TE Vwgh Erkenntnis 2000/7/4 99/12/0179

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Veröffentlicht am 04.07.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/06 Dienstrechtsverfahren;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

AVG §55;
BDG 1979 §14 Abs1;
DVV 1981 §1 idF 1995/540;
PG 1965 §62c Abs1 idF 1996/201;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des R in G, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner, Rechtsanwälte in Graz, Grazbachgasse 39/III, gegen den Bescheid des beim Vorstand der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes vom 12. Mai 1999, Zl. 117.400-HC/99, betreffend Ruhegenussbemessung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Bemessung des Ruhegenusses für die Zeit ab 1. Jänner 1998 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund (Bundesministerium für Finanzen) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1941 geborene Beschwerdeführer steht seit 1974 vorerst in einem privatrechtlichen und seit 1978 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; er war vor seiner Ruhestandsversetzung mit 1. November 1997 letztlich als Beamter der Verwendungsgruppe PT 4 im Schalterdienst eingesetzt.

Nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens befand sich der Beschwerdeführer nur durch einen kurzen Arbeitsversuch Anfang Dezember 1995 unterbrochen seit 8. August 1995 im "Krankenstand". Bereits ab Oktober 1995 wurden von der Dienstbehörde erster Instanz mehrmals ärztliche Gutachten über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers eingeholt. Anlässlich einer anstaltsärztlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 13. Februar 1996 wurde dem Beschwerdeführer ein "unbefristeter Krankenstand" bestätigt und von ihm gleichzeitig folgende "Zustimmungserklärung" abgegeben:

"Sollte nach dem Ergebnis der ärztlichen Begutachtung dauernde Dienstunfähigkeit festgestellt werden, bin ich mit meiner Versetzung in den Ruhestand zum nächstmöglichen Zeitpunkt einverstanden."

Gleichzeitig mit der Verständigung der belangten Behörde wurde seitens der Dienstbehörde erster Instanz die PVAng - erstmals - am 20. Februar 1996 mit der Durchführung der Untersuchungen in der Frage der Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers beauftragt.

Nach Vorliegen der Stellungnahme des Chefarztes der PVAng, der keine entscheidenden Leistungseinschränkungen beim Beschwerdeführer diagnostiziert hatte, teilte die belangte Behörde mit Schreiben vom 5. August 1996 der Dienstbehörde erster Instanz mit, dass der Beschwerdeführer zum sofortigen Dienstantritt aufzufordern sei.

Diesem Auftrag kam der Beschwerdeführer im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand nicht nach.

Nach neuerlicher ärztlicher Begutachtung (PVAng und Anstaltsarzt) wurde die Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. Oktober 1997 mit Wirkung vom 1. November 1997 verfügt. Der Begründung des in Rechtskraft erwachsenen Ruhestandsversetzungsbescheides ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer nach dem Gutachten der Amtssachverständigen des beim Vorstand der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes, Dr. H., vom 7. September 1997 aufgrund seiner gesundheitlichen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben im Geldschalterdienst beim Postamt 8010 G. nicht mehr erfüllen und auch keinen anderen gleichwertigen Arbeitsplatz besorgen könne. Mit Erklärung vom 21. Oktober 1996 habe der Beschwerdeführer seiner Ruhestandsversetzung ausdrücklich zugestimmt. Dieses Gutachten sei unter Zugrundelegung der von der PVAng erhobenen Untersuchungsergebnisse erstellt worden und dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 24. September 1997 im Parteiengehör zur Kenntnis gebracht worden.

Mit Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz vom 2. Oktober 1997 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer ab 1. November 1997 ausgehend von der Verwendungsgruppe PT 4, Gehaltsstufe 16, und einer ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit von 38 Jahren und zwei Monaten ein Ruhegenuss im Ausmaß von 100 % der Ruhegenussbemessungsgrundlage in der Höhe von monatlich S 21.558,70 gebühre. Der Begründung dieses Bescheides ist u.a. zu entnehmen, dass das Ruhestandsversetzungsverfahren des Beschwerdeführers nach dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden und die Abschlagsregelung daher auf ihn anzuwenden sei. Die Ruhegenussbemessungsgrundlage betrage daher (nur) 72,33 % des ruhegenussfähigen Monatsbezuges.

In der dagegen erhobenen Berufung vom 10. November 1997 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, sein Ruhestandsversetzungsverfahren sei bereits vor dem genannten Stichtag eingeleitet gewesen, weil er seit 8. August 1995 wegen der gleichen Erkrankung dienstunfähig gewesen sei, die dauernde Dienstunfähigkeit vom "Kontrollarzt" bereits am 13. Februar 1996 bestätigt worden sei und er am gleichen Tage den Antrag auf Ruhestandsversetzung unterschrieben habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wird die Berufung gemäß §§ 4 und 62c des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965), idF des Art. 4 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, abgewiesen.

Zur Begründung wird nach Hinweis auf den Ruhestandsversetzungsbescheid der belangten Behörde, den erstinstanzlichen Ruhegenussbemessungsbescheid, die Berufung des Beschwerdeführers und die angewendete Rechtslage (§§ 4 und 62c PG 1965) im Wesentlichen ausgeführt, zunächst sei über die Berufung des Beschwerdeführers nicht entschieden worden, weil zwischenzeitlich zahlreiche ähnlich gelagerte Fälle beim Verwaltungsgerichtshof anhängig geworden seien und die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes abzuwarten gewesen wären, um eine einheitliche Vorgangsweise in gleichartigen Fällen erzielen zu können.

Das Verfahren zur Versetzung in den Ruhestand gemäß § 14 BDG 1979 könne entweder auf Antrag oder von Amts wegen eingeleitet werden. Das Antragsverfahren sei mit dem Einlangen des Antrages des Beamten bei der Behörde eingeleitet. Entgegen den Berufungsangaben habe der Beschwerdeführer aber keinen derartigen Antrag gestellt, sondern nur eine "Zustimmungserklärung" zu seiner allfälligen Ruhestandsversetzung abgegeben. Es habe sich daher beim Beschwerdeführer um ein amtswegig eingeleitetes Verfahren gehandelt. Dieses gelte ungeachtet der Tatsache, wie lange ein allfälliger "Krankenstand" bereits gedauert habe, mit der ärztlichen Untersuchung als eingeleitet, die zur Beauftragung der PVAng mit der Erstellung eines ärztlichen Gutachtens über den Gesundheitszustand des Beamten geführt habe. Dazu werde nochmals bemerkt, dass das erste Verfahren mit der Aufforderung des Beschwerdeführers zum Dienstantritt aufgrund der chefärztlichen Stellungnahme der PVAng vom 11. Juni 1996 abgeschlossen worden sei. Da der Beschwerdeführer der Aufforderung zum Dienstantritt nicht Folge geleistet habe, sei er neuerlich zur Anstaltsärztin vorgeladen worden. Das zweite Ruhestandsversetzungsverfahren habe jedoch erst mit dem Datum als eingeleitet zu gelten, an dem die Anstaltsärztin einen unbefristeten Krankenstand ausgesprochen habe, der wieder zur Beauftragung der PVAng mit der Erstellung neuer Gutachten über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers geführt habe. Diese Beauftragung sei nach der anstaltsärztlichen Untersuchung, welche am 8. Oktober 1996 stattgefunden habe, also eindeutig nach dem 16. Februar 1996, erfolgt. Zusammenfassend sei daher festzustellen, dass das Verfahren, das zur Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers geführt habe, mit der Beauftragung der PVAng vom 15. Oktober 1996 zur Erstellung eines Gutachtens über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers eingeleitet worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes begehrt wird.

Die "belangte Behörde " (nach dem verwendeten "Kopfpapier" und der Eigenbezeichnung in der Antragstellung das seit Inkrafttreten der Novelle zum PTSG BGBl. I Nr. 161/1999 rechtlich nicht mehr bestehende Personalamt beim Vorstand der Post und Telekom Austria AG; vgl. diesbezüglich auch die hg. Entscheidung vom 24. Mai 2000, Zlen. 99/12/0261, 0335) hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Ruhestandsbezüge in gesetzlicher Höhe nach den Bestimmungen des Pensionsgesetzes 1965 (§§ 3 ff) durch unrichtige Anwendung dieses Gesetzes, insbesondere seines § 62c verletzt.

Im Beschwerdefall ist primär der Zeitpunkt der Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens des Beschwerdeführers strittig. Im Gegensatz zur Berufung wird aber nicht mehr behauptet, der Beschwerdeführer habe am 13. Februar 1996 seine Ruhestandsversetzung beantragt, sondern - auch nach der unbedenklichen Aktenlage zutreffend - angegeben, dass er zu diesem Datum nur seiner allfälligen Ruhestandsversetzung (- bei Vorliegen der Voraussetzungen -) zugestimmt habe. Es ist daher nicht mehr strittig, dass der Beschwerdeführer selbst keinen Antrag auf seine Ruhestandsversetzung gestellt hat; auch die Berechnung des Ruhebezuges wird vom Beschwerdeführer nicht in Frage gestellt.

Gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, ist der Beamte von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung ist der Beamte dienstunfähig, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen im Stande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billiger Weise zugemutet werden kann.

Nach § 4 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, wird der Ruhegenuss auf der Grundlage des ruhegenussfähigen Monatsbezuges und der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit ermittelt. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung bilden 80 v. H. des ruhegenussfähigen Monatsbezuges die Ruhegenussbemessungsgrundlage. Abs. 3 dieser Bestimmung in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, der am 1. Mai 1996 in Kraft getreten ist, lautet:

"(3) Für jeden Monat, der zwischen dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand und dem Ablauf des Monates liegt, in dem der Beamte sein 60. Lebensjahr vollendet haben wird, ist die Ruhegenussbemessungsgrundlage von 80 Prozent um 0,1667 Prozentpunkte zu kürzen. Das sich aus dieser Kürzung ergebende Prozentausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage ist auf zwei Kommastellen zu runden."

Gemäß § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 in der am 1. Jänner 1998 in Kraft getretenen Fassung des Art. 4 Z. 1 des 1. Budgetbegleitgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 138, ausgegeben am 29. Dezember 1997, findet eine Kürzung nicht statt, wenn der Beamte zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig ist.

Nach § 4 Abs. 7 leg. cit. in der obgenannten Fassung gilt ein Beamter nur dann als dauernd erwerbsunfähig im Sinne des Abs. 4 Z. 3, wenn er infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd außer Stande ist, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen.

Nach § 41 Abs. 1 PG 1965 gelten künftige Änderungen dieses Bundesgesetzes auch für Personen, die Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz haben.

§ 62c PG 1965 in der Fassung des Art. 4 Z. 7 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, lautet auszugsweise:

"(1) Auf Beamte, deren Versetzung in den Ruhestand vor dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden ist, sind die §§ 4 und 12 in der bis zum Ablauf des 30. April 1996 geltenden Fassung weiter anzuwenden."

Die §§ 4 und 12 PG 1965 in der im § 62c Abs. 1 genannten Fassung vor dem Strukturanpassungsgesetz 1996 kennen im Fall der "Frühpensionierung" (vor Vollendung des 60. Lebensjahres) keine Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage.

Der Beschwerdeführer vertritt zunächst im Wesentlichen die Auffassung, sein Ruhestandsversetzungsverfahren sei - ungeachtet des damals gegebenen Erfordernisses der Einholung eines PVAng-Gutachtens und der Zuständigkeit der belangten Behörde zur Ruhestandsversetzung - bereits aufgrund der durch die Dienstbehörde erster Instanz erfolgten "mittelbaren" Beweisaufnahme zur Feststellung des Sachverhaltes für die Vorlage von Unterlagen an die Generaldirektion bzw. an die PVAng am 13. Februar 1996, also vor dem maßgebenden Stichtag eingeleitet worden. Von der Auslegung einer Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens vor dem 16. Februar 1996 gehe auch die Entscheidung der belangten Behörde aus. Deren weiterer Auslegung, das bereits eingeleitete Ruhestandsversetzungsverfahren sei am 9. August 1996 durch die an den Beschwerdeführer gerichtete Aufforderung, den Dienst auf seinem Arbeitsplatz wieder anzutreten, abgeschlossen und erst später wieder neuerlich eingeleitet worden, könne nicht gefolgt werden. Der Weisung vom 9. August 1996 an den Beschwerdeführer, seinen Dienst unverzüglich wieder anzutreten, habe er infolge seines unveränderten Krankheitsbildes nicht Folge leisten können. Die Dienstbehörde habe im Einvernehmen mit der obersten Aktivdienstbehörde diesen Sachverhalt akzeptiert, weil sie andernfalls den weiteren "Krankenstand" des Beschwerdeführers als ungerechtfertigte Dienstabwesenheit im Sinne des § 51 BDG 1979 hätte qualifizieren und seine Bezüge nach § 13 Abs. 3 Z. 2 GG 1956 einstellen bzw. Disziplinaranzeige erstatten müssen. Nichts von dem sei geschehen, obwohl der Beschwerdeführer bis zu seiner Ruhestandsversetzung infolge der selben Krankheit dem Dienst ferngeblieben sei.

Es liege daher seit 13. Dezember 1995 bis zur Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers ein ununterbrochener "Krankenstand" wegen derselben körperlichen und psychischen Leiden vor.

Im Beschwerdefall steht aufgrund der Aktenlage und im Einklang mit dem Sachverhaltsvorbringen des Beschwerdeführers fest, dass die damals für eine Ruhestandsversetzung maßgebende Beurteilung der Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers durch die PVAng erstmals jedenfalls erst mit Schreiben der Dienstbehörde erster Instanz bei gleichzeitiger Verständigung der belangten Behörde und Vorlage der Akten mit 20. Februar 1996 veranlasst worden ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu § 62c Abs. 1 PG 1965 zum Ausdruck gebracht, dass die amtswegige Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens jedenfalls einen entsprechenden Willensakt der Behörde voraussetzt, der der zuständigen Dienstbehörde zuzurechnen sein muss. Für das Vorliegen eines solchen Willensaktes ist maßgeblich, ob die zuständige Aktivdienstbehörde eine Amtshandlung gesetzt hat, die - objektiv betrachtet - darauf abzielte, den Sachverhalt der dauernden Dienstunfähigkeit des Beamten im Sinne des § 14 BDG 1979 zu klären (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Februar 1999, Zl. 97/12/0315).

Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Rechtsauffassung kommt es für die Beurteilung der amtswegigen Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens nicht auf die (ununterbrochene) Dauer des "Krankenstandes" an.

Mit Erkenntnis vom 23. Juni 1999, Zl. 98/12/0500, hat der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet dessen, dass nachgeordnete Dienstbehörden ab 1. September 1995 wegen Änderung der DVV durch die Novelle BGBl. Nr. 540/1995 nicht mehr für die Durchführung des Ruhestandsversetzungsverfahren zuständig waren, anerkannt, dass dann, wenn die PVAng im Namen der obersten Dienstbehörde in einer Art mittelbarer Beweisaufnahme wegen Beurteilung der gesundheitlichen Eignung befasst worden ist, bereits dieses Faktum als Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens im Sinne des § 62c Abs. 1 PG 1965 zu werten ist.

Im Beschwerdefall ist aufgrund der unbedenklichen Aktenlage und im Einklang mit dem Sachverhaltsvorbringen des Beschwerdeführers festzustellen, dass ein derartiger maßgeblicher Verfahrensschritt seitens der nachgeordneten Dienstbehörde mit gleichzeitigem Bericht an die zuständige oberste Dienstbehörde jedenfalls erst mit 20. Februar 1996, also nach dem im § 62c Abs. 1 PG 1965 vorgesehenen Stichtag, erstmals erfolgte. Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann für die Frage des Zeitpunktes der Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens des Beschwerdeführers und die davon abgeleitete Anwendung der Abschlagsregelung bei der Ruhegenussbemessung im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführer aufgrund des ersten PVAng-Gutachtens zum Dienstantritt aufforderte (- dies wäre im Sinne der für die Rechtsprechung bestimmenden Willenstheorie wohl als Beendigung des Ruhestandsversetzungsverfahrens zu werten - vgl. insbesondere Erkenntnis vom 23. Juni 1999, Zl. 98/12/0500) und im angefochtenen Bescheid offenbar erst von der zweiten (für den Beschwerdeführer erfolgreichen) Einleitung seines Ruhestandsversetzungsverfahrens ausgegangen ist. Die belangte Behörde ist jedenfalls - mangels eines eigenen Antrages des Beschwerdeführers und mangels eines vor dem Stichtag gesetzten Willensaktes der Behörde im vorher dargestellten Sinne - zu Recht davon ausgegangen, dass das Ruhestandsversetzungsverfahren des Beschwerdeführers erst nach dem genannten Stichtag eingeleitet worden ist. Die Anwendung der Abschlagsregelung für den Zeitraum ab Beginn der Ruhestandsversetzung (1. November 1997) bis zur Änderung der Rechtslage ab 1. Jänner 1998 (Einfügung des § 4 Abs. 4 Z. 3 und Abs. 7 PG 1965) entsprach daher dem Gesetz.

Anders ist dies aber in der Frage des Entfalles des Abschlages nach der Rechtslage ab 1. Jänner 1998 (Einfügung des § 4 Abs. 4 Z. 3 und Abs. 7 PG 1965) zu sehen. Hinsichtlich der Verpflichtung der Behörde zur Anwendung der neuen Rechtslage auf anhängige Fälle der Ruhegenussbemessung genügt es gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das bereits genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Juni 1999, Zl. 98/12/0500, hinzuweisen. Die belangte Behörde wäre demnach verpflichtet gewesen, die während des bei ihr anhängigen Berufungsverfahrens ab 1. Jänner 1998 eingetretene Änderung der Rechtslage zu prüfen und gegebenenfalls eine ab diesem Zeitpunkt eintretende Änderung der Ruhegenussbemessung in ihren Bescheid aufzunehmen.

Entgegen der von der "belangten Behörde" in ihrer Gegenschrift vertretenen Auffassung ist diese Problematik jedenfalls vom Beschwerdepunkt umfasst. Wenn die "belangte Behörde" in ihrer Gegenschrift meint, dass im Amtsvortrag des angefochtenen Bescheides ohnehin die Frage der dauernden Erwerbsunfähigkeit behandelt worden sei, aber keine diesbezügliche Aussage in den angefochtenen Bescheid aufgenommen worden sei, ist sie darauf hinzuweisen, dass selbst ausführliche Darlegungen in der Gegenschrift die fehlenden Erörterungen und Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht zu ersetzen vermögen (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, vgl. beispielsweise das Erkenntnis vom 11. April 1983, VwSlg. Nr. 11.496/A, nur RS u. v.a.).

Die belangte Behörde hat dadurch, dass sie über den Ruhegenuss des Beschwerdeführers auch für die Zeit ab 1. Jänner 1998, und zwar ersichtlicherweise ohne Bedachtnahme im angefochtenen Bescheid auf die möglichen Auswirkungen des ab 1. Jänner 1998 eingefügten § 4 Abs. 4 Z. 3 in Verbindung mit Abs. 7 PG 1965, abgesprochen hat, ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb er nach § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG in diesem Umfang aufzuheben war; im Übrigen (das heißt, soweit der angefochtene Bescheid über den Zeitraum bis 31. Dezember 1997 abgesprochen hat) war die Beschwerde hingegen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 4. Juli 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999120179.X00

Im RIS seit

22.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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