Entscheidungsdatum
28.11.2017Index
90/02 Führerscheingesetz;Norm
FSG 1997 §1 Abs3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seine Richterin Mag. Dr. Martina Strele über die Beschwerde der AA, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 15.09.2017, Zl ****,
zu Recht erkannt:
1. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das Straferkenntnis der belangten Behörde behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin spruchgemäß nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:
„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:
Tatzeit: 01.09.2016, 20.00 Uhr
Tatort: Z, W Weg *1
Fahrzeug(e):
Sie haben vorsätzlich Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung geleistet, da Sie den Schlüssel des nicht zum Verkehr zugelassenen Mopeds B, silber durch CC an DD übergeben und dadurch auch das Moped zum Lenken überlassen haben, obwohl dieser erst 13 Jahre alt war und auch keine von der Behörde erteilte Lenkberechtigung besitzt. Das genannte Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von der genannten Person gelenkt.“
Dadurch habe sie eine Verwaltungsübertretung nach § 7 VStG iVm § 1 Abs 3 Führerscheingesetz begangen, weshalb über sie gemäß § 37 Abs 3 Führerscheingesetz eine Geldstrafe in Höhe von Euro 120,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) sowie ein Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verwaltungsstrafverfahrens verhängt wurde.
In ihrer fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass sie nicht verstehe, warum sie Strafe bezahlen solle. DD sei auf ihrem Privatgrund auf dem Feld gefahren. Auf Privatgrund dürfte auch normalerweise ein Fünfjähriger fahren und zwar mit was, wer will. Sie sehe das einfach nicht ein.
Aufgrund dieser Beschwerde wurde der behördliche Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den behördlichen Verwaltungsstrafakt sowie in den Akt des Landesverwaltungsgerichtes Tirol.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat über die gegenständliche Beschwerde wie folgt erwogen:
Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
Gemäß § 32 Abs 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Strafverfügung und dergleichen), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.
Eine Verfolgungshandlung muss, damit sie den Eintritt einer Verfolgungshandlung ausschließt (§ 31 Abs 1 VStG),
a) von einer Behörde (welche das VStG anzuwenden hat, aber nicht zuständig sein muss) ausgehen,
b) gegen eine individuell bestimmte Person als Beschuldigten gerichtet sein,
c) innerhalb der Verjährungsfrist nach Außen in Erscheinung getreten sein und
d) wegen eines bestimmten strafbaren Verhaltens erfolgen.
Dies erfordert, dass sie sich auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat.
Es ist daher schon im Beschuldigtenladungsbeschluss bzw der Aufforderung nach § 40 Abs 2 VStG die Tat ausreichend zu konkretisieren.
Auf den gegenständlichen Fall bezogen bedeutet dies, dass eine taugliche Verfolgungshandlung innerhalb der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 31 Abs 1 VStG zu erfolgen hat. Die Bezirkshauptmannschaft Y hat die Strafverfügung vom 24.04.2017, Zl ****, innerhalb der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist erlassen. Diese Strafverfügung kommt als Verfolgungshandlung in Betracht. Es war noch zu prüfen, ob es sich dabei um eine taugliche Verfolgungshandlung handelt.
Die Beschwerdeführerin wurde als Beitragstäterin verfolgt. Wird jemand der Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung schuldig erkannt, so ist im Spruch auch konkret – unter Angaben von Zeit, Ort und Inhalt der Beihilfehandlung – das als Beihilfe gewertete Verhalten zu umschreiben. Der Spruch hat sohin, um den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG gerecht zu werden, die Tatzeit (den Tatzeitraum) hinsichtlich der Begehung der Beihilfe und nicht in Ansehung der Begehung der Tat durch den unmittelbaren Täter anzuführen (VwGH 93/03/0166).
Der gegenständliche Vorwurf, die Beschwerdeführerin habe zu einer näher umschriebenen Verwaltungsübertretung vorsätzlich Beihilfe geleistet, weil sie den Schlüssel des nicht zum Verkehr zugelassenen Mopeds B, silber, durch CC an DD übergeben und dadurch auch das Moped zum Lenken überlassen habe, obwohl dieser erst 13 Jahre alt war und auch keine von der Behörde erteilte Lenkberechtigung besitzt. Das genannte Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt, am angeführten Ort von DD gelenkt. Diese Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat ohne Angabe von Zeit, Ort und Inhalt der Beihilfe reicht im Sinn des § 44a Z 1 VStG nicht aus. Im Spruch fehlen die Tatzeit und der Tatort hinsichtlich der Begehung der Beihilfe durch die Beschwerdeführerin als Beitragstäterin.
Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass von der belangten Behörde keine taugliche Verfolgungshandlung innerhalb der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist vorgenommen worden ist. In der Verfolgungshandlung (Strafverfügung sowie dem angefochtenen Straferkenntnis) fehlen die wesentlichen Tatbestandselemente, wie Angabe von Ort, Zeit und Inhalt der Beihilfehandlung. Eine taugliche Verfolgungshandlung liegt sohin nicht vor.
Der Beschuldigtenvernehmung des DD vom 26.03.2017, hinsichtlich des Vorwurfs des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen, GZ ****, im behördlichen Verwaltungsstrafakt ist bezüglich die Umschreibung der Beihilfehandlung im Hinblick auf Tatzeit, Tatort und deren Inhalt zu entnehmen, dass DD gemeinsam mit EE gegen 17.00 Uhr zur Beschwerdeführerin AA gefahren ist, um das Moped, welches die Beschwerdeführerin verkaufen wollte, von ihr abzuholen. Nachdem DD den Schlüssel von CC bekommen und die Beschwerdeführerin dies auch genau gesehen habe, habe einer der beiden gesagt, dass wir erst gegen 20.00 Uhr bzw 20.30 Uhr fahren sollten, wenn es halt dunkel wird, weil sonst die Polizei sie aufhalten könnte. Sie beide würden genau wissen, wann die Polizei dort an der Kreuzung stehe. Er sei dann mit dem Moped ohne Kennzeichen von der Beschwerdeführerin AA, **** Z, W Weg *1, zu sich nach Hause **** V, Adresse 1, sohin auf einer öffentlichen Straße gefahren.
Aus den oben angeführten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Dr. Martina Strele
(Richterin)
Schlagworte
Vorsätzliche Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.13.2593.1Zuletzt aktualisiert am
15.12.2017