TE Vwgh Erkenntnis 2000/7/4 2000/05/0100

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Veröffentlicht am 04.07.2000
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Index

L00159 Unabhängiger Verwaltungssenat Wien;
L10109 Stadtrecht Wien;
L17009 Gemeindeeigener Wirkungsbereich Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §67a Abs1 Z2;
ReinhalteV Wr 1982 §12;
ReinhalteV Wr 1982 §9;
UVSG Wr 1990 §2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Gertrude Bohrn in Wien, vertreten durch Mag. Otfried Laurenz Hummer, Rechtsanwalt in Wien I., Weihburggasse 9, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 16. Dezember 1999, GZ. MA 62 - III/54/99, betreffend Kostenvorschreibung nach § 12 Reinhalteverordnung 1982, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 18. Bezirk, vom 14. Juni 1999 wurden der Beschwerdeführerin als Mieterin der Wohnung in Wien 18., Weitlofgasse 7/16 und 17, gestützt auf § 12 der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien betreffend die Reinhaltung von Grundstücken und Baulichkeiten (Reinhalteverordnung 1982), Kosten in der Höhe von S 143.227,20 für die in der Zeit vom 19. bis 21. Mai 1999 erfolgte Entfernung sämtlicher unbrauchbaren und verdorbenen Gegenstände bzw. Lebensmittel vorgeschrieben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. In der vom Bezirksgesundheitsamt für den 18. Bezirk aufgenommenen Niederschrift vom 19. Mai 1999 sei festgehalten, dass anlässlich der Durchführung der hier maßgeblichen behördlichen Maßnahmen in sämtlichen Räumlichkeiten der gegenständlichen Wohnung bis zu einer Höhe von 2 m Ablagerungen aus Nylonsäcken, Kleidungsstücken, Lumpen, Gerümpel, Geschirr mit Speiseresten und menschliche Exkremente vorgefunden worden seien. Nur die zur Beseitigung des sanitären Übelstandes notwendigen Sachen seien entsorgt worden. Die Angemessenheit der vom Entsorgungsunternehmen in Rechnung gestellten Preise sei unbestritten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht, "ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zum Ersatz der mir vorgeschriebenen Kosten

... verpflichtet zu werden und in meinem Recht auf Einhaltung der

Verfahrensvorschriften verletzt". Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß §§ 9 und 10 der Reinhalteverordnung 1982 können bescheidmäßige Aufträge und Anordnungen bei Vorliegen eines Übelstandes im Sinne der §§ 4 bis 8 dieser Verordnung erlassen werden. Als Verpflichtete solcher Aufträge kommen neben dem Eigentümer (Miteigentümer) des Gebäudes oder der Grundfläche im Falle einer Verpachtung, Vermietung oder sonstigen Überlassung von Gebäuden, Gebäudeteilen oder Grundflächen zur Nutzung auch der Pächter, Mieter oder Nutzungsberechtigte in Betracht.

Gemäß § 12 der Reinhalteverordnung 1982 kann der Magistrat die in den §§ 9 und 10 vorgesehenen Maßnahmen auch ohne vorangegangenes Verfahren auf Kosten jener Personen anordnen und durchführen, die nach §§ 9 und 10 als Bescheidadressaten in Betracht gekommen wären, wenn infolge eines Übelstandes im Sinne der §§ 4 bis 8 eine die Sicherheit oder Gesundheit von Menschen unmittelbar bedrohende Gefahr besteht oder ein Übelstand zu einer so unzumutbaren Belästigung der Nachbarschaft führt, dass sie infolge ihrer Intensität aus hygienischen Gründen sofortiger Abhilfe bedarf.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes führt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen für die von der Behörde gewählte Vorgangsweise nach § 12 Reinhalteverordnung 1982 nicht vorgelegen wären und die belangte Behörde auch keine dementsprechenden Feststellungen getroffen habe, aus welchen abgeleitet werden könnte, dass die Vornahme der behördlichen Maßnahmen ohne vorangegangenes Verfahren berechtigt gewesen wäre.

Ob die Voraussetzungen des § 12 Reinhalteverordnung 1982 vorgelegen und die von der Behörde dem ausführenden Unternehmen in Auftrag gegebenen Arbeiten notwendig und zweckmäßig waren, kann jedoch im Verfahren über die Kosten dieser Maßnahmen nicht mehr überprüft werden.

Gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG entscheiden nämlich die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes (siehe hiezu auch § 2 Z. 2 des Gesetzes vom 26. Juni 1990 über den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, LGBl. Nr. 53/1990). Unterlässt aber die von einem Akt der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt betroffene Partei die Erhebung einer Beschwerde gegen diesen Akt beim unabhängigen Verwaltungssenat, dann ist rechtlich davon auszugehen, dass ein solcher Verwaltungsakt gegenüber einem zur Maßnahmenbeschwerde Befugten nicht in dessen subjektiv-öffentliche Rechte rechtswidrig eingegriffen hat. Wurden daher die nach § 12 Reinhalteverordung 1982 durchgeführten Maßnahmen nicht vor dem unabhängigen Verwaltungssenat bekämpft, dann kann die Frage ihrer Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit im Kostenersatzverfahren nicht mehr aufgerollt werden, weil insoweit eine Bindung der Behörde an die mangels Bekämpfung geltende Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen besteht, die auch deren Erforderlichkeit im Sinne des Gesetzes umfasst (vgl hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2000, Zl. 96/05/0191, mwN).

Auch im vorliegenden Fall hätte die Beschwerdeführerin als die von einem Akt der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt betroffene Partei eine Beschwerde gegen diesen Akt beim unabhängigen Verwaltungssenat einbringen müssen. Die Frage der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der notstandspolizeilichen Maßnahmen kann im Kostenersatzverfahren nicht mehr aufgerollt werden. Die Beschwerdeausführungen, die sich gegen Art und Umfang der notstandspolizeilichen Maßnahme richten, hätten Inhalt einer solchen Maßnahmenbeschwerde an den UVS sein können. Die behaupteten Verfahrensmängel beziehen sich insgesamt auf die Frage der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der von der Behörde getroffenen Maßnahme, weshalb sie - auch bei Vorliegen - mangels Relevanz für das Beschwerdeverfahren keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides herbeiführen könnten.

Gegen die Höhe der der Beschwerdeführerin vorgeschriebenen Kosten wird in der Beschwerde nichts vorgebracht. Die diesbezüglichen, nicht als unschlüssig zu erkennenden Begründungsdarlegungen im angefochtenen Bescheid werden in der Beschwerde nicht bekämpft.

Dass die Beschwerdeführerin Mieterin der von den behördlichen Maßnahmen betroffenen Wohnung war und ist, wird in der Beschwerde nicht angezweifelt. Gemäß § 12 in Verbindung mit § 9 letzter Satz Reinhalteverordnung 1982 sind die erforderlichen Maßnahmen nach diesem Gesetz im Falle der Vermietung auf Kosten des Mieters anzuordnen und diesem auch mit Bescheid dann vorzuschreiben, wenn er sie nicht sogleich bezahlt. Dass eine (Mit-)Verantwortung des (Mit-)Eigentümers des betroffenen Gebäudes bzw. Grundstückes im Beschwerdefall bestehe und weshalb eine solche zum Tragen kommen sollte, wird in der Beschwerde nicht dargelegt.

Da sohin schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 4. Juli 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000050100.X00

Im RIS seit

17.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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