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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung der Individualanträge auf Aufhebung eines Flächenwidmungs- und zweier Bebauungspläne im Bereich Brennhoflehen mangels Legitimation der antragstellenden Anrainer; Ablehnung der Behandlung der BeschwerdenSpruch
I. Die Behandlung der Beschwerde wird abgelehnt.
II. Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I.1. Am 12. August 1997 stellten die Beschwerdeführer einen Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung in dem bei der Bezirkshauptmannschaft Hallein zur Z2/152-936/1997 anhängigen Verfahren betreffend die baubehördliche Bewilligung eines Bauvorhabens der Elastica Matratzen-Schaumstoffe-Zubehör Ges.m.b.H auf dem Grundstück 86/2 sowie einer Teilfläche des Grundstückes 86/1, beide KG Kellau. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 9. September 1997, Z2/152-936/5-1997, abgewiesen. Der dagegen eingebrachten Berufung gab die Salzburger Landesregierung mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Als Begründung wurde ausgeführt, daß den Beschwerdeführern, welche Eigentümer von Liegenschaften seien, die von den Fronten des gegenständlichen Bauvorhabens Abstände zwischen 35 m und 480 m aufwiesen, gemäß §7 Abs1 Z1 lita Sbg. BaupolG keine Parteistellung zustünde.
2. Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 1997 erheben die Einschreiter nun einerseits Beschwerde gemäß Art144 Abs1 B-VG, in welcher sie die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie in Rechten wegen Anwendung einer rechtwidrigen generellen Norm, nämlich §7 Abs1 Z1 lita Sbg. BaupolG, geltend machen.
Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen Angelegenheit ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.
Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber teils nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.
Soweit die Beschwerde aber verfassungsrechtliche Fragen tatsächlich berührt, läßt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu §7 Abs1 Z1 lita Sbg. BaupolG (VfSlg. 10844/1986) die behaupteten Rechtsverletzungen oder die Verletzung eines nicht geltend gemachten, verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Die Angelegenheit ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.
Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen (§19 Abs3 Z1 VerfGG 1953).
II.1. 14 der 20 Beschwerdeführer (jene in der Folge als "Antragsteller" bezeichnet) begehren andererseits unter Berufung auf Art139 Abs1 B-VG die Aufhebung folgender Verordnungen:
"die von der Gemeinde Kuchl am 18.07.1996 beschlossene, von der Salzburger Landesregierung mit Bescheid vom 19.12.1996 aufsichtsbehördlich genehmigte Verordnung über die 4. Teilabänderung des Flächenwidmungsplans der Marktgemeinde Kuchl, die für den räumlichen Bereich des Brennhoflehens unmittelbare Geltung hat, das sind die Grundstücke Nr. 86/1, 86/4, 86/6, 86/7, 86/8, 86/9, 86/10, 86/11, 86/12, 86/13, 86/14, 86/15, 86/16, 86/17, 86/18, 86/19, 86/20, 86/22, 86/23, 86/24, alle KG Kellau, insbesondere insoweit, als mit dieser Verordnung für Teilflächen dieses Gebiets, insbesondere für die Grundstücke Nr. 86/1, 86/6, 86/22 und 86/23 sowie für Teile der Grundstücke Nr. 86/4, 86/7, 86/8, 86/9, 86/10, 86/11, 86/12, 86/13, 86/14, 86/15 und 86/24, alle KG Kellau, die Flächenwidmung 'Bauland-Gewerbegebiet' gem. §17 Abs1 Z6 Salzburger ROG 1992 festgelegt wurde;
(...) die von der Gemeindevertretung von Kuchl am 31.07.1997 beschlossene Verordnung über einen Bebauungsplan der Grundstufe für den räumlichen Bereich des Brennhoflehens, sog. Bebauungsplan Brennhoflehen der Grundstufe, mit dem räumlichen Geltungsbereich insbesondere für die Grundstücke Nr. 86/1, 86/2, 86/3, 86/4, 86/5, 86/6, 86/7, 86/8, 86/9, 86/10, 86/11, 86/12, 86/13, 86/14, 86/15, 86/16, 86/17, 86/18, 86/19, 86/20, 86/21, 86/22, 86/23, 53/2 (Teilfläche), 543, 529 (Teilfläche), alle KG Kellau;
(...) die von der Kuchler Gemeindevertretung am 31.07.1997 beschlossene Verordnung über einen Bebauungsplan der Aufbaustufe, sog. Bebauungsplan der Aufbaustufe 'Elastica', mit räumlichen Geltungsbereich für die Grundstücke Nr. 86/1 (Teilfläche), 86/20, 86/21, 86/22, 86/23 (Teilfläche), alle KG Kellau."
2. Die Anträge sind unzulässig.
2.1. Voraussetzung der Antragslegitimation nach Art139 Abs1 letzter Satz B-VG ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf die Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, und überdies, daß die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 11726/1988, 13944/1994).
2.2.1. Hinsichtlich der erstangefochtenen 4. Teilabänderung des Flächenwidmungsplans der Marktgemeinde Kuchl begründen die Antragsteller ihre Antragslegitimation damit, daß durch die von der Kuchler Gemeindevertretung beschlossene raumordnungsrechtliche Widmung der Grundflächen des Brennhoflehens als "Bauland-Gewerbegebiet" eine Art von baulich betrieblicher Nutzung dieses Teilareals für raumordnungsrechtlich zulässig erklärt wird, die zwangsläufig unmittelbare nachteilige Auswirkungen auf die Rechtssphäre des Liegenschaftseigentums der Antragsteller von solcher Beschaffenheit, Intensität und Folgenschwere nach sich ziehe, daß in deren Rechtssphäre eingegriffen werde.
2.2.2. Die zweit- und drittangefochtenen Verordnungen, d.s. der Bebauungsplan der Grundstufe und der Bebauungsplan der Aufbaustufe jeweils vom 31. Juli 1997 für Grundflächen im Bereich der Brennhoflehens, würden dadurch unmittelbar in die Rechtssphäre der Antragsteller eingreifen, weil dort normativ festgelegt werde, daß im Bereich eines 10 m breiten Grundstücksstreifens der Grundstücke 86/23, 86/20 und 86/22 ein Gehölzstreifen mit Großbäumen samt Strauchunterwuchs gepflanzt werden müsse, was eine gravierende Verminderung des Sonnenlichteinfalls auf die Grundstücke der Antragsteller bewirke. Außerdem führten die festgelegten Bebauungsgrundlagen (Baufluchtlinie, Bebauungshöhe, Baumassenzahl und Baugrenzlinie) zu einem unmittelbaren Eingriff in das Grundeigentum der Antragsteller.
2.3. Gemäß §7 Abs1 Z1 Sbg. BaupolG sind die Nachbarn (im Sinne dieser Bestimmung) Parteien im Baubewilligungsverfahren. Das Sbg. BaupolG enthält keine Bestimmung, wonach die Nachbarn nur eingeschränkt zur Geltendmachung subjektiv öffentlicher Rechte befugt wären. Vielmehr folgt aus den genannten Bestimmungen im Zusammenhalt mit §9 Abs1 Z6 leg. cit., daß der Nachbar die Verletzung solcher Bestimmungen der Bauordnung geltend machen kann, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch den Nachbarn dienen, wozu insbesondere die Bestimmungen über die Höhe und die Lage der Bauten im Bauplatz zählen.
2.4. Die Antragsteller gehen davon aus, daß ihnen ein zumutbarer Weg zur Abwehr des - ihrer Meinung nach rechtswidrigen Eingriffes - in die in den Anträgen geltend gemachte Rechtssphäre nicht zur Verfügung steht, weil ihnen in einem Bauverfahren gemäß §7 Abs1 Z1 lita Sbg. BaupolG eine Parteistellung dann nicht zukommt, wenn das geplante Gebäude einen Abstand von mindestens 15 m zur Grenze der Liegenschaft der Antragsteller einhält. Gleichzeitig behaupten sie in ihrer zu B3025/97 erhobenen Beschwerde, daß ihre Parteistellung in dem unter I. dargestellten Baubewilligungsverfahren zu Unrecht verneint worden sei.
2.5. Die Frage, ob die Parteistellung der Antragsteller zu Unrecht verneint wurde, ist für die Frage der Zulässigkeit der Individualanträge aber nicht von Bedeutung. Denn käme ihnen im Baubewilligungsverfahren Parteistellung zu, so stünde ihnen in diesem Verfahren durch die Erhebung von Einwendungen und die Bekämpfung eines diese Einwendungen abweisenden Bescheides ein zumutbarer Weg zur Verfügung, die Frage der Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Raumordnungspläne an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Die Individualanträge wären daher aus diesem Grunde unzulässig. Insofern aber eine Person - wie bei der im vorliegenden Fall von der Behörde angenommenen Sachlage - mangels Nachbareigenschaft keine Parteistellung im baurechtlichen Verfahren genießt, kommt ihr schon deswegen keine Legitimation zur Anfechtung der für ein anderes Grundstück geltenden Flächenwidmung zu, weil sie durch diese Widmung nicht in einem subjektiven Recht betroffen sein kann. Wenn den Antragstellern im baurechtlichen Verfahren daher keine Nachbareigenschaft zukommt, so kann sie die angefochtene Verordnung auch nicht in ihrer Rechtssphäre berühren, sodaß es ihnen an der Antragslegitimation gemäß Art139 Abs1 B-VG jedenfalls mangelt (vgl. B v 10.6.1997 V88/97).
III.Diese Entscheidung konnte
gemäß §19 Abs3 Z1 und Z2 lite VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.
Schlagworte
Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, Nachbarrechte, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:B3025.1997Dokumentnummer
JFT_10019776_97B03025_00