TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/24 I413 2144992-1

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Veröffentlicht am 24.11.2017
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Entscheidungsdatum

24.11.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

I413 2144992-1/28E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. TUNESIEN, vertreten durch: VEREIN MENSCHENRECHTE ÖSTERREICH gegen den Bescheid des BFA RD Kärnten Außenstelle Klagenfurt vom 05.04.2016, Zl. 1082131602-151061422, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass es in seinem Spruchpunkt IV. zu lauten hat:

"Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage."

II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt V. des bekämpften Bescheides stattgegeben und dieser ersatzlos behoben.

III. Im Übrigen wird die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des Spruchpunktes III. des bekämpften Bescheides wie folgt lautet:

"Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ gemäß § 57 AsylG 2005 wird nicht erteilt‘.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Tunesien, stellte am 11.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend teilte er mit, dass er in Tunesien keine Arbeit gefunden habe, das Leben sehr schwierig sei, weshalb er dort weggegangen sei.

2. Mit bekämpften Bescheid vom 05.04.2016 wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz vom 11.08.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Tunesien ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Tunesien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Es besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V).

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde, in welcher er ausführte, dass er Tunesien verlassen habe, da das Leben aufgrund der vielen Selbstmordattentate sehr schwierig sei, er auch Alkohol trinke und nicht beten würde, weshalb er Angst hätte, dass ihm Extremisten deshalb bestrafen und umbringen würden. Ein Nachbar habe ihm erzählt, dass er dort als ungläubig gelte. Über dies habe er Tunesien vor 15 Jahren verlassen, weshalb er keinen Neuanfang dort starten könne.

4. Mit Bescheid vom 05.01.2017 gab die belangte Behörde dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand statt. Mit Schriftsatz vom 17.01.2017 legte die Behörde die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

5. Am 27.01.2017 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit der beschwerdeführenden Partei- die belangte Behörde hat entschuldigt an der Verhandlung nicht teilgenommen- die mündliche Verhandlung durch. In dieser Verhandlung wurde der Beschwerdeführer als Partei einvernommen, das Bundesverwaltungsgericht erörterte die Sach- und Rechtslage und erkannte gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu und schloss die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof aus. Die mündliche Verhandlung wurde zur Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens geschlossen.

6. Mit Beschluss vom 06.04.2017 wurde Dr. XXXX gemäß § 52 Abs. 2 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG zum nichtamtlichen Sachverständigen aus dem Fachbereich Medizin-Unfallchirurgie bestellt, mit dem Ersuchen abzuklären, ob die beim Beschwerdeführer implantierte Schraube im Bereich des linken Oberschenkelhalsknochens einer Nachbehandlung oder einer operativen Entfernung bedarf, zu welchem Zeitpunkt diese Entfernung frühestens erfolgen kann und ob und welche Nachbehandlungen und Rehabilitationsmaßnahmen aus fachlicher Sicht erforderlich sind, sollte diese Schraube wieder entfernt werden müssen, und ob eine solche Entfernung der Schraube eine aus fachliche Sicht komplexe, hohes fachliches Wissen voraussetzende operative Maßnahme darstellt, oder aus fachlicher Sicht von einem Routineeingriff eingegangen werden kann.

Nach Untersuchung des Beschwerdeführers am 24.04.2017 erstattete der nichtamtliche Sachverständige am 18.05.2017, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 24.05.2017, ein unfallchirurgisches Sachverständigengutachten. Zusammenfassend gelangte der nichtamtliche Sachverständige zur Schlussfolgerung, dass es keinen zwingenden medizinischen Grund gäbe, die Schrauben im linken Schenkelhals wieder zu entfernen. Der Bruch sei verheilt. Zu einem weiteren Zusammensinken des Bruches sei es nicht gekommen. Ein Absterben des Hüftkopfes sei mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Die derzeitigen Beschwerden würden sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr verschlechtern. Es sei eine bereits stabile Situation eingetreten. Die überstehenden Schraubenenden an der Hüftenaußenseite und die damit einhergehenden Druckschmerzen und Beschwerden beim Liegen stellen eine relative Indikation für eine Schraubenentfernung dar, freilich keinen zwingenden medizinischen Grund. Auch durch die Entfernung der Schrauben werde es zu keiner vollständigen Beschwerdefreiheit kommen. Sollten die Schrauben wieder entfernt werden müssen, wäre eine Operation zur Entfernung der Schrauben frühestens zwölf bis achtzehn Monate, besser 24 Monate, empfehlenswert. Nachbehandlungs- und Rehabilitationsmaßnahmen seien nicht erforderlich. Eine Entfernung der Schrauben sei ein Routineeingriff, der kein hohes Fachwissen voraussetze. Eine aufwendige medizinische Ausstattung für den Eingriff sei nicht erforderlich.

Dieses Gutachten brachte das Bundesverwaltungsgericht den Parteien mit Schreiben vom 07.06.2017 zur Kenntnis und ermöglichte den Parteien eine Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung des Schreibens. Beide Parteien gaben keine Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der am XXXX geborene, volljährige, Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Tunesien und bekennt sich zum Islam. Er gehört der Volksgruppe der Araber an. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer reiste 2002 legal aus Tunesien in Richtung Libyen aus. Ende 2003 verließ er Libyen in Richtung Türkei und gelangte schlepperunterstützt von dort nach Österreich. Er hält sich seit mindestens 11.08.2015 in Österreich auf. Die Familie des Beschwerdeführers lebt nach wie vor in Tunesien. Der Beschwerdeführer hält Kontakt zu seinen in Tunesien lebenden Bruder. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Der Beschwerdeführer besuchte vier Jahre in Tunesien die Grundschule. Er bezeichnet sich selbst als Analphabet. In Tunesien war der Beschwerdeführer als Landwirt tätig.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft.

Er ist in Österreich nicht beschäftigt und bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer spricht kein Deutsch und weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sozialer, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

1.2. Entgegen seinem Fluchtvorbringen kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsland von islamistischen Extremisten verfolgt wird. Der Beschwerdeführer hat Tunesien aus wirtschaftlichen Gründen verlassen.

Im Falle seiner Rückkehr drohen dem Beschwerdeführer keine realen Gefahren der Folter, unmenschlichen Behandlung oder unmenschlichen Strafe, der Todesstrafe oder der Gefahr, einem bewaffneten Konflikt ausgesetzt zu sein.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Tunesien:

Tunesien ist ein sicherer Herkunftsstaat, der willens und im Stande ist, seine Staatsbürger zu schützen. Die Grund- und Freiheitsrechte, insbesondere die Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit, sind in Tunesien seit der Revolution von 2011 faktisch gewährleistet. Die Versammlungsfreiheit wurde nach 2011 wiederhergestellt und eine Amnestie für politische Gefangene durchgeführt. Die neue tunesische Verfassung enthält umfangreiche Garantien bürgerlicher, politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Grundrechte. Das Recht friedlicher Versammlungen und Demonstrationen ist verfassungsrechtlich garantiert. Lediglich während des Ausnahmezustandes zuletzt im Jahr 2015 war dieses Recht eingeschränkt. De jure verbotene Demonstrationen wurden trotz Verbots de facto geduldet und auf deren gewaltsame Auflösung verzichtet. Die tunesische Verfassung garantiert den Schutz der Menschenwürde und der körperlichen Unversehrtheit. Tunesien hat das Zusatzprotokoll zur Konvention der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Strafe am 29.06.2011 ratifiziert. Im Zusammenhang mit Terrorabwehrmaßnahmen werden Misshandlungen von Inhaftierten durch Sicherheitskräfte gemeldet. Die in Tunesien für Mord, Vergewaltigung mit Todesfolge und Landesverrat sowie für bestimmte Delikte im Zusammenhang mit Terrorismus und Geldwäsche vorgesehene Todesstrafe wird von Gerichten verhängt, aber seit 1991 nicht mehr vollstreckt. Todesurteile werden häufig durch Amnestie in lebenslange Haftstrafen umgewandelt. Illegal aus Tunesien ausgereisten Personen droht nach dem Gesetz eine Geld- oder Freiheitsstrafe.

Die medizinische Versorgung (einschließlich eines akzeptabel funktionierenden staatlichen Gesundheitswesens) hat das für ein Schwellenland übliche Niveau. Die medizinische Grundversorgung ist grundsätzlich gewährleistet, wobei es große regionale Unterschiede gibt. So sind der Süden, das Landesinnere und die Grenzgebiete zu Algerien traditionell benachteiligt gegenüber dem Großraum Tunis und der Küstenregion. Einrichtungen, die komplexe Traumafälle behandeln können, existieren de facto nicht. Öffentliche Spitäler sind überbelegt, schlecht ausgestattet und haben zu wenig Personal. In der Hauptstadt Tunis herrscht kein Mangel an praktischen Ärzten und an Fachärzten mit guter Ausbildung. Die Ärzteschaft erreicht fast immer europäischen Standard. In größeren Städten sind an die Spitäler Kliniken aller Fachrichtungen angeschlossen.

Ein Großteil der Ärzteschaft ist gut ausgebildet (z.T. auch im Ausland) und das Pflegepersonal ist günstig. Die öffentliche Gesundheitsversorgung ist nach einem dreistufigen System organisiert und dringend reformbedürftig: Erweiterte Leistung der Bezirkskrankenhäuser, verstärkte Ausstattung der Regionalkrankenhäuser und Ausbau der Uni-Kliniken. Zwar beträgt der Radius weniger als 5 km zur Erlangung medizinischer Hilfe, jedoch ist die qualitative Ausstattung in den öffentlichen Krankenhäusern katastrophal: Fehlende Spezialisten, Überbelegung, lange Wartezeiten, katastrophale sanitäre Zustände, geringe Anfangsgehälter für ausgebildete Ärzte sind Realität. Beim Aufsuchen eines Arztes muss der Behandlungspreis stets sofort entrichtet werden. Je nach Praxis (Krankenhaus, Klinik, Hospital, Fachgebiet) sind das zwischen 20 und 60 Dinar, also etwa 10-30 Euro. 2005 wurden die beiden Krankenkassen (CNSS: Caisse nationale de sécurité sociale und CNRPS: Caisse nationale de retraite et de prévoyance sociale) zusammengelegt – die Caisse Nationale d’Assurance Maladie – CNAM wurde geboren. Allerdings ist diese Kasse mit ca. 16 Mio Euro hoch verschuldet – fehlende Beitragszahlungen, verteuerte Medikamente sind nur einige der Gründe. Tatsächlich besteht eine Klassengesellschaft innerhalb der medizinischen Versorgung. Nur gut betuchte können sich Privat- und Spezialkliniken oder Ärztezentren leisten, wo die Versorgung hochpreisig, einwandfrei und an westlichen Standards angepasst ist.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Beweis wurde aufgenommen zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der Niederschrift über die Erstbefragung nach AsylG vom 12.08.2015, der Niederschrift über die Einvernahme vor der belangten Behörde vom 18.03.2016, in den bekämpften Bescheid, sowie in den Bescheid über die Stattgebung des Antrages der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 05.01.2017, in die Beschwerde vom 05.01.2017, in das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Tunesien mit Stand 21.07.2017, in das Gutachten des nichtamtlichen Sachverständigen Dr. Michael GRASSLOBER vom 18.05.2017, durch Einsicht in das zentrale Melderegister, in das zentrale Fremdenregister und in das Strafregister, sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers als Partei im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 27.01.2017.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangen Behörde (Protokoll vom 18.03.2016, Seite 3f), sowie auf seine glaubhaften Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 27.01.2017.

Dass der Beschwerdeführer gesund ist, ergibt sich im Übrigen aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. XXXX (Gutachten Seite 3 bis 5 und Schlussfolgerungen Seite 6f). Der durch einen Radunfall zugezogene Bruch des linken Schenkelhalses wurde ordnungsgemäß operiert und durch insgesamt drei Schrauben stabilisiert. Der Sachverständige führt schlüssig und überzeugend aus, dass kein zwingender medizinischer Grund besteht, diese Schrauben im linken Schenkelhals wieder zu entfernen. Damit ergibt sich keine gesundheitliche Einschränkung. Es war daher die Feststellung zu treffen, dass der Beschwerdeführer gesund ist.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich aus seinen Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 27.01.2017, sowie aus dem Umstand seines erst kurzen Aufenthaltes in Österreich.

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Anfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

Die Feststellungen zu seinem gegenwärtigen Wohnsitz und seinem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem. Über den Umstand, dass der Beschwerdeführer nicht deutsch spricht, konnte sich das Bundesverwaltungsgericht persönlich in der mündlichen Verhandlung vom 27.01.2017 überzeugen. Der Beschwerdeführer war weder in der Lage, auf die Frage "Sprechen Sie deutsch?" zu antworten, noch darüber Auskunft zu geben, dass er einen Deutschkurs besucht. Die Antwort auf die Frage, ob er einen Deutschkurs besucht habe, beantwortete der Beschwerdeführer nicht glaubhaft damit, dass er einen Deutschkurs besucht habe, aber es ein bisschen schwierig sei. Aufgrund der gänzlichen Unfähigkeit, selbst auf die einfache Frage "Sprechen Sie deutsch" zumindest mit ja oder nein zu antworten, ist das Bundesverwaltungsgericht überzeugt, dass keinerlei Bemühen gegeben ist, die deutsche Sprache zu erlernen.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Anlässlich der Antragstellung am 12.08.2015 gab der Beschwerdeführer zur Frage "warum haben Sie Ihr Land verlassen (Fluchtgrund)" an:

"Ich habe in Tunesien keine Arbeit gefunden, das Leben ist sehr schwierig- darum bin ich von dort weg". Anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde am 18.03.2016 stellte der Beschwerdeführer über Aufforderung, den Grund für das Ansuchen um Asyl anzugeben mit: "Ich lebte 30 Jahre in Tunesien. Ich habe nichts erreicht. Ich habe kein Haus gebaut. Ich habe Tunesien verlassen, auf eine bessere Zukunft. Ich war zehn Jahre in Griechenland. Dort habe ich auch nichts erreicht. Auch nicht in Libyen und der Türkei. In Griechenland wurde ich sechsmal verhaftet. Ich war illegal dort. Es gibt dort keine Arbeit. Ich habe auf der Straße geschlafen. Deshalb habe ich überlegt weiter zu reisen nach Europa. Ich wollte nach Deutschland. Ich wurde in Österreich aber aufgegriffen." (Protokoll vom 18.03.2016 Seite 4). Über Nachfrage "F: Haben Sie alle Fluchtgründe genannt?" A: "Ja, das ist alles. Die Armut. Ich hatte ein schlimmes Leben." Über erneute Nachfrage, ob alle Fluchtgründe geschildert worden seien antwortete der Beschwerdeführer: "Ja. Unsere Dörfer wurden im Jahr 1998 oder 1999 öfters von Extremisten überfallen. Die Freunde von mir wurden getötet." Weiter " ich habe Alkohol getrunken. Deshalb hatte ich Angst." (Protokoll vom 18.03.2016 Seite 4). Im Weiteren gab er an, dass der eigentliche Ausreisegrund die Armut, aber auch Probleme mit den Extremisten gewesen seien. Er habe aber dennoch weitere Jahre in Tunesien bleiben können, da er seinen Wohnsitz 1998 oder 1999 nach Djerba verlegt habe. (Protokoll vom 18.03.2016 Seite 5). Befragt über seine Fluchtgründe im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 27.01.2017 teilte er mit, dass es keinen konkreten Vorfall für seine Flucht gegeben habe, als er das Land verlassen habe, seien seine Freunde getötet worden. Die anderen Freunde seien geflohen, aber ihm sei nichts passiert (Protokoll vom 27.01.2017, Seite 6). Über weitere Fragen teilte der Beschwerdeführer mit, dass ein weiterer Vorfall passiert sei, als er bereits in Griechenland gewesen sei. Ein Freund von ihm sei in der Moschee aufgehängt worden, weil er wieder Alkohol getrunken habe. Bedroht hätten ihn Islamisten, die zu einer Gruppe namens "Al Nahada" angehört hätten. Zugleich teilte der Beschwerdeführer aber mit, dass er bedroht worden sei, er sei auch geflüchtet, aber ihm sei nichts passiert (Protokoll vom 27.01.2017, Seite 6). Der Beschwerdeführer vermag keinerlei Gründe anzugeben, die glaubhaft eine Furcht vor Verfolgung dokumentieren.

Nach Würdigung des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers ist das Bundesverwaltungsgericht davon überzeugt, dass der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt in seinem Herkunftsstaat einer ihn selbst betreffenden Bedrohung ausgesetzt gewesen wäre. Diese Würdigung stützt sich insbesondere auf seine klare Aussage in der mündlichen Verhandlung vom 27.01.2017, wonach er selbst nie bedroht worden sei, sondern nur vom Hörensagen von Übergriffen erfahren habe. Die Erfahrung von Armut und materieller Not zieht sich jedoch im Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers durchgängig durch: Der Beschwerdeführer und seine Familie seien arm und er hätte wirtschaftlich in Tunesien keine Perspektive. Daher gelangte das Bundesverwaltungsgericht zur Auffassung, dass der zentrale Grund, sein Heimatland zu verlassen, keine Furcht vor Verfolgung, sondern die schlechte wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat war. Die Feststellung, dass dem Beschwerdeführe bei seiner Rückkehr nach Tunesien keine reale Gefahr der Folter, der Misshandlung, der unmenschlichen Bestrafung oder der Todessstrafe droht, beruht darauf, dass der Beschwerdeführer keine konkreten Aussagen treffen konnte, weshalb und wovor er sich bei seiner Rückkehr nach Tunesien fürchtet. Die Behauptung, er werde bestimmt unter Folterung getötet, konnte der Beschwerdeführer in keiner Weise untermauern. Die Aussage in der mündlichen Verhandlung vom 27.01.2017, dass er deshalb die Tötung unter Folterung annehme im Falle seiner Rückkehr, beruht auf einer behaupteten Fernsehsendung, wonach ein paar Personen aus der Schweiz, die nach Tunesien zurückgeschickt worden seien, gefoltert und dann getötet worden seien. Diese Behauptung ist unglaubhaft, zumal sie auch durch Nachfragen nicht erhärtet werden konnte. Angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdeführer selbst in der mündlichen Verhandlung angibt, in Tunesien weder politisch aktiv, noch aufgrund seiner Glaubens oder seiner sozialen Herkunft, oder seines Lebenswandels verfolgt worden zu sein, steht im Widerspruch zu Annahme, durch Folterung getötet zu werden. Auch die Antwort auf die Frage, ob der Beschwerdeführer außerhalb von Tunesien gegen die dortige Regierung irgendwelche Aktivitäten ausgeübt habe, die von tunesischen Behörden als staatsfeindlich empfunden worden seien, ist diesbezüglich bezeichnet. Ausweichend antwortete der Beschwerdeführer: "Ich wurde von dieser Person bedroht, daraufhin habe ich das Land verlassen. Bei eventueller Rückkehr erwartet mich eine Folter und ich werde bestimmt getötet" (Protokoll vom 27.01.2017, Seite 8) und weiters über die Frage, ob er für diese Annahme einen Anlassfall habe, der Beschwerdeführer die Antwort gab: "Ich habe keine Beweismittel, aber das ist die Wahrheit. Wir leben in der Realität" (Protokoll vom 27.01.2017, Seite 8), zeigt deutlich auf, dass der Beschwerdeführer hier keine realen Ängste schildert, sondern abstrakte Behauptungen von sich gab. Diese abstrakten Behauptungen konnten auch nicht durch irgendwelche Hinweise des Beschwerdeführers auch über Nachfragen des erkennenden Richters erhärtet werden. Daher gewann das erkennende Gericht in der mündlichen Verhandlung vom 27.01.2017 die persönliche Überzeugung, dass dem Beschwerdeführer keinerlei Verfolgung im Falle seiner Rückkehr droht und daher die Feststellung entsprechend getroffen werden musste.

2.3. Zu den Feststellungen über den Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Tunesien vom 21.07.2017 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Tunesien ergeben sich aus den folgenden Meldungen und Berichten: Der Standard (31.7.2016): Misstrauensvotum macht in Tunesien Weg für Machtwechsel frei,

http://derstandard.at/2000042056233/Misstrauensvotum-macht-in-Tunesien-Weg-fuer-Machtwechsel-frei, Zugriff 1.8.2016, Jeuneafrique (30.7.2016): Tunisie: le gouvernement de Habib Essid démissionnaire,

http://www.jeuneafrique.com/345902/politique/tunisie-gouvernement-de-habib-essid-demissionnaire/, Zugriff 1.8.2016, (bundesdeutsches) Auswärtiges Amt: Tunesien - Innenpolitik,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tunesien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.2.2016, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Tunesischen Republik, des (bundesdeutschen) Auswärtigen Amtes: Tunesien - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tunesien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.2.2016, Tunesien - Reise- und Sicherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/TunesienSicherheit_node.html, Zugriff 9.2.2016, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH: Tunesien - Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/tunesien/geschichte-staat/, Zugriff 9.2.2016, Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (9.2.2016):

Tunesien - Sicherheit & Kriminalität, http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/tunesien/, Zugriff 9.2.2016, France Diplomatie (9.2.2016): Tunisie - Sécurité, http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/tunisie/, Zugriff 9.2.2016, Stiftung Wissenschaft und Politik (10.2014):

Tunesien: Sicherheitsprobleme gefährden die Demokratisierung, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2014A62_mlg_wrf.pdf, Zugriff 9.2.2016, Tagesschau (7.2.2016): Tunesien baut Sperranlage fertig - Grenzwall gegen Islamisten aus Libyen, http://www.tagesschau.de/ausland/tunesien-grenzwall-101.html, Zugriff 9.2.2016, Zeit online (25.11.2014): IS bekennt sich zu Bombenanschlag in Tunis,

http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-11/tunesien-terroranschlag-tunis-islamischer-staat, Zugriff 9.2.2016, Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Tunisia, http://www.ecoi.net/local_link/306379/443654_de.html, Zugriff 9.2.2016, und des U.S. Department of State (25.6.2015):

Country Report on Human Rights Practices 2014 - Tunisia, http://www.ecoi.net/local_link/306379/443654_de.html, Zugriff 9.2.2016, Transparency International (2016): Corruption Perceptions Index 2015 - Results,

https://www.transparency.org/cpi2015#results-table, Zugriff 9.2.2016, Central Intelligence Agency (28.1.2016): The World Factbook - Tunisia,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ts.html, Zugriff 9.2. 2016.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland weder in der Beschwerde noch in der mündlichen Verhandlung substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides:

3.1.1. Rechtslage:

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Wie bereits in der Beweiswürdigung dargelegt, konnte der Beschwerdeführer keine wie immer geahnte Furcht vor Verfolgung in seinem Herkunftsstaat glaubhaft machen. Der Umstand, dass in Tunesien Terroranschläge seitens der Terrorgruppe Islamischer Staat und anderer extremistischer islamistischer Terrorgruppen hervorkommen, betrifft den Beschwerdeführer nicht explizit, sondern sind Umstände, die die gesamte Bevölkerung in Tunesien gleichermaßen trifft. Eine solche Bedrohung ist für sich gesehen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Dass der Beschwerdeführer selbst – in seiner Person- Opfer einer Verfolgung islamistischen Terrors wäre, konnte der Beschwerdeführer in keiner Weise glaubhaft machen. Im Gegenteil: Der Beschwerdeführer gesteht selbst zu, dass er nicht bedroht worden ist. Lediglich die mittelbare Bedrohung, nämlich, dass Freunde des Beschwerdeführers Opfer von Terroranschlägen bzw. islamistischer Extremisten gewesen seienobendrein zu einer Zeit, als der Beschwerdeführer sich gar nicht in Tunesien aufhielt- kann keine ernstliche Furcht vor Verfolgung begründen. Zudem besteht in Tunesien die Möglichkeit, innerhalb des Staatsgebietes Regionen aufzusuchen, in denen die Sicherheitslage besser erscheint. Dass der tunesische Staat nicht schutzfähig und nicht schutzwillig sei, seine Staatsbürger vor terroristischen Aktivitäten zu schützen, ist im Verfahren nicht hervorgekommen und steht auch im Widerspruch zu den Feststellungen über die allgemeine Lage in Tunesien, welche auf den Länderinformationsbericht basiert, aus dem klar zu entnehmen ist, dass Sicherheitsbehörden insbesondere gegen islamistischen Terror, wie etwa eine zwei Kilometer lange Sperranlage an der Grenze zu Libyen eingerichtet hat, um die Bevölkerung vor islamistischen Terroristen zu schützen. Aus diesem Grund war die belangte Behörde im Recht, wenn sie den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen hat. Der Beschwerde war sohin hinsichtlich Spruchpunkt I der Erfolg zu versagen.

3.2. Zu Spruchpunkt II des bekämpften Bescheides:

3.2.1. Rechtslage:

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein – über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes – "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Wie oben dargelegt, droht dem Beschwerdeführer keine Gefahr vor Verfolgung im Sinne der GFK in Tunesien.

Dafür, dass dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr nach Tunesien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten werde, vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und somit arbeitsfähig. Er konnte bis zu seiner Ausreise aus Tunesien als Landwirt seinen Lebensunterhalt bestreiten. Seine Familie lebt nach wie vor in Tunesien. Es ist davon auszugehen, dass aufgrund der starken Familienbande, die traditionell in arabischen Staaten, insbesondere auch in Tunesien, herrschen, der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr von seiner Familie finanziell unterstützt werden wird und auch weiterhin als Landwirt oder auch als Fischer arbeiten kann. Nachdem der Beschwerdeführer selbst als Djerba als Kellner gearbeitet hat, ist auch diese Möglichkeit gegeben. Damit kann der Beschwerdeführer – wenn auch auf vielleicht einfacher Basis- seinen Lebensunterhalt in Tunesien auch hinkünftig bestreiten.

Damit ist der Beschwerdeführer durch die Abschiebung nach Tunesien nicht in seinem Recht gemäß Art. 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Tunesien besser gestellt ist, genügt für die Annahme, er würde in Tunesien keine Lebenslage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, nicht. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall auch alle Hinweise auf einen derartigen exzeptionellen Umstand.

Ganz allgemein besteht in Tunesien derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2 oder 3 EMRK, oder der Protokolle Nr. sechs oder der Nummer 13 zu EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden, und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Tunesien, welche darlegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht. Gegenwärtig besteht auch kein Risiko, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Tunesien einem internationalen oder nationalen bewaffneten Konflikt ausgesetzt wäre.

Aus diesem Grund erweist sich die Beschwerde insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG abzuweisen war.

3.3. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:

3.3.1. Rechtslage

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall:

3.3.2.1. Zur Nichtgewährung eines Aufenthaltstitels nach § 55 und § 57 AsylG (Spruchpunkt III., erster Teil, erster Satz des angefochtenen Bescheides):

Im ersten Spruchteil des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides sprach die belangte Behörde (ua) aus, dass dem Beschwerdeführer eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde.

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46a Abs. 1 Z 1 oder 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG.

Überdies entschied die belangte Behörde im ersten Spruchteil des Spruchpunktes I des angefochtenen Bescheides in merito über die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 AsylG.

Jedoch hat der Verwaltungsgerichthof seinem Erkenntnis vom 15.03.2016, Ra 2015/21/0174, mwN, klargestellt, dass das Gesetz keine Grundlage dafür biete, in Fällen, in denen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 FPG erlassen werde, darüber hinaus noch von Amts wegen negativ über eine Titelerteilung nach § 55 AsylG abzusprechen.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG nicht gegeben sind und über die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG von der belangten Behörde angesichts der zugleich getroffenen Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG nicht abgesprochen werden durfte, war die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abzuweisen, dass dem Beschwerdeführer eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird.

3.3.2.2. Zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III., erster Teil, zweiter und dritter Satz des angefochtenen Bescheides):

Da das Asylverfahren negativ abgeschlossen wurde, hat sich die belangte Behörde zutreffend auf § 52 Abs 2 Z 2 FPG gestützt.

Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art. 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art. 8 EMRK ist als folgenden Gründen gegeben: Das vorliegende Asylverfahren erreichte gerechnet von der Antragstellung am 11.08.2015 bis zum Datum der vorliegenden Entscheidung am 05.04.2016 zwar eine gewisse, auch auf den Beschwerdeführer nicht zuzurechnende Verzögerungen zurückgehende Dauer. Der seit 11.08.2015 andauernde Aufenthalt des Beschwerdeführers beruhte dessen ungeachtet aber auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann. Das Gewicht seiner privaten Interessen wird dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl. VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mit Hinweis auf IGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell, igmR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Der Beschwerdeführer führt, auch nach eigenen Angaben, keine Lebensgemeinschaft oder sonst familienähnliche Beziehung in Österreich. Er ist auch nicht in Österreich verheiratet. Es fehlen alle Sachverhaltselemente, aus denen sich die Existenz gewisser in einem Zeitraum von rund zwei Jahren dauernden Aufenthaltes entstandener, unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens relevanter Bindungen allenfalls hätte ergeben können (wie etwa Teilnahme am Erwerbsleben und am sozialen Leben in Österreich, Selbsterhaltungsfähigkeit, Erwerb von Sprachkenntnissen). Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und knapp den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, in dem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind –gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutzauch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechtes und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung- und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses- ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die schwach ausgebildeten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Ebenso wenig vermag die strafgerichtliche Unbescholtenheit seine persönlichen Interessen entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt.

Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl § 9 Abs 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra2014/18/0146) unzulässig. Der Beschwerdeführer verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.

Betreffend die mit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 9 FPG gleichzeitig festzustellende Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Herkunftsstaat, ist anzuführen, dass keine Gründe vorliegen, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig wäre. Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiären Schutz) und nach § 52 Abs 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amtswegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG neu aufzuholen und entgegen der getroffenen Entscheidung auch die Versagung von Asyl und subsidiären Schutz anders zu beurteilen (vgl. dazu etwa VwGH 16.12.2015, RA2015/21/0119 und auch die Beschlüsse VwGH 19.02.2015 Ra 2015/21/0005 und 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 bis 0062). Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Tunesien erfolgte daher zu Recht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des zweiten und dritten Satzes des ersten Teiles des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.

3.4. Zu Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 55 Abs 1a FPG besteht unter anderem eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht, wenn eine Entscheidung aufgrund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. Hierunter fallen neben Verfahren, in denen einer Beschwerde ex lege keine aufschiebende Wirkung zukam, auch die Verfahren, in denen das BFA die aufschiebende Wirkung aberkannt hat und denen jeweils keine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG erfolgt ist. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde einer Beschwerde gegen den bekämpften Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt. Das Bundesverwaltungsgericht hat nach § 18 Abs 5 BFA-VG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt, weil anzunehmen war, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten würde, da nicht auszuschließen war, dass der an seiner Hüfte operierte Beschwerdeführer weiterer Operationen bedarf und nicht ausgeschlossen werden konnte, dass diese Operationen im Herkunftsstaat nicht durchgeführt werden können. Zutreffenden Falles wäre daher eine unmenschliche Behandlung des Beschwerdeführers gegeben gewesen, wenn sich herausgestellt hätte, dass der Beschwerdeführer weiterer operativer Behandlungen bedarf, welche in seinem Herkunftsstaat nicht, oder nicht adäquat durchgeführt werden konnten. Erst aufgrund der gutachterlichen Abklärung konnte festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer keiner weiteren Operation bedarf und- selbst wenn er die implantierten Schrauben in seinem Hüftgelenk herausnehmen möchte, dieser Eingriff unkompliziert und auch in einem von medizinisch-technischen Standard deutlich geringeren Umfeld als in Österreich durchgeführt werden kann. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nach § 18 Abs 5 BFA-VG war jedoch dieser Umstand, der erst durch ein Gutachten abgeklärt werden musste, nicht so weit ausreichend geklärt, dass der Beschwerde nicht die aufschiebende Wirkung hätte zuerkannt werden dürfen.

Da der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, ist eine Entscheidung nach § 18 BFA-VG auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG nicht mehr durchführbar. § 55 Abs 1a FPG ist daher nicht anwendbar. Es ist daher nach § 55 Abs 1 iVm Abs 2 FPG vorzugehen und mit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft des Bescheides festzulegen. Da der Beschwerdeführer keine besonderen Umstände vorbringt, die eine längere Frist rechtfertigen würden, beträgt diese Frist 14 Tage (§ 55 Abs 2 FPG).

Es war daher Spruchpunkt IV. des bekämpften Bescheides in teilweiser Stattgebung der Beschwerde dahingehend zu ändern, dass Spruchpunkt IV. lautet: "IV. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage."

3.5. Zu Spruchpunkt V:

Gemäß § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG kann vom BFA einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkannt werden, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19 BFA-VG) stammt. Sichere Herkunftsstaaten sind unter anderem die Herkunftsstaaten, die mit Verordnung der Bundesregierung als sichere Herkunftsstaaten festgestellt wurden (§ 19 Abs 5 Z 2 BFA-VG).

Nach § 1 Z 11 Herkunftsstaatenverordnung, BGBl II Nr 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr 47/2016 gilt Tunesien als sicherer Herkunftsstaat.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG 2014 ist - anders als jene nach § 18 Abs. 2 BFA-VG 2014 - nicht zwingend, sondern sie setzt eine Abwägung der für und gegen die zu treffende Anordnung sprechenden Interessen voraus. Dabei ist das öffentliche Interesse an der raschen Aufenthaltsbeendigung von Asylwerbern, die aus einem "sicheren Herkunftsstaat" nach § 19 Abs. 5 BFA-VG 2014 in Verbindung mit § 1 Z 6 der HerkunftsstaatenV, BGBl II Nr. 177/2009 idF BGBl II Nr. 405/2013, kommen, den im Einzelfall allenfalls entgegenstehenden privaten Interessen dieser Personen gegenüberzustellen (VwSlg 19.112 A/2015).

Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung betreffend die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung ausschließlich auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer aus einem sicheren Herkunftsstaat iSd Herkunftsstaaten-Verordnung stammt. Eine Interessensabwägung zwischen allenfalls entgegenstehenden privaten Interessen des Beschwerdeführers und dem öffentlichen Interesse wurde nicht vorgenommen. Diese Interessensabwägung zwischen den Interessen des Beschwerdeführers und jenen Österreichs, ergibt im vorliegenden Fall freilich einen Überhang der Interessen des Beschwerdeführers gegenüber den Interessen Österreichs an einer unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheides. Die Interessen des Beschwerdeführers fußen darauf, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung unklar war, ob der an seiner Hüfte operierte Beschwerdeführer einer nachsorgenden Operation bzw. einer weiteren Operation bedarf oder nicht. Diesbezüglich hat die belangte Behörde keinerlei Feststellungen getroffen und auch keine Interessensabwägung vorgenommen. Die belangte Behörde fußte ihre Entscheidung ausschließlich auf den Umstand, dass ein sicherer Herkunftsstaat vorlag. Dass zwingende öffentliche Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstünden, ist fallbezogen nicht ersichtlich und wurde auch nicht vorgebracht.

Daher erwies sich der Ausspruch in Spruchpunkt V. als nicht rechtmäßig, weshalb diesbezüglich der Beschwerde teilweise Folge zu geben und Spruchpunkt V. des bekämpften Bescheides ersatzlos aufzuheben war.

Zu B) UnZulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben (Punkt III.A genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes).

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, aufschiebende Wirkung - Entfall, ersatzlose
Behebung, GFK, Intensität, Interessenabwägung, mangelnde
Asylrelevanz, mangelnder Anknüpfungspunkt, non refoulement,
öffentliches Interesse, Rückkehrentscheidung, Spruchpunktbehebung,
subjektive Furcht, Terror

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:I413.2144992.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.12.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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