TE Bvwg Beschluss 2017/11/14 W226 1300097-12

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.11.2017
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

14.11.2017

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W226 1300097-12/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. WINDHAGER

als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den

mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

vom 02.11.2017, Zl. 353399910-171155646, erfolgte Aufhebung des

faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX ,

StA. Russische Föderation, beschlossen:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 iVm. § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Vorangegangene Verfahren auf internationalen Schutz:

1. Erstes Verfahren:

Der Beschwerdeführer führt den im Spruch angeführten Namen, ist Staatsangehöriger der russischen Föderation, gehört der tschetschenischen Volksgruppe an, ist moslemischen Glaubens, wurde in XXXX geboren und war dort wohnhaft. Er reiste am 19.10.2005 illegal von der Slowakei kommend in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag unter Vorlage eines Reisepasses einen (ersten) Asylantrag.

Als Fluchtgrund brachte er dazu im Wesentlichen zunächst vor, sein Vater sei XXXX getötet worden und sein Bruder XXXX sei im Dezember XXXX vor den Augen seiner Mutter von maskierten Männern nach Stürmung des Hauses erschossen worden und man habe auch ihn töten wollen. Er habe eine Schussverletzung am linken Unterschenkel erlitten und sei im Krankenhaus behandelt worden. 2002 sei er nach XXXX gefahren, wo er zwei Jahre geblieben sei und auch angemeldet gewesen sei. Er sei nach Hause zurückgekehrt, um seine Mutter zu sehen, welche ihm gesagt habe, dass er nicht bleiben könne, weil er gesucht werde.

Nach seinen Angaben anlässlich der Einvernahme vom 02.11.2005 hätte er die Unterschenkelverletzung erlitten, als sein Bruder durch maskierte Russen erschossen worden sei.

Am 10.02.2006 brachte er zu seinen Fluchtgründen vor, sein Vater sei XXXX als Zivilist in XXXX von einer Rakete getötet worden und sein Bruder sei am 30.12.2001 zu Hause von maskierten Russen erschossen worden. Dies habe er bei der Polizei in XXXX angezeigt. Sie seien gekommen und hätten ihn im Anschluss zum Revier mitgenommen. Aus Angst ermordet zu werden, sei er zu einem Freund nach XXXX gereist. Er sei im Juni oder Juli 2001 weggefahren, habe in Dagestan und in anderen Städten gelebt. Nach dem Vorfall mit seinem Bruder sei er noch einmal nach Hause zurückgekehrt, sei aber wieder weggeschickt worden und Ende Juni 2005 weggefahren. Aus welchem Grund sein Bruder erschossen worden sei, wisse er nicht.

Der erste Antrag des Beschwerdeführers vom 19.10.2005 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.03.2006 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 für zulässig beschieden sowie dieser gemäß § 8 Abs. 2 Asylgesetz 1997 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Russland ausgewiesen. Infolge der dagegen erhobenen Berufung wurde diese Entscheidung mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 20.04.2006, Zl. 300.097-C1/E1-XVIII/55/06, gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur Durchführung des materiellen Verfahrens an das Bundesasylamt zurückverwiesen und die Einholung eines medizinischen Gutachtens zur Beurteilung der Auswirkungen der festgestellten inkompletten PTSD bei einer Abschiebung in die Russische Föderation und deren Behandlungsnotwendigkeit unter Heranziehung aktueller themenbezogener Feststellungen und Wahrung des Parteiengehörs als notwendig erachtet.

Mit Bescheid vom 11.08.2006 wurde der Antrag vom 19.10.2005 erneut gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen, seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Russland gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 für zulässig beschieden und der Betroffene gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Russland ausgewiesen, weil sein Fluchtvorbringen entgegen der ursprünglichen Annahme als unglaubwürdig zu erachten gewesen sei; er sei arbeitsfähig und habe bezüglich der inkompletten PTSD bisher keine ärztliche Hilfe in Anspruch genommen und die Ausweisung stelle mangels Familienleben im Bundesgebiet keinen Eingriff in Art. 8 EMRK dar.

Infolge der dagegen erhobenen Beschwerde wurde ein weiteres psychiatrisches Gutachten vom 24.07.2008 eingeholt, wonach beim Betroffenen eine Anpassungsstörung nicht traumatischer Genese bei einem Zustand nach posttraumatischer Belastungsstörung im Remissionsstadium mit erhöhter psychischer Vulnerabilität vorlag, eine Suizidalität nicht akut gegeben war und ein unmittelbarer Behandlungsbedarf nicht vorlag, sodass eine Abschiebung mit begleitenden Maßnahmen (Beruhigungsmittel) durchzuführen sei.

Der Beschwerdeführer wurde wiederholt im Bundesgebiet strafgerichtlich verurteilt.

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 06.05.2011 wurde die Beschwerde gemäß §§ 7 und 8 AsylG 1997 und § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen und darin begründend ausgeführt, dass das Vorbringen des Betroffenen als unglaubwürdig beurteilt werde, weil er die Gründe für seine Verfolgung variierte bzw. fortwährend steigerte und schließlich auch einräumte, teilweise unwahre Angaben gemacht zu haben. Auch hätten sich Widersprüche in seinen Angaben über den Zeitpunkt und der Orte seines Aufenthaltes seither ergeben. Auch auf die vom Betroffenen wiederholt angegebenen Verständigungsschwierigkeiten auf Russisch wurde eingegangen und diese ausgeräumt. Der Antrag wurde in Bezug auf Asyl abgewiesen und betreffend Refoulementschutz ausgeführt, dass der Betroffene im Bundesgebiet keine medizinische Behandlung in Anspruch genommen habe und grundsätzlich arbeitsfähig sei und schon vor seiner Ausreise von seinen Verwandten unterstützt worden sei, sodass keine ausreichenden Gründe für die Annahme vorlägen, dass der Betroffene bei seiner Rückkehr zwangsweise in eine existenzbedrohende Lage gerate würde, welche in den Anwendungsbereich von Art. 3 EMRK fiele. Bezüglich der Ausweisung wurde davon ausgegangen, dass kein Familienleben in Österreich gegeben wäre und der mehrfach vorbestrafte Beschwerdeführer seinen bisherigen Aufenthalt nur auf einen letztlich unbegründeten Asylantrag stützte, seinen Lebensunterhalt aus der Grundversorgung bestritten hätte, nicht erwerbstätig gewesen sei und Ansätze einer Integration nicht erkennbar gewesen wären sowie Mutter und Geschwister noch im Herkunftsstaat lebten und damit Bindungen zum Herkunftsstaat nach wie vor vorhanden wären. Im Rahmen einer Gesamtabwägung wurde vom Überwiegen der öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen des Betroffenen ausgegangen und seine Ausweisung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMKR als zulässig erachtet.

Die dagegen erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde mit Beschluss vom 29.06.2011, Zl. U 1317/11-3, ebenfalls abgelehnt.

2. Zweites Verfahren:

Mit Schriftsatz vom 12.10.2011 legte der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Vertreter eine Vorausbegründung zu seinem von diesem am 18.10.2011 gestellten Antrag auf internationalen Schutz vor.

Als Begründung für seinen neuerlichen Antrag verwies der Beschwerdeführer darauf, dass ihm eine Bestätigung des Generalvertreters der tschetschenischen Republik Itschkeria in den Ländern des Nahen Ostens und im Ausland, XXXX , zugekommen sei. Dieses Beweismittel bestätige die Richtigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen und seiner dortigen Gefährdungssituation. Im Fall einer Rückkehr wäre der Betroffene in der Russischen Föderation und Tschetschenien einem realen Risiko ausgesetzt, in so eingriffsintensiver Weise durch staatliche Organe verfolgt zu werden, dass daraus sogar der Tod des Betroffenen resultieren könne. Der Betroffene stamme aus einer dem ehemaligen tschetschenischen Präsidenten nahestehenden Familie und sein verstorbener Bruder XXXX habe unmittelbar am Befreiungskampf gegen die zweite Aggression Russlands im Jahr 1999 teilgenommen. Der Betroffene sei ein lebendiger Zeuge der Ermordung XXXX vom XXXX . Schlussendlich werde er von tschetschenischen Sicherheitskräften wegen des Generalverdachtes bewaffneten Widerstand geleistet zu haben oder der Kooperation mit bewaffneten Widerstandskämpfern der tschetschenischen Opposition verfolgt. Er hätte zumindest mit Festnahmen, Befragungen, Verhören, Folter zu rechnen, da man von ihm Sonderwissen in Bezug auf den tschetschenischen Widerstand vermute.

Im Rahmen der Erstbefragung vor der Polizeiinspektion XXXX brachte der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen zusammengefasst vor, dass sein Leben in Gefahr sei. Sein Vater und sein Bruder seien Anhänger von XXXX gewesen. Deshalb hätte seine Familie große Probleme bekommen. Sein Bruder hätte im Jahr 2000 gegen XXXX gekämpft, sei von maskierten Männern umgebracht worden. Er selbst sei auch zu Hause gewesen und mit der Waffe verletzt worden. Er sei sich hundertprozentig sicher in Tschetschenien im Fall der Rückkehr getötet zu werden.

Vor ca. einem Jahr sei sein Haus teilweise vernichtet worden. Weiters verwies er auf die Bestätigung. Im Fall einer Rückkehr würde er von den Kadyrovzi getötet werden. Keiner, der für XXXX gekämpft hätte, wäre nunmehr am Leben. Er habe auch seinem Bruder viel geholfen- d.h. es sei auch er bedroht. Den neuen Asylantrag stelle er, weil er in ständiger Angst lebe, abgeschoben zu werden.

Mit Bescheid vom 17.11.2011 wurde dieser Antrag vom 18.10.2011 gemäß § 68 AVG zurückgewiesen und der Betroffene gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.

Nach dem Hinweis auf die Rechtskraft des Erstverfahrens und Wiedergabe der Einvernahmeprotokolle des Folgeverfahrens stellte das Bundesasylamt die Volljährigkeit und Handlungsfähigkeit des Betroffenen fest sowie, dass sich keine Änderungen zur Person und dem Privat- und Familienleben seit dem Erkenntnis des Asylgerichtshofes ergeben hätten. Ebensowenig wurde ein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt bzw. eine Änderung der allgemeinen maßgeblichen Lage in der Russischen Föderation festgestellt.

Beweiswürdigend wurde zum Gesundheitszustand des Betroffenen ausgeführt, dass nach Judikatur des EGMR die Abschiebung des Betroffenen in die Russische Föderation keine Verletzung des Art. 3 EMRK darstelle. Eine medizinische Weiterbehandlung einer – allenfalls auftretenden – Verschlechterung seines Gesundheitszustandes sei grundsätzlich möglich, wenn auch unter Umständen mit Kosten verbunden. Hinzu komme, dass die Erkrankung des Beschwerdeführers zum Entscheidungszeitpunkt weder lebensbedrohlich noch akut sei (Eisenmangel sowie eine Posttraumatische Belastungsstörung, behandelbar durch ambulante Psychotherapie). Aus den eingeholten Länderberichten zur Gesundheitsversorgung im Allgemeinen sowie zur Behandlungsmöglichkeit – insbesondere auch – von psychischen Erkrankungen sei zu entnehmen, dass in Grosny 11 Krankenhäuser, 21 Polykliniken und 6 Kliniken vorhanden seien. Sämtliche handelsüblichen Medikamente seien in der Russischen Föderation beziehbar. Es gebe jedoch nur wenige Spezialisten in der Stadt, wobei bei komplizierten Behandlungen eine spezialisierte Behandlung in Rostov, Sochi oder Moskau möglich sei. Darüber hinaus befände sich in Grosny ein Republiksambulatorium für Neuropsychologie, sowie weitere Einrichtungen in Zakan-Jurt/Bezirk Atschchoj-Martan, sowie Braguny/Bezirk Gudermes. Außerdem stehe MSF (Ärzte ohne Grenzen) seit Anfang 1990 in der Russischen Föderation im Einsatz. Diese unterstützten zusätzlich im Krankenhaus Nr. 9 in Grosny die neurochirurgische Abteilung sowie die Trauma- und Intensivstationen. Sämtliche handelsübliche Medikamente seien in Tschetschenien flächendeckend erhältlich. Die posttraumatische Belastungsstörung sei in Tschetschenien behandelbar.

Im Allgemeinen habe kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leide oder selbstmordgefährdet sei. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver sei, sei unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gebe. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führe die Abschiebung zu einer Verletzung von Art 3 EMRK. Solche lägen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom). (VfGH vom 06.03.2008, ZI. B 2400/07-9).

Da die medizinische Grundversorgung in Russland – wie in der Länderfeststellung und Beweiswürdigung bereits ausführlich erörtert – gegeben sei, könne im gegenständlichen Fall von krankheitsbedingten Abschiebehindernissen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK nicht gesprochen werden.

Zu den Feststellungen betreffend den Ausgang des Vorverfahrens wurde beweiswürdigend ausgeführt, dass die sowie die damals maßgeblichen Gründe für den Antrag auf internationalen Schutz sich auf den Akteninhalt zur Zahl AIS 05 17.526 gründen.

Der Betroffene hätte selbst ausgesagt "Die alten Gründe und es gibt auch einen neuen Grund, ich kann nicht zurück mein Problem dort ist groß und zur Bestätigung habe ich Dokumente aus der Türkei.- sowie im wesentlichen weiter - Es gibt für mich keine Rückkehrmöglichkeit, meinen russischen Pass habe ich bereits vernichtet. Ich fühle mich schuldig und habe anfänglich einiges falsch gemacht, ich verstehe das und habe seitdem nichts angestellt. ( )" Er hätte somit ausschließlich einen ihm bereits bekannten Sachverhalt vorgebracht bzw. hätte sich auf diesen gestützt, sodass daraus kein neuer Sachverhalt erkennbar sei und auch eindeutig keine Abänderung zum Vorverfahren bzw. dessen aktuelle Rechtskraft vom 09.05.2011 gegeben.

Das Bundesasylamt schloss daraus, dass der Beschwerdeführer mit der vorgelegten Bestätigung seine bereits in den früheren Asylverfahren angegebenen Fluchtgründe untermauern hätte wollen. Da er sich auf ein bereits rechtskräftig als negativ qualifiziertes Vorbringen stütze bzw. sein gegenwärtiges Vorbringen auf ein solches aufbaue, könne kein neuer Sachverhalt vorliegen.

Rechtlich wurde ausgeführt, dass - da weder in der maßgeblichen Sachlage – und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Betroffenen gelegen sei - noch im Hinblick auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen sei – noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe, die Rechtskraft des ergangenen Erkenntnisses des Asylgerichtshofes vom 06.05.2011, Zahl: D4 300097-2/2008-29E, dem neuerlichen Antrag entgegen stehe, weswegen die Asylbehörde zu dessen Zurückweisung verpflichtet sei.

In der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde wiederholte er, dass die gegenständliche Bestätigung dem Beschwerdeführer erst nach Rechtskraft des Erstverfahrens zugegangen sei und wiederholte den Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme des XXXX zu seiner Stellungnahme vom 08.11.2011 und die Verfolgungsgründe des Betroffenen. Er brachte vor, dass der Betroffene bereits im Erstverfahren Fotos vorgelegt hätte, die das Naheverhältnis beweisen würden, und dass Personen mit einem derartigen Naheverhältnis verfolgungsexponiert und verfolgungsgefährdet seien. Die Fotos befänden sich nach wie vor in den Händen des Betroffenen.

Bei der Bestätigung des XXXX handle es sich um ein neues Beweismittel, das zu einer anderen Beurteilung des Sachverhaltes führen hätte können.

Die belangte Behörde hätte in rechtlicher Hinsicht zur Beurteilung gelangen müssen, dass bei Zugrundelegung der Richtigkeit der Erklärungen in der Bestätigung vom 07.07.2011 eine andere Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft des Betroffenen oder seiner subsidiär-schutzrechtlichen Schutzwürdigkeit im Sinne von § 8 AsylG durchaus möglich sei und nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint – sie hätte sich mit der Glaubwürdigkeit des Beweismittels auseinandersetzen müssen und nicht auf die Zeugeneinvernahmen verzichten dürfen. Somit müsse der bekämpfte Bescheid gemäß § 41 Abs. 3 AsylG 2005 aufgehoben werden.

Zur Ausweisungsentscheidung verwies er auf die starken privaten, höchstpersönlichen sozialen Lebensbedingungen, dass er sich seit 25.10.2005 im Bundesgebiet aufhalte. Insbesondere bestehe eine starke Verankerung des Privatlebens des Betroffenen in Österreich auf Grund seiner sportlichen Aktivitäten, die er als Freizeitathlet im Rahmen der Ausübung von Krafttraining und Kraftsportarten entwickelt habe. Auch sei die posttraumatische Belastungsstörung oder deren Folgen durch Vorlage des Arztbriefes der Christian Doppler-Klinik vom 15.06.2011 nachgewiesen werden konnte und allgemein bekannt sei, dass die allgemeine wirtschaftliche Lage und die allgemeine soziale und politische Lage so ungünstig sei, dass Personen, die sich als junge Menschen viele Jahre im Ausland aufgehalten hätten, beim Versuch einer Reintegration mit großen Schwierigkeiten zu rechnen hätten.

Mit Beschluss vom 21.12.2011 des Asylgerichtshofes wurde der Antrag auf Wiederaufnahme des Asylverfahrens hinsichtlich des mit Erkenntnis vom 06.05.2011 unter der GZ D4 300097-2/2008/29E des Asylgerichtshofes rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens des Beschwerdeführers gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG zurückgewiesen.

Mit Beschluss vom 04.01.2012 des Asylgerichtshofes wurde dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 22.6.2011 gemäß § 71 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) idgF nicht stattgegeben.

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 04.01.2012 wurde die Beschwerde gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen und darin begründend ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger der Russischen Föderation sei, gehe in Österreich weder einer Erwerbstätigkeit nach noch verfüge er über Eigentum, lebe in keiner unter Art. 8 EMRK zu subsumierenden Beziehung in Österreich. Er hätte zumindest im Juni 2011 an einer "Akuten Belastungsreaktion, F 43.0" gelitten und sich von 14.06.2011 bis 15.06.2011 in stationärer Pflege in einer psychiatrischen Abteilung befunden. Er sei in Österreich fünfmal strafgerichtlich verurteilt worden, spreche nicht Deutsch und sei auch nicht Mitglied in einem Verein oder einer Organisation. Seinen bisherigen Lebensunterhalt in Österreich hätte er aus Zuwendungen der Caritas bestritten.

Im Vorverfahren sei rechtskräftig festgestellt worden, dass dem Betroffenen in der Russischen Föderation keine Verfolgung im Sinne der GFK drohe und sein Vorbringen nicht glaubhaft gewesen sei sowie, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Betroffenen in die Russische Föderation keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK bedeute. Laut den Länderfeststellungen, wonach psychische Erkrankungen in der Russischen Föderation behandelt werden könnten, werde nicht davon ausgegangen, dass im Fall der Rückkehr "außergewöhnliche Umstände" wie etwa unzureichende medizinische Versorgung drohe, zumal der Beschwerdeführer es unterlassen hätte eine Behandlung in Österreich in Anspruch zu nehmen.

Es sei nicht zu erkennen, dass der Beschwerdeführer im Folgeverfahren vor dem Bundesasylamt etwas vorgebracht hätte, das nicht von der Rechtskraft des - das Vorverfahren erledigenden - Erkenntnisses des Asylgerichtshofes bereits erfasst wäre. Seine Fluchtgründe seien dieselben wie im Vorverfahren und er hätte eine nach Rechtskraft des das Erstverfahren abschließenden Erkenntnisses eine Bestätigung darüber vorgelegt, dass er aufgrund des Naheverhältnisses seiner Familie zu Dudaev gefährdet sei.

Die vorgelegte Bestätigung stelle klar einen Bezug zum bereits getätigten Vorbringen her. Sie sei nicht geeignet die Widersprüche der Aussagen des Beschwerdeführers im Erstverfahren aufzuklären. Nicht in Zweifel gezogen werde, dass der Beschwerdeführer - wie sein Vertreter ausführte - verzweifelt versuchte hätte nach Beendigung seines Asylverfahrens mit Hilfe eines Freundes die gegenständliche Bestätigung zu erhalten. Es werde in diesem Zusammenhang aber darauf hingewiesen, dass der Betroffene beim Bundesasylamt selbst ausgeführt hätte mit XXXX selbst nicht gesprochen zu haben.

Dem Beschwerdeführer stehe in Österreich kein Aufenthaltsrecht zu. Eine Integration des Beschwerdeführers in Österreich sei nicht zu erkennen. Er sei vorbestraft und mittellos.

3. Drittes Verfahren:

Beim Asylgerichtshof langte ein Schreiben des Beschwerdeführers in russischer Sprache ein, in welchem er ausführte, sich derzeit in Untersuchungshaft zu befinden, da man ihn des Diebstahls von zwei Hosen beschuldige. Er rechtfertigte sich in diesem Schreiben zu den Vorwürfen, führte aus, das Delikt nicht begangen zu haben und gab unter anderem an, dass er am 28.12.2011 in XXXX heiraten hätte wollen. Die Hochzeit sei bereits anberaumt gewesen, die Braut sei Tschetschenin, die in Belgien aufhältig sei, sein Bruder hätte bereits die Kosten für die Hochzeit beglichen gehabt, er selbst sei jedoch dann festgenommen worden. Nunmehr befürchte er, nicht mehr heiraten zu können. Er hätte schon ein paar Mal heiraten wollen, es hätte sich jedoch nie ergeben. Seine Mutter wünsche, dass er noch vor ihrem Tod heirate. Der Vater der Braut sei ein reicher Geschäftsmann – er schäme sich sehr vor den Eltern der Braut und vor der entscheidenden Richterin.

Der Beschwerdeführer rechtfertigte sich in weiterer Folge immer wieder dahingehend, dass er diejenigen Delikte, für die er verurteilt worden sei, nicht begangen hätte. Er achte Österreich, er liebe Österreich und ersuche um eine Chance, in Österreich bleiben zu dürfen. Sein Leben sei zu Hause wirklich in Gefahr, er sei Opfer und Zeuge der Kriegsverbrechen, man würde ihn im Territorium der Russischen Föderation physisch vernichten. Seine Mutter sei in der Ukraine und er würde sie gerne besuchen. Sein Problem sei während seines siebenjährigen Aufenthaltes in Österreich nicht richtig beachtet worden und er sei bloß aus Zufall am Leben. Er verwies auf den Erhalt einer Bestätigung der Generalvertretung der Tschetschenischen Republik Itschkeria.

Aufgrund des nunmehr an das Bundesasylamt gemäß § 6 AVG weitergeleiteten Schreibens erfolgte durch dieses am 28.03.2012 eine Befragung, in welcher der Betroffene ausführte, dass der neue Präsident ihn "tot" machen werde. Er verwies auf die Bestätigung des Generalvertreters der Tschetschenischen Republik Itschkeria XXXX und führte aus, lieber in Österreich im Gefängnis, als zu Hause zu sein, wo er hundertprozentig getötet werde.

Ein Landsmann, den er im Jahr 2005 in Österreich kennen gelernt habe, hätte den neuen Präsidenten in Tschetschenien darüber informiert, welche Tschetschenen sich noch in Österreich aufhalten würden und vor allem die Präsidentschaftsgegner unterstützt hätten. Er sei in diesem Zusammenhang genannt worden, weshalb er im Falle einer Rückkehr beseitigt werden würde. Er kenne einige Personen, die nach ihrer Rückkehr getötet worden seien.

Am 11.04.2012 erfolgte eine neuerliche Einvernahme des nunmehr in Untersuchungshaft befindlichen Betroffenen, im Rahmen derer er angab, dass im Jahr 2005 nicht einmal, sondern beim selben Vorfall zwei Mal auf ihn geschossen worden sei. Zur Abänderung des Fluchtgrundes befragt, antwortete er, nicht geflohen, sondern selber weggegangen zu sein. Er hätte zwar Angst gehabt, dass sie wieder kommen und ihn umbringen würden, damals hätten sie seinem Bruder am 30.12.2000 eine Falle gestellt und ihn umgebracht. In seiner Abwesenheit seien russische Soldaten mit einem Schreiben seines Bruders, in welchem dieser ihn zur Unterstützung der Rebellen auffordere, nach Hause gekommen und hätten seine Mutter nach ihm gefragt.

In Österreich gebe es in seinem Privat- und Familienleben keine Änderung. Tötungen würden in Tschetschenien niemals enden. Es sei besser, er bringe sich im Gefängnis um. Er möchte gerne seine Mutter in der Ukraine sehen. Sie hätte ihn gern vor ihrem Tod verheiratet gesehen. Er wiederholte, dass er am XXXX . heiraten hätte wollen und zehn Tage zuvor festgenommen worden sei. Seine Braut sei aus Belgien.

Befragt, ob sich seit Rechtskraft seiner Vorverfahren irgendetwas ihn Betreffendes im Heimatland geändert hätte, antwortete er, er habe nur Stress, sei jetzt im Gefängnis und habe Angst, dass man ihn direkt nach Russland schicke. Er hätte ein Video heruntergeladen, in dem Kadyrow aussage, keinen Platz für diejenigen zu haben, die damals geholfen hätten. Der Clip stamme vom 08. oder 09.12.2011.

In seinem Heimatland würden Kadyrow-Soldaten grausam töten, selbst auf Video aufnehmen, dass sie Fingernägel ziehen würden. Kadyrow hätte XXXX angerufen, damit dieser zurückkomme und ihm alles erzähle. XXXX sei der Vertreter von XXXX gewesen.

Der Sohn von XXXX hätte ihm erzählt, wie der mit Kadyrow im Jahr 2010 telefoniert hätte. Er selbst hätte das damals nicht erzählt, weil er geglaubt hatte, es nicht zu brauchen. XXXX sei ein bekannter Mensch und auf "youtube" könne man alles sehen. Er hätte hier Geld gesammelt und über die Türkei nach Hause geschickt. XXXX hätte den Widerstandskämpfern geholfen, ihm selbst hätte er auch empfohlen zu helfen – er hätte ihm aber abgesagt.

Drei Brüder und eine Schwester würden in Österreich leben, zwei Cousins und eine Cousine lebten in Wien. Er lebe mit niemandem in Lebensgemeinschaft, besuche öfters seinen Bruder in XXXX .

Als ihn sein Bruder vor einem Monat besucht hätte, hätte ihm dieser erzählt, dass drei Männer im Militäranzug in Tschetschenien vor einer Woche nach ihm gefragt hätten. Seit 15 Jahren hätte er mit Tschetschenien keinen Kontakt mehr. Seit er damals mit 14 Jahren angeschossen worden sei, sei er überall - in Dagestan, in Brest und immer - unterwegs gewesen.

Nach Rückübersetzung führte er aus, dass er am Vortag Besuch erhalten hätte und seinem Besucher einen USB-Stick übergeben hätte, den er nach XXXX bringen hätte sollen. Der Besucher hätte das auch getan.

Am 18.04.2012 führte der Beschwerdeführer in der Einvernahme aus, dass bei der letzten Einvernahme der Dolmetscher sehr schlecht gewesen sei und er dies erst erfahren hätte, als er sich die Niederschrift nochmals rückübersetzen hätte lassen. Er wurde darauf hingewiesen, dass er im Fall von Verständigungsschwierigkeiten ausdrücklich rückfragen könne.

Nach einer kurzen Darstellung des Ablaufs des Verfahrens führte er aus, aufgrund seiner Probleme nicht zurückkehren zu können. Er hätte dies am 11.04.2012 alles richtig beschrieben, den Fluchtgrund erklärt und die Probleme alle angegeben. Sein Vater und sein Bruder seien umgebracht worden, auch ihn hätte man umbringen wollen und man hätte am Anfang gedacht, dass er tot sei. Sie hätten auf ihn geschossen und ihn geschlagen. Als sie herausgefunden hätten, dass er noch am Leben sei, hätten sie ihn weiter gesucht. Er könne nicht zurück nach Tschetschenien und habe dafür auch Beweise.

Befragt, wann er die Beweise erhalten hätte, antwortete er, dass er in Wien bei der Asylverhandlung alle Beweismittel vorgelegt hätte – die Zeitschriften, in denen sein Vater und Dudaev ersichtlich gewesen seien. Die Beweismittel besitze er immer noch und sie würden beweisen, dass sein Vater tatsächlich in der Politik tätig gewesen sei und umgebracht worden sei. Vor kurzem hätte er im Internet auch Bilder gefunden, auf denen der zweite Präsident XXXX und sein Bruder und er abgebildet seien. Er sei auf dem Foto ca. elf oder zwölf Jahre alt und das reiche für Kadyrow, wenn ein Mensch auf so einem Foto ersichtlich ist. Er besitze eine Speicherkarte, wo ersichtlich ist, dass Kadyrow eine Rede hält und Personen bedrohe, die XXXX und XXXX unterstützt hätten. Er selbst hätte gesehen, wie diese Speicherkarte bei der Polizei am 11.04.2012 abgegeben worden sei. Er nannte namentlich zwei Personen, die diese abgegeben hätte. Seine Schwester und die Mutter sowie die Cousins seien in der Ukraine, sein Bruder, der nach Tschetschenien überstellt worden sei, sei unbekannten Aufenthaltes.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.04.2012 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und er gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.

Ein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt hätte nicht festgestellt werden können. Er hätte im neuerlichen Asylverfahren nicht weiter asylrelevante Gründe vorgebracht bzw. hätte sich kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben. Er hätte auf die bereits geprüften und für negativ befundenen Vorverfahren verwiesen.

Zu Abänderungen an den Fluchtgründen befragt, hätte er erklärt "Als ich 2005 hier angekommen bin, habe ich nicht meine wahre Identität und einen falschen Namen angegeben. Damals habe ich nicht angegeben, dass ich am 30.12.2000 abends um 6 Uhr maskierte Menschen rein kamen, geschossen haben und ich fiel auf den Kopf. Sie schlugen dann mit dem Gewehrkolben auf den Kopf und schossen in die Füße. Ich habe damals erzählt, man hat einmal auf mich geschossen, wahr ist, zweimal hat man damals auf mich geschossen. Ich habe das nicht erzählt, dass man mir auf den Kopf stieß, damit niemand denkt, dass ich psychisch krank bin." sowie des Weiteren "Ich bin nicht geflüchtet, ich bin selber weggegangen. Ich habe zwar Angst gehabt, dass sie wieder kommen und mich umbringen, damals hatten sie meinem Bruder eine Falle gestellt und den Bruder umgebracht, am XXXX . Dann kamen andere, damals war ich aber nicht zuhause, weil ich beim Onkel war. Damals hatten die russischen Soldaten so ein Schreiben vom Bruder an mich und er schrieb mir, dass ich den Aufständischen mit Einkaufen helfen sollte. Wie sie zum Schreiben kamen, weiß ich aber nicht. Dann haben sie meine Mutter auch gefragt, wo ist XXXX . Das ist mein zweiter Name. XXXX hat mir den Namen gegeben."

Ein neuer entscheidungswesentlicher Sachverhalt sei nicht gegeben und hätte ein solcher auch amtswegig nicht festgestellt werden können. Sämtliche nunmehr vorgebrachten Begründungen seien bereits zum Zeitpunkt der Vorverfahren bzw. deren Rechtskraft vom 09.05.2011 gegeben und ihm auch bekannt gewesen. Auch hätte er keine neuen Beweismittel vorgelegt und wiederum auf ein Schreiben der " XXXX " verwiesen. Er hätte sein Vorbringen im gegenständlichen Asylverfahren auf bereits rechtskräftig abgeschlossene Vorverfahren gestützt, somit könne kein neuer Sachverhalt vorliegen.

Verfolgungsgründe, welche eine neuerliche inhaltliche Prüfung rechtfertigen würden, seien keine vorgebracht worden. Bei keiner Änderung des maßgeblichen Sachverhalts sei die Behörde zu seiner Zurückweisung berechtigt. (VwGH v. 21.09.2000, Zl. 98/20/00564; VwGH

v. 04.05.2000, Zl. 99/20/0192).

Laut Judikatur des VwGH sei davon auszugehen, dass - wenn jemand einen weiteren Asylantrag auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die er jedoch nicht bereits im ersten Asylverfahren vorgebracht habe - aus diesem Grund schon nach ihrem Vorbringen keine Sachverhaltsänderung vorliege und sei der weitere Asylantrag vom Bundesasylamt wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (siehe dazu VwGH E vom 24.08.2004, Zl 2003/01/0431).

Eine entscheidungswesentliche Änderung des refoulementrelevanten Sachverhalts liege somit gleichfalls nicht vor und sei auch hier von entschiedener Sache auszugehen. Es würden unter Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen keine Umstände bestehen, welche seiner Ausweisung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.

Sein Privat- und Familienleben habe sich seit der Rechtskraft der Vorverfahren nicht maßgeblich geändert, sonstige Privatinteressen und Integrationsmerkmale in Österreich hätten seit Rechtskraft der Vorverfahren im gegenständlichen Verfahren nicht festgestellt werden können.

Bei einer Überstellung nach Russland sei er keiner dem Art. 8 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt.

Die den Beschwerdeführer treffende allgemeine maßgebliche Lage im Herkunftsstaat habe sich seit Rechtskraft der Vorverfahren nicht geändert.

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer hinsichtlich der behaupteten Herkunftsregion, Volkszugehörigkeit und Staatsangehörigkeit Glauben geschenkt wurde. Weiters hätte er angegeben körperlich und geistig dazu in der Lage zu sein, den Einvernahmen Folge zu leisten.

Letztendlich sei auch anzuführen, dass er vor seiner Überstellung einer medizinischen Untersuchung bezüglich Transportfähigkeit unterzogen werde, die in der Richtlinie für die Organisation und Durchführung von Abschiebungen auf dem Luftwege angeführt sei. Da die medizinische Grundversorgung in Russland – wie in der Länderfeststellung und Beweiswürdigung bereits ausführlich erörtert – gegeben sei, könne im gegenständlichen Fall von krankheitsbedingten Abschiebehindernissen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK nicht gesprochen werden.

Die Feststellungen betreffend den Ausgang der Vorverfahren sowie der damals maßgeblichen Gründe für den Antrag auf internationalen Schutz gründeten sich auf den Akteninhalt zur Zahl AIS 05 17.526, 1107100 und 11 12.392.

Rechtlich wurde ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall vor dem Hintergrund der eigenen Angaben, ohne dass auf deren Glaubwürdigkeit einzugehen sei, auszugehen sei, dass die im zweiten, gegenständlichen Asylantrag vorgebrachten Gründe, die er nunmehr als fluchtauslösend, bzw. als für die Entscheidung nach den §§ 3 und 8 AsylG relevant erachte, schon zum Zeitpunkt des Verlassens des Herkunftsstaates bestanden hätten und er diese auch gekannt habe. Er hätte zur Begründung des zweiten Antrages auf internationalen Schutz ausschließlich Umstände geltend gemacht, die seinen Schilderungen zufolge schon vor Eintritt der Rechtskraft des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes vom 06.05.2011 D4 300097-2/2008-29E, im ersten Asylverfahren bestanden hätten.

Da weder in der maßgeblichen Sachlage – und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in seiner Sphäre gelegen sei, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen sei – noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe, stehe die Rechtskraft des ergangenen Erkenntnisses des Asylgerichtshofes D4 300097-2/2008-29E, seinem neuerlichen Antrag entgegen, weswegen die Asylbehörde zu seiner Zurückweisung verpflichtet sei.

Abänderungen des Privat- und Familienlebens hätten sich seit den Vorverfahren 05 17.526 bzw. 11 07.100 und 11 12.392 nicht gegeben. Aus dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens lägen auch sonst keine Hinweise für eine derartige Integration bzw. Verfestigung in Österreich vor, die einer Ausweisung im Hinblick auf Art. 8 Abs. 1 EMRK entgegenstehen würde. Somit stelle seine Ausweisung auch keinen Eingriff im Sinne des Art. 8 EMRK dar.

In seiner Beschwerde ergänzte der Beschwerdeführer zu seinen Angaben der Einvernahme, dass er von seinem Cousin aufgesucht worden sei. Dieser hätte mit seiner Mutter gesprochen, die ihm gesagt hätte, dass er selbst nicht nach Hause fahren solle, weil ihm dann Gefahr drohe. Er solle niemandem sagen, wo er wohne, wo er sich aufhalte und wie seine Telefonnummer laute. Sie hätte über seinen Bruder, der von Österreich nach Hause gefahren sei, gesprochen. Er denke, dass sein Bruder in die Hände von Okkupanten geraten sei. Sein Bruder nehme wie der Präsident der Tschetschenischen Republik, der gegen die Russische Föderation seine Heimat in einem Befreiungskampf in Tschetschenien verteidigt hätte, an einem Befreiungskampf gegen die russischen Okkupanten und ihre Marionetten teil.

Laut seiner Mutter solle er nicht nach Tschetschenien fahren und seine Mutter selbst hätte Tschetschenien verlassen müssen. Das Haus sei gesprengt worden, man suche nach ihnen. Er mache sich Gedanken, warum drei Personen wissen hätten wollen, wann er nach Hause fahre und wie seine Telefonnummer laute. Nun habe er jetzt alles verstanden und hätte seinem Bruder gesagt, dass dieser seiner Mutter weiter sagen solle, dass er niemanden seinen Aufenthaltsort und Telefonnummer sage. Seine Mutter hätte ihn schon seit zehn Jahren nicht gesehen hat und möchte ihn vor ihrem Tod noch sehen – er solle in die Ukraine kommen. Als er die Wörter seiner Mutter gehört hätte, hätte ihm das sehr wehgetan, weil er aufgrund seines Gefängnisaufenthaltes die letzten Worte seiner Mutter nicht befolgen könne. Er werde am XXXX aus dem Gefängnis entlassen. Danach habe er keine Dokumente, um in der Ukraine seine Mutter vor ihrem Tod zu sehen. In Russland und Tschetschenien erwarte ihn der Tod.

Im Fall einer tatsächlichen Abschiebung ersuchte er, nach Polen verbracht zu werden. Er fahre nicht nach Hause, er werde im Gefängnis Selbstmord begehen. Er schwöre, dass er das mache, wenn er vor seiner Entlassung hier keinen politischen Schutz bekomme. Das verspreche er. Hier gebe es keinen einzigen Tschetschenen. Er gebe sein Wort, dass er hier keine Probleme mache und die österreichischen Gesetze befolgen werde.

Er habe jetzt große Angst, nach Russland oder nach Tschetschenien zurückgeschickt zu werden. Er bitte um eine Zustimmung in Österreich bleiben zu können. Er verspreche keine Probleme zu machen und das Gesetz zu beachten. Er wolle in Österreich heiraten und hier wie ein österreichischer Staatsbürger leben. Er werde in zwei bis drei Monaten aus dem Gefängnis entlassen. Er bereue es sehr und entschuldige sich vor Organisationen, die sein Verfahren bearbeiten und auch vor Österreich. Er gebe sein Wort, keine Fehler mehr zu machen. Er übergebe die Aufnahmen von Ramzan Kadyrow. Dieser foltere in seinem Keller selbst. Er wisse, wo die Aufnahmen seien. Er morde selbst. Solange Tschetschenien in seinen Händen sei, fahre er nicht in seine Heimat zurück. Er schwöre die Wahrheit zu sagen.

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 15.05.2012 wurde die Beschwerde gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen und darin begründend ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger der Russischen Föderation sei, er gehe in Österreich weder einer Erwerbstätigkeit nach noch verfüge er über Eigentum, lebe in keiner unter Art. 8 EMRK zu subsumierenden Beziehung in Österreich. Er hätte zumindest im Juni 2011 an einer "Akuten Belastungsreaktion, F 43.0" gelitten und sich von 14.06.2011 bis 15.06.2011 in stationärer Pflege in einer psychiatrischen Abteilung befundenen. Aktuell befinde er sich in der Justizanstalt Salzburg in Untersuchungshaft, spreche nicht Deutsch und sei auch nicht Mitglied in einem Verein oder einer Organisation. Seinen bisherigen Lebensunterhalt in Österreich hätte er aus Zuwendungen der Caritas bestritten.

Er sei in Österreich mehrmals strafgerichtlich verurteilt worden.

Im Erst- und Zweitverfahren sei rechtskräftig festgestellt worden, dass dem Beschwerdeführer in der Russischen Föderation keine Verfolgung im Sinne der GFK drohe und sein Vorbringen nicht glaubhaft gewesen sei sowie, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK bedeute. Laut den Länderfeststellungen im Zweitverfahren, wonach psychische Erkrankungen in der Russischen Föderation behandelt werden können, wurde nicht davon ausgegangen, dass im Fall der Rückkehr "außergewöhnliche Umstände" wie etwa unzureichende medizinische Versorgung drohen würden, zumal der Beschwerdeführer es unterlassen hat, eine Behandlung in Österreich in Anspruch zu nehmen.

Im Hinblick auf die im Drittverfahren vorgebrachten Fluchtgründe sei der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes in seinem Bescheid vom 24.04.2012 zu folgen, dass ein neuer entscheidungswesentlicher Sachverhalt nicht gegeben sei und auch amtswegig nicht festgestellt werden könne.

Zur Abänderungen des Vorbringens, dass nach dem Vorfall am 30.12.2000 in seiner Abwesenheit andere russischen Soldaten mit einem von seinem Bruder an ihn gerichteten Schreiben mit dem Inhalt, dass er den Aufständischen mit Einkaufen helfen sollte, zu seiner Mutter gekommen seien und nach ihm (" XXXX ") gefragt hätten, sowie, dass am XXXX zweimal auf ihn geschossen worden sei, sei auszuführen, dass diese Begründungen bereits zum Zeitpunkt der Vorverfahren gegeben und ihm auch bekannt gewesen seien. Auch der neuerliche Verweis auf das Schreiben der " XXXX " vermöge daran nichts zu ändern, da dieses bereits im Zweitverfahren geltend gemacht und in der Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 04.01.2012 verwertet worden sei. Der Betroffene hätte insofern sein Vorbringen im Drittverfahren auf bereits rechtskräftig abgeschlossene Vorverfahren gestützt, weshalb – wie auch vom Bundesasylamt korrekt beurteilt - kein neuer Sachverhalt vorliege.

Sein neues Vorbringen, dass Kadyrow im Jahr 2010 XXXX , den Vertreter von XXXX , angerufen hätte, damit dieser zurückkehre und ihm alles erzähle, und er als Gegner des Präsidenten genannt worden sei, weshalb er im Falle einer Rückkehr beseitigt werden würde, sei – unabhängig davon, dass es bereits noch im Erstverfahren geltend gemacht werden hätte müssen - alleine schon deshalb unglaubwürdig, da – hätte es den Tatsachen entsprochen - im Fall einer tatsächlichen Verfolgung zu erwarten wäre, dass der tatsächlich Verfolgte dies unverzüglich der entscheidenden Behörde zur Kenntnis bringe.

Das weitere Vorbringen, dass drei Männer im Militäranzug in Tschetschenien Anfang März nach ihm gefragt hätten, gründe sich auf den bereits im Erst- und Zweitverfahren als unglaubwürdig festgestellten Sachverhalt, weshalb dies wiederum nicht zu einer aktuellen Sachverhaltsänderung führen könne. Auch sei nicht nachvollziehbar, warum nach ihm gefragt werden solle, wenn den Behörden doch im Rahmen des Telefonates zwischen Kadyrow und XXXX bekannt sei, dass er sich in Österreich aufhalte und er sich auch bekanntermaßen seit Jahren nicht mehr zu Hause aufhalte.

Die Behauptung während der Einvernahme am 18.04.2012, dass bei der letzten Einvernahme der Dolmetscher sehr schlecht gewesen sei und er dies erst erfahren hätte, als er sich die Niederschrift nochmals rückübersetzen habe lassen, könne deshalb unberücksichtigt bleiben, da die in der Einvernahme am 18.04.2012 gemachten Aussagen inhaltlich gleichlautend der am 11.04.2012 getätigten Aussagen seien.

Das erst im Stadium der Beschwerde geltend gemachte Vorbringen, dass sich der Bruder des Betroffenen doch nicht in den Händen der "Okkupanten" befinde, sondern als Kämpfer aktiv sei, sei ausschließlich als verzweifelter Versuch, nach Beendigung seines Asylverfahrens einen Aufenthaltstitel in Österreich zu erhalten, zu sehen.

Der von ihm als Beweismittel geltend gemachte USB-Stick sei bis dato nicht eingelangt, darüber hinaus beinhaltet er ausschließlich Videoaufzeichnungen, die sich nicht auf seinen konkreten Fall beziehen, sondern ausschließlich allgemeiner Natur seien.

Dies alles ergebe sich aus den Verwaltungsakten.

Dem Beschwerdeführer stehe in Österreich kein Aufenthaltsrecht zu. Der Beschwerdeführer hätte niemals ein anderes als das vorübergehende Aufenthaltsrecht als Asylwerber. Eine Integration des Beschwerdeführers in Österreich sei nicht zu erkennen. Das schriftliche Vorbringen, dass seine in der Ukraine aufhältige Mutter ihn vor ihrem Ableben unbedingt noch verheiratet wissen wolle, und seine eigenen Heiratsabsichten seien ohne Belang.

Er sei vorbestraft und mittellos und derzeit in Untersuchungshaft. Gesundheitliche Probleme hätte er aktuell nicht vorgebracht.

Eine entscheidungswesentliche Änderung des refoulementrelevanten Sachverhalts liege somit nicht vor und sei auch hier von entschiedener Sache auszugehen. Es bestünden unter Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen keine Umstände, welche seiner Ausweisung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstehen.

Dies ergebe sich aus dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens vor dem Bundesasylamt und dem Asylgerichtshof.

Die Lage in der Russischen Föderation hätte sich seit Rechtskraft des Zweitverfahrens – 10.01.2012 – nicht geändert.

Zu den Ausführungen des Beschwerdeführers, dass er im Fall einer eventuellen Abschiebung Selbstmord begehe, sei wiederum auf die Begründung des Bundesasylamtes zu verweisen, dass der Betroffene vor seiner Überstellung einer medizinischen Untersuchung bezüglich Transportfähigkeit unterzogen werde, die in der Richtlinie für die Organisation und Durchführung von Abschiebungen auf dem Luftwege angeführt sei, sowie, dass die medizinische Grundversorgung in Russland – wie in der Länderfeststellung und Beweiswürdigung bereits ausführlich erörtert – gegeben sei, weshalb im gegenständlichen Fall von krankheitsbedingten Abschiebehindernissen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK nicht gesprochen werden könne.

4. Viertes Verfahren:

Am 11.06.2012 langte beim Bundesasylamt ein handschriftliches Schreiben in (schwer verständlicher) deutscher Sprache des Beschwerdeführers ein, in welchem er sein Vorbringen wiederholte:

Sein Vater sei Berater XXXX gewesen, seine Brüder hätten an der Befreiung Tschetscheniens teilgenommen, ein Bruder sei am XXXX getötet worden. Er sei durch Zufall nicht getötet worden. Sein Leben sei jetzt bei einer Rückkehr in Gefahr, er habe Angst, jeder Mensch müsse seine Taten verantworten. Kadyrow lasse ihn vergraben, seine Familie beseitigen. Sein Leben sei bei einer Rückkehr in Gefahr. Seine Erklärung sei ausreichend. Er hätte große Probleme bei einer Rückkehr, es scheine, dass ihn niemand verstehe, er ertrage tapfer Hunger und Kälte und sitze bis XXXX eine Strafe ab. Er wolle seine Fehler hier korrigieren und heiraten.

Am 28.06.2012 erging ein Bericht der BPD XXXX , dass für den Beschwerdeführer bereits ein Heimreisezertifikat ausgestellt worden sei.

Der Beschwerdeführer gab in der Erstbefragung am 27.06.2012 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, er habe ernste Gründe. Er habe seine Eltern verloren, sei selbst fast getötet worden und die früheren Verfahren seien nicht richtig entschieden worden. Er könne nicht zurückkehren, weil er um sein Leben fürchte. Er sei gegen die russische Macht und gegen Kadyrow, habe die Freiheitskämpfer unterstützt (durch Lebensmittel). Aus diesem Grund sei die russische Polizei zu ihm nach Hause gekommen und hätte seinen Vater umgebracht. Ein Jahr später hätten sie seinen Bruder vor den Augen seiner Mutter erschossen und auch auf ihn geschossen – er hätte aber überlebt. Bei einer Rückkehr würde er umgebracht oder in ein Gefängnis gebracht.

Ein Cousin hätte ihn besucht und Fotos von zu Hause von ihm und seinen Daten, die von der ihn suchenden russischen Polizei verwendet würden, gezeigt. Sie hätten bei den Nachbarn mit den Fotos nach ihm gefragt. Es erwarte ihn der Tod oder eine 25-jährige Gefängnisstrafe.

In einer niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 03.07.2012 gab der Beschwerdeführer an, dass seine Angaben der Erstbefragung den Tatsachen entsprächen. Er fürchte in der Russischen Föderation um sein Leben. Seine bisherige Aussage entspreche der Wahrheit. Er möchte noch ergänzen, dass sein Onkel ihn vor einer Rückkehr gewarnt hätte, weil Kadyrow ihn sonst vernichte.

Seit seiner Ankunft in Österreich habe dreimal Kontakt mit dem Onkel gehabt – dieser hätte gesagt, dass es Probleme gebe, weil er abgehört werde. Die drei Söhne seines Onkels würden auch in Gefahr geraten und alle würden vernichtet werden. Er sei an den Kriegen beteiligt gewesen – er und sein Bruder hätten im zweiten Krieg Lebensmittel eingekauft und so geholfen. Kadyrow würde alle vernichten wollen, die sich an solchen Kriegshandlungen irgendwie beteiligt hätten – so auch ihn. Sein Vater sei Berater von Dudaev gewesen.

Die alten Fluchtgründe würden noch gelten – sein Cousin hätte ihm erzählt, dass zu Hause Fotos von ihm als gesuchte Person herumgereicht würden. Sein Bruder hätte Verbindungen in die Heimat und bei jedem Besuch im Gefängnis sage er ihm, dass er nicht zurückkehren solle. Er stehe mit der Heimat in Kontakt und habe Angst.

Seine kranke Mutter sei in der Ukraine und ein anderer Bruder werde noch gesucht. Er sei auch früher in Österreich gewesen und kämpfe zurzeit in den tschetschenischen Bergen und sei in den Händen der Russen – so hätte es der Onkel geschrieben. Sein zwölfjähriger Neffe werde angeblich auch gesucht.

Er sei krank, es sei aber nichts diagnostiziert. Angeblich sei Hepatitis festgestellt worden.

Befragt, ob es seit der Rechtskraft im Vorverfahren irgendwelche ihn betreffende Vorfälle im Heimatland gäbe, gab er an, dass eine Rückkehr für ihn gefährlich sei. Er sei bereit zurückzukehren und als Kämpfer zu sterben, aber als ihn sein Onkel gebeten hätte nicht zurückzukehren, hätte er seinen Pass zerrissen.

Er hätte bereits am XXXX heiraten sollen, sei aber am XXXX ins Gefängnis überstellt worden.

Am 06.07.2012 langte beim Bundesasylamt ein handschriftliches Schreiben in (schwer verständlicher) deutscher Sprache des Betroffenen ein, in welchem er richtig stellte, nicht an Hepatitis, sondern an einer anderen Krankheit zu leiden und an einer Krankheit der Prostata. Er leide auch an einer Allergie gegen Wasser.

Mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.07.2012, Zl. 12 07.840-EAST West, erfolgte die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes.

Die von Amts wegen übermittelten Verwaltungsakten langten am 20.07.2012 beim Asylgerichtshof ein, mit Mitteilung vom selben Tag wurde das Bundesasylamt vom Einlangen verständigt.

Am 24.07.2012 hielt der Asylgerichtshof in einem Aktenvermerk fest, dass eine Überprüfung unter Zugrundelegung des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchgeführt wurde, die ergab, dass die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 zur Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes durch das Bundesasylamt vorlägen.

Am 03.08.2012 langte wieder ein (schwer verständliches) Schreiben des Beschwerdeführers auf Deutsch ein, worin er um eine Antwort der zweiten Instanz binnen drei Tagen ersuchte und mitteilte, dass, wenn die Antwort negativ sei, er sich an den Magistrat Salzburg wenden wolle. Auf der folgenden Seite nannte er seinen Anwalt, seine sonstigen Helfer namentlich und zählte Verwandte und Freunde in Österreich namentlich auf.

Mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 08.08.2012, Zl. D4 300097-7/2012/2E, wurde im amtswegig eingeleiteten Verfahren über die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend den Beschwerdeführer durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.07.2012 ausgesprochen, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 41a AsylG 2005 rechtmäßig war.

Begründet wurde die Entscheidung zusammengefasst damit, dass mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 15.05.2012 die Beschwerde zum dritten Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z1 AsylG als unbegründet abgewiesen worden ist, weil der Betroffene nichts vorgebracht hatte, das nicht von der Rechtskraft des - das Vorverfahren erledigenden - Erkenntnisses des Asylgerichthofes bereits erfasst war. Die Frist von 18 Monaten gemäß § 10 Abs. 6 AsylG 2005 war somit nicht abgelaufen. Ferner schloss sich der Asylgerichtshof den Ausführungen des Bundesasylamtes an, wonach sich aus dem nunmehrigen Vorbringen kein neuer Sachverhalt ergebe. Eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK sei seitens des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde nicht vorgebracht worden und habe auch von Amts wegen nicht eruiert werden können. Der Betroffene leide nicht wie ursprünglich angegeben an Hepatitis C, führe jedoch Prostatabeschwerden und eine Allergie ins Treffen. Unter Hinweis auf die Judikatur des VfGH wurde darauf verwiesen, dass unter Berücksichtigung der Länderfeststellungen in den Vorverfahren eine medizinische Versorgung in der Russischen Föderation vorhanden ist, auch wenn diese nicht den österreichischen Standards entsprechen und nicht immer kostenlos sein möge. Da auch von Amts wegen keine entscheidungsrelevante Änderung des Sachverhaltes ersichtlich sei, werde der Folgeantrag voraussichtlich gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein. Indizien für ein schützenswertes Familienleben des Betroffenen in Österreich lägen nicht vor und werde diesbezüglich auf die umfassende Interessensabwägung in den zuvor ergangen Erkenntnissen verwiesen. Eine allfällige Intensivierung seines Privat- und Familienlebens sei wohl deshalb nicht entstanden, weil er sich seit mehr als sieben Monaten in Haft befinde.

Am 04.10.2012 gab der Beschwerdeführer in der Strafhaft bekannt, dass er einen Folgeantrag stellen wolle und machte dazu am 05.10.2012 auch Angaben zu seinen Gründen dafür, nämlich dass er nicht wolle, dass seine Daten nach Tschetschenien weitergeleitet würden. Sein Onkel habe einen Rechtsanwalt beauftragt, welcher zur Polizei gegangen sei und sämtliche Daten (aus Österreich) über ihn dort erhalten habe. Er könne belegen, dass er in Tschetschenien gesucht werde. Er könne am XXXX (Entlassung aus der JA XXXX ) das mit seinem Rechtsanwalt organisieren. Er werde versuchen, das mit seinem Cousin vorher zu erreichen, weil er nach der Strafhaft in die Schubhaft komme. Es sei immer noch Krieg zwischen Tschetschenen und Russen. Er wolle dort nicht Krieg führen. Er könne jetzt auch nicht unter einer anderen Identität dorthin zurückkehren, da seine aktuellen Lichtbilder der Polizei bekannt seien und sie nach ihm suche. Im Fall der Rückkehr befürchte er eingesperrt und eventuell auch getötet zu werden. Er habe vor ca. einer Woche erfahren, dass seine Daten und Lichtbilder sowie seine Wohnadresse in XXXX in Tschetschenien bekannt seien.

Am 16.10.2012 langte ein weiteres handschriftliches (schwer verständliches) Schreiben des Beschwerdeführers auf Deutsch ein, worin er wieder seine Verwandten, Rechtsanwälte, Helfer namentlich nannte, sowie mitteilte, er hätte schon eine Arbeit in einer Spedition und dass er nach der Haft einen Deutschkurs absolvieren wolle, damit er sich in Österreich besser integrieren könne.

Am 23.10.2012 langte eine Mitteilung über die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts ein. Weiteres gab der Vertreter des Beschwerdeführers bekannt, dass dieser den Wehrdienst in Russland/Tschetschenien nicht absolviert habe und ihm im Falle einer Abschiebung unmenschliche Behandlung und Bestrafung drohe, weil er als Wehrdienstverweigerer angesehen werde und ihm sein Auslandsaufenthalt vorgeworfen werde, ebenso werde er als Asylwerber angesehen, der sein Vaterland verraten habe. Ihm drohten unmenschliche willkürliche Behandlung und Bestrafung seitens russischer oder tschetschenischer Sicherheitsorgane. Dies sei bisher nicht vorgebracht worden und bislang keiner Beweiswürdigung unterzogen worden, sodass keine entschiedene Sache vorliege. Beigelegt war eine Auskunft der SFH-Länderanalyse vom 11.06.2012 zu "Russland: Wehrdienstentzug und Haftbedingungen für Personen tschetschenischer Volkszugehörigkeit".

Am 12.11.2012 langte ein russischer Schriftsatz des Beschwerdeführers samt Übersetzung beim Bundesasylamt ein, worin er ausführte, dass sein Vater Berater von XXXX gewesen sei und Ende 1999 umgebracht worden sei. Am 30.12.2000 hätten maskierte russische Behörden seinen älteren Bruder XXXX vor den Augen seiner Mutter umgebracht und auch auf ihn geschossen. Sein Bruder habe am Widerstand im Jahr 1999 teilgenommen, er selbst sei ein Zeuge der Kriegsverbrechen Russlands in Tschetschenien. Sein Bruder XXXX habe durch den Beschwerdeführer Lebensmittel für die Widerstandskämpfer gekauft und der Beschwerdeführer habe nach dem Tod des Vaters und des Bruders reell um sein Leben gefürchtet. Sein zweiter Bruder XXXX kämpfe im Widerstand in den Bergen gegen Russland. Alle in Fragen des politischen Asyls entscheidenden Organisationen der EU mögen wissen, dass nicht nur für die Teilnehmer am Widerstand, sondern auch für ihre Familien Gefahr bestehe. Er habe Angst davor, abgeschoben zu werden und habe sich die Venen durchgeschnitten, als man ihm gesagt habe, dass er abgeschoben werde. Er ersuche um Hilfe.

Am 13.11.2012 langte eine Bevollmächtigung für die Diakonie-Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Volkshilfe Flüchtlings- und Migrantinnenbetreuung und Volkshilfe Wien als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe ein.

Nach einer Mitteilung der Diakonie vom 06.12.2012 an die BP

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten