TE Bvwg Erkenntnis 2017/12/6 I411 2146203-1

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Veröffentlicht am 06.12.2017
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Entscheidungsdatum

06.12.2017

Norm

AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I411 2146203-1/13.E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert POLLANZ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. ÄGYPTEN, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andreas WALDHOF, Reichsratsstraße 13, 1010 Wien, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien (BAW) vom 11.01.2017, Zl. XXXX-XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.11.2017 zu Recht erkannt:

A)

In Stattgebung der Beschwerde wird festgestellt, dass gemäß § 9 BFA-Verfahrensgesetz eine Rückkehrentscheidung gegen XXXX auf Dauer unzulässig ist und wird XXXX gemäß §§ 54, 55 Abs 1 und 58 Abs 2 Asylgesetz 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Dem Beschwerdeführer wurde am 29.11.2005 eine Vignette "Aufenthaltserlaubnis Ausbildung § 7 Abs 4 Z 1 FrG" erteilt. In weiterer Folge wurden ihm aufgrund von Verlängerungsanträgen jeweils Aufenthaltsbewilligungen "Studierende" erteilt. Ausgehend von einem diesbezüglichen Verlängerungsantrag vom 29.04.2008 kam es mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 04.08.2008 letztlich zur Aufenthaltsbeendigung durch Ausweisung. Eine Berufung dagegen wurde abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hielt sich anschließend in Italien auf, reiste dann wiederkehrend illegal nach Österreich, um sich wegen einer Erkrankung behandeln zu lassen. Er wurde seither mehrfach wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich, wegen Übertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und wegen des Verdachtes mehrerer begangener strafbarer Handlungen angezeigt. Mit Urteile des Bezirksgerichtes XXXX bzw. Landesgerichtes XXXX wurde der Beschwerdeführer schließlich wegen versuchten Diebstahles bzw. wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden verurteilt.

Aufgrund seines Erstantrages vom 08.10.2012 wurde ihm eine Aufenthaltsbewillig für den Aufenthaltszweck Familieneigenschaft erteilt. Die Ehefrau des Beschwerdeführers verfügte über einen gemeldeten Hauptwohnsitz im Bundesgebiet und über eine Aufenthaltsbewilligung "Studierende" gemäß § 64 NAG.

Am XXXX wurde ihre gemeinsame Tochter in Österreich geboren, welche über eine Aufenthaltsbewilligung für Familieneigenschaft gemäß § 69 Abs 1 NAG verfügte. Die Aufenthaltsbewilligungen wurden mehrfach aufgrund von Verlängerungsanträgen erteilt.

Am XXXX wurde die zweite Tochter geboren, welche ebenso über eine Aufenthaltsbewilligung für Familieneigenschaft gemäß § 69 Abs 1 NAG verfügte.

Von einer weiteren Stellung eines Verlängerungsantrages nahm der Beschwerdeführer nicht Gebrauch und beantragte am 23.03.2016 die Erteilung des Aufenthaltstitels "Aufenthaltstitel plus" aus Gründen des Art. 8 EMRK.

Die belangte Behörde wies den genannten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels plus mit Bescheid vom 11.01.2017, Zl. XXXX, gemäß § 55 Abs 1 Z 1 AsylG ab, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Ägypten zulässig ist. Für die freiwillige Ausreise wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 26.01.2017.

Die Beschwerde langte am 30.01.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Mit Schriftsatz seines Rechtsvertreters vom 08.08.2017 stellte der Beschwerdeführer wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesverwaltungsgerichtes "gemäß Art 133 Abs. 1 Z 2 B-VG" einen Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof.

Mit verfahrensleitender Anordnung des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.09.2017,

Fr 2017/22/0013-2, wurde das Bundesverwaltungsgericht aufgefordert binnen drei Monaten die Entscheidung zu erlassen.

Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungs-gerichtes vom 19.09.2017 wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung I410 abgenommen und der Gerichtsabteilung I411 mit Wirksamkeit 02.10.2017 neu zugewiesen.

Am 15.11.2017 fand am Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Identität des Beschwerdeführers ist geklärt. Er weist den im Spruch genannten Namen und Geburtsdatum auf, ist volljährig und Staatsbürger von Ägypten. Er reiste Ende 2005 mit einer gültigen Aufenthaltsbewilligung nach Österreich ein, reiste zwischen 04.06.2009 und 08.10.2012 mehrfach nach Italien und Ägypten aus und neuerlich in das Bundesgebiet ein und hält sich zumindest seit 08.10.2012 durchgehend in Österreich auf.

Der Beschwerdeführer leidet an keiner schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheit und ist auch nicht längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig.

Der Beschwerdeführer ist mit einer ägyptischen Staatsangehörigen verheiratet, die über den Aufenthaltstitel "Studierende" verfügt. Aus der Ehe entstammenden drei in Österreich geborene Töchter im Alter von fünf und drei Jahren bzw. knapp 5 Monaten. Der Beschwerdeführer lebt mit seiner Ehegattin und den drei Töchtern in einem gemeinsamen Haushalt. Die jüngste Tochter leidet an Herzrhythmusstörungen und befindet sich in laufender ärztlicher Behandlung.

Zudem verfügt der Beschwerdeführer über Sprachkenntnisse auf dem Niveau A2 und hat dadurch das Modul 1 der Integrationsvereinbarung abgeschlossen.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich zweimal strafgerichtlich verurteilt:

01) BG XXXX vom 01.12.2014 RK 05.12.2014

§ 15 StGB § 127 StGB

Datum der (letzten) Tat 27.03.2014

Geldstrafe von 40 Tags zu je 4,00 EUR (160,00 EUR) im NEF 20 Tage Ersatzfreiheitsstrafe

Vollzugsdatum 05.01.2015.

02) LG XXXX vom 01.02.2016 RK 05.07.2016

§§ 223 (2), 224 StGB

Datum der (letzten) Tat 18.03.2015

Freiheitsstrafe 5 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen eigenen glaubhaften Angaben. Da der Beschwerdeführer einen ägyptischen Reisepass mit der Nr. XXXX vorlegte, steht seine Identität zweifelsfrei fest.

Dass der Beschwerdeführer gesund ist, ergibt sich ebenso aus seinen eigenen Angaben, wonach seine frühere Erkrankung Hepatitis C nunmehr geheilt sei und er studieren und danach arbeiten wolle.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse und die Lebensumstände des Beschwerdeführers gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, dass Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt. Berücksichtigt wurden dabei auch die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen (Deutschzeugnis, Mietvertrag, Studienbestätigungen).

Die Feststellung zum Familienleben mit seiner ägyptischen Ehefrau und den drei in Österreich geborenen Töchtern ergibt sich aus der zeugenschaftlichen Einvernahme der Ehefrau in der mündlichen Verhandlung, Einsichtnahme in die vorgelegten Unterlagen wie Mietvertrag, Geburtsurkunden der Kinder und dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

Feststellungen zum Gesundheitszustand des jüngsten Kindes ergeben sich aus den beigebrachten medizinischen Unterlagen.

Die strafrechtlichen Verurteilungen ergeben sich aus dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur (funktionellen) Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Weder das Asylgesetz 2005, noch das Fremdenpolizeigesetz 2005 ersehen eine Entscheidung durch Senate vor, sodass das Bundesverwaltungsgericht den gegenständlichen Beschwerdefall durch Einzelrichter zu entscheiden hat.

3.2. Zur anzuwendenden Rechtslage:

3.2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des § 10 Absatz 1 Ziffer 3, § 55 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl I Nr. 145/2017, und §§ 9 und 11 Integrationsgesetz, BGBl. I Nr. 68/2017, lauten:

Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen

Modul 1 der Integrationsvereinbarung

§ 9. (1) Drittstaatsangehörige (§ 2 Abs. 1 Z 6 NAG) sind mit erstmaliger Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 NAG zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung verpflichtet. Diese Pflicht ist dem Drittstaatsangehörigen nachweislich zur Kenntnis zu bringen.

(2) Der Erfüllungspflicht gemäß Abs. 1 haben Drittstaatsangehörige binnen zwei Jahren ab erstmaliger Erteilung des Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 NAG nachzukommen. Unter Bedachtnahme auf die persönlichen Lebensumstände des Drittstaatsangehörigen kann der Zeitraum der Erfüllungspflicht auf Antrag mit Bescheid verlängert werden. Diese Verlängerung darf die Dauer von jeweils zwölf Monaten nicht überschreiten; sie hemmt den Lauf der Fristen nach § 14.

(3) Für die Dauer von fünf Jahren ab Ablauf der Gültigkeit des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 NAG werden bereits konsumierte Zeiten der Erfüllungspflicht auf den Zeitraum der Erfüllungspflicht gemäß Abs. 2 angerechnet.

(4) Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt,

2. einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt,

3. über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht,

4. einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot – Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt oder

5. als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung – Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

[ ]

Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1

§ 11. (1) Die Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1 wird bundesweit nach einem einheitlichen Maßstab durchgeführt.

(2) Die Prüfung umfasst Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte elementare Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen und Schreiben von Texten des Alltags auf dem Sprachniveau A2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolg ist mit "Bestanden" oder "Nicht bestanden" zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach- sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig.

[ ]

3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des § 9 Abs 2 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, lauten:

Schutz des Privat- und Familienlebens

§ 9. (2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Zu A) Zur Abweisung der Beschwerde:

3.3. Zur Gewährung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Asylgesetz:

Eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 ist gemäß § 55 Abs. 1 Ziffer 1 leg. cit. zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK geboten ist.

Gemäß Artikel 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß § 8 Abs. 2 leg.cit. ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechtes auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikels 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR, des VfGH und des VwGH jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Gefordert ist eine Prüfung der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs, letztere beinhaltet eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in einer Vielzahl von Erkenntnissen mit der (nunmehr) nach § 11 Abs. 3 NAG bzw. § 9 Abs. 2 BFA-VG durchzuführenden Interessenabwägung bei einem langjährigen (mehr als zehnjährigen) Inlandsaufenthalt des Fremden befasst. Diese Rechtsprechung fasste der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 17.10.2016, Ro 2016/22/0005 wie folgt zusammen:

"Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist. Nur wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurde eine aufenthaltsbeendende Maßnahme bzw. die Nichterteilung eines humanitären Aufenthaltstitels ausnahmsweise nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (siehe zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter anderem folgende Umstände - zumeist in Verbindung mit anderen Aspekten - als Anhaltspunkte dafür anerkannt, dass der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit zumindest in gewissem Ausmaß genützt hat, um sich zu integrieren:

Dazu zählen die Erwerbstätigkeit des Fremden (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 26. Februar 2015, Ra 2014/22/0025, vom 18. Oktober 2012, 2010/22/0136, sowie vom 20. Jänner 2011, 2010/22/0158), das Vorhandensein einer Beschäftigungsbewilligung (vgl. das zitierte Erkenntnis Ra 2015/21/0249 bis 0253), eine Einstellungszusage (vgl. das Erkenntnis vom 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165, sowie das Erkenntnis vom 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082), das Vorhandensein ausreichender Deutschkenntnisse (vgl. das zitierte Erkenntnis Ra 2015/21/0249 bis 0253 sowie das Erkenntnis vom 14. April 2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032), familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden, aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl. die Erkenntnisse vom 23. Mai 2012, 2010/22/0128, sowie (betreffend nicht zur Kernfamilie zählende Angehörige) vom 9. September 2014, 2013/22/0247), ein Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich bzw. die Vorlage von Empfehlungsschreiben (vgl. die Erkenntnisse vom 18. März 2014, 2013/22/0129, sowie vom 31. Jänner 2013, 2011/23/0365), eine aktive Teilnahme an einem Vereinsleben (vgl. das Erkenntnis vom 10. Dezember 2013, 2012/22/0151), freiwillige Hilfstätigkeiten (vgl. das zitierte Erkenntnis Ra 2015/21/0249 bis 0253), ein Schulabschluss (vgl. das Erkenntnis vom 16. Oktober 2012, 2012/18/0062) bzw. eine gute schulische Integration in Österreich (vgl. die zitierten Erkenntnisse Ra 2015/21/0249 bis 0253 sowie Ra 2014/22/0078 bis 0082) oder der Erwerb des Führerscheins (vgl. das zitierte Erkenntnis 2011/23/0365).

Umgekehrt hat der Verwaltungsgerichtshof in mehreren Entscheidungen zum Ausdruck gebracht, dass ungeachtet eines mehr als zehnjährigen Aufenthaltes und des Vorhandenseins gewisser integrationsbegründender Merkmale auch gegen ein Überwiegen der persönlichen Interessen bzw. für ein größeres öffentliches Interesse an der Verweigerung eines Aufenthaltstitels (oder an der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) sprechende Umstände in Anschlag gebracht werden können. Dazu zählen das Vorliegen einer strafgerichtlichen Verurteilung (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165, und vom 10. November 2015, Ro 2015/19/0001, sowie die Beschlüsse vom 3. September 2015, Ra 2015/21/0121, und vom 25. April 2014, Ro 2014/21/0054), Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften (wie etwa das Ausländerbeschäftigungsgesetz; siehe das Erkenntnis vom 16. Oktober 2012, 2012/18/0062, sowie den Beschluss vom 25. April 2014, Ro 2014/21/0054), eine zweifache Asylantragstellung (vgl. den Beschluss vom 20. Juli 2016, Ra 2016/22/0039, sowie das zitierte Erkenntnis Ra 2014/22/0078 bis 0082), unrichtige Identitätsangaben, sofern diese für die lange Aufenthaltsdauer kausal waren (vgl. die zitierten Erkenntnisse Ra 2015/21/0249 bis 0253 sowie Ra 2016/21/0165), sowie die Missachtung melderechtlicher Vorschriften (vgl. das Erkenntnis vom 31. Jänner 2013, 2012/23/0006)."

Dem öffentlichen Interesse, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern, kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH 17. 12.2007, 2006/01/0216; siehe die weitere Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum hohen Stellenwert der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften: VwGH 26. 6. 2007, 2007/01/0479; VwGH 16. 1. 2007, 2006/18/0453; jeweils VwGH 8. 11. 2006, 2006/18/0336 bzw. 2006/18/0316; VwGH 22. 6. 2006, 2006/21/0109; VwGH 20. 9. 2006, 2005/01/0699).

Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31. 10. 2002, 2002/18/0190).

Vor dem Hintergrund dieser höchstgerichtlichen Judikatur ist dem Beschwerdeführer zunächst nicht beizupflichten, wenn er vermeint, dass ihm insbesondere aufgrund seines bereits rund elf Jahre andauernden Aufenthalts ein Aufenthaltsrecht zukäme. In diesem Zusammenhang gibt es keinen Rechtserwerb allein durch Zeitablauf (im Sinne einer "Ersitzung"), zumal dafür keine gesetzliche Grundlage existiert. Vielmehr enthält § 9 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz eine bloß demonstrative Aufzählung jener Umstände, die bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind (arg: "insbesondere"). Die "Dauer des bisherigen Aufenthaltes" ist dabei nur einer von mehreren Aspekten, die zugunsten oder zuungunsten des Fremden ins Kalkül zu ziehen sind.

Der Beschwerdeführer reiste 2005 legal in das Bundesgebiet ein und hielt sich teil legal auf Grundlage von immer wieder verlängerten Aufenthaltsbewilligungen, teils illegal nach rechtskräftiger Ausweisung in Österreich auf.

Sein Privat- und vorallem Familienleben in Österreich entstand zu einem Zeitpunkt, zu dem sich der Beschwerdeführer legal aufgrund einer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck "Familieneigenschaft" im Bundesgebiet aufhielt. Er lebt seit 04.09.2012 mit seiner Ehefrau an derselben Adresse und wurde das erste gemeinsame Kind am XXXX in Österreich geboren.

Hinsichtlich des Familienlebens ist auszuführen, dass das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK das Zusammenleben der Familie schützt. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterium hiefür kommt etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht (vgl. EGMR 13. 6. 1979, Marckx, EuGRZ 1979).

Das Bestehen eines Familienlebens liegt jedenfalls vor. Der Beschwerdeführer schloss am 07.07.2005 noch in Ägypten die Ehe mit seiner ägyptischen Gattin. Die beiden leben seit 04.09.2012 in einem gemeinsamen Haushalt in Österreich. Aus dieser Beziehung entstammen mittlerweile drei minderjährige Kinder im Alter von fünf und drei Jahren bzw. fünf Monaten. Daher ist das Kindeswohl jedenfalls in Betracht zu ziehen. Das Familienleben zwischen Eltern und Kindern entsteht grundsätzlich mit der Geburt der Kinder und ist unabhängig von einem gemeinsamen Wohnsitz der Eltern; daher reichen regelmäßige Wochenendbesuche aus (VfGH 11.03.2014, U37-39/2013-13).

Der EGMR hatte in seinem Urteil vom 03.10.2014, J. gegen die Niederlande, Nr. 12.738/10 erklärt: "Gestattet ein Mitgliedstaat einer fremden Person, den Ausgang eines auswanderungsrechtlichen Verfahrens im Inland abzuwarten und ermöglicht er ihr so, ein Familienleben zu begründen, führt dies nicht automatisch zu einer aus Artikel 8 EMRK resultierenden Verpflichtung, die die Niederlassung zu erlauben. Wurde das Familienleben zu einer Zeit begründet, während der sich die betroffene Person über die Unsicherheit ihres Aufenthaltsstatus im Klaren war, kann ihre Ausweisung nur unter außergewöhnlichen Umständen gegen Artikel 8 EMRK verstoßen. Solche außergewöhnlichen Umstände können sich insbesondere aus einer sehr langen Aufenthaltsdauer und den Auswirkungen der Ausweisung auf die dadurch betroffenen Kinder ergeben. Wo Kinder betroffen sind, muss das Kindeswohl vorrangig berücksichtigt werden. Die Behörden müssen die Auswirkungen ihrer Entscheidung auf das Wohl der betroffenen Kinder prüfen. Im gegenständlichen Fall hatte der EGMR entschieden, dass die Ausweisung der Beschwerdeführerin, die seit mehr als 16 Jahren in den Niederlanden war und nie strafrechtlich verurteilt worden war, nicht rechtmäßig sei. Sie hatte in den Niederlanden drei Kinder und einen Ehemann, die alle die niederländische Staatsbürgerschaft hatten. Es war auch die Beschwerdeführerin, die sich im Alltag vorrangig um die Kinder kümmerte, sodass offensichtlich war, dass dem Wohl der Kinder am besten entsprochen werde, wenn ihre derzeitigen Lebensumstände nicht durch einen zwangsweisen Umzug der Mutter gestört würden. Auch wenn die Interessen der Kinder allein nicht entscheidend sein können, muss solchen Interessen auf jeden Fall erhebliches Gewicht beigemessen werden. Im gegenständlichen Fall war es daher unerheblich, dass das Familienleben zu einer Zeit geschaffen worden war, zu der den beteiligten Personen bekannt war, dass das Fortbestehen von Familienleben im Gaststaat wegen des Einwanderungsstatus einer von ihnen von Beginn an unsicher war."

Im gegenständlichen hält sich der Beschwerdeführer seit geraumer Zeit in Österreich auf, von der ein Teil der Dauer seines Aufenthaltes allerdings unrechtmäßig ist. Seine Ehefrau und die Kinder sind ebenso wie er Staatsangehörige Ägyptens, die über einen (befristeten) Aufenthaltstitel in Österreich verfügen. Die Ehefrau und die gemeinsamen Kinder sind zwar ebenfalls ägyptische Staatsangehörige, doch besteht zumindest für Kinder eine gewisse zu berücksichtigende Bindung zu Österreich. Alle drei Kinder wurden in Österreich geboren, sprechen Deutsch und besucht die älteste Tochter bereits die Vorschule. Zudem leidet die jüngste Tochter an schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen. Bei der am XXXX geborenen Tochter wurde eine Herzrhythmusstörung diagnostiziert und bedarf sie fortdauernder stationärer und ambulanter Behandlung sowie einer speziellen Therapie. Bereits die Ausreise nach Ägypten wäre mit einem erheblichen gesundheitlichen Risiko für das Kind verbunden und wird auch vom Konsulat bestätigt, dass die erforderliche ärztliche Behandlung in Ägypten nur in Kairo möglich ist und der Wohnort der Familie ca. 150 km bzw. zwei bis drei Autostunden entfernt liegt. Eine rasche und adäquate medizinische Versorgung wäre nicht gewährleistet.

Da sich beide Elternteile aufgrund der aufgenommenen Studien und des Arbeitslebens gleichermaßen um die Kinderbetreuung kümmern, ist für das Wohl der Kinder ein Verbleib des Vaters in Österreich erforderlich. Das hier relevante Familienleben wurde zu einem Zeitpunkt eingegangen, als der Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers (und auch seiner Ehefrau) jedenfalls legal aber befristet war. Die Geburt der Kinder erfolgte nach Gewährung der (zumindest befristeten) Aufenthaltsbewilligungen. Aufgrund des Eingehens des Familienlebens während (vorübergehend) aufrechten Aufenthaltsstatus kann eine Verletzung von Art 8 EMRK bejaht werden. Eine Trennung des Beschwerdeführers von seiner Familie würde nachteilige Auswirkungen auf das Wohl der Kinder nach sich ziehen und ein Familienband zerreißen, wiegen die nachteiligen Folgen somit schwerer als das staatliche Interesse auf Verteidigung und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung.

Der Beschwerdeführer wurde bereits zweimal von österreichischen Strafgerichten verurteilt und ist sich dem Unrechtsgehalt seiner begangenen Straftaten nicht bewusst. Den versuchten Diebstahl versuchte er in der mündlichen Verhandlung als Versehen darzustellen, ohne böser Absicht dahinter und befragt nach dem Vergehen der Fälschung einer besonders geschützten Urkunde meinte er lapidar, dass es zu Missverständnissen durch die Botschaft und das Konsulat gekommen sei und es sich um einen echten Stempel gehandelt habe. Das Urteil sei aus seiner Sicht schlichtweg falsch. Ohne die vom Beschwerdeführer begangenen Taten verharmlosen zu wollen, ist das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und der Sicherheit nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt, die zu einer Versagung des Aufenthaltstitels führen muss.

Ein berücksichtigendes Integrationsverhalten des Beschwerdeführers kann im konkret vorliegenden Sachverhalt jedoch dahingehend festgestellt werden, als dass der Beschwerdeführer die Prüfung A2 erfolgreich abgelegt hat und weiterhin bemüht ist, seine Deutschkenntnisse zu verbessern. Auch ist ein Bemühen erkennbar, sein Studium fortzusetzen und letztlich abzuschließen. Der Beschwerdeführer betonte mehrfach, in Österreich eine Arbeitserlaubnis zu erhalten, um das Einkommen für seine Familie sichern zu können. Der Beschwerdeführer brachte auch einen Arbeitsvorvertrag zur Vorlage, wonach es ihm möglich wäre, eine Tätigkeit anzunehmen und brutto EUR 1.800,-- ins Verdienen zu bringen. Aus den gleichbleibenden Angaben hinsichtlich seiner Vorstellung einer Zukunft in Österreich und dem in der mündlichen Verhandlung vermittelten persönlichen Eindruck zu seiner Haltung zur Führung eines (Familien)Lebens in Österreich, ist erkennbar, dass der Beschwerdeführer bemüht ist, sich und seiner Familie ein selbstständiges und vor allem auf einem gültigen Aufenthalt basierendes Leben zu ermöglichen. Er ist am Arbeitsmarkt aufgrund der fehlenden Arbeitserlaubnis nicht integriert und lebt die Familie von Unterstützungen durch seinen Vater bzw. durch seine Schwester. Auch Bekannte tragen zu ihrem Lebensunterhalt bei und arbeitet die Ehefrau des Beschwerdeführers zeitweise als Reinigungskraft oder gibt Nachhilfestunden. Die Miete kann die Familie von der Kinderbeihilfe bezahlen. Hinweise auf soziale und gesellschaftliche Anbindungen sind aus den vorgelegten Empfehlungsschreiben erkennbar, wonach der Beschwerdeführer auch ehrenamtliche und gemeinnützige Tätigkeiten geleistet hat sowie als Dolmetscher seitens Polizei und Rettung eingesetzt wurde. Aus den zahlreichen Unterstützungserklärungen lassen sich auch gute Freund- und Bekanntschaften schließen.

Das Bundesverwaltungsgericht würdigt auch das Ablegen der Deutschprüfung A2 und sein Bemühen, sich auch im Zuge seines Studiums vertiefende Deutschkenntnisse anzueignen. Damit erfüllt der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 Z 2 AslyG iVm §§ 9 und 11 IntG.

Bei der vorgenommene allgemeinen Interessensabwägung sprechen vor allem das bestehende schützenswerte Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich und der lange Aufenthalt in Österreich von elf Jahren zu Gunsten der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers in Österreich zu bleiben und somit zu Ungunsten der Öffentlichen Interessen an seiner Außerlandesbringung. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung wäre daher als ein ungerechtfertigten und unverhältnismäßiger Eingriff in sein durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK zu erachten.

Gemäß den Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Integrationsvereinbarung dient Modul 1 dem Erwerb von Kenntnissen der deutschen Sprache zur vertieften elementaren Sprachverwendung. Ziel ist die Erreichung von Deutschkenntnissen auf A2-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen. Diese Voraussetzung hat der Beschwerdeführer nachweislich durch die Vorlage seines Prüfungszeugnisses Deutsch Niveau A2 erfüllt.

Es liegen keine Anhaltspunkte für ein Erteilungshindernis im Sinne des § 60 AsylG vor und ist daher gemäß § 55 AsylG ein Aufenthaltstitel zu erteilen. Aufgrund des bestehenden Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK und der Absolvierung Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist dem Beschwerdeführer der "Aufenthaltstitel plus" im Sinne des § 55 Abs 2 AsylG zu erteilen.

Es war daher festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung hinsichtlich des Beschwerdeführers auf Dauer unzulässig ist. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird daher - unter der Voraussetzung der Erfüllung der allgemeinen Mitwirkungspflicht im Sinne des § 58 Abs 11 AsylG - dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel im Sinne des § 58 Abs 4 AsylG auszufolgen haben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung plus, bestehendes Familienleben, Ehe,
Integrationsvereinbarung, Interessenabwägung, Rückkehrentscheidung
auf Dauer unzulässig, strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:I411.2146203.1.00

Zuletzt aktualisiert am

14.12.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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