes gegenüber dem Vorbescheid bzw. dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.04.2017 ausgegangen werden.

1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Marokko:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 14.10.2017 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle (Stand 07.07.2017) "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Marokko vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Marokko ist ein sicherer Herkunftsstaat. Es ist politisch wie sicherheitspolitisch ein stabiles Land. Marokko ist fähig und willig, seine Bürger zu schützen. Justiz und Sicherheitsapparate funktionieren. Die Justiz ist gemäß der geltenden Verfassung unabhängig. Ein rechtsstaatliches, faires Verfahren mit dem Recht, Berufung einzulegen, ist gesetzlich gewährleistet. Über Beeinflussung der Gerichte durch Korruption oder durch außergerichtliche Einflussmaßnahmen wird berichtet. Der Sicherheitsapparat besteht aus Polizei- und paramilitärischen Organisationen Eine zivile Kontrolle über Sicherheitskräfte ist abgesehen von Einzelfällen effektiv. Folter steht unter Strafe, wobei Berichte über Folterungen und Gewaltanwendung gegenüber Gefangenen bestehen. Die in Marokko verbreitete Korruption steht unter Strafe, welche aber nicht effektiv vollzogen wird. Eine Reform der Korruptionsbekämpfungsbehörde ist geplant, aber noch nicht verwirklicht.

Marokko verfügt über einen umfassenden Grundrechtebestand, lediglich das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit fehlt. Die Grundrechte werden durch den Vorbehalt in Bezug auf die Monarchie, den islamischen Charakter von Staat und Gesellschaft und die territoriale Integrität beschränkt. Ferner fehlen zT Durchführungsgesetze. Allgemein bestehen grundrechtliche Probleme hinsichtlich der Sicherheitskräfte sowie schlechter Haftbedingungen. Staatliche Repressionen gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer religiösen Überzeugung können nicht festgestellt werden. Die Haftbedingungen sind generell schlecht und entsprechen nicht internationalen Standards. Hygienische Verhältnisse und die medizinische Versorgung in Gefängnissen sind nicht gut. Gefängnisse sind in Marokko überbelegt. Es existieren Berichte über folterähnliche Praktiken in Gefängnissen. Die Todesstrafe wird weiterhin in Marokko verhängt. Seit 1993 wurden aber keine Todesstrafen mehr vollstreckt.

Die medizinische Grundversorgung ist vor allem im städtischen Raum weitgehend gesichert. Medizinische Dienste sind kostenpflichtig und werden bei bestehender gesetzlicher Krankenversicherung von dieser erstattet. Es gibt einen großen qualitativen Unterschied zwischen öffentlicher und (teurer) privater Krankenversorgung. Im Bereich der Basis-Gesundheitsversorgung wurde 2012 das Programm RAMED eingeführt und erstreckt sich auf 8,5 Mio. Einwohner der untersten Einkommensschichten bzw. vulnerable Personen, die bisher keinen Krankenversicherungsschutz genossen. Zugang haben Haushaltsvorstände und deren Haushaltsangehörige, die keiner anderen Pflicht-Krankenversicherung unterliegen. Ansprechbar sind die Leistungen im staatlichen Gesundheitssystem (Einrichtungen der medizinischen Grundversorgung und Vorsorge sowie Krankenhäuser) im Bereich der Allgemein- und Fachmedizin, stationärer Behandlung, Röntgendiagnostik etc. Mittellose Personen können auf Antrag bei der Präfektur eine "Carte RAMED" erhalten. Bei Vorlage dieser Karte sind Behandlungen kostenfrei (AA 10.3.2017).

Dem Beschwerdeführer droht im Falle seiner Rückkehr keine Gefährdung in seinem Herkunftsstaat.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seiner Volljährigkeit, seinem Familienstand, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Volksgruppenzugehörigkeit und seiner Konfession gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, dass Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ist durch den vorliegenden Verwaltungsakt und die Einsichtnahme das Zentrale Melderegister belegt.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und den vorgelegten Befunden (Befund Diagnosezentrum 22 vom 19.08.2016 und 21.06.2017, Laborbefunde vom 16.08.2016, 19.06.2017, 19.07.2017, 20.07.2017 und 21.08.2017, MRT-Befund Radiologisches Institut vom 05.04.2017, Befund der Neurochirurgischen Ambulanz des Kepler Universitätsklinikums vom 05.05.2017, Befund allgemeine Ambulanz AKH Wien vom 05.07.2017, stationärer Patientenbrief AKH Wien vom 20.07.2017, Befund Notfallmedizin AKH Wien vom 01.08.2017, Befund AKH Wien 16.08.2017, Befund Endokrinologie AKH Wien vom 20.08.2017 und 23.08.2017, Medikamentenübersicht JA Wien-Josefstadt vom 25.09.2017, Krankengeschichte Stand 26.09.2017). Der Beschwerdeführer leidet an einem Hypophysenmakroadenom sowie an psychischen Störungen, welche allerdings bereits zum Zeitpunkt des vorangegangenen Asylverfahrens bekannt waren und berücksichtigt worden sind. Die aktuellen Befunde zeigen, dass mittlerweile eine Operation stattgefunden hat, der Beschwerdeführer nach dem stationären Aufenthalt selbstständig und mobil entlassen werden konnte und folglich sogar eine Leidensverbesserung eingetreten ist.

Außerdem ist eine Behandlung für den Beschwerdeführer in Marokko, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid richtigerweise feststellte, möglich und auch zumutbar. So ist das Krankheitsbild einer Hypophyseninsuffizienz auch in Marokko bekannt und eine entsprechende Hormontherapie möglich (siehe beispielsweise http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0003426617303955).

Es sind auch sonst keine wesentlichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, etwa dass eine schwere Erkrankung, die in der Heimat nicht behandelbar wäre oder ein sonstiger auf seine Person bezogener außergewöhnlicher Umstand vorliege, welcher eine neuerliche umfassende Refoulementprüfung notwendig erscheinen lassen würde. Auch aus der Aktenlage sind keinerlei Hinweise auf lebensbedrohliche gesundheitliche Beeinträchtigungen ableitbar.

Den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde vom 09.08.2017 nach verfügt er über keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich und führt hier auch keine Lebensgemeinschaft.

Die Feststellung über die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 16.11.2017.

2.3. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Vom Bundesverwaltungsgericht ist im gegenständlichen Verfahren zu prüfen, ob zwischen der Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.04.2017 und der Zurückweisung des gegenständlichen Antrages wegen entschiedener Sache mit Bescheid vom 14.10.2017 eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist.

Eine solche wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage ist nicht erkennbar; die Rechtslage hat sich nicht geändert, ein schützenswertes Privat- oder Familienleben wurde in diesem Zeitraum auch nicht begründet.

Die Feststellungen zum rechtskräftig abgeschlossenen ersten und zweiten Asylverfahren, dem gegenständlichen Asylverfahren und zu den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Fluchtgründen stützen sich auf seine Angaben im ersten, zweiten und dritten Asylverfahren und dem vorliegenden Verwaltungsakt.

Im gegenständlichen Verfahren gab der Beschwerdeführer an, dass die Fluchtgründe aus dem Erstverfahren immer noch bestehen würden, jedoch habe er auch neue Fluchtgründe. So begründete er das gegenständliche Verfahren mit seit 2008 bestehenden Problemen mit der marokkanischen Regierung, da er als Musiker auf den König, die Polizei und das Ministerium geschimpft habe und es in Marokko keine Meinungsfreiheit gebe. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass dieses erstmals bei der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde am 09.08.2017 erstattete "neue" Vorbringen bereits zum Zeitpunkt seiner vorangegangenen Asylverfahren bestanden hat, zumal er selbst angab diese Probleme mit der Regierung seit 2008 zu haben, und hätte auch im Rahmen dieser Verfahren Berücksichtigung finden können.

Die Durchsicht der Einvernahmeprotokolle seines ersten und zweiten Asylverfahrens zeigt allerdings, dass der Beschwerdeführer hierbei zu keinem Zeitpunkt eine Verfolgung durch die marokkanische Regierung aufgrund seiner Tätigkeit als regierungskritischer Sänger geltend machte und seine Ausreise im ersten Asylverfahren lediglich mit der Angst vor einem ehemaligen Freund ("ich hatte einen Streit mit einem ehemaligen Freund, dieser verletzte mich mit einem Messer im Gesicht. Ich habe Angst, dass er mir was antun") und wirtschaftlichen Motiven ("gut bezahlte Arbeit kann ich auch nicht finden") und im Zweitverfahren mit einer Privatverfolgung durch die Brüder eines Mädchens, welches er geschwängert habe (" in Marokko muss man regulär heiraten, es gehört zu den Sitten des Landes. Ich habe ein Mädchen in Marokko geschwängert, die Brüder haben mich und meine Mutter mit dem Umbringen bedroht, weil ich das Mädchen nicht geheiratet habe.") begründete.

Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist aber davon auszugehen, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem Wunsch dienliche vorzubringen und zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst umfassend schildert, sodass der Behörde erkennbar ist, welchen massiven Bedrohungen er im Herkunftsland ausgesetzt ist. Die knappen, vagen und inhaltsleeren Angaben des Beschwerdeführers waren jedoch nicht geeignet, eine derart schwere Verfolgung durch die marokkanische Regierung glaubhaft zu machen. Wenn er sich tatsächlich vor einer Verfolgung durch die marokkanische Regierung fürchten würde, wäre auch anzunehmen, dass er seine Gefährdung bereits im ersten Asylverfahren erwähnt hätte.

Bei Folgeanträgen sind die Asylbehörden auch dafür zuständig, mögliche Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus des Antragstellers einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH 15.05.2012, 2012/18/0041). Eine Änderung der Situation in Marokko in den letzten sechs Monaten wurde aber in der Beschwerde nicht behauptet und entspricht dies auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes. Bei Marokko handelt es sich um einen sicheren Herkunftsstaat. Es sind auch keine Umstände bekannt, dass in ganz Marokko gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefahr im Sinn der Art. 2 oder 3 EMRK ausgesetzt ist, und es besteht auch nicht auf dem gesamten Staatsgebiet von Marokko ein innerstaatlicher oder internationaler Konflikt, durch den mit einem Aufenthalt in Marokko für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt verbunden wäre. Außerdem ist letztlich davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nicht in eine existenzbedrohende Lage geraten würde. Die Mutter des Beschwerdeführers lebt noch in Marokko und er könnte daher auf Unterstützung zurückgreifen. Außerdem hat er sieben Jahre die Schule besucht und mit Fischen und als Gelegenheitsarbeiter (Maler) seinen Unterhalt bestritten und sollte in der Lage sein, sich eine neue Existenz aufzubauen.

Eine neue umfassende inhaltliche Prüfung wird vom Bundesverwaltungsgericht aus diesen Gründen nicht für notwendig erachtet.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Marokko vom 07.07.2017 und den dort zitierten Quellen. Dieser Bericht fußt sowohl auf Berichten verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Es steht für das Bundesverwaltungsgericht nach Würdigung sämtlicher Umstände fest, dass Marokko ein Staat ist, der hinsichtlich seiner Bürger schutzfähig und schutzwillig ist und dass daher aufgrund der Lage im Herkunftsstaat in Verbindung mit den vorgebrachten Fluchtgründen dem Beschwerdeführer keine reale Gefahr einer Verfolgung droht. Ebenso droht ihm mit höchster Wahrscheinlichkeit keine Gefahr an Leib und Leben oder einer unmenschlichen Strafe, wenn er nach Marokko zurückkehrt.

Marokko ist gemäß § 1 Z 9 der Herkunftsstaaten-Verordnung BGBl II Nr 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr 47/2016, zudem ein sicherer Herkunftsstaat.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Rechtliche Grundlagen:

Da die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.

Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21. 3. 1985, 83/06/0023, u.a.). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes – nicht bloß von Nebenumständen – kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27. 9. 2000, 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 80 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8. 9. 1977, 2609/76).

Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG dann vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl. VwGH 24. 2. 2005, 2004/20/0010 bis 0013; VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 20. 3. 2003, 99/20/0480; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 9. 9. 1999, 97/21/0913; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Ist davon auszugehen, dass ein/eine Asylwerber/Asylwerberin einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser/diese jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 24. 8. 2004; 2003/01/0431; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315; VwGH 24. 2. 2000, 99/20/0173; VwGH 21. 10. 1999, 98/20/0467).

Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend – bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache – entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30. 5. 1995, 93/08/0207).

3.2. Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Für das Bundesverwaltungsgericht ist daher Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs. 1 das Vorliegen eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides, dh eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, da die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.04.2017, Geschäftszahl I407 2153143-1/8E, über den Antrag des Beschwerdeführers vom 14.02.2017 auf internationalen Schutz in formelle Rechtskraft erwachsen ist.

Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages wegen geänderten Sachverhaltes darf nur anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind (vgl. z.B. VwGH 23. 1. 1997, 95/09/0189; VwGH 6. 3. 1997, 94/09/0229). In der Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid bzw. in einer allfälligen Beschwerdeergänzung können derartige Gründe nicht neu vorgebracht werden (VwGH 28. 10. 2003, 2001/11/0224 und VwGH 4. 4. 2001, 98/09/0041; VwGH 7. 5. 1997, 95/09/0203; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 105 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Der vom Beschwerdeführer behaupteten Änderung des Sachverhalts kommt für sich allein oder auch in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich keine Asylrelevanz zu. Die Tatsachen und Beweismittel bestanden schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens. Die behauptete Verfolgung des Beschwerdeführers durch die marokkanische Regierung würde selbst bei hypothetischer Zugrundelegung seines diesbezüglichen Vorbringens unter Würdigung des Einvernahmeprotokolls der belangten Behörde vom 09.08.2017 zur Annahme führen, dass eine derartige Gefährdung jedenfalls, wie in der Beweiswürdigung erläutert, bereits vor rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens bestanden hätte. Damit handelt es sich hierbei um Vorfälle, die bereits lange Zeit vor dem rechtskräftigen Abschluss des ersten sowie des zweiten Asylverfahrens des Beschwerdeführers bestanden haben, weshalb diesbezüglich eine neue Sachentscheidung ausgeschlossen ist (vgl VwGH 21.09.2000, 98/20/0564; VwGH 24.08.2004, 2003/01/0431).

Der Asylfolgeantrag stützt sich somit auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt, dem die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides vom 29.04.2016 , Zl. 15-1094866701-151774007 sowie die Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.04.2017, Zl. I407 2153143-1/8E, entgegensteht (vgl VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100; VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat daher - wie in der Beweiswürdigung zusammengefasst - völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass entschiedene Sache vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung der belangten Behörde an, dass die Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren nicht geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken und dass darin kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann.

Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt wie die belangte Behörde zu Recht entschieden hat – entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann.

Der angefochtene Spruchpunkt I. war sohin vollinhaltlich zu bestätigen.

3.3. Zur Rückkehrentscheidung und zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist einer Entscheidung nach dem AsylG mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG (Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, BGBl I Nr 100/2005 idF BGBl I Nr 70/2015) zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AslyG vorliegt.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG (i.e. Feststellung der Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem Titel der Art 2 oder 3 EMRK bzw 6. oder 13. ZPEMRK in Fällen des Vorliegens von Aberkennungsgründen) vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Ein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG (Nichtzuerkennung bzw. Aberkennung von subsidiärem Schutz wegen Vorliegens von Aberkennungsgründen) liegt im Beschwerdefall nicht vor.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG, BGBl I 87/2012 idF BGBl I Nr 24/2016) ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, einer Ausweisung gemäß § 66 FPG oder eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG (bis zum FrÄG 2015: "rechtskräftig") auf Dauer für unzulässig erklärt wird (bis zum FrÄG 2015: "wurde"). Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Der Antrag auf internationalen Schutz wird mit gegenständlicher Entscheidung zurückgewiesen. Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung (VwGH, 19.11.2015, Ra 2015/20/0082) ist die frühere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Erforderlichkeit der Verbindung einer ab- oder zurückweisenden Entscheidung der Asylbehörden mit einer Ausweisung, unabhängig davon, ob zum Entscheidungszeitpunkt bereits eine rechtskräftige Ausweisung vorliegt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 7. Mai 2008, Zl. 2007/19/0466, und vom 19. Februar 2009, Zl. 2008/01/0344) auf die seit 1. Jänner 2014 geltende Rechtslage übertragbar. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat daher zu Recht eine Rückkehrentscheidung erlassen.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über kein Familienleben in Österreich, und er hat ein solches auch nicht behauptet. Zu prüfen wäre daher ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff). Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479 zu einem dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet oder auch Erkenntnis vom 15.12.2015, Ra 2015/19/0247 zu einem zweijährigem Aufenthalt in Verbindung mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war), des Verfassungsgerichtshofes (29.11.2007, B 1958/07-9, wonach im Fall eines sich seit zwei Jahren im Bundesgebiet aufhältigen Berufungswerbers die Behandlung der Beschwerde wegen Verletzung des Art. 8 EMRK abgelehnt wurde; ebenso 26.04.2010, U 493/10-5 im Falle eines fünfjährigen Aufenthaltes) und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (siehe etwa EGMR, 08.04.2008, Nnyanzi v. UK, 21878/06) muss angesichts der kurzen Dauer des Inlandsaufenthaltes davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers das Interesse an der Achtung seines Privatlebens überwiegt. Der Beschwerdeführer hält sich seit 13.11.2015, also zwei Jahre, in Österreich auf.

Eine besondere Aufenthaltsverfestigung wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Erschwerend kommt hinzu, dass der Beschwerdeführer bereits dreimal wegen gewerbsmäßigen Diebstahls, versuchter absichtlich schweren Körperverletzung und Sachbeschädigung sowie wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt 38 Monaten, davon 18 Monate bedingt (wobei der bedingt nachgesehene Teil der Freiheitsstrafen wieder widerrufen worden ist), verurteilt worden war.

Es ist unbestritten, dass aufenthaltsbeendigende Maßnahmen auch unter dem Aspekt der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen zu sehen sind. Vor allem im Bereich der Suchtmittelkriminalität berührt die aus der Begehung eines solchen strafbaren Deliktes ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wegen der besonderen Gefährlichkeit für Dritte ein Grundinteresse der Gesellschaft. Der VwGH hat in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz bereits wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (vgl. das Erkenntnis vom 20. August 2013, 2013/22/0082 und das Erkenntnis vom 22.11.2012, Zl. 2011/23/0556, mwN).

Im Hinblick auf die "verheerende Wirkung von Drogen auf das Leben von Menschen" hat auch der EGMR wiederholt sein Verständnis für die Bestimmtheit der Mitgliedstaaten im Vorgehen gegenüber Personen, die an der Verbreitung von Drogen aktiv mitwirken, zum Ausdruck gebracht (EGMR, 19.02.1998, Dalia gegen Frankreich, Nr. 154/1996/773/974; EGMR vom 30.11. XXXX, Baghli gegen Frankreich Nr. 34374/97).

Erst kürzlich hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgestellt, dass "angesichts der verheerenden Auswirkungen der Suchtgiftkriminalität die Staaten berechtigt sind, insofern besonders rigoros vorzugehen" (EGMR Salem v Denmark, 01.12.2016, 77036/11).

Vor diesem Hintergrund gefährdet sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht somit insbesondere das öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer strafrechtlich relevanter Delikte gegenüber (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.01.2005, Zl. 2004/18/0365, vom 03.05.2005, Zl. 2005/18/0076 und vom 09.09.2014, Zl. 2013/22/0246). Nicht unberücksichtigt zu lassen ist auch die höchstgerichtliche Entscheidung, wonach die sich, in den der rechtskräftigen Verurteilung des Fremden zugrundeliegenden strafbaren Handlungen, manifestierende Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen von solchem Gewicht ist, dass zur Wahrung der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Rechte anderer (Art 8 Abs 2 MRK) die tangierten privaten und familiären Interessen des Fremden zurückzustehen haben (VwGH 03.03.1994, 94/18/0021). Ebenso steht dem persönlichen Interesse das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber; diesem gewichtigen öffentlichen Interesse kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 12.03.2002, Zl. 98/18/0260; 18.01.2005, Zl. 2004/18/0365).

Vor diesem Hintergrund überwiegen die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet, sodass der damit verbundene Eingriff in sein Privatleben nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes als verhältnismäßig qualifiziert werden kann. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Marokko keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt. Daher war kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 Asylgesetz zu erteilen.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 FPG wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 AsylG behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.

Mit angefochtenem Bescheid wurde zudem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko zulässig ist. Diesbezüglich ist darauf zu verweisen, dass ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ausgeschlossen ist, was es verunmöglicht, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der rechtskräftigen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse vom 19.02.2015, Ra 2

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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