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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Karl Rathbauer in München, vertreten durch Dr. Johann Rathbauer, Rechtsanwalt in Linz, Weißenwolffstraße 1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 30. September 1996, Zl. R/1-B-9604, betreffend Vollstreckung in einer Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf dem Grundstück des Beschwerdeführers in Kottingbrunn, Wiener Neustädterstraße 67, befand sich ein Baukran. Bei einer Verhandlung am 17. Dezember 1992 an Ort und Stelle in Anwesenheit des Beschwerdeführers stellte der beigezogene maschinenbautechnische Amtssachverständige fest, dass der Kran aus sicherheitstechnischen Gründen (Schutzabstand, starker Rostansatz) bis 31. Jänner 1993 umzulegen sei.
Mit Bescheid vom 30. Dezember 1992 trug der Bürgermeister der Marktgemeinde Kottingbrunn dem Beschwerdeführer unter anderem gemäß § 107 NÖ BauO 1976 auf, den Kran bis 31. Jänner 1993 umzulegen. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer an der im vorangegangenen Absatz genannten Anschrift durch postamtliche Hinterlegung zugestellt, an seiner Anschrift in München erfolgte eine Zustellung durch Übergabe. Gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsmittel erhoben.
Mit Schreiben vom 1. April 1993 drohte die Bezirkshauptmannschaft Baden (im Folgenden: Vollstreckungsbehörde) unter Gewährung einer weiteren Frist von drei Wochen die Ersatzvornahme an. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer an seiner Adresse in München, Schmuckerweg 2, zugestellt; den Brief übernahm eine Elsa W.
Darauf erschien der Beschwerdeführer bei der Vollstreckungsbehörde am 28. April 1993 und gab an, dass er derzeit aus Krankheitsgründen den Kran nicht umlegen könne.
Mit Schreiben vom 12. Mai 1993 ersuchte der Bürgermeister die Vollstreckungsbehörde um unverzügliche Einleitung weiterer Schritte im Vollstreckungsverfahren.
Mit Schreiben vom 16. März 1994 wollte die Vollstreckungsbehörde dem Beschwerdeführer mitteilen, dass ein bestimmtes Unternehmen mit der Ersatzvornahme beauftragt worden und beabsichtigt sei, dem Beschwerdeführer einen Kostenvorschuss in der Höhe von S 69.600,-- aufzutragen. Eine Zustellung dieses Schreibens an der Adresse des Beschwerdeführers in Kottingbrunn scheiterte, weil die postamtlich hinterlegte Sendung nicht behoben wurde; das an die Münchner Adresse gerichtete Schreiben kam mit dem Vermerk "nicht abverlangt" zurück. Eine in der Folge eingeholte Meldeauskunft vom 27. Juni 1994 ergab, dass der Beschwerdeführer an der Adresse in Kottingbrunn nach wie vor gemeldet war.
Mit Bescheid vom 29. Juni 1994, gerichtet an beide bekannte Adressen des Beschwerdeführers, wurde dem Beschwerdeführer die Ersatzvornahme angedroht; gleichzeitig trug ihm die Vollstreckungsbehörde eine Kostenvorauszahlung in der Höhe von S 69.600,-- auf. Der Brief an die Adresse in Kottingbrunn kam mit dem Vermerk zurück, dass der Empfänger "abgereist" sei; der Brief an die Münchner Adresse kam mit dem Vermerk "nicht abgelegt" zurück.
Am 25. Oktober 1994 wurde in einem Aktenvermerk von der Vollstreckungsbehörde festgehalten, dass nach Angaben einer Bediensteten des Postamtes Kottingbrunn mit dem Vermerk "ein Jahr im Ausland" auf der am 8. Juli 1994 hinterlegten RsB-Sendung an den Beschwerdeführer die deutsche Adresse in München, Schmuckerweg 2, gemeint sei. Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers habe der Bediensteten des Postamtes mitgeteilt, dass dieser nunmehr seine Abgabestelle an der genannten deutschen Adresse habe. Dies wurde auch von der Bürgermeisterin der Gemeinde Kottingbrunn bestätigt. Weiters wurde in diesem Aktenvermerk festgehalten, dass keine Personen bekannt seien, von denen anzunehmen sei, dass sie mit dem Verpflichteten in Verbindung treten würden. Nach Auskunft des Postamtes Baden seien Name und Anschrift der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers nicht bekannt, auch könne auf Anfrage bei der Gemeinde niemand namhaft gemacht werden, der mit dem Beschwerdeführer in Kontakt treten werde bzw. möchte. Somit wurde seitens der Behörde die Hinterlegung angeordnet und die Sendung bei der Vollstreckungsbehörde zur Abholung bereitgehalten.
Zwischen dem 17. November und dem 29. November 1994 erfolgte die Ersatzvornahme, indem der Kran durch Zerschneiden abmontiert wurde.
In einem Aktenvermerk vom 27. Dezember 1994 wurde festgestellt, dass nach Auskunft des Postamtes Kottingbrunn nach wie vor niemand bekannt sei, der mit dem Beschwerdeführer in Kontakt treten könne.
Mit Bescheid vom 17. Februar 1995 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 11 VVG aufgetragen, die mit S 65.046,72 bekannt gegebenen Kosten unverzüglich einzuzahlen. Dieser Bescheid wurde nach Rücksprache mit der Bürgermeisterin gemäß § 8 Abs. 2 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 ZustG durch Hinterlegung bei der Vollstreckungsbehörde am 23. Februar 1995 zugestellt.
Am 30. Jänner 1996 erschien der frühere Rechtsvertreter des Beschwerdeführers bei der Vollstreckungsbehörde und nahm Akteneinsicht. Mit Schriftsatz vom 2. Februar 1996 erhob der Beschwerdeführer Berufung gegen die Bescheide vom 29. Juni 1994 und vom 17. Februar 1995, beantragte hilfsweise die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung und die Einstellung des laufenden Exekutionsverfahrens. In dieser Eingabe machte der Beschwerdeführer Zustellmängel geltend. Er hätte dem Postamt Kottingbrunn mitgeteilt, dass er ein Jahr in den USA und Kanada aufhältig sei. Die Hinterlegung am 8. Juli 1994 sei entgegen § 17 ZustG erfolgt, weil sich der Beschwerdeführer damals weder in Kottingbrunn noch in München aufgehalten habe. Die Zustellung des Bescheides vom 17. Februar 1995 durch Hinterlegung bei der Behörde sei entgegen § 8 ZustG erfolgt, weil er nicht seine Abgabestelle geändert habe, sondern nur vorübergehend abwesend gewesen sei.
Zum hilfsweise gestellten Wiedereinsetzungsantrag führte der Beschwerdeführer aus, dass sein Aufenthalt in den USA ein unvorhersehbares Hindernis dargestellt hätte, rechtzeitig von der Existenz der Bescheide Kenntnis zu erlangen. Seine beiden weiteren Anträge gründete er auf § 7 EO.
Auf Grund einer Aufforderung zur Vorlage von Beweisen gab der Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom 9. Juni 1996 der belangten Behörde u.a. Folgendes bekannt:
"Ich lebe und arbeite seit 1972 in München und das ist der Mittelpunkt meiner Lebensinteressen und mein ordentlicher Wohnsitz. Von April 1994 bis Juni 1995 habe ich mich in Nordamerika aufgehalten und habe auch mein Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... mit dem Schiff nach Nordamerika bringen lassen. Und danach wieder an meiner Adresse in München gelebt. Ich habe meinen Überseeaufenthalt den Postämtern Kottingbrunn und München mit einem eingeschriebenen Brief mitgeteilt. Diese Tatsache ist der Marktgemeinde Kottingbrunn, dem Postamt Kottingbrunn, der BH Baden, dem BG Baden, dem LG Wiener Neustadt, dem Finanzamt Baden, der Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Burgenland, meiner Steuerberaterin ... und verschiedenen Zolldienststellen und noch einigen Hunderten Personen, Institutionen und Ämtern - Behörden bekannt. Ich bewirtschafte an der Adresse 2542 Kottingbrunn, Wiener Neustädterstraße 67, ein Wohnhaus, das ich vermietet habe und habe dort eine begonnene Baustelle für ein weiteres Wohnhaus auf dieser Baustelle und hat man den Baukran böswillig zerstört.
..."
In der Folge legte der Beschwerdeführer seinen Reisepass und Flugtickets vor, die verschiedene Ein- und Ausreisen in die USA bzw. nach Kanada in der fraglichen Zeit ausweisen. Zwei vorgelegte Postaufgabescheine betreffen Aufgaben von Sendungen an das Postamt Kottingbrunn und an ein Münchner Postamt am 3. Mai 1994.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen als verspätet zurück, den Wiedereinsetzungsantrag ab und die beiden übrigen Anträge als unzulässig zurück. Der Beschwerdeführer habe vom anhängigen Vollstreckungsverfahren Kenntnis gehabt, aber die Änderung seiner Abgabestelle der Behörde nicht mitgeteilt. Eine solche Änderung sei vorgelegen, weil der Beschwerdeführer von April 1994 bis Juni 1995 nach Nordamerika verreiste; von einer vorübergehenden Ortsabwesenheit könne somit keine Rede sein. Die neue Abgabestelle sei für die Behörde trotz Bemühungen nicht feststellbar gewesen. Mit einer Mitteilung, im nächsten Jahr keine Abgabestelle zu haben, sei der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung, die neue Abgabestelle bekannt zu geben, nicht nachgekommen. Die angefochtenen Bescheide seien in Anwendung des § 23 ZustG dem Beschwerdeführer am 25. Oktober 1994 bzw. am 23. Februar 1995 rechtswirksam zugestellt worden, sodass die vierzehntägige Berufungsfrist abgelaufen sei.
Die mangelnde Kenntnis von einer Zustellung stelle kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis dar, vielmehr wäre es dem Beschwerdeführer zumutbar gewesen, sich um den Fortgang des Verfahrens zu kümmern und entsprechenden Kontakt mit der Behörde zu pflegen. Ein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis liege nicht vor. Die übrigen Anträge seien zurückzuweisen gewesen, weil es sich bei der Rechtskraftbestätigung lediglich um eine Beurkundung handle, die nicht Gegenstand einer Berufung sein könne; einem Exekutionsantrag mangle es am Bescheidcharakter.
Mit der vorliegenden Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Inhaltlich enthält die Beschwerde nur Ausführungen zu den Bescheiden vom 29. Juni 1994 und vom 17. Februar 1995 und zu seinem Wiedereinsetzungsantrag; gegen die beiden weiteren, seinerzeit vom Beschwerdeführer gestellten Anträge richtet sich die Beschwerde nicht.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und
erstattete eine Gegenschrift.
Der Beschwerdeführer replizierte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die hier gegenständlichen Bestimmungen des Zustellgesetzes
lauten:
"Änderung der Abgabestelle
§ 8. (1) Eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, hat dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen.
(2) Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.
...
Hinterlegung ohne Zustellversuch
§ 23. (1) Hat die Behörde auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift angeordnet, dass eine Sendung ohne vorhergehenden Zustellversuch zu hinterlegen ist, so ist diese sofort beim Postamt, beim Gemeindeamt oder bei der Behörde selbst zur Abholung bereitzuhalten.
(2) Die Hinterlegung ist vom Postamt oder vom Gemeindeamt auf dem Zustellnachweis, von der Behörde auch auf andere Weise zu beurkunden.
(3) Soweit dies zweckmäßig ist, ist der Empfänger durch eine an die angegebene inländische Abgabestelle zuzustellende schriftliche Verständigung oder durch mündliche Mitteilung an Personen, von denen der Zusteller annehmen kann, dass sie mit dem Empfänger in Verbindung treten können, von der Hinterlegung zu unterrichten.
(4) Die so hinterlegte Sendung gilt mit dem ersten Tag der Hinterlegung als zugestellt."
Der Beschwerdeführer war zunächst Partei des Titelverfahrens; ihm wurde mit Bescheid der Baubehörde gemäß §§ 107 und 113 Abs. 2 Z. 3 NÖ BauO rechtskräftig aufgetragen, den Kran umzulegen. Vom anschließenden Vollstreckungsverfahren wurde er durch die Androhung der Ersatzvornahme, zugestellt an seiner Münchner Abgabestelle, verständigt. Auf Grund dieser Androhung erschien der Beschwerdeführer bei der Vollstreckungsbehörde und bat um Aufschub. Somit kann zunächst unzweifelhaft davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer im Sinne des § 8 Abs. 1 ZustG vom Verfahren Kenntnis hatte.
Im April 1994 reiste der Beschwerdeführer für 14 Monate nach Nordamerika. Eine Änderung der Abgabestelle im Sinne der zweiten Voraussetzung des § 8 Abs. 1 ZustG liegt dann vor, wenn die Abgabestelle dauernd verlegt wird, nicht etwa dann, wenn sie bloß vorübergehend, etwa zu Urlaubszwecken, verlassen wird (Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, Rz 206). Entscheidend ist, ob die Abgabestelle dauernd verlegt wird oder ob nur eine vorübergehende Abwesenheit vorliegt (hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 1999, Zl. 97/19/0914). So wurde etwa im Fall des Erkenntnisses vom 23. November 1993, Zl. 93/11/0085, eine Abwesenheit von der Abgabestelle in der Dauer von zwei Wochen nicht als Änderung der Abgabestelle angesehen. Auch bei einem Fremden, der in Schubhaft genommen wird, wobei die Schubhaft nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht länger als zwei Monate dauern darf, wurde gleichfalls keine dauernde Abwesenheit von der Abgabestelle angenommen (hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1994, Zl. 94/01/0135).
Bei der hier gegebenen 14-monatigen Abwesenheit kann von einer bloß vorübergehenden Abwesenheit keine Rede mehr sein. Längere Abwesenheit liegt insbesondere vor, wenn jemand den Präsenzdienst leistet, in Haft ist oder sich seit mehreren Monaten im Ausland befindet (Walter-Mayer, Zustellrecht, 32). Der Oberste Gerichtshof hat in einer Entscheidung vom 2. September 1992, 9 ObA 172/92, ausgesprochen, dass der Begriff der Änderung der Abgabestelle nicht auf jeden Fall eine dauernde Verlegung erfordert, sondern dass die Partei ihre Abgabestelle auch dann ändert, wenn sie an dieser zumindest für einen unverhältnismäßig längeren Zeitraum nicht mehr anzutreffen ist, wobei auch die Vorhersehbarkeit der Zustellung während dieser Zeit zu berücksichtigen ist. In der Literatur (Wiederin, Zustellung bei Abwesenheit des Empfängers, ZfV 1988, 222 ff) wird die zum Untergang der Wohnung führende Grenze bei einer Abwesenheit von ca. zwei, spätestens drei Monaten angenommen; dies entspreche der Dauer eines langen, aber nicht gänzlich aus dem Rahmen sozialer Üblichkeit fallenden Urlaubes, welche einen einigermaßen präzisen Richtwert liefern dürfte.
Davon ausgehend muss im vorliegenden Fall bei der gegebenen 14-monatigen Abwesenheit eine Änderung der Abgabestelle im Sinne des § 8 Abs. 1 ZustG angenommen werden. Dass der Beschwerdeführer dies der Behörde mitgeteilt hätte, wurde ebenso wenig erwiesen, wie eine behauptete Mitteilung an die Postämter in München und Kottingbrunn, der Beschwerdeführer werde sich 14 Monate in Amerika aufhalten. Auch wenn der Beschwerdeführer irgendeine Mitteilung an die Postämter gerichtet hat, wofür die Postaufgabescheine sprechen, vermochte dies die Mitteilung gemäß § 8 Abs. 1 nicht zu ersetzen, weil sie ja nicht zur Kenntnis der das Verfahren führenden Behörde gelangen musste (siehe den Nachweis bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 1220). Im Übrigen hat der Beschwerdeführer selbst nie behauptet, dass er eine neue Abgabestelle, also eine neue Anschrift, der Behörde oder einem Postamt mitgeteilt hätte.
Auch die weitere Voraussetzung nach § 8 Abs. 2 ZustG liegt vor; abgesehen davon, dass die Vollstreckungsbehörde durch mehrfache Kontaktaufnahme mit dem Postamt, mit der Gemeindebehörde und durch eine Meldeanfrage sehr wohl Bemühungen gesetzt hat, eine neue Abgabestelle festzustellen, gibt der Beschwerdeführer keinerlei Hinweis, wie eine neue Abgabestelle in den USA oder in Kanada hätte ermittelt werden können.
Da somit alle Voraussetzungen des § 8 ZustG gegeben sind, konnte die Behörde auf Grund dieser Bestimmung die Hinterlegung ohne Zustellversuch anordnen (§ 23 Abs. 1 ZustG). Eine derartige Hinterlegung ist, wie sich aus dem Aktenvermerk vom 25. Oktober 1994 hinsichtlich des Bescheides vom 29. Juni 1994 und aus dem Aktenvermerk vom 23. Februar 1995 hinsichtlich des Bescheides vom 17. Februar 1995 ergibt, erfolgt, sodass im Sinne des § 23 Abs. 4 ZustG die hinterlegten Sendungen mit dem ersten Tag der Hinterlegung als zugestellt galten. Die mit 2. Februar 1996 datierte, bei der Behörde am 5. Februar 1996 eingelangte Berufung war somit verspätet.
Gemäß § 71 Abs. 1 AVG ist einer Partei gegen die Versäumung einer Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder wenn die Partei die Berufungsfrist versäumt hat, weil der Bescheid fälschlich die Angabe enthält, dass keine Berufung zulässig sei. Sowohl die Reisen nach Nordamerika als auch die Zustellungen in einem laufenden Verfahren waren für den Beschwerdeführer vorhersehbar; da er seiner Pflicht nach § 8 Abs. 1 ZustG nicht nachgekommen ist, kann von einem minderen Grad des Versehens keine Rede sein. Völlig zu Recht hat die belangte Behörde daher den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist abgewiesen.
Die beiden weiteren im Verfahren gestellten Anträge, zu deren Erledigung die belangte Behörde als Berufungsbehörde wohl nicht zuständig war, sind nicht beschwerdegegenständlich.
Damit erwies sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 4. Juli 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1996050302.X00Im RIS seit
20.11.2000