Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AuslBG §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der T Handelsgesellschaft mbH in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 11. Jänner 1999, Zl. 10/13113/184 4686, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit (formularmäßigem) Antrag vom 13. November 1988 beantragte die beschwerdeführende Partei die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die slowakische Staatsangehörige Olga Chrobakova für die berufliche Tätigkeit einer Außenhandelsmitarbeiterin mit Fremdsprachenkenntnissen (russisch, tschechisch, slowakisch und deutsch) bei einer Entlohnung von S 23.000,-- brutto bei 28,5 Wochenstunden im Monat. Die beschwerdeführende Partei bekundete gleichzeitig, dass die Vermittlung von Ersatzkräften wegen "Qualifikationsschwierigkeiten" nicht gewünscht werde.
Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Angestellte West-Wien vom 11. Dezember 1998 wurde dieser Antrag gemäß § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, die mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 28. November 1997 (BGBl. II Nr. 356/1997) für das Kalenderjahr 1998 gemäß § 13a Z. 3 AuslBG mit 81.000 für das Bundesland Wien festgelegte Landeshöchstzahl sei zum letzten Statistikstichtag um etwa 4.673 überschritten gewesen. Nach Überschreitung der Landeshöchstzahl dürften Beschäftigungsbewilligungen lediglich unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 und Abs. 3 erteilt werden. Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG sei eine Beschäftigungsbewilligung nur dann zu erteilen, wenn die Lage und die Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulasse und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegen stünden. Die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes lasse die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung insbesondere dann nicht zu, wenn Ausländer/innen mit höherem Integrationsgrad als der/die antragsgegenständliche Ausländer/in hätten vermittelt werden können. Da die beschwerdeführende Partei von vornherein ausdrücklich und ohne Angabe rechtlich relevanter Gründe eine Zuweisung von Ersatzarbeitskräften abgelehnt habe, habe nicht festgestellt werden können, ob der Arbeitsplatz mit einer bevorzugt zu vermittelnden Arbeitskraft hätte besetzt werden können. Die Voraussetzung des § 4 Abs. 1 sei daher nicht vorliegend gewesen.
Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei Berufung, in der sie lediglich darauf verwies, dass die beantragte Ausländerin bereits seit sieben Jahren in Österreich lebe und hier verheiratet sei. Ihr Mann verfüge über eine Arbeitsbewilligung und arbeite bei der Spedition Walter. Die Firma G. Rosenstingl GesmbH habe für sie eine Beschäftigungsbewilligung erteilt erhalten, nachdem diese Firma auf Grund der Malversationen des ehemaligen Abgeordneten zum Nationalrat Peter Rosenstingl in Konkurs gegangen sei, habe die beantragte Ausländerin ihren Arbeitsplatz bei dieser Firma verloren. Sie verfüge über gute Kenntnisse in russisch, slowakisch, tschechisch und deutsch. Infolge der engen Handelsbeziehungen zu den ehemaligen Oststaaten sei die beantragte Ausländerin für die beschwerdeführende Partei als Außenhandelsmitarbeiterin, die über entsprechende Sprachkenntnisse verfüge, unbedingt erforderlich.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 6 und § 4 Abs. 1 sowie § 13a AuslBG keine Folge. Nach Darstellung der Rechtslage führte die belangte Behörde hiezu im Wesentlichen aus, die für das Kalenderjahr 1998 mit Verordnung vom 28. November 1997, BGBl. Nr. 356/1997, für das Bundesland Wien zahlenmäßig mit 81.000 festgesetzte Landeshöchstzahl sei nach der vom Arbeitsmarktservice Österreich für Dezember 1998 veröffentlichten Statistik bereits weit überschritten gewesen. Für das Kalenderjahr 1999 sei mit Verordnung vom 27. November 1998, BGBl. II Nr. 441/1998, die Landeshöchstzahl für das Bundesland Wien, zahlenmäßig mit 76.000 festgesetzt worden, wobei auch nach der vom Arbeitsmarktservice Österreich für Jänner 1999 veröffentlichten Statistik diese mit insgesamt 85.372 bei Weitem überschritten gewesen sei. Auf Grund der Überziehung der Landeshöchstzahl zum Entscheidungszeitpunkt sei daher das Erfordernis des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung relevant gewesen. Die Voraussetzung des § 4 Abs. 1 AuslBG, dass nämlich die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulasse, sei anhand der im § 4b AuslBG erstellten Reihenfolge zu prüfen. Im Hinblick auf die Behauptung in der Berufung, die beantragte Ausländerin lebe bereits seit sieben Jahren in Österreich, könne sie der Bestimmung des § 4b Abs. 1 Z. 8 AuslBG zugeordnet werden. Eine Überprüfung der Lage auf dem relevanten Arbeitsmarkt habe ergeben, dass derzeit für die konkret beantragte Beschäftigung eine Ersatzkraftstellung mit geeigneten, beim Arbeitsmarktservice zur Vermittlung vorgemerkten Personen, die durch ihre Zugehörigkeit zu den Ziffern 1 bis 7 dieser Gesetzesbestimmung einen höheren Integrationsgrad als die beantragte Ausländerin genössen und deshalb vordergründig in den Arbeitsprozess einzugliedern seien, nicht als aussichtslos zu betrachten sei. Die beschwerdeführende Partei habe aber in ihrem Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung wegen angeblicher "Qualifikationsschwierigkeiten" keine Vermittlung von Ersatzkräften gewünscht. Diese Argumentation stelle jedoch keinen anerkennenswerten Grund für ihre ablehnende Haltung gegenüber den derzeit beim Arbeitsmarktservice gemeldeten Arbeitswilligen dar. Sinn und Zweck der Ersatzkraftstellung sei es, zu eruieren, ob sich unter den beim Arbeitsmarktservice in Vermittlungsvormerkung stehenden Arbeitssuchenden, die durch ihre Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 4b Z. 1 bis 7 AuslBG "bevorzugter" als die beantragte Ausländerin zu betreuen seien, eine/r befinde, die/der bereit und fähig sei, die konkret beantragte Beschäftigung zu den gestellten gesetzlich zulässigen Bedingungen auszuüben. Dazu wäre es aber erforderlich gewesen, dem Arbeitgeber objektiv geeignete Bewerber zu vermitteln. Nur wenn keine Arbeitnehmer, die das dargelegte Anforderungsprofil erfüllten, gestellt hätten werden können, erlaube die Arbeitsmarktlage die Beschäftigung der beantragten Ausländerin. Durch das von der beschwerdeführenden Partei bekundete Desinteresse an der angebotenen Ersatzkraftstellung habe sie sich selbst um die Möglichkeit gebracht, sich von der Eignung der zur Verfügung stehenden Ersatzkräfte zu überzeugen. Daher sei nicht auszuschließen, dass die offene Stelle mit einer vorrangig zu vermittelnden Arbeitskraft hätte besetzt werden können, die den Anforderungen des Arbeitsplatzes und den Vorstellungen der beschwerdeführenden Partei entsprochen hätte. Eine konkrete Feststellung über das Vorliegen geeigneter Ersatzkräfte habe sich im Hinblick auf die von vornherein ohne zwingenden Grund abgelehnte Ersatzkraftstellung erübrigt. Die in der Berufung enthaltenen spezifischen Argumente seien im Hinblick auf diese Ausführungen nicht mehr von Relevanz.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Geltend gemacht werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeausführungen erschöpfen sich in Folgendem:
"Wie bereits in unserer Berufung vorgebracht, lebt Frau Chrobakova seit über 7 Jahren in Österreich. Sie ist hier verheiratet. Ihr Mann Radovan Chrobak verfügt über Arbeitsbewilligung und arbeitet bei der Fa. Spedition Walter. Frau Chrobakova hatte bereits für die Fa. G. Rosenstingl GesmbH. eine Beschäftigungsbewilligung erteilt erhalten. Nachdem diese Firma auch aufgrund der Malversationen des Abgeordneten zum Nationalrat Peter Rosenstingl in Konkurs gegangen ist, hat Frau Chrobakova den Arbeitsplatz bei dieser Firma verloren. Sie verfügt über gute Kenntnisse für Russisch, Slowakisch, Tschechisch und Deutsch. Nachdem wir enge Beziehungen zu diesen Staaten haben, ist eine Außenhandelsmitarbeiterin, die über entsprechende Sprachkenntnisse verfügt unbedingt erforderlich. Ersatzarbeitskräfte, die gleich Frau Chrobakova für diesen Posten geeignet sind, gibt es nicht. Wir selbst haben solche am Arbeitsmarkt gesucht. Es hat sich niemand mit den entsprechenden Kenntnissen gemeldet.".
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der § 4 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 - AuslBG, in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 78/1997, lautet:
"Die Beschäftigungsbewilligung ist, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen."
Der im Beschwerdefall ferner bedeutsame Abs. 6 leg. cit. lautet:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung festgelegter Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) darf eine Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn
1. der Antrag für einen im § 4b Abs. 1 Z 3 bis 9 genannten oder einen von einer Verordnung gemäß § 12a Abs. 2 erfaßten Ausländer eingebracht wird und
2.
die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
3. a)
der Regionalbeirat einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet oder b) die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer oder als nachweislich qualifizierte Arbeitskraft im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege, notwendig ist oder
c) überbetriebliche gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern oder d) die Voraussetzungen des § 18 gegeben sind oder e) die Beschäftigung auf Grund einer Verordnung gemäß § 9 des Fremdengesetzes 1997 erfolgen soll."
Die belangte Behörde hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass zwar die Voraussetzung des § 4 Abs. 6 Z 1 leg. cit. als erfüllt anzusehen ist, weil die beantragte Ausländerin zum Personenkreis der in § 4b Abs. 1 Z.3 bis 9 genannten Ausländer zählt, nicht jedoch jene des § 4 Abs. 6 Z. 2 leg. cit., weil die beantragte Ausländerin die weitere Voraussetzung des § 4 Abs. 1 iVm § 4b aus den von der belangten Behörde im Einklang mit der Rechtslage umfassend und zutreffend dargestellten Gründen nicht erfüllt. Im Hinblick auf die kursorischen Beschwerdeausführungen ist daher lediglich ergänzend zu betonen, dass das Ausländerbeschäftigungsgesetz dem Arbeitgeber grundsätzlich keinen Anspruch auf Erteilung der Bewilligung für einen individuell von ihm gewünschten ausländischen Dienstnehmer einräumt, solange die Möglichkeit einer Ersatzkraftstellung aus gegenüber diesem gemäß § 4b AuslBG bevorzugt zu behandelnden Arbeitskräften besteht. Hat der Arbeitgeber lediglich an der Einstellung eines(r) bestimmten Ausländers(in) - wie im Beschwerdefall - Interesse und lehnt deshalb die Ersatzkraft von vornherein und unbegründet oder generell jeglichen Vermittlungsauftrag ab, hindert dies auch die Behörde, konkrete Feststellungen über das Vorhandensein entsprechender Ersatzkräfte zu treffen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0179). An dieser Einschätzung ändert auch die erstmals in der Beschwerde aufgestellte und damit dem Neuerungsverbot des § 41 VwGG unterfallende, im Übrigen pauschale und begründungslose Behauptung nichts, Ersatzarbeitskräfte, die gleich wie die angestrebte Ausländerin für diesen Posten geeignet seien, gebe es nicht, weil auch der Umstand, dass die beschwerdeführende Partei behaupteterweise selbst am Arbeitsmarkt erfolglos nach einer entsprechenden Ersatzkraft gesucht habe, nichts über das tatsächliche Vorhandensein einer solchen auszusagen vermag. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dem Arbeitsmarktservice bessere und umfassendere Möglichkeiten der Arbeitskraftbeschaffung zur Verfügung stehen.
Die Beschwerde war daher als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 3. Juli 2000
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999090041.X00Im RIS seit
20.02.2002