Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Werner Hallas und Mag. Thomas Kallab in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei K*****, vertreten durch Mag. Gernot Steier, Rechtsanwalt in Neulengbach, gegen die beklagte Partei Land Niederösterreich, *****, vertreten durch Mag. Thomas Reisch, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unwirksamkeit einer Kündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Juni 2017, GZ 7 Ra 15/17b-13, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Der (1974 geborene) Kläger war seit 2007 in einem sozialpädiagogischen Betreuungszentrum der Beklagten als Lehrmeister in der Lehrwerkstätte Gärtnerei beschäftigt. Die Beklagte kündigte mit Schließung und Stilllegung der Lehrwerkstätte das Dienstverhältnis zum 31. 12. 2016 auf. Der Kläger erachtet die Kündigung auch in seiner außerordentlichen Revision als unrechtmäßig.
Gemäß § 88 Abs 2 Z 9 Nö LBG – dessen Anwendbarkeit der Kläger nicht mehr in Zweifel zieht – liegt ein Grund, der das Land zur Kündigung berechtigt, insbesondere bei Bediensteten vor, deren Kündigung wegen einer Änderung des Arbeitsumfanges, der Organisation des Dienstes oder der Arbeitsbedingungen notwendig ist, es sei denn, dass das Dienstverhältnis durch die Kündigung in einem Zeitpunkt enden würde, in dem das 50. Lebensjahr vollendet ist und bereits zehn Jahre in diesem Dienstverhältnis zugebracht wurden. Diese Regelung stimmt inhaltlich mit jener des § 32 Abs 1 lit g VBG 1948 in der bis 31. 12. 1998 in Kraft gestandenen Fassung überein, zu der Rechtsprechung vorliegt. Danach ist der Ausdruck „wenn eine Änderung … der Organisation des Dienstes … die Kündigung notwendig macht“, nach seiner objektiven Bedeutung vor allem dahin zu verstehen, dass etwa infolge Auflassung von Abteilungen, deren Zusammenlegung, Übergang von einer dezentralisierten zu einer zentralisierten Geschäftsbehandlung und dergleichen die vom betreffenden Dienstnehmer bisher ausgeübte Tätigkeit nicht mehr erforderlich ist (RIS-Justiz RS0082470; s auch RS0082439, RS0082449). Ein Angebot zur Änderung des Dienstverhältnisses an den Vertragsbediensteten wurde nicht für erforderlich erachtet (9 ObA 280/00t: Kündigung eines Primararztes wegen Schließung seiner Abteilung im Krankenhaus).
Seit der zum 1. 1. 1999 erfolgten Novellierung durch BGBl I 1999/10 hat der Strukturkündigungsgrund des (nunmehr:) § 32 Abs 4 VBG 1948 als weitere Voraussetzung, dass keine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung im Versetzungsbereich der Personalstelle besteht. Diese Erhöhung des Bestandschutzes (Ziehensack, VBG § 32 Rz 887 ff) wurde vom Landesgesetzgeber jedoch nicht nachvollzogen. Beim Kündigungsgrund des § 88 Abs 2 Z 9 Nö LBG kommt es nach dem klaren Wortlaut daher weiter nicht auf eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit an einem Ersatzarbeitsplatz an. Eine planwidrige Lücke ist darin nicht zu sehen, zeigt doch der Motivenbericht zum NÖ Landes-BedienstetenG vom 14. 3. 2006, LAD2-GV-259/1/2005, S 39, dass dem Landesgesetzgeber § 32 VBG 1948 bekannt war, er sich bei der Novellierung des § 88 leg cit aber lediglich an § 61 LVBG sowie an § 32 VBG 1948 „orientierte“. Eine völlige Gleichstellung mit dem für Bundesbedienstete geltenden Bestandschutz ist dem Willen des Landesgesetzgebers damit nicht zu entnehmen, ohne dass von einer unbeabsichtigten gesetzlichen Lücke auszugehen wäre. Insofern ist auch keine Vergleichbarkeit mit dem der Entscheidung 8 ObA 8/13d zugrunde liegenden Fall, der § 32 Abs 4 VBG 1948 in der bereits novellierten Fassung betraf, gegeben. Schließlich kann anderes auch nicht aus der vom Kläger in Frage gestellten „Notwendigkeit“ der Kündigung abgeleitet werden, weil sie hier bereits mit dem organisationsbedingten Wegfall der bisherigen Tätigkeit verwirklicht ist. Auf die Schließung des gesamten Landesjugendheimes kann es schon nach dem Wortlaut des § 88 Abs 2 Z 9 Nö LBG nicht ankommen.
Insgesamt besteht damit zur Beurteilung der Vorinstanzen, die den Kündigungsgrund dieser Bestimmung als verwirklicht ansahen, kein Korrekturbedarf.
Die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen sind der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen (s RIS-Justiz RS0104146; RS0044233 ua).
Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.
Textnummer
E120065European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2017:009OBA00110.17T.1128.000Im RIS seit
14.12.2017Zuletzt aktualisiert am
05.11.2018