TE Bvwg Beschluss 2017/11/15 W189 2130134-2

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Veröffentlicht am 15.11.2017
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Entscheidungsdatum

15.11.2017

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W189 2130134-2/7E

W189 2130132-2/6E

W189 2130135-2/6E

W189 2145183-2/6E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. RIEPL als Einzelrichterin in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch die mündlich verkündeten Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.11.2017, Zl. 1049384007-171257821, 1049383609-171258194, 1049384203-171258259,1139284109-171258291 erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend 1) XXXX , 2) XXXX , 3) XXXX und 4) XXXX , geb. 1) XXXX , 2) XXXX 3) XXXX und 4) XXXX , alle Staatsangehörigkeit Russische Föderation, beschlossen:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 iVm. § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer (Beschwerdeführende Partei 1, in Folge: P1) und die Zweitbeschwerdeführerin (Beschwerdeführende Partei 2, in Folge: P2) sind Lebensgefährten. Der Drittbeschwerdeführer (Beschwerdeführende Partei 3, in Folge: P3) ist ein gemeinsamer minderjähriger Sohn. P1 und P2 verließen problemlos legal mit ihren russischen Reispässen und Auslandsvisa ihren Herkunftsstaat.

P1, P2 und P3 reisten bereits am 19.12.2014 in das österreichische Bundesgebiet ein, P1 und P2 stellten aber erst am 02.01.2015 für sich und P3 Anträge auf internationalen Schutz.

Am 04.01.2015 erfolgten die Erstbefragungen von P1 und P2. P1 gab zusammengefasst an, die Behörden in seinem Herkunftsstaat hätten ihn dazu zwingen wollen, in die Ukraine zu gehen um dort im Krieg zu kämpfen. Auf einer Polizeistation seines Herkunftsstaates hätte man ihn dazu zwingen wollen, ein Schriftstück zu unterzeichnen, andernfalls hätte man ihn ins Gefängnis gesteckt. Da er das nicht gewollt hätte, hätte er sich dazu entschlossen, seine Heimat zu verlassen. P2 gab an, sie wäre wegen der Probleme von P1 mit diesem geflüchtet.

Am 18.09.2014 wurden P1 und P2 im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich befragt. P1 brachte zu seinen Fluchtgründen zusammengefasst vor, während er gearbeitet habe, seien vier Polizisten auf ihn zugekommen und diese hätten ihm ein Dokument zur Unterzeichnung vorgelegt, mit der Unterschriftsleistung hätte sich P1 dazu bereit erklärt, für die Russische Föderation in der Ukraine zu kämpfen. Für den Fall der Verweigerung der Unterschriftsleistung hätten ihm die Polizisten seine Ermordung angedroht. P2 brachte im Wesentlichen vor, keine eigenen "Probleme" gehabt zu haben, sie sei aufgrund derer von P1 geflohen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheiden vom 29.06.2016, Zahlen 1) 1049384007-150004135, 2) 1049383609-150004122 und 3) 1049384203-150004190, die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz jeweils gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation (Spruchpunkt II.) ab, erteilte gemäß §§ 57 und 55 AsylG Aufenthaltstitel aus Berücksichtigungswürdigen Gründen nicht, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm

§ 9 BFA-VG Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei und setzte die Frist für ihre freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen fest (Spruchpunkt III.).

2. Alle drei Beschwerdevorlagen vom 13.07.2016 langten am 15.07.2016 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Beschwerden sehen von einem Vorbringen ab und stellen die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge die angefochtenen Bescheide dahingehend abändern, dass den Anträgen auf internationalen Schutz Folge gegeben und den Beschwerdeführern des Status der Asylberechtigten, in eventu, der der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt werde, in eventu, die bekämpften Bescheide dahingehend abzuändern, dass die Rückkehrentscheidungen gegen die Beschwerdeführer aufgehoben werden, in eventu, dass Spruchpunkte III. betreffend der gegen die Beschwerdeführer gemäß "§ 52 Abs. 9 FPG festgestellten Abschiebung gemäß § 46 aufgehoben" werden, in eventu möge das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführern jeweils einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. §§ 55 und 57 AsylG erteilen, in eventu, die bekämpften Bescheide zur Gänze beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Bundesamt zurückverweisen. Beantragt wurde außerdem die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung.

Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde für den 19.08.2016 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt. Es erschienen P1 und P2, zugleich als gesetzliche Vertreter des minderjährigen P3. Das ordnungsgemäß geladene Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte sich bereits in den Beschwerdevorlagen für die Verhandlung entschuldigt. In der Verhandlung wurden die Quellen der zur Entscheidungsfindung herangezogenen Länderinformationen dargetan. Die Beschwerdeführer verzichteten auf Einsichtnahme und Ausfolgung.

Am XXXX .2016 brachte P2 einen Sohn in Österreich zur Welt (Beschwerdeführende Partei 4, in Folge: P4) und stellte für ihn am 30.12.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheid vom 04.01.2017, Zahl: 1139284109-161745144, den Antrag auf internationalen Schutz von P4 gemäß

§ 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation (Spruchpunkt II.) ab, erteilte gemäß §§ 57 und 55 AsylG einen Aufenthaltstitel aus Berücksichtigungswürdigen Gründen nicht, erließ gemäß

§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung von P4 in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei und setzte die Frist für seine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt III.).

Die Beschwerdevorlage von P4 vom 17.01.2017 langte am 20.01.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Beschwerde ist mit den von P1, P2 und P3 erhobenen Beschwerden ident.

Mit Erkenntnissen vom 20.07.2017, Zl. W215 2130134-1/31E, 2) W215 2130132-1/14E, 3) W215 2130135-1/9E 4) W215 2145183-1/5E wies das Bundesverwaltungsgericht diese Beschwerden vollinhaltlich ab. Zum besseren Verständnis wird diese Entscheidung an dieser Stelle – sofern verfahrensrelevant – wiedergegeben:

"1. Feststellungen:

1. Die Identität der Beschwerdeführer konnte im Asylverfahren nicht festgestellt werden; ebenso wenig die behauptete standesamtliche Eheschließung. Alle vier Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, gehören der Volksgruppe der Tschetschenen an und sind moslemischen Glaubens. P1 und P2 sind Lebensgefährten und reisten mit dem gemeinsamen Sohn P3 am 19.12.2014 unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein, wo P1 und P2 am 02.01.2015 für sich und P3 Anträge auf internationalen Schutz stellten. Für P4 wurde am 30.12.2016 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

2. Das Vorbringen von P1 und P2 zu den Gründen für ihre Ausreise aus ihrem Herkunftsstaat ist nicht glaubhaft. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer in der Russischen Föderation einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt waren oder sein werden.

3. In den gegenständlichen Verfahren können keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Fall ihrer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe oder sonst einer konkreten individuellen Gefahr ausgesetzt sein würden.

Bei P1 und P2 wurde eine Anpassungsstörung (reaktive Depression) diagnostiziert. P3 ist von einer Autismusspekturm-Störung betroffen und P4 ist gesund. Es konnte insgesamt kein aktueller ärztlicher und/oder medikamentöser Behandlungsbedarf bei einem der vier Beschwerdeführer festgestellt werden.

P1 hat in der Russischen Föderation nach erfolgreichem Abschluss der Berufsschule für Bauwesen auch noch ein vierjähriges Studium "Bankwesen, Finanzen und Kredite" erfolgreich abgeschlossen und vor der Ausreise als Lkw-Fernfahrer gearbeitet. P2 hat im Herkunftsstaat Wirtschaft studiert, zeitweise als Verkäuferin gearbeitet, ist aber vor der Ausreise keiner Arbeit nachgegangen. Der Vater, ein Bruder, vier Schwestern sowie acht Onkeln von P1 leben derzeit im Herkunftsstaat. Die Mutter, eine Schwester und zwei Brüder von P2 sind ebenso im Herkunftsstaat aufhältig wie zwei Onkel und drei Tanten mit deren Familien.

4. P1 hat von September bis Dezember 2016 einen Deutschkurs Niveau A1 besucht und spricht gebrochen Deutsch. Alle Beschwerdeführer beziehen Leistungen aus der Grundversorgung. Nicht festgestellt werden kann eine ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche individuelle Integration der Beschwerdeführer in Österreich. Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für eine "Aufenthaltsberechtigung besondere Schutz" kamen nicht hervor.

2. Beweiswürdigung:

1. P1 und P2 haben angegeben die Eltern von P3 und P4 zu sein. Die Feststellungen zu Staatsangehörigkeit Volksgruppe und Glauben (siehe Feststellungen 1.) beruhen auf den diesbezüglichen Angaben von P1 und P2. Die Identität der Beschwerdeführer (siehe Feststellungen 1.) konnte aber mangels Vorlage ihrer russischer Auslandsreisepässe nicht festgestellt werden; ebenso wenig die bloß behauptete legale Einreise (siehe Beweiswürdigung 2.).

P1 und P2 brachten keine standesamtliche Eheschließungsurkunde in Vorlage. P1 behauptete in der Beschwerdeverhandlung, er habe die Eheschließungskurkunde zerrissen, P2 widersprüchlich dazu, diese sei zu Hause in Tschetschenien. Dieser Widerspruch ist, wie weiter unten ausgeführt (siehe Beweiswürdigung 2.), symptomatisch dafür dass P1 und P2 nicht einmal bei einfachsten Fragen glaubhafte Angaben machen. Jedenfalls konnte die standesamtliche Eheschließung nicht festgestellt werden.

2. Dass die Beschwerdeführer im Herkunftsstaat keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt waren (siehe Feststellungen 2.), ergibt sich aus den unglaubwürdigen Angaben von P1 und P2.

P1 gab im Lauf der erstinstanzlichen Verfahren zusammengefasst an die Russische Föderation verlassen zu haben, da ihn die Behörden dazu zwingen hätten wollen, in die Ukraine zu gehen um dort zu kämpfen. Polizisten hätten P1 dazu zwingen wollen ein entsprechendes Schriftstück zu unterzeichnen. Da P1 das nicht gewollt habe, hätte er sich dazu entschlossen, seinen Herkunftsstaat zu verlassen. P2 gab an, sie wäre mit ihrem Lebensgefährten P1 wegen dessen Problemen nach Österreich gekommen.

Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen (VwGH 25.03.1999, 98/20/0559).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in mehreren Erkenntnissen betont, dass die Aussage des Asylwerbers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt und daher der persönliche Eindruck des Asylwerbers für die Bewertung der Glaubwürdigkeit seiner Angaben von Wichtigkeit ist (VwGH 24.06.1999, 98/20/0453; VwGH 25.11.1999, 98/20/0357).

Vorab erschien es ungewöhnlich, dass P1, P2 und P3 bereits am 19.12.2014 nach Österreich kamen, P1 und P2 jedoch erst am 02.01.2015 Anträge auf internationalen Schutz stellten. Dies ist auffällig, da wohl von einer Person welche die weite Reise bis nach Österreich auf sich nimmt weil sie im Herkunftsstaat verfolgt wird zu erwarten wäre, dass sie unmittelbar nach der Einreise bzw. so schnell wie möglich einen Antrag auf internationalen Schutz stellt und sich damit nicht ganze zwei Wochen Zeit lässt.

Zu Beginn der Beschwerdeverhandlung legten P1 und P2 psychiatrische Befunde eines Transkulturellen Zentrums vor, welche sie sich am Tag vor der Beschwerdeverhandlung ausstellen ließen. Darin wurde bei beiden eine Anpassungsstörung (reaktive Depression) diagnostiziert. Aus diesen Befunden geht nicht hervor, dass P1 und P2 nicht verhandlungsfähig gewesen wären; zudem gaben beide auf ausdrückliche Nachfrage in der Beschwerdeverhandlung an, dass sie keine Probleme hätten, der Verhandlung zu folgen. Auch sonst gab es keinerlei Hinweise darauf, dass P1 oder P2 in der Verhandlungsfähigkeit eingeschränkt gewesen wären; siehe dazu auch die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen zu Spruchpunkt II. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

In der Beschwerdeverhandlung wurden selbst einfache Fragen, wie jene zu den russischen Auslandsreisepässe, widersprüchlich beantwortet:

" R: Wann wurde Ihnen Ihr russischer Auslandsreisepass ausgestellt?

P1: 2014 glaube ich, genau weiß ich es nicht, vielleicht war es auch 2013. [ ]

R: Wann wurde Ihrem Ehegatten dessen russischer Auslandsreisepass ausgestellt?

P2: Das war nachdem er mitgenommen wurde, ca. im Oktober 2014. Für ihn und meinen Sohn wurden Reisepässe ausgestellt " (Verhandlungsschrift Seite 10 und 25)

Wenn P1 der Reisepass wirklich erst nach der Bedrohung ausgestellt worden wäre, hätten P1 und P2 sich daran erinnert und sich nicht widersprochen. P1 und P2 gaben in ihren niederschriftlichen Befragungen am 08.06.2016 übereinstimmend an, ihre russischen Auslandsreisepässe im Auto des Schleppers vergessen zu haben. P1 in der Beschwerdeverhandlung jedoch widersprüchlich dazu, dass er die russischen Reisepässe bewusst zerrissen habe. Diese unterschiedlichen Angaben sprechen nicht gerade für die Glaubwürdigkeit von P1 und P2.

Weiters war nicht zu übersehen, dass P1 und P2 bezüglich ihres Reisewegs bewusst unwahre Angaben machten. P1 und P2 hatten anlässlich ihrer niederschriftlichen Befragungen am 04.01.2015 übereinstimmend behauptet, dass sie ihre Heimat am XXXX .2014 mit dem Zug über den Bahnhof Grosny verlassen hätten und erst am 02.01.2015 in Österreich angekommen seien. Widersprüchlich dazu gaben beiden in der Beschwerdeverhandlung an nicht mit dem Zug gereist zu sein und sich schon ab 19.12.2014 in Österreich aufgehalten zu haben.

" R: Sie sind legal mit Ihrem Auslandsreisepass mit dem Zug ab Grosny ausgereist. In Grosny kauft man sich am Bahnhof die Fahrkarte unter Angaben der Personalien und es wird, sowohl beim Kauf als auch im Zug, die Person überprüft. Eine problemlose legale Ausreise mit dem Zug spricht nicht gerade für eine Verfolgung im Herkunftsstaat. Wollen Sie dazu etwas angeben?

P1: Ich bin nicht mit dem Zug ausgereist, sondern mit einem Auto.

R: Das wiederspricht Ihren Angaben beim BFA?

P1: Das stimmt. Ich habe damals unrichtige Angaben gemacht, heute sage ich die Wahrheit. " (Verhandlungsschrift Seite 20)

Selbstverständlich wäre dieser Umstand für sich alleine nicht geeignet automatisch auf die Unglaubwürdigkeit der angeblichen Fluchtgründe zu schließen; allerdings sollte sich dieses Verhalten im Lauf des Verfahrens tatsächlich als Indiz dafür erweisen, dass der P1 und P2 im Asylverfahren bis zuletzt bewusst unwahre Angaben machten.

Hatte P1 anlässlich seiner niederschriftlichen Befragung am 04.01.2015 noch wiederholt angegeben in eine Polizeistation eingeladen worden zu sein und dass ihm im Fall der Unterschriftsverweigerung angedroht wurde in Gefängnis zu kommen, behauptet er widersprüchlich dazu in der niederschriftlichen Befragung am 08.06.2016 von vier Polizisten von der Arbeit abgeholt und in die Polizeistation gebracht worden zu sein und dass man ihm angedroht habe, ihn umzubringen:

"Die Behörden in meiner Heimat wollten mich zwingen in die Ukraine zu gehen und dort im Krieg zu kämpfen. Im meiner Ortschaft gibt es eine Polizeistation wo eine Einberufungsabteilung stationiert ist. Dorthin wurde ich eingeladen und ich musste ein Schriftstück unterschreiben in dem ich mich mit meiner Einberufung einverstanden erklärte. Mir wurde gesagt, wenn ich nicht unterschreibe werden sie mich ins Gefängnis stecken. Ich sollte an der russischen Seite kämpfen, wollte dies aber nicht und habe beschlossen meine Heimat zu verlassen [ ]

Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat?

Ich komme dort ins Gefängnis " (niederschriftliche Befragung am 04.01.2015).

" Warum haben Sie Russland/Tschetschenien verlassen?

Ich habe ganz normal gearbeitet als plötzlich vier Polizisten gekommen sind und mich aufforderten zum ROWD mitzukommen. Ich musste dort dann etwas eine Stunde warten. Ich wurde dann in ein Büro gebracht und sie legen mir etwas zur Unterschrift vor. Im Fall einer Verweigerung drohten sie mir mich umzubringen und das Ganze als Exekution eines Terroristen darzustellen..." (niederschriftliche Befragung am 08.06.2016).

Wenn die Folgen einer Drohung dazu führen, dass man seine Heimat verlässt, sollte man sich eigentlich merken können, ob man mit Gefängnis oder Ermordung bedroht wurde und diesbezüglich gleichbleibende Angaben machen.

P1 und P2 hatten anlässlich ihrer niederschriftlichen Befragungen beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 08.06.2016 betont, dass sich beide sicher seien, dass dieser einprägsame Vorfall am 20.12.2014 stattgefunden habe und ebenso, dass er am Geburtstag seiner Ehegattin dem XXXX .2014 ausgereist sei:

" Können Sie sich noch an den Tag Ihrer Mitnahme erinnern?

VP: Ja es war der 20. Dezember 2014.

LA: Warum erinnern Sie sich so genau an diesen Tag?

VP: Das war das erste Mal, dass ich von der Polizei mitgenommen worden bin. So etwas vergisst man nicht.

LA: Wissen Sie auch noch wann sie Urus Martan verlassen haben?

VP: Am Morgen des XXXX .2014. Am Geburtstag meiner Gattin " (niederschriftliche Befragung P1 am 08.06.2016)

" LA Wann wurde Ihr Mann abgeholt?

VP: Es war im Dezember, ich bin mir sicher das war der 20. Dezember. Ich weiß es deshalb so genau weil XXXX Tage später habe ich Geburtstag " (niederschriftliche Befragung P2 am 08.06.2016)

Selbst als P1 in dieser Befragung nachgewiesen wurde, dass er mit P2 und P3 bereits zwei Tage vor dem angeblichen fluchtauslösenden Vorfall, konkret am 18.12.2014, die Grenze von Weißrussland nach in Polen überschritten hatte und seine Behauptungen zum Ausreisegrund somit nicht der Wahrheit entsprechen können, beharrt P1 auf seine unwahren Angaben bzw. gab erst in der Beschwerde und der Beschwerdeverhandlung zu, dass er unwahre Angaben gemacht hatte:

R: Was war das fluchtauslösende Ereignis?

P1: Die Anhaltung ROWD war am 20. September 2014.

R: Warum wissen Sie das so genau?

P1: Ich weiß das so genau, weil ich an dem Tag mitgenommen wurde.

R: Beim BFA waren Sie sich noch absolut sicher, dass es drei Monate später war.

P1: Weil ich noch lange in Tschetschenien war, ich habe gelogen, damit man mir meine Fluchtgründe glaubt. Mitte Oktober 2014 habe ich entschieden, von Tschetschenien wegzufahren. Am 16. Dezember habe ich Tschetschenien verlassen. Ich habe solange gewartet, weil ich auf mein Visum im Auslandsreisepass gewartet habe.

R: Warum haben Sie bezüglich Ihres Visums gelogen?

P1: Weil ich Angst vor der Abschiebung hatte, ich wollte, dass man mir geglaubt.

R: Sie haben bezüglich Ihres Reiseweges, Ihrer Reisezeiten und des Umstandes, dass sie sich sogar in Ungarn ein Visum ausstellen ließen die österreichischen Behörden bewusst belogen. Wollen Sie sich dazu äußern?

P1: Ja, ich habe gelogen, aber beim Grund habe ich nicht gelogen.

R: Doch, Sie haben behauptet es war am 20.12.2014, obwohl Sie bereits am 18.12.2014 nachweislich in Polen waren?

P1: Ja, ich bin am 19.12.2014 in Österreich angekommen. Daran kann ich mich erinnern.

R: Sind Sie sich sicher?

P1: Ja, ich bin sicher, weil ich mir gemerkt habe, wann ich gekommen bin.

R: Das heißt, Sie haben sich vom 19.12.2014 bis zum 04.01.2015 illegal in Österreich aufgehalten, weil Sie erst an diesem Tag den Asylantrag gestellt haben?

P1: Ich war sicher, dass ich am 02.01.2015 in Österreich den Asylantrag gestellt habe, das wurde falsch protokolliert. Ich war auch nicht illegal in Österreich, weil ich hatte ja das legale Schengen-Visum und war somit vom 19.12.2014 bis 02.01.2015 legal in Österreich. Erst nachdem mein Visum abgelaufen ist, habe ich den Asylantrag gestellt.

R: Wann ist das Visum abgelaufen?

P1: Das weiß ich nicht mehr. Ich weiß nicht einmal, ob es abgelaufen war ."

(Verhandlungsschrift Seite 18f)

P1 gab in der Beschwerdeverhandlung an, dass er von Anfang Oktober bis zur Ausreise im Dezember problemlos zu Hause lebte, was von P2 bestätigt wurde; anlässlich der Rückübersetzung schien P2 aufzufallen, dass dies nicht gerade für eine Verfolgung spricht, weshalb sie versuchte ihr Vorbringen im letzten Moment zu steigern indem sie behauptete, dass zumindest sie bei Verwandten und nicht einfach zu Hause gewesen sei; was aber ihrer kurz zuvor gemachten Behauptung, dass sie zu Hause gelebt hätten, widerspricht:

" P1 [ ] Außerdem möchte ich noch neu angeben, dass mein Vater nicht mehr arbeitet, er bezieht zu Hause eine Pension. Wir haben bis zu meiner Ausreise an derselben Adresse gelebt, er lebt nach wie vor dort. [ ]

R: Wo haben Sie von Anfang Oktober bis zu Ihrer Ausreise im Dezember gelebt?

P1: Zu Hause. [ ]

R: Wo hat sich Ihr Ehegatte von September 2014 bis zur Ausreise aufgehalten?

P2: Wir haben zu Hause gelebt. [ ]

R: Haben Sie das Gefühl, dass alle Ihre Angaben aufgenommen und übersetzt wurden?

P2: Ja. Allerdings möchte ich jetzt neu zu Seite 24: "R: Wo hat sich Ihr Ehegatte von September 2014 bis zur Ausreise aufgehalten?

P2: Wir haben zu Hause gelebt.

R: Was hat er den ganzen Tag gemacht?

P2: Woher soll ich das wissen, ich habe ein Kind. Ich habe daher geputzt, gekocht und gewaschen." ergänzen, dass ich nachdem mein Mann das zweite Mal mitgenommen wurde nicht mehr zu Hause gelebt habe sondern bei meiner Mutter und meinem Bruder ebenfalls in Urus Matan gelebt ca. eine halbe Stunde entfernt " (Verhandlungsschrift Seiten 21f, 24 und 30f).

Dem nicht genug versuchten P1 und P2 ihr Vorbringen in der Beschwerdeverhandlung erheblich zu steigern. Hatten sie in den erstinstanzlichen Verfahren übereinstimmende wiederholt behauptet, dass es bloß den einen Vorfall am 20.12.2014 (ab dem Beschwerdeverfahren soll dieser jedoch am 20.09.2014 gewesen sein) gegeben habe, meinten P1 erstmals, nachdem ihm seine Angaben in der Beschwerdeverhandlung rückübersetzt worden waren, dass er am 08.12.2014 ein zweites Mal festgenommen worden sei; dies wurde danach auch von P2 behauptet:

" R an RB: Haben Sie Fragen an P1?

PV: Nein.

R: Wollen Sie noch etwas angeben oder Anträge stellen?

P1: Nein. [ ]

R: Haben Sie die Dolmetscherin gut verstanden?

P1: Ja.

R: Die Dolmetscherin wird Ihnen jetzt die bisherige Verhandlungsniederschrift rückübersetzen. Bitte passen Sie gut auf, ob alle Ihre Angaben korrekt protokolliert wurden. Sollten Sie einen Fehler bemerken oder sonst einen Einwand haben, sagen Sie das bitte.

P1: Ja. [ ]

R: Wurden alle Ihre Angaben korrekt protokolliert, oder wollen Sie etwas ändern? [ ]

Ergänzend zu Seite 18: "P1: Weil ich noch lange in Tschetschenien war, ich habe gelogen, damit man mir meine Fluchtgründe glaubt. Mitte Oktober 2014 habe ich entschieden, von Tschetschenien wegzufahren. Am 16. Dezember habe ich Tschetschenien verlassen. Ich habe solange gewartet, weil ich auf mein Visum im Auslandsreisepass gewartet habe." gebe ich an, dass ich Anfang Oktober 2014 entschieden habe von Tschetschenien wegzufahren und die Frau gebeten habe die Visa zu besorgen.

R: Wo haben Sie von Anfang Oktober bis zu Ihrer Ausreise im Dezember gelebt?

P1: Zu Hause.

R: Warum sind Sie ausgereist, wenn Sie wochenlang keine Probleme hatten und zu Hause leben konnten?

P1: Am 08. Dezember 2014 wurde ich ein zweites Mal festgenommen.

R: Warum haben Sie das im gesamten Verfahren noch nie vorgebracht? Sie haben immer angegeben, dass es einen einzigen Vorfall gegeben hat?

P1: Ich wusste nicht, dass ich das nicht angeben soll. Man hat mir nicht die Möglichkeit gegeben, alles zu erzählen.

Anmerkung: Die restliche Verhandlungsschrift ab Seite 21 (Rückübersetzung) wird rückübersetzt. [ ]

R: Wie oft wurde Ihr Mann angehalten?

P2: Das erste Mal im September 2014 für drei Stunden. Das zweite Mal am 08. Dezember 2014 für drei oder vier Stunden. Ich weiß, dass es am 08. Dezember 2014 so genau war, weil wir danach weggefahren sind " (Verhandlungsschrift Seiten 20f und 25)

Es war somit nicht zu übersehen, dass P1 und P2 das Vorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigerten. Dieses Verhalten spricht nicht gerade für die Glaubwürdigkeit des Vorbringens. Auch der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (vgl. VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250). Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass P1 und P2 in den niederschriftlichen Befragungen am 08.06.2016, in denen beide nur von einer Mitnahme am 20.12.2014 gesprochen hatten, nach Rückübersetzung und vor Unterschriftsleistung bestätigten, dass alles richtig und vollständig protokolliert worden war.

P1 und P2 versuchten ihr unglaubwürdiges Vorbringen auch noch mit unechten "gerichtlichen Ladungen in der Strafsache Nr. XXXX " zu untermauern. Dass diese "Ladungen" nicht echt sind ergibt schon alleine aus dem Umstand, dass in den beiden ausgefüllten vorgedruckten Formularen, mit denen P1 auf der Vorderseite als Verdächtiger in der "Strafsache Nr. XXXX " einmal für 14.03.2015 und ein weiteres Mal für den 23.05.2015 geladen wird, auf der Rückseite jeweils die Belehrung über die Nichtfolgeleistung der Vorladung des Klägers in Zivilverfahren abgedruckt ist und aus dem russischen Zivilverfahrensgesetzbuch zitiert wird. Zudem findet sich auf der Vorderseite der "gerichtlichen Ladung" für den 14.03.2015 in der "Strafsache Nr. XXXX " der offizielle Stempelabdruck 11.03.2016. Auf der "gerichtlichen Ladung in der Strafsache

Nr. XXXX " für den 23.05.2015 findet sich der offizielle Stempelabdruck 19.05.2016. In den beiden späteren "gerichtlichen Ladungen in der Strafsache Nr. XXXX " für 18.11.2015 und für 12.01.2016 wurde P1 übrigens nicht mehr als Verdächtiger, sondern nur mehr als Zeuge angeführt. P1 wurde damit in der Beschwerdeverhandlung konfrontiert, konnte dafür aber keine plausible Erklärung finden. Dass der Beschwerdeführer, nachdem er in der Beschwerdeverhandlung mit den eben genannten offensichtlichen Fehler in den gefälschten angeblichen Ladungen konfrontiert worden war (bzw. ihm die Verhandlungsschrift in denen diese genau angeführt wurden nach der Verhandlung ausgefolgt worden war) am 16.02.2017 zwei weitere (schwer leserliche) Kopien angeblicher gerichtlichen Ladungen in der Strafsache Nr. XXXX für 27.10.2016 und 21.12.2016 in Vorlage brachte, die diese offensichtlichen Fehler nicht mehr aufweisen, ändert nichts daran, dass P1 und P2 persönlich unglaubwürdig sind, im Verfahren offensichtlich gefälschte Ladungen in Vorlage gebracht haben und dies schlecht leserlichen Kopien der beiden neuen angeblichen Ladungen daher nicht in der Lage sind, das unglaubwürdige Vorbringen zu unterstützen. Wie zudem aus den Länderfeststellungen hervorgeht, werden immer wieder gefälschte oder unrichtige Dokumente vorgelegt und es ist es darüber hinaus auch möglich Vorladungen zu kaufen. Auch in diesem Fall waren, wie in den Länderfeststellungen ausgeführt, die Fälschungen leicht zu identifizieren.

P1 behauptete in der Beschwerdeverhandlung, dass er ein Video als Beweismittel beibringen könne. P1 wusste nur, dass dieses Video von irgendjemandem ca. im Jahr 2016 gedreht worden und im Internet zu sehen sein soll. Es sind darin weder die Beschwerdeführer noch Familienangehörige zu sehen, sondern es ist ein Film über die allgemeine Lage im Herkunftsstaat. Das Bundesverwaltungsgericht hat darauf verzichtet dieses Video in der Beschwerdeverhandlung anzusehen bzw. im Verfahren als Beweismittel heranzuziehen; dies deshalb, weil dieses zwei Jahre nach der Ausreise der Beschwerdeführer entstandene Video keinen zeitlichen oder inhaltlichen Bezug zu den behaupteten Ausreisegründen von P1 und P2 hat und daher ebenfalls nicht geeignet ist das unglaubwürdige Vorbringen von P1 und P2 zu unterstützen.

Das Bundesverwaltungsgericht geht, in Übereinstimmung mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, nach Durchführung einer Beschwerdeverhandlung, davon aus, dass P1 und P2 keiner wie immer gearteten Verfolgung in ihrem Herkunftsstaat ausgesetzt waren. P1 und P2 ist es nicht gelungen, individuelle und konkrete Verfolgungsgründe glaubhaft darzustellen.

3. Die Feststellungen zur gesundheitlichen Situation der Beschwerdeführer (siehe Feststellungen 3.), ergeben sich aus den Angaben von P1 und P2 im Rahmen des Verfahrens vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und der Beschwerdeverhandlung. P1 und P2 haben sich am Tag vor der Beschwerdeverhandlung psychiatrische Befunde eines Transkulturellen Zentrums ausstellen lassen, in der bei P1 eine Anpassungsstörung (reaktive Depression) diagnostiziert wurde und vom Psychiater auch eine "Wurzeliritation L5/S1" (Anmerkung: wörtliches Zitat) die mit "Schmerzmittel bei starken Beinschmerzen" (Anmerkung: wörtliches Zitat; keine Verordnung konkreter Schmerzmittel) behandelt werden soll. P1 hat jedoch nicht vorgebracht, dass er jemals deswegen in ärztlicher Behandlung war bzw. ist und in der Beschwerdeverhandlung angegeben gesund zu sein. Aus dem P2 am Tag vor der Verhandlung ausgestellten Befund des Psychiaters geht hervor: "Diagnose: Risikoschwangerschaft (GT XXXX), Anpassungsstörung (reaktive Depression); Eisenmangel, Vaicosis cruris; Behandlung: Eisentabletten, Vitamintabletten, Medikament gegen Thrombose". In der Beschwerdeverhandlung gab P2 an, dass sie schwanger, in keiner darüber hinausgehenden ärztlichen Behandlung war und auch keinerlei Medikamente einnahm; mittlerweile hat P2 den gesunden P4 zur Welt gebracht. Bezüglich P3 wurde am 12.05.2017 vom Vertreter der Eltern ein Arztbrief vom 07.03.2017 in Vorlage gebracht aus dem hervorgeht, dass bei P3 eine Autismusspekturm-Störung diagnostiziert wurde, es wurde aber keine medikamentöse Behandlung angeordnet bzw. nicht vorgebracht, dass P3 aktuell ärztlich behandelt wird. Aus einem vom Vertreter der Eltern am selben Tag vorgelegten "Nierenultraschall" vom 18.04.2017 geht hervor, dass P4 aktuell gesund ist. Bezüglich des Gesundheitszustandes aller Beschwerdeführer wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen zu Spruchpunkt II. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.

Die Feststellungen zur Situation der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat (siehe Feststellungen 3.) ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben von P1 und P2. P1 hat im erstinstanzlichen Verfahren und der Beschwerdeverhandlung angegeben, dass er die letzten Jahre vor seiner Ausreise problemlos den Lebensunterhalt für sich und seine Familie bestreiten konnte. Dass nach wie vor zahlreiche Angehörige im Herkunftsstaat leben brachten P1und P2 in der Beschwerdeverhandlung vor und keiner von ihnen hat in den schriftlichen Übermittlungen behauptet, dass sich seither daran etwas geändert hätte. P1 und P2 haben in der Beschwerdeverhandlung vorgebracht bis zur Ausreise mit ihrer Familie im Haus des Vaters von P1 gelebt zu haben. Somit sollte die Familie auch nach ihrer Rückkehr keinerlei Probleme haben, wieder dort zu wohnen, weshalb sie nicht obdachlos wäre; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen zu Spruchpunkt II. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.

4. Die Feststellungen zur persönlichen und familiären Situation der Beschwerdeführer sowie, dass P1 und P2 in Österreich auf keine ausreichend ausgeprägten und verfestigten individuellen integrativen Anknüpfungspunkte hinsichtlich ihres Privat- und Familienlebens verweisen können (siehe Feststellungen 4.), gründet sich auf den Umstand, dass Gegenteiliges im Verfahren nicht hervorgekommen ist und auf Abfragen in den entsprechenden amtlichen österreichischen Registern (Zentrales Melderegister, Zentrales Fremdenregister, Grundversorgungs-Informationssystem, Strafregister); diesbezüglich wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen zu Spruchpunkt III. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.

5. Die Feststellungen zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer (siehe Feststellungen 5.) beruhen auf dem in der Beschwerdeverhandlung dargetanen Dokumentationsmaterial und etwas aktuelleren Berichten derselben Quellen. Die Parteien des Beschwerdeverfahrens haben keinen Einwand gegen die Heranziehung dieser Informationsquellen (deren Inhalt sich seit der Beschwerdeverhandlung nicht entscheidungswesentlich geändert hat) erhoben. Die herangezogenen Berichte und Informationsquellen stammen hauptsächlich von staatlichen Institutionen oder diesen nahestehenden Einrichtungen und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, Zweifel an deren Objektivität und Unparteilichkeit aufkommen zu lassen. Die inhaltlich übereinstimmenden Länderberichte befassen sich mit der aktuellen Lage in der Russischen Föderation bzw. in Tschetschenien.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), regelt dieses Bundesgesetz das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, bleiben unberührt

(§ 58 Abs. 2 VwGVG).

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§ 28 Abs. 1 VwGVG).

Zu A)

Zu Spruchpunkt I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definiert, dass als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 19.04.2001, 99/20/0273).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind (§ 11 Abs. 1 AsylG).

Da die Angaben von P1 und P2 zu den Gründen, weshalb sie ihren Herkunftsstaat verlassen haben sollen, unglaubwürdig waren, erübrigt sich die Prüfung einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Herkunftsstaat.

P1 und P2 konnten weder eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende maßgebliche Gefahr asylrelevanter Verfolgung in ihrem Herkunftsstaat glaubhaft machen, noch waren von Amts wegen Anhaltspunkte für eine solche ableitbar, weshalb die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl abzuweisen waren.

Zu Spruchpunkt II. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigen einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden (§ 8 Abs. 2 AsylG).

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulation gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, 99/20/0573).

Gemäß § 50 Abs. 1 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Gemäß § 50 Abs. 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG).

Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) verwiesen wird, die entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes an deren Stelle.

Der Fremde hat das Bestehen einer aktuellen, also im Fall seiner Abschiebung in den von seinen Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 57 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG 1997 glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 02.08.2000, 98/21/0461, VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011).

Das Vorbringen von P1 und P2 zu sämtlichen angeblichen Ausreisegründen war als nicht glaubwürdig zu werten (siehe Beweiswürdigung 2.) und es bestehen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass das Leben oder die Freiheit der Beschwerdeführer aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre, weshalb kein Fall des § 50 Abs. 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, vorliegt.

§ 50 Abs. 1 FPG verweist auf Art. 2 oder 3 EMRK. Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG 1997 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.1997, 98/21/0427).

Vor dem Hintergrund der genannten Erkenntnisquellen und den darauf basierenden Feststellungen finden sich weder Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer nach ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit der in diesem Zusammenhang maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefährdungssituation im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG ausgesetzt sein werden, noch dass "außergewöhnliche Umstände" der Rückkehr der Beschwerdeführer in ihren Herkunftsstaat entgegenstehen. Es lässt sich nicht ersehen, dass es den Beschwerdeführern in der Russischen Föderation an der notdürftigsten Lebensgrundlage fehlen wird.

Weder aus den Angaben von P1 und P2 noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat in Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443).

Im eben zitierten Erkenntnis des VwGH wird die maßgebliche Judikatur des EGMR dargestellt. Vor dem Hintergrund dieser Judikatur kommt es unter dem hier interessierenden Aspekt darauf an, ob die Abschiebung die betreffende Person in eine "unmenschliche Lage" versetzen würde.

Das Vorbringen von P1 und P2 bezüglich sämtlicher Ausreisegründe war nicht glaubhaft. Es ist somit nicht zu befürchten, dass die Beschwerdeführer in ihrem Herkunftsstaat Angst vor Verfolgung haben müssen. P1 hat in der Russischen Föderation nach erfolgreichem Abschluss der Berufsschule für Bauwesen auch noch ein vierjähriges Studium "Bankwesen, Finanzen und Kredite" erfolgreich abgeschlossen und vor der Ausreise als Lkw-Fernfahrer gearbeitet. P2 hat im Herkunftsstaat ein fünfjähriges Wirtschaftsstudium erfolgreich abgeschlossen, zweitweise als Verkäuferin gearbeitet, ist aber zuletzt keiner Arbeit nachgegangen, sondern hat sich um ihr Kind und den Haushalt gekümmert. In der Beschwerdeverhandlung hat P2 zudem angegeben, dass sie die Qualifikation hat im Herkunftsstaat als Buchhalterin zu arbeiten. P1 war, obwohl P2 kaum gearbeitet hat, problemlos in der Lage den Lebensunterhalt für sich und seine Familie zu bestreiten:

" Ich habe als LKW-Fahrer gearbeitet, meine Gattin war Hausfrau und hat auch als Verkäuferin gearbeitet. Mein Verdienst reicht um uns ein problemloses wirtschaftliches Auskommen zu ermöglichen " (niederschriftliche Befragung beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 08.06.2016)

" R: Konnten Sie den Lebensunterhalt für sich und Ihre Familie im Herkunftsstaat finanzieren?

P1: Ja, sicher, ich hatte ja Arbeit " (Verhandlungsschrift Seite 13).

P1 und P2 werden auch nach ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat wieder dazu in der Lage sein. P1 und P2 haben im Herkunftsstaat akademische Ausbildungen und sind im erwerbsfähigen Alter. Dass die Beschwerdeführer Hunger leiden müssten, hat sich im Verfahren nicht ergeben. Der Vater, ein Bruder, vier Schwestern sowie acht Onkeln von P1 leben derzeit im Herkunftsstaat. Die Mutter, eine Schwester und zwei Brüder von P2 sind ebenso im Herkunftsstaat, sogar in derselben Ortschaft, aufhältig. Die Beschwerdeführer haben somit nach wie vor ein großes familiäres Netzwerk bzw. zahlreiche familiäre Anknüpfungspunkte in Tschetschenien, wo P1 28 Jahre und P2 26 Jahre gelebt haben. Der familiäre Zusammenhalt in Tschetschenien ist sehr groß ist, womit die Beschwerdeführer nicht völlig auf sich alleine gestellt sind.

Selbst wenn die wirtschaftliche Lage in Tschetschenien bzw. der Russischen Föderation schlechter ist als jene in Österreich, ist es P1 wieder bzw. auch P2 zumutbar, durch eine notfalls auch weniger attraktive Arbeit den unbedingt notwenigen Lebensunterhalt zu bestreiten. Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören auch Tätigkeiten, für die es keine oder wenig Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können. Dass die Beschwerdeführer Hunger leiden müsste, hat sich im Verfahren nicht ergeben. Es ist nicht davon auszugehen, dass den Beschwerdeführern nach ihrer Rückkehr in die Russische Föderation eine extrem schlechte wirtschaftliche Lage und "außergewöhnliche Umstände" wie etwa Hungertod, unzureichende medizinische Versorgung, eine massive Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar der Verlust des Lebens drohen.

Für die Russische Föderation kann auch unter Berücksichtigung der Länderfeststellungen (siehe Feststellungen 5.) nicht festgestellt werden, dass in diesem Staat eine dermaßen schlechte wirtschaftliche Lage bzw. eine allgemeine politische Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Rückbringung in den Herkunftsstaat als unrechtmäßig erscheinen ließe.

P1 und P2 brachten psychiatrische Befunde eines Transkulturellen Zentrums, welche am Tag vor der Beschwerdeverhandlung ausgestellt wurden, in Vorlage in denen jeweils eine Anpassungsstörung (reaktive Depression) diagnostiziert wurde, allerdings wurden diesbezüglich weder Medikamente noch Therapien verordnet. Dies ist beim Bundesverwaltungsgericht nicht unbekannt, da in zahlreichen psychiatrisch-neurologischen Gutachten von Herrn Universitätsprofessor Dr. med. XXXX , Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, welche vom Bundesverwaltungsgericht (bzw. früher vom Asylgerichtshof und davor Unabhängigen Bundesasylsenat) in anderen Beschwerdeverfahren in Auftrag gegeben wurden auch bei anderen Beschwerdeführern Anpassungsstörungen mit längerdauernder depressiver Reaktion (ICD-10: F43.21) diagnostiziert wurden. Erklärend führte Universitätsprofessor Dr. med. XXXX dazu zusammengefasst aus, dass es sich dabei um eine Beschwerdesymptomatik handelt die in solchen fällen als Reaktion auf die derzeitige Belastung in der Migrationssituation und vor allem auch in einer ungewohnten Umgebung zu sehen ist und sich mit subdepressiver Stimmungslage, Belastungsgefühlen und einer zeitweise bestehenden Durchschlafstörung darstellt. Es kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass P1 oder P2 jemals wegen der Anpassungsstörungen in ärztlicher Behandlung waren. P2 hat mittlerweile den gesunden P4 zur Welt gebracht.

Bezüglich P3 wurde am 12.05.2017 vom Vertreter der Eltern ein Arztbrief ambulante Behandlung vom 07.03.2017 in Vorlage gebracht. Aus diesem geht zusammengefasst hervor, dass P3 damals noch nicht sprach, bzw. zwar einige Worte, die aber immer weniger geworden seien. Bei P3 wurde die Diagnose Autismusspekturm-Störung gestellt und ausgeführt, dass häufig Kinder mit einer autistischen Entwicklungsstörung doch auch besondere Fähigkeiten haben, die bei P3 am Tag der Untersuchung nicht wirklich gefunden werden konnten. Es wurde im Arztbrief von März 2017 angeregt P3 im Herbst 2017 oder Frühjahr 2018 neuerlich untersuchen zu lassen; aber keine medikamentöse Behandlung angeordnet. Es wurde zudem nicht vorgebracht, dass P3 aktuell ärztlich behandelt wird. Der Vertreter der Eltern brachte bezüglich P4 am 12.05.2017 einen "Nierenultraschall" vom 18.04.2017 in Vorlage, in dem abschließend ausgeführt wird,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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