TE OGH 2017/11/28 2Ob196/16m

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Veröffentlicht am 28.11.2017
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Hon.-Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solè sowie den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei I***** H*****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und andere Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagte Partei K*****-GmbH, *****, vertreten durch Längle Fussenegger Singer Rechtsanwälte Partnerschaft in Dornbirn, wegen 1. (AZ 6 C 461/13i) 192.087,73 EUR sA, 2. (AZ 6 C 587/13v) Feststellung (Streitwert: 130.000 EUR) und 3. (AZ 6 C 167/14f) 182.681,61 EUR sA, sowie Zwischenantrag auf Feststellung (Streitwert: 100.000 EUR), über die außerordentlichen Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 8. Juli 2016, GZ 22 R 57/16p-53, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch der Kosten ihrer Revisionsbeantwortung wird abgewiesen (§ 508a Abs 2 Satz 2 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

I. Zur Revision der beklagten Partei:

1. Die Beurteilung der Frage, ob eine konkludente Willenserklärung vorliegt und welchen Inhalt sie gegebenenfalls hat, ist regelmäßig einzelfallbezogen und begründet daher im Allgemeinen keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung (4 Ob 173/08g mwN; RIS-Justiz RS0081754 [T5, T6]).

Im vorliegenden Fall ist das Berufungsgericht vertretbar davon ausgegangen, dass die Klägerin unter den konkreten Umständen die jahrelangen Mietzinszahlungen der beklagten Partei in Höhe des am 17. 2. 2000 mit der Mitmieterin der beklagten Partei abgeschlossenen Vergleichs als Zustimmung zu den entsprechenden Mietzinsvorschreibungen verstehen durfte und eine konkludente Vereinbarung über den Mietzins zustande kam. Das Berufungsgericht hat auch nachvollziehbar begründet, warum die Klägerin selbst bei sorgfältiger Prüfung nicht damit rechnen musste, dass die Leistung nur auf einer irrtümlich angenommenen Verpflichtung beruhte (vgl 4 Ob 89/07b; RIS-Justiz RS0038618). Dem steht nicht entgegen, dass sie im gegenständlichen Rechtsstreit (auch) die Auffassung vertrat, bereits der Vergleich vom 17. 2. 2000 entfalte unmittelbare Wirkung für die beklagte Partei.

2. Dem Berufungsgericht ist auch insoweit keine aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen, als es (nur) den Tatbestand des § 16 Abs 1 Z 1 MRG herangezogen hat. Ist nach dieser Bestimmung bei Geschäftsräumen schon vom Beginn des Mietverhältnisses an die (auch konkludente) Vereinbarung eines angemessenen Mietzinses ohne die Beschränkungen der Abs 2 bis 5 zulässig, so bleibt für die Regelung der Z 5, die wegen des Schriftlichkeitsgebots eine konkludente Erhöhungsvereinbarung ausschließen würde (RIS-Justiz RS0124342), kein Anwendungsbereich. Schon nach dem klaren Gesetzeswortlaut kommt eine kumulative Anwendung der beiden Tatbestände nicht in Betracht. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO liegt daher nicht vor.

3. Mit ihren Behauptungen zur Unschlüssigkeit der Leistungsklagen orientiert sich die beklagte Partei erkennbar an Aussagen der Entscheidung 2 Ob 63/08s, die aber auf den dort zu lösenden Einzelfall bezogen waren. Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht die Ansprüche der Klägerin als ausreichend schlüssig behandelt, womit abermals keine erhebliche Rechtsfrage aufgeworfen wird.

II. Zur Revision der Klägerin:

1. Das Berufungsgericht hat die konkludente Zustimmung der beklagten Partei auch zu der im Vergleich vom 17. 2. 2000 mit der Mitmieterin enthaltenen Wertsicherungsvereinbarung mit vertretbarer Begründung verneint. Zu Recht verwies es darauf, dass die Klägerin die Wertsicherung erst zu einem Zeitpunkt vorschrieb, in welchem die beklagte Partei den Hauptmietzins wegen einer behaupteten Mietzinsreduktion nur mehr in der von ihr als berechtigt angesehenen Höhe bezahlte. Unter diesen Umständen bleibt für die Annahme einer (weiteren) konkludenten Zustimmung kein Raum. Davon abgesehen lassen die Berechnungsvarianten der Klägerin in ihrem Rechtsmittel erkennen, dass sie sich über die „richtige“ Berechnung der Wertsicherung selbst nicht im Klaren ist.

2. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts zur fehlenden Bindung an das Ergebnis der Vorprozesse steht mit der herrschenden Rechtsprechung im Einklang, wonach zwischen der Verpflichtung zur Leistung des angemessenen Bestandzinses für bestimmte Perioden und den entsprechenden Leistungsklagen für andere Perioden keine Bindungswirkung besteht (vgl 5 Ob 274/01g; 6 Ob 176/06k; 8 Ob 26/17g). Die Frage nach der Höhe des Mietzinses in den Vorprozessen betraf dort nur eine Vorfrage, an die hier keine Bindung besteht. Das gilt auch für das nunmehrige Feststellungsbegehren, in welchem die Mietzinshöhe Hauptfrage ist. Mit ihrer gegenteiligen Argumentation vermag die Klägerin auch in diesem Zusammenhang keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Schlagworte

;

Textnummer

E120062

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2017:0020OB00196.16M.1128.000

Im RIS seit

14.12.2017

Zuletzt aktualisiert am

14.12.2017
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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