TE Vwgh Erkenntnis 2000/7/4 2000/05/0058

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Veröffentlicht am 04.07.2000
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Index

L37152 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Kärnten;
L82000 Bauordnung;
L82002 Bauordnung Kärnten;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO Krnt 1996 §23 Abs3;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Martha Erlacher in Oberdrauburg, vertreten durch Mag. Rolf Gabron, Rechtsanwalt in Spittal/Drau, Hauptplatz 23/2, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 11. November 1999, Zl. 8 B-BRM-376/1/1999, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Franz Einetter in Irschen, Simmerlach 25, 2. Gemeinde Irschen, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 30. April 1997 hat der Erstmitbeteiligte die Erteilung der Baubewilligung für den Umbau eines Rinderstalls, den Zubau zum Rinderstall, Einbau eines Kellerraumes und Neubau eines Güllelagers in Simmerlach 25 beantragt. Über dieses Bauvorhaben wurde eine mündliche Verhandlung anberaumt, zu der die Beschwerdeführerin als Anrainerin unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG geladen wurde. In der Verhandlung erklärte Anna Erlacher, die Tochter der Beschwerdeführerin, namens ihrer Mutter, gegen den Bau nichts einzuwenden, wenn Lärm und Geruch nicht zur Belästigung werden. Das Brunnenwasser bzw. die Leitung dürfe durch das Bauvorhaben nicht beeinträchtigt werden, eine notwendige Verlegung der Leitung habe der Bauwerber vorzunehmen. Abwässer aus Stall, Jauchengruben und Rinderauslauf dürften nicht ins westlich vorbeifließende Bachl gelangen.

Mit Bescheid vom 5. Juni 1997 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Erstmitbeteiligten die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen.

Am 19. Juni 1997 langte eine Eingabe der Anna Erlacher vom 18. Juni 1997 bei der mitbeteiligten Gemeinde ein. Die Eingabe hatte folgenden Wortlaut:

"betr.

Beschwerde wegen Nichteinhalten des Bescheides vom 5.6.1997

an die Gemeinde Irschen

Hiermit möchte ich mitteilen, dass die Auflagen zum Baubescheid von Herrn Einetter Franz vom 5.6.1997 nicht erfüllt wurden.

Es wurde keine Mitteilung über die Beschädigung der Brunnenwasserleitung gemacht.

Es wird kein Ersatzwasser laut Bescheid zur Verfügung gestellt.

Da die Wasserleitung bereits beschädigt ist, bestehe ich darauf, dass der Einbau der neuen Leitung eine fachkundige Person (z.B. Installateur) vornimmt.

Um bei der Neuverlegung der Wasserleitung dabei sein zu können, möchte ich rechtzeitig von Herrn Einetter Franz benachrichtigt werden.

Es wurde nicht vereinbart, dass auch das vorbeifließende Bachl während des Baues beeinträchtigt wird, an welchem auch ich Wiesenbewässerungsrecht habe.

Achtungsvoll

Erlacher Anna"

Auf Grund dieser Mitteilung wurde eine Bauüberprüfung vorgenommen, deren Ergebnis der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht wurde.

Mit Schreiben der mitbeteiligten Gemeinde vom 27. Juni 1997 wurde dem Erstmitbeteiligten mitgeteilt, dass der Bescheid vom 5. Juni 1997 in Rechtskraft erwachsen sei.

Mit seinem am 20. April 1998 bei der mitbeteiligten Gemeinde eingelangten Ansuchen vom 23. Dezember 1997 begehrte der Erstmitbeteiligte die Abänderung der Baubewilligung vom 5. Juni 1997 laut beiliegenden Plänen und Beschreibungen. Folgende Änderungen seien geplant: Änderung der Situierung des Fermenters (entlang der südlichen Front der Wirtschaftsgebäude), Errichtung einer Auffahrtsrampe vom Garten direkt in den Stall im Süden, Unterbringung eines Abstellraumes unter der Auffahrtsrampe sowie Änderungen im Kellergeschoß (Grundrissänderung, Gassackraum in der alten Güllegrube).

Anlässlich der über dieses Bauansuchen durchgeführten mündlichen Verhandlung, zu der die Beschwerdeführerin als Anrainerin unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG geladen wurde, legte die Tochter der Beschwerdeführerin ein zweiseitiges Schreiben vor, in dem sie auflistete, welche Maßnahmen der Bauwerber zu setzen habe, wenn bestimmte Ereignisse (Schadensfälle) eintreten sollten.

Mit Bescheid vom 31. August 1998 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligte Gemeinde dem Erstmitbeteiligten die Bewilligung zur Abänderung der Baubewilligung vom 5. Juni 1997, wobei im Spruch des Bescheides die beantragte Änderung festgehalten wurde. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Auflagen des Baubewilligungsbescheides vom 5. Juni 1997 voll inhaltlich für das geänderte Bauvorhaben gelten, soweit sie nicht durch die Änderungen bereits erfüllt oder hinfällig geworden seien, 24 weitere Auflagen wurden vorgeschrieben.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, wobei im Wesentlichen moniert wurde, dass der ungehinderte Wasserbezug nicht gewährleistet und die Güllegrube nicht wasserdicht sei. Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde hat diese Berufung mit Bescheid vom 27. Juli 1999 als unbegründet abgewiesen.

Der dagegen eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben.

Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid vom 5. Juni 1997 sei in Rechtskraft erwachsen, Gegenstand des vorliegenden Verfahrens seien nur die mit Bescheid vom 31. August 1998 bewilligte Errichtung einer Auffahrtsrampe zum Stall, eines darunter befindlichen Abstellraumes und Änderungen hinsichtlich des Fermenters und des Kellergeschosses. Im gegenständlichen Verfahren sei daher auch nur auf jene Einwendungen Bedacht zu nehmen gewesen, die sich gegen dieses Vorhaben richteten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die Mitbeteiligte hat in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In der Beschwerde wird zunächst ausgeführt, der Bescheid vom 5. Juni 1997 sei noch nicht in Rechtskraft erwachsen, da die dagegen eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin bis dato noch nicht erledigt sei.

Dazu ist Folgendes festzustellen: Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind ein Berufungsantrag und eine Berufungsbegründung an sich unverzichtbarer Bestandteil einer Berufung im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG. Der Berufungsantrag bezeichnet das Thema, über welches die Berufungsbehörde abzusprechen hat und muss sinngemäß dahin lauten, den Bescheid zu beheben oder in bestimmter Weise abzuändern (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. April 1990, Zlen. 89/04/0252 und 89/04/0253, mit weiteren Hinweisen). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist allerdings eine formalistische Auslegung der Begriffsmerkmale eines begründeten Berufungsantrages den Verwaltungsverfahrensgesetzen fremd; es ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass eine Berufung, welche den gesetzlichen Erfordernissen entspricht, erkennen lässt, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. August 1992, Zl. 92/06/0080, und die dort angeführte hg. Vorjudikatur).

Abgesehen davon, dass die Eingabe der Anna Erlacher vom 18. Juni 1997 keinen Hinweis darauf enthält, dass diese Eingabe nicht in ihrem eigenen Namen, sondern im Vollmachtsnamen der Beschwerdeführerin eingebracht wurde, lässt diese Eingabe auch bei großzügigster Auslegung nicht erkennen, dass die Einschreiterin begehrt hätte, den Baubewilligungsbescheid zu beheben oder in bestimmter Weise abzuändern. Nicht nur nach seiner Überschrift sondern auch nach seinem Inhalt stellt die Eingabe lediglich eine Mitteilung an die Baubehörde über Unzulänglichkeiten anlässlich der Bauführung dar. Mit Recht hat die Gemeinde diese Eingabe nicht als Berufung qualifiziert und in ihrer Mitteilung vom 27. Juni 1997 dem Erstmitbeteiligten die Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides vom 5. Juni 1997 bestätigt.

Das bedeutet für den Beschwerdefall, dass die Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides vom 5. Juni 1997 zu beachten ist und Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ausschließlich jene Änderungen sind, die Gegenstand des Baubewilligungsbescheides vom 31. August 1998 waren, nämlich die Änderung der Situierung des Fermenters, Errichtung einer Auffahrtsrampe, Errichtung eines Abstellraumes unter der Auffahrtsrampe sowie Änderungen des Kellergeschosses. Zu diesem Bauvorhaben hat die Beschwerdeführerin, die nachweislich unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG zur mündlichen Verhandlung geladen wurde, keine Einwendungen im Rechtssinn erhoben. Mit Recht hat daher der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid abgewiesen. Durch die Abweisung ihrer Vorstellung wurde die Beschwerdeführerin in keinen Rechten verletzt, weil die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen ist, dass die Güllegrube schon mit Bescheid vom 5. Juni 1997 bewilligt worden ist und in diesem Bescheid die ausdrückliche Anordnung enthalten ist, dass diese Güllegrube flüssigkeitsdicht herzustellen ist. In § 23 Abs. 3 der Kärntner Bauordnung 1996 sind die Rechte angeführt, die den Nachbarn ein Mitspracherecht im Baubewilligungsverfahren einräumen (subjektiv-öffentliche Rechte). Wenn auch diese Aufzählung nicht taxativ ist, ist dennoch der Themenkreis jener Rechte umschrieben, die nicht nur dem öffentlichen Interesse sondern auch dem Schutz der Anrainer dienen. Ein Recht auf ungehinderten Wasserbezug wird den Nachbarn weder durch die Bestimmungen der Kärntner Bauordnung, der Kärntner Bauvorschriften, des Flächenwidmungsplanes oder des Bebauungsplanes eingeräumt, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Geltendmachung eines Wasserbezugrechtes gemäß § 23 Abs. 3 BO zulässig ist. Abgesehen davon, hatte auch die Vorstellungsbehörde die eingetretene Präklusion zu beachten, da anlässlich der Bauverhandlung vom 27. Mai 1998 seitens der Beschwerdeführerin bzw. ihrer Vertreterin keine Einwendungen im Rechtssinn erhoben wurden.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 4. Juli 2000

Schlagworte

Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000050058.X00

Im RIS seit

02.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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