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L37152 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Krnt 1992 §32;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Heribert Scharpfer in St. Stefan im Lavanttal, vertreten durch Dr. Heinz Sacher, Rechtsanwalt in Wolfsberg, Freidlgasse 12/I, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 16. März 1999, Zl. 8 B-BRM-153/3/1999, betreffend eine Bausache (mitbeteiligte Parteien: 1. Willibald Ragger in St. Stefan im Lavanttal, vertreten durch Dr. Wolfgang Gewolf und Dr. Gernot Murko, Rechtsanwälte in Klagenfurt, Herrengasse 6, 2. Stadtgemeinde Wolfsberg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Marein vom 8. Juni 1956 war dem Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers eine Baubewilligung für die Errichtung eines Wohngebäudes erteilt worden. Als Auflage war vorgeschrieben worden, das Gebäude so zu situieren, dass es 4 m von der nördlichen Parzellengrenze und 10 m westlich der 20 KV-Leitung mit der Firstlinie Ost-West, parallel zur nördlichen Parzellengrenze, zu stehen komme.
In der Folge wurde das Wohnobjekt so situiert, dass der Abstand des Gebäudes zu den Nachbargrundgrenzen im Nordwesten nur 2,35 m und im Nordosten 3,78 m beträgt.
Nach Einbringung eines Baugesuchs und dessen Zurückziehung hat der Beschwerdeführer mit Ansuchen vom 12. September 1994, eingelangt bei der mitbeteiligten Gemeinde am 15. September 1994, die Erteilung der nachträglichen Baubewilligung und Genehmigung der Änderung des Situierung des bestehenden Wohnhauses laut Plan sowie die Änderung des Garagenbaues beantragt.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bürgermeisters vom 13. April 1995 die beantragte Baubewilligung erteilt. Die dagegen erhobene Berufung des Erstmitbeteiligten hat der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 27. Juni 1995 abgewiesen, die dagegen erhobene Vorstellung des Erstmitbeteiligten hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 20. September 1995 abgewiesen. Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde des Erstmitbeteiligten an den Verfassungsgerichtshof hat dieser mit Erkenntnis vom 2. März 1998, V 227/97-8, den Teilbebauungsplan der mitbeteiligten Stadtgemeinde aufgehoben und mit Erkenntnis vom 5. März 1998, B 3394/95-22, den Bescheid der belangten Behörde wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung aufgehoben.
In der Folge hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 15. Mai 1998 den Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 27. Juni 1995 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadtgemeinde zurückgewiesen.
Hierauf hat der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 3. August 1998 auf Grund der Berufung des Erstmitbeteiligten gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 13. April 1995 den angefochtenen Bescheid abgeändert, sodass der Spruch wie folgt lautete:
"I. Der Bürgermeister der Stadtgemeinde Wolfsberg erteilt gem. §§ 1, 3, 4, 9, 14, 15, 16 und 20 der Kärntner Bauordnung 1992, LGBl. Nr. 64/1992, in Verbindung mit den Bestimmungen der Kärntner Bauvorschriften vom 19.6.1985, LGBl. Nr. 56/85, die nachträgliche baupolizeiliche Bewilligung für Abänderungen bei der Garage sowie beim Wirtschaftsgebäude auf der Parz. Nr. 495/9 KG Kleinedling nach Maßgabe des eingereichten Projektes, entsprechend der Baubeschreibung und den Planunterlagen der Fa. Johann Müller GesmbH vom September 1994.
II. Der Bürgermeister der Stadtgemeinde Wolfsberg versagt gem. §§ 1, 3 und 15 der Kärntner Bauordnung 1992, LGBl. Nr. 64/1992 in Verbindung mit den Bestimmungen der Kärntner Bauvorschriften vom 19.6.1985, LGBl. Nr. 56/85 idgF, die nachträgliche baupolizeiliche Bewilligung zur Errichtung bzw. Abänderung eines bestehenden Wohnhauses.
III. Der Bürgermeister der Stadtgemeinde Wolfsberg verfügt gem. den Bestimmungen der § 32 (1) der Kärntner Bauordnung, LGBl. Nr. 64/1992, gegenüber Herrn Heribert Scharpfer die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes auf den Parz. 495/9 und .320 je KG Kleinedling dahingehend, dass das errichtete Wohnhaus inklusive Fundamenten binnen 4 Jahren ab Rechtskraft dieses Bescheides abzutragen ist."
Gegen diesen Bescheid haben sowohl der Beschwerdeführer und Marietta Scharpfer als auch der Erstmitbeteiligte Vorstellung erhoben. Der Beschwerdeführer und Marietta Scharpfer führten aus, sie möchten gegen den Bescheid Zl. 6-Sch 50/18/1993, der ihnen am 5.8.1998 zugestellt wurde, bezüglich der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes (nur durch einen unzumutbaren Totalabbruch und anschließenden Wiederaufbau) Vorstellung erheben und sie ersuchten, den Bescheid aus folgenden Gründen aufzuheben:
Es folgt eine Schilderung des Bau- und Verwaltungsgeschehens. Abschließend wurde ersucht, den Bescheid Zl. 6-Sch 50/13/18/1993 (richtig wohl: 6-Sch 50/18/1993) aufzuheben.
Mit Bescheid vom 9. November 1998 hat die belangte Behörde den Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 3. August 1998 zur Gänze aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadtgemeinde zurückverwiesen. Es wurde ausgeführt, nach dem Wortlaut der Einleitung des Spruches habe zwar der Stadtrat den Bescheid des Bürgermeisters abgeändert, jedoch habe laut den Spruchteilen I., II. und III. der Bürgermeister bewilligt, versagt und verfügt, weshalb schon insoweit eine wesentliche Mangelhaftigkeit des Bescheides gegeben sei. Ferner habe die Berufungsbehörde bei der Entscheidung übersehen, dass die Baubehörde erster Instanz bereits mit Bescheid vom 13. April 1995 die beantragten Abänderungen bei der Garage und beim Wirtschaftsgebäude bewilligt habe, das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes beziehe sich ausschließlich auf das Wohnhaus und keinesfalls auch auf die Garage. Zur neuerlichen Behandlung des Baugesuchs betreffend die Garage sei daher der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde unzuständig gewesen.
In der nur gegen Punkt III. des Berufungsbescheides (Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes) gerichteten Vorstellung wende der Beschwerdeführer lediglich ein, dass die Änderung der Situierung vom Baumeister vorgenommen worden sei und ihm dies daher nicht zum Vorwurf gemacht werden könne. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei die Erteilung der Baubewilligung unter Auflagen der Abweisung eines Bauantrages gleichzuhalten. Insoweit sei daher über das ursprünglich eingereichte Bauvorhaben bereits entschieden worden, nämlich mit Bescheid des Bürgermeisters der ehemaligen Gemeinde St. Marain vom 8. Juni 1956. Einer neuerlichen Entscheidung über den Bauantrag vom 12. September 1994, mit welchem die Änderung der Situierung beim Wohnhaus begehrt wurde, würde daher entschiedene Sache entgegenstehen, zumal sich die Rechtslage nicht geändert habe und auch eine Änderung der Sachlage nicht eingetreten sei, da das Projekt im Wesentlichen unverändert geblieben sei. Die Berufungsbehörde habe nun hinsichtlich der Begründung ihres Bescheides die diesbezügliche Sach- und Rechtslage richtig beurteilt, den Spruchteil II des Bescheides, abgesehen von der eingangs angeführten Mangelhaftigkeit, jedoch unrichtig gefasst, da sie in Folge der entschiedenen Sache nicht berechtigt gewesen sei, über den Bauantrag vom 12. September 1994 eine Sachentscheidung zu treffen und die Baubewilligung zu versagen. Sie hätte vielmehr diesen Antrag im Hinblick auf die entschiedene Sache als unzulässig zurückweisen müssen. Da nun aber die Entscheidung über das Bauansuchen untrennbar mit der Entscheidung gemäß § 32 der Kärntner Bauordnung 1992 zusammenhänge, habe die Aufhebung des Spruchteiles II nun auch die Aufhebung des Spruchteiles III zur Folge.
Die Vorstellung der Marietta Scharpfer wurde als unzulässig
zurückgewiesen.
Dieser Bescheid blieb unbekämpft.
Mit Bescheid vom 2. Februar 1999 hat der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde auf Grund der Berufung des Erstmitbeteiligten, soweit sie das Wohngebäude betraf, den Antrag auf Erteilung der nachträglichen baupolizeilichen Bewilligung bzw. Abänderung des bestehenden Wohnhauses als unzulässig zurückgewiesen, gemäß § 32 Abs. 1 K-BO 1992 wurde gegenüber dem Beschwerdeführer die Herstellung des rechtmäßigen Zustanden dahingehend, dass das errichtete Wohnhaus inklusive Fundamenten binnen 4 Jahren ab Rechtskraft des Bescheides abzutragen sei, verfügt.
Gegen diesen Bescheid erhoben der Beschwerdeführer und Marietta Scharpfer Vorstellung, in der sie wieder ausführten, sie möchten gegen den Bescheid, der ihnen am 5. Februar 1999 zugestellt worden sei, bezüglich Wiederherstellung des ordnungsgemäßen Zustandes Vorstellung erheben und die Vorstellungsbehörde bitten, den Bescheid aus näher aufgezeigten Gründen aufzuheben. Abschließend stellten sie den Antrag, den Bescheid aufzuheben und einen anderen Bescheid zu genehmigen, da am bestehenden Wohnhaus in Zukunft keine Zubauten mehr durchgeführt würden.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 2. Februar 1999, insoweit damit gegenüber dem Beschwerdeführer die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes verfügt wurde, aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadtgemeinde Wolfsberg zurückverwiesen. Die Vorstellung der Marietta Scharpfer wurde als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Stadtrat sei zur Erlassung eines Beseitigungsauftrages unzuständig gewesen, die Baubehörde erster Instanz sei der Bürgermeister. Die Verfügung laut Punkt III des Bescheides des Stadtrates der Stadtgemeinde Wolfsberg vom 3. August 1998 sei spruchgemäß zwar richtig gewesen, die Verfügung hätte jedoch vom Bürgermeisters selbst getroffen werden müssen. Der Beschwerdeführer habe bezüglich Wiederherstellung des ordnungsgemäßen Zustandes Vorstellung erhoben, das weitere Vorbringen setze sich vorwiegend mit dem Bescheid vom 8. Juni 1956 und dem diesem Bescheid zu Grunde liegenden Verfahren auseinander. Dieses Verfahren sei aber rechtskräftig abgeschlossen, sodass auf das diesbezügliche Vorbringen nicht mehr weiter einzugehen sei.
Marietta Scharpfer sei zur Einbringung der Vorstellung nicht legitimiert, da sich die Verfügung betreffend die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes nur an den Beschwerdeführer gerichtet habe.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 29. November 1999, B 755/99-3, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer sei in seinem Recht, nach den Bestimmungen der Kärntner Bauordnung eine nachträgliche Baubewilligung zu erhalten, und in seinem Recht auf Entscheidung über den von ihm eingebrachten Antrag auf Abänderung bzw. nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung sowie in seinem Recht auf vollständige Erledigung der von ihm erhobenen Vorstellung verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie der Erstmitbeteiligte in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, kommt nur den tragenden Aufhebungsgründen eines aufsichtsbehördlichen Bescheides für das fortgesetzte Verfahren bindende Wirkung zu (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1998, Zl. 96/05/0075), sodass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid grundsätzlich nur insofern in seinen Rechten verletzt sein könnte, als dessen Aufhebungsgründen für das fortgesetzte Verfahren bindende Wirkung zukommt.
Allerdings ist die eingetretene Bindungswirkung eines aufhebenden, nicht angefochtenen aufsichtsbehördlichen Bescheides in der Folge nicht nur für die Gemeindebehörden, die Aufsichtsbehörde selbst, sondern auch für den Verwaltungsgerichtshof gegeben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Wolfsberg aufgehoben, weil die Berufungsbehörde zur Erlassung eines Abtragungsauftrages nicht zuständig war, da ein diesbezüglicher erstinstanzlicher Bescheid vom Bürgermeister nicht erlassen worden war. In diesem Umfang ist der Beschwerdeführer zwar in keinen Rechten verletzt, der Verwaltungsgerichtshof kann allerdings die Rechtsansicht der belangten Behörde, die Vorstellung habe sich nur gegen den Auftrag, den konsensgemäßen Zustand herzustellen, gerichtet, nicht teilen:
Der Vorstellungsantrag enthält ebenso wie jener Vorstellungsantrag, der sich auf den Bescheid des Gemeinderates vom 8. November 1998 bezog, ausdrücklich den Antrag, den Bescheid des Stadtrates aufzuheben. Die Darstellung des Verwaltungsgeschehens sollte der Untermauerung dieses Antrages dienen. Auch im zweiten Rechtsgang hat die belangte Behörde den Punkt II. des Bescheides des Stadtrates aufgehoben, obwohl ihrer Ansicht nach die Vorstellung nur gegen Punkt III. gerichtet war, weil ein rechtlich untertrennbarer Zusammenhang zwischen der Versagung einer Baubewilligung (bzw. Zurückweisung eines Baugesuches) und der Erlassung eines Abtragungsauftrages besteht. Da der Beschwerdeführer auch im dritten Rechtsgang den ausdrücklichen Antrag gestellt hat, den gesamten Bescheid des Stadtrates aufzuheben, und der rechtliche Zusammenhang nach wie vor gegeben ist, weil ein Abtragungsauftrag nur erlassen werden darf, wenn keine Baubewilligung erteilt werden kann (vgl. § 32 K-BO 1992 bzw. § 36 Abs. 2 K-BO 1996), hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid noch nicht über alle Anträge des Beschwerdeführers entschieden, da sie die Vorstellung betreffend die Zurückweisung des Baugesuches nicht behandelt hat. Ist aber die Vorstellung betreffend die Erledigung des Baugesuches noch offen, dann ist eine Entscheidung über den Abtragungsauftrag nicht zulässig.
Da die belangte Behörde dies nicht erkannt hat, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Allerdings wird, da es der Beschwerdeführer unterlassen hat, den Bescheid der belangten Behörde vom 9. November 1998 zu bekämpfen, der in der damaligen Entscheidung auch herangezogene Aufhebungsgrund, dass die Berufungsbehörde das Baugesuch hätte zurückweisen müssen, in der Folge zu beachten sein.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 4. Juli 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000050007.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
10.07.2012