TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/30 I413 2153298-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.11.2017
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Entscheidungsdatum

30.11.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I413 2153298-1/30E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. TUNESIEN, vertreten durch: VEREIN MENSCHENRECHTE ÖSTERREICH gegen den Bescheid des BFA, RD Wien, Außenstelle Wien vom 29.03.2017, Zl. 1093403302-151697070, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.06.2017, am 11.08.2017 und am 29.11.2017 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 04.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er mit einer politisch motivierten Verfolgung begründete.

2. Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde vom 21.03.2017 bestätigte der Beschwerdeführer die Richtigkeit seines bisherigen Vorbringens. Er ergänzte seine Fluchtmotive dahingehend, dass sein Onkel väterlicherseits unter der Amtszeit des Präsidenten Ben Ali für das Innenministerium tätig gewesen sei. Im Zuge der Revolution seien sämtliche Familien die für den Präsidenten Ben Ali gearbeitet hätten sukzessive verfolgt worden. 2015 habe es auch den Beschwerdeführer betroffen und sei ihm der Besitz von Drogen unterstellt worden, woraufhin großangelegte Untersuchungen über die finanziellen Mittel seiner Familie eingeleitet worden seien. Von Beziehungen im Staatsapparat habe der Beschwerdeführer von seiner politisch motivierten Verfolgung erfahren.

3. Mit dem Bescheid vom 29.03.2017, Zl. IFA 1093403302 – Verfahren:

151697070, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Tunesien (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Tunesien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für seine freiwillige Ausreise besteht gemäß § 55 Abs 1a FPG nicht (IV.) und erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.).

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer gegen die Spruchpunkt I. – III. und V mit Schriftsatz seines Rechtsvertreters am 11.04.2017 fristgerecht Beschwerde und begründete dies mit der Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes, einer mangelhaften bzw. einer unrichtigen Bescheidbegründung sowie der Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften.

5. Mit Beschluss vom 20.04.2017, GZ: I413 2153298-1/3Z erkannte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu.

6. Am 08.06.2017 fand in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung am Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer als Partei einvernommen wurde.

7. Mit E-Mail vom 19.06.2017 übermittelte der Beschwerdeführer über seine Rechtsvertretung die im Rahmen der mündlichen Verhandlung angekündigten Unterlagen, und zwar eine Bestätigung vom FC United Devils, die Übersetzung der zwei auf Arabisch verfassten Urkunden sowie die Stellungnahme zum Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Tunesien des Auswärtigen Amtes vom 30.09.2013. Die Informationen von seinem Rechtsanwalt über den aktuellen Stand seines Verfahrens 20.06.2017 habe der Beschwerdeführer nicht erhalten. Zugleich teilte er die ladungsfähigen Adressen von XXXX, XXXX, XXXX und XXXX als Zeugen mit. Diese Personen wurden zur mündlichen Verhandlung am 11.08.2017 geladen.

8. Mit E-Mail vom 07.08.2017 informierte der Beschwerdeführer, dass er nicht mehr mit Frau XXXX zusammen wäre, seit 25.07.2017 mit Frau

XXXX verheiratet sei und er nicht zur für 11.08.2017 anberaumten Verhandlung kommen könne. Seine Ehefrau werde wegen ihrer Dienstpflichten nicht kommen können.

9. Am 25.07.2017 heiratete der Beschwerdeführer vor dem Standesamt Wien-Hietzing XXXX.

10. Am 11.08.2017 erfolgte in Abwesenheit des Beschwerdeführers jedoch in Anwesenheit der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers am Bundesverwaltungsgericht eine neuerliche mündliche Verhandlung, in der der Zeuge XXXX einvernommen wurde. Die ebenfalls zu dieser Verhandlung geladenen Zeugen XXXX, XXXX und XXXX blieben unentschuldigt der Verhandlung fern.

11. Am 29.11.2017 fand in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung sam Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, in welcher die Zeugen XXXX und XXXX einvernommen wurden. Der Zeuge XXXX blieb erneut der Verhandlung fern.

12. Mit Eingabe vom 30.11.2017 übermittelte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers die Übersetzung der zwei in der Verhandlung vorgelegten, auf Arabisch verfassten Urkunden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer heißt XXXX, wurde am XXXX geboren und ist tunesischer Staatsangehöriger. Seine Identität steht zweifelsfrei fest.

Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund, kinderlos und bekennt sich zum islamischen Glauben.

Der Beschwerdeführer besuchte in seinem Herkunftsstaat zehn Jahre lang die Grundschule und eineinhalb Jahre lang eine Berufsschule, in der er den Beruf eines Konditors erlernte. Zudem erhielt der Beschwerdeführer eine Ausbildung als Installateur. Seinen Lebensunterhalt verdiente sich der Beschwerdeführer durch seine Mitarbeit in der elterlichen Landwirtschaft. Die Mutter und zwei seiner drei Geschwister halten sich nach wie vor in Tunesien auf. Zu seiner Familie in Tunesien hält der Beschwerdeführer noch täglich regelmäßigen Kontakt.

Der Beschwerdeführer hält sich seit (mindestens) 04.11.2015 in Österreich auf. Er verfügt in Österreich über familiäre Anknüpfungspunkte in Form seines Bruders und von vier Onkeln. Der Beschwerdeführer lebt bei seinem Bruder und hält auch den Kontakt zu seinen in Österreich aufhältigen Onkeln aufrecht.

Am 25.07.2017 heiratete der Beschwerdeführer zum Schein die slowakische Staatsangehörige XXXX, verehelichte XXXX, um auf diese Weise einen unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zu erlangen. Er führt kein im Sinne des Art 8 EMRK geschütztes Familienleben.

XXXX hat sich im Bundesgebiet nicht niedergelassen, geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bemüht sich auch nicht in Österreich um eine Beschäftigung.

XXXX spricht kein Deutsch und kann sich mit dem Beschwerdeführer nicht verständigen.

Der Beschwerdeführer absolvierte bislang keinen Deutschkurs und spricht kaum Deutsch. Er ist Mitglied eines Fußballvereines in Wien und gestaltet er seine Freizeit unter anderem auch mit seinen Fußballkollegen. Darüber hinaus weist der Beschwerdeführer Österreich keine maßgeblichen und tiefgreifenden Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezieht gegenwärtig Leistungen von der staatlichen Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2 Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Tunesien aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wird.

Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Tunesien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung und keiner existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

1.3 Zu den Feststellungen zur Lage in Tunesien

Tunesien ist ein sicherer Drittstaat im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung, der willens und im Stande ist, seine Staatsbürger zu schützen. Die Grund- und Freiheitsrechte, insbesondere die Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit, sind in Tunesien seit der Revolution von 2011 faktisch gewährleistet. Die Versammlungsfreiheit wurde nach 2011 wiederhergestellt und eine Amnestie für politische Gefangene durchgeführt. Die neue tunesische Verfassung enthält umfangreiche Garantien bürgerlicher, politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Grundrechte. Das Recht friedlicher Versammlungen und Demonstrationen ist verfassungsrechtlich garantiert. Lediglich während des Ausnahmezustandes zuletzt im Jahr 2015 war dieses Recht eingeschränkt. De jure verbotene Demonstrationen wurden trotz Verbots de facto geduldet und auf deren gewaltsame Auflösung verzichtet. Die tunesische Verfassung garantiert den Schutz der Menschenwürde und der körperlichen Unversehrtheit. Tunesien hat das Zusatzprotokoll zur Konvention der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Strafe am 29.06.2011 ratifiziert. Im Zusammenhang mit Terrorabwehrmaßnahmen werden Misshandlungen von Inhaftierten durch Sicherheitskräfte gemeldet. Die in Tunesien für Mord, Vergewaltigung mit Todesfolge und Landesverrat sowie für bestimmte Delikte im Zusammenhang mit Terrorismus und Geldwäsche vorgesehene Todesstrafe wird von Gerichten verhängt, aber seit 1991 nicht mehr vollstreckt. Todesurteile werden häufig durch Amnestie in lebenslange Haftstrafen umgewandelt. Illegal aus Tunesien ausgereisten Personen droht nach dem Gesetz eine Geld- oder Freiheitsstrafe. Die Reintegration tunesischer Migranten wird durch eine Reihe von Projekten von IOM unterstützt. Die Schweiz ist dabei einer der größten Geber und verfügt über zwei Entwicklungshilfebüros vor Ort. Rückkehrprojekte umfassen zB Unterstützung beim Aufbau von Mikrobetrieben, oder im Bereich der Landwirtschaft. Eine nach Tunesien zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 29.03.2017 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten.

Dem Beschwerdeführer droht im Falle seiner Rückkehr keine Gefährdung in seinem Herkunftsstaat.

2. Beweiswürdigung:

Beweis zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts wurde aufgenommen durch Einsicht in den Verwaltungsakt, dem Erstbefragungsprotokoll durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 05.11.2016, dem Einvernahmeprotokoll des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde vom 21.03.2017, in den bekämpften Bescheid vom 29.03.2017, den Beschwerdeschriftsatz vom 11.04.2017, in das Strafregister, durch Abfrage des Zentralen Melderegisters, des Betreuungsinformationssystems über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich und in den aktuellen Länderbericht der Staatendokumentation für Tunesien (Stand 21.07.2017) sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers als Partei in der mündlichen Verhandlung vom 08.06.2017, durch Einvernahme des Zeugen XXXX in der mündlichen Verhandlung am 11.08.2017 und der Zeugen XXXX XXXX sowie XXXX in der mündlichen Verhandlung vom 29.11.2017.

2.1 Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers

Die Feststellung zum Namen des Beschwerdeführers, seinem Geburtsdatum und seinem Herkunftsstaat beruhen auf den glaubhaften Angaben in der Erstbefragung am 05.11.2016 sowie vor der belangten Behörde am 21.03.2017. Die Identität des Beschwerdeführers ist zudem durch die Vorlage seines tunesischen Personalausweises belegt.

Dass der Beschwerdeführer volljährig, gesund und kinderlos ist und sich zum islamischen Glauben bekennt, ergibt sich aus dem Einvernahmeprotokollen vom 05.11.2016 und vom 21.03.2017 sowie aus seiner Aussage im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 08.06.2017.

Die Feststellungen über die in seinem Herkunftsstaat absolvierte Schulausbildung und der bisherigen beruflichen Tätigkeit basieren auf den diesbezüglich glaubwürdigen Aussagen in der niederschriftlichen Einvernahme vom 21.03.2017 und zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 08.06.2017. Dass der Beschwerdeführer arbeitsfähig ist, ergibt sich einerseits aus dem Umstand, dass er gesund ist und andererseits aus seinen diesbezüglich glaubwürdigen Aussagen. Die Feststellungen betreffend die Bestreitung seines Lebensunterhalts in seinem Herkunftsstaat basieren ebenfalls auf den glaubhaften Aussagen in der niederschriftlichen Einvernahme am 21.03.2017 sowie seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 08.06.2017. Glaubhaft sind auch die Angaben des Beschwerdeführers, wonach sich seine Mutter und zwei Schwestern in Tunesien wohnhaft sind und er nach wie vor regelmäßigen und täglichen Kontakt zu seiner Mutter hält.

Dass sich der Beschwerdeführer sich seit (mindestens) 04.11.2017 in Österreich aufhält, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister.

Die Feststellung, dass er in Österreich über familiären Anknüpfungspunkte basiert auf den glaubhaften Aussagen anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme vom 21.03.2017. Zudem ist zumindest einer der geladenen Onkel zur mündlichen Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht am 11.08.2017 persönlich erschienen und er den Aufenthalt der beiden anderen Onkeln in Österreich bestätigte. Ein enger Kontakt mit diesem Onkel ist allerdings aufgrund des Umstandes, dass dieser nicht einmal weiß, wie der Beschwerdeführer in Österreich lebt (Protokoll vom 11.08.2017, S 5) auszuschließen. Der Umstand, dass der andere Onkel des Beschwerdeführers zwei Mal trotz ausgewiesener Ladung den mündlichen Verhandlungen vom 11.08.2017 und vom 29.11.2017 unentschuldigt ferngeblieben war, kann nur als gänzliches Desinteresse am Schicksal seines Neffen, des Beschwerdeführers, gewürdigt werden und zeigt keinerlei familiäre Intensität auf. Zuletzt bestätigte der Zeuge XXXX, der Bruder des Beschwerdeführers, in der mündlichen Verhandlung am 29.11.2017 diese familiären Anknüpfungspunkte, ohne aber dessen Intensität näher darzulegen.

Die Ehe des Beschwerdeführers mit der slowakischen Staatsangehörigen XXXX ist durch eine Heiratsurkunde belegt. Dass es sich hierbei um eine Scheinehe handelt, welche er lediglich zum Erhalt eines unionsrechtlichen Aufenthaltstitels einging, resultiert aus nachstehenden Überlegungen:

Im Zusammenhang mit der Problematik von sogenannten "Aufenthalts- oder Scheinehen" stehen Behörden und Gerichte vor der Schwierigkeit, im höchstpersönlichen Bereich der Beteiligten ermitteln zu müssen. Ungeachtet der geltenden Offizialmaxime stößt die amtswegige Ermittlungspflicht oftmals an ihre Grenzen, sodass der Mitwirkungspflicht besondere Bedeutung zukommt; auch muss man dabei regelmäßig von äußeren Umständen Rückschlüsse auf das wahre Gefühlsleben der Eheleute ziehen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist aber auch der indizielle Beweis ein Vollbeweis. Er besitze insoweit einen logischen Aufbau, als Folgerungen auf das zu beweisende Tatbestandsmerkmal mit Hilfe von Erfahrungstatsachen gezogen werden würden. Der Indizienbeweis erfordere damit zum einen Indizien (sogenannte Hilfstatsachen), zum anderen allgemeine Erfahrungssätze und schließlich Denkgesetze und logische Operationen, um auf das Vorhandensein der Haupttatsache folgern zu können. Der Grundsatz freier Beweiswürdigung schließe es daher nicht aus, Geschehensabläufen, die nach der Lebenserfahrung typisch sind, Gewicht beizumessen (vgl VwGH 26.05.1993, 90/13/0155).

Vor diesem Hintergrund sind im Zusammenhang mit der am 25.07.2017 erfolgten Eheschließung des Beschwerdeführers mit der slowakischen Staatsangehörigen XXXX folgende Umstände hervorzuheben:

Der Beschwerdeführer führte nach eigenen Angaben bislang eine Beziehung mit der deutschen Staatsangehörigen XXXX und bestätigte er dies zuletzt in seiner mündlichen Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht vom 08.06.2017. In dieser Verhandlung sagte er auch aus, dass er nicht beabsichtige, eine Heirat einzugehen.

Bemerkenswert ist dahingehend der Umstand, dass er rund eineinhalb Monate nach diesen Angaben die Ehe mit der slowakischen Staatsangehörigen XXXX. eingeht, wobei die Anmeldung zur Eheschließung bereits am 07.07.2017 erfolgte und dabei dem Standesamt die erforderlichen Dokumente in Vorlage gebracht wurde.

Über die Frage, wie sich die Eheleute kennen gelernt hatten, teilte der Beschwerdeführer lediglich mit, dass er seine Frau über einen Freund, der mit einer Freundin von XXXX verheiratet sei, kennen gelernt habe. Er habe sie im Juli kennengelernt und auch im Juli, also im selben Monat, geheiratet (Protokoll vom 29.11.2017, S 5). Konfrontiert mit seiner Aussage am 08.06.2017, wonach seine Freundin XXXX heiße und dass er diese heiraten wolle, und dass er einen Monat darauf eine andere geheiratet habe, meine der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung am 28.11.2017: "Ich habe mich mit meiner Ex nicht mehr verstanden. Sie wollte, dass ich nach Deutschland ziehe. Aber meine Familie ist hier. Deshalb haben wir Schluss gemacht" und weiter über die Frage des Richters, ob er nicht eine Freundin namens XXXX gehabt hätte: "Ja, nicht mehr. Meine Frau heißt auch Monika." Im Weiteren gab der Beschwerdeführer an, dass seine Frau in der Slowakei wohne und arbeite und zwei bis drei Mal im Monat ihn besuchen komme. Diese Angaben werden im Wesentlichen von XXXX in der mündlichen Verhandlung am 29.11.2017 bestätigt. Glaubhaft teilte sie dem Gericht mit, dass sie nicht gewusst habe, dass XXXX die Freundin des Beschwerdeführers war. Sie kenne ihren Mann schon ein Jahr und sie hätten im Mai 2017 den Entschluss gefasst zu heiraten. Sie lebe und arbeite in der Slowakei und besuche ihren Mann über das Wochenende ca. zwei Mal im Monat (Protokoll vom 29.11.2017, S 8). Hieraus ist klar zu erkennen, dass der Beschwerdeführer kurzfristig, um nicht zu sagen überhastet, eine Ehe mit XXXX eingegangen ist, obwohl er diese nicht wirklich kennen konnte. XXXX arbeitet in der Slowakei in einer Möbelfabrik in XXXX, einem rund 170 km von Wien entfernten Ort an der ungarisch-slowakischen Grenze. Sie lebt dort mit ihrer Tochter. Bereits diese Umstände machen es höchst unwahrscheinlich, dass sich die beiden Eheleute so regelmäßig sahen, dass sie sich ausreichend kennen lernten, um eine Ehe überhaupt in Erwägung zu ziehen. Es ist für das Bundesverwaltungsgericht schwer vorstellbar und lebensfremd anzunehmen, dass eine Ehe unter Zufallsbekannten – nichts anderes waren die Eheleute XXXX vor der Eheschließung ernstlich in Erwägung gezogen wird. Dennoch wurde diese Ehe geschlossen. Zudem ist der "Zufall" der Eheschließung in zeitlicher Nähe zur mündlichen Verhandlung am 08.06.2017 bemerkenswert. Dies aus zwei Gründen: Zum einen war von einer bevorstehenden Eheschließung mit XXXX seitens des Beschwerdeführers damals nicht die Rede, obwohl das Bundesverwaltungsgericht ihn genau zu allfälligen Heiratsabsichten, zu einer allfälligen Verlobung oder einer allfälligen Lebensgemeinschaft befragt hatte. Seine damaligen Aussagen waren klar und deutlich: "Ich habe eine Freundin und wir haben vor zu heiraten" und weiter: "Sie heißt XXXX und wohnt in Deutschland" (Protokoll vom 08.06.2017, S 4). Das Bundesverwaltungsgericht zweifelt, nicht zuletzt aufgrund des persönlich gewonnenen Eindrucks vom Beschwerdeführer, nicht an der Richtigkeit dieser Aussage. Von XXXX war damals kein Sterbenswörtchen die Rede. Dennoch ehelichte der Beschwerdeführer XXXX und nicht XXXX etwas mehr als einen Monat nach der mündlichen Verhandlung am 08.06.2017. Zum anderen ist das zeitliche Zusammenfallen zwischen der mündlichen Verhandlung am 08.06.2017, der Ausschreibung einer neuerlichen mündlichen Verhandlung für 11.08.2017 am 04.07.2017 (Datum der Ladungen) und eines damit möglichen Abschlusses des Beschwerdeverfahrens einerseits und der Eheschließung am 25.07.2017 andererseits auffällig. Es lässt den nahezu zwingenden Schluss zu, dass diese Eheschließung einem einzigen Zweck diente, der "Aufenthaltsverfestigung" durch die Ehe mit einer Unionsbürgerin. Der Umstand, dass XXXX trotz ausdrücklicher Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichts an die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers diese stellig zu machen, nicht am 11.08.2017 zur Zeugenaussage vor dem Bundesverwaltungsgericht erschienen ist und sich auch der Beschwerdeführer von der mündlichen Verhandlung fernhielt, ist ein weiteres Indiz für das Vorliegen einer Aufenthaltsehe, da zu diesem Zeitpunkt zweifellos kein Wissen über private Vorlieben, Eigenheiten udgl voneinander seitens der Eheleute vorlag und dieses Manko allzu offenkundig gewesen wäre. Der Beschwerdeführer hat sich allerdings der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht in der mündlichen Verhandlung am 11.08.2017, zu der er unentschuldigt nicht erschienen ist, grob verletzt, was entsprechend zu würdigen ist.

Zudem konnten die Eheleute dem Bundesverwaltungsgericht in der Verhandlung am 29.11.2017 keinerlei Existenz einer umfassenden Lebensgemeinschaft glaubhaft machen. Es fehlt an einem gemeinsamen Wohnsitz. Fallweise Wochenendbesuche mögen für eine Freundschaft ausreichend sein. Eine umfassende Lebensgemeinschaft, wie sie die Ehe nun einmal darstellt, ist damit nicht gegeben, zumal es nicht einen Funken an Wahrscheinlichkeit gibt, dass sich diese Situation in nächster Zeit ändern wird. XXXX XXXX</nichtanonym><anonym>XXXX</anonym></person> arbeitet in XXXX, Slowakei, in einer Möbelfabrik. Sie hat dort eine Wohnung und eine Tochter, die – wie der Zeuge XXXX glaubhaft ausgesagt hat – sie nicht an den Wochenenden begleitet. Der Zeuge XXXX, der mit dem Beschwerdeführer sich die Wohnung teilt, sagte glaubhaft aus, dass er die Tochter einmal, und zwar bei der Eheschließung gesehen habe. Daraus ist klar zu abzuleiten, dass beide Eheleute getrennte Leben führen und nicht einmal ansatzweise eine umfassende Lebensgemeinschaft besteht. Diese Würdigung wird erhärtet durch den Umstand, dass – wie sich das Bundesverwaltungsgericht persönlich davon überzeugen konnte – weder der Beschwerdeführer, noch die Zeugin XXXX der deutschen Sprache mächtig sind. Dennoch behaupteten beide in ihrer Aussage, sich auf Deutsch zu verständigen. Die Zeugin XXXX teilte mit, nicht des Arabischen mächtig zu sein. Gleiches gilt offensichtlich auch für den Beschwerdeführer. Eine Verständigung der Eheleute in der deutschen Sprache ist aber – mangels Kenntnis des Deutschen seitens beider Eheleute – ebenfalls undenkbar und daher ausgeschlossen. Es ist für das Bundesverwaltungsgericht somit nicht glaubhaft, dass Personen, die sich erst kurz kennen, nicht zusammenleben, sich zwei, maximal dreimal im Monat an Wochenenden sehen und sich nicht wechselseitig verständigen können, eine einer Ehe entsprechende umfassende Lebensgemeinschaft pflegen.

Aufgrund dieser Erwägungen ist das Bundesverwaltungsgericht daher zur Auffassung gelangt, dass der Beschwerdeführer die besagte Ehe mit einer slowakischen Staatsangehörigen XXXX nur zum Schein und nur deshalb einging, weil ihm diese Eheschließung ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht vermittelt.

Dass XXXX sich nicht in Österreich niedergelassen hat, ergibt sich aus dem Umstand, dass sie lediglich einen Nebenwohnsitz in Österreich unterhält, laut eigener glaubhafter Angabe nur zweimal im Monat an Wochenende dort aufhältig ist (Protokoll vom 29.11.2017, S 8), in der Slowakei wohnt (Protokoll vom 29.11.2017, S 8) und dort mit ihrer Tochter lebt (Protokoll vom 29.11.2017, S 10) sowie in der Slowakei auch arbeitet (Protokoll vom 29.11.2017, S 10). Aufgrund ihrer Aussage, dass sie in der Slowakei in einer Möbelfabrik als Tapeziererin beschäftigt ist und nur an Wochenenden (selten) in Österreich weilt, ist zu schließen, dass sie in Österreich keiner Beschäftigung nachgeht. Dass sie sich auch nicht in Österreich um eine Beschäftigung bemüht, geht ebenfalls aus ihrer glaubhaften Zeugenaussage hervor, wenn sie auf die entsprechende Frage des Rechtsvertreters lapidar antwortete: "Sicher würde ich gerne hier eine Arbeit finden" (Protokoll vom 29.11.2017, S 10), was freilich kein Bemühen um einen Arbeitsplatz in Österreich indiziert.

Die Feststellung, dass XXXX kein Deutsch spricht, basiert auf dem persönlich vom Bundesverwaltungsgericht gewonnenen Eindruck in der mündlichen Verhandlung am 29.11.2017. So verstand sie nicht einmal die klar, deutlich und langsam formulierte Frage des erkennenden Richters, ob sie ihn verstehe, wenn er deutsch mit ihr spreche. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht sich auch von den nicht existenten Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers bereits in der mündlichen Verhandlung vom 08.06.2017 überzeugen konnte, und die Eheleute die Muttersprache des jeweils anderen nicht verstehen, war die Feststellung zu treffen, dass sich XXXX und der Beschwerdeführer nicht verständigen können.

Die Feststellungen hinsichtlich seiner sozialen und integrativen Verfestigung ergeben sich einerseits aus seinen diesbezüglichen Angaben im Administrativverfahren und seiner diesbezüglich glaubhaften Aussage in der mündlichen Verhandlung am 08.06.2017. Von den mangelnden Deutschkenntnissen konnte sich der erkennende Richter in der mündlichen Verhandlung vom 08.06.2017 überzeugen. Glaubhaft erachtet der Beschwerdeführer die Angaben seiner Mitgliedschaft in einem Wiener Fußballverein und brachte er diesbezüglich eine Unterstützungserklärung seiner Teamkollegen in Vorlage. Allfällige sonstige Bescheinigungsmittel und Nachweise brachte der Beschwerdeführer nicht in Vorlage.

Die Feststellung über seine momentane berufliche Situation und den Bezug der Grundversorgung ergibt sich unzweifelhaft aus dem Auszug aus dem Betreuungssystem für Fremde und seinen Angaben in seiner mündlichen Verhandlung vom 08.06.2017.

Die Feststellung über die strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers in Österreich basiert auf der Einsicht in das Strafregister.

2.2 Zu den Feststellungen zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers

Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers, wonach er in seinem Herkunftsstaat aufgrund der Tätigkeit seines Onkels für den gestürzten Präsidenten einer politischen Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und ihm ein Drogendelikt unterstellt und er deswegen verurteilt worden sei, erachtet der erkennende Richter als nicht glaubhaft.

Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist nämlich davon auszugehen, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem Wunsch Dienliche vorzubringen und zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst umfassend und gleichbleibend schildert, sodass der Behörde erkennbar ist, welchen massiven Bedrohungen er im Herkunftsland ausgesetzt ist.

Die vollkommen allgemein gehalten, vagen und unsubstantiierten Angaben zum Fluchtmotiv des Beschwerdeführers waren jedoch nicht geeignet, eine derart schwere Verfolgung glaubhaft zu machen, die ihn dazu getrieben hätten, sein Heimatland zu verlassen. Ein spätes, gesteigertes Vorbringen kann als unglaubwürdig qualifiziert werden. Die Ausführungen des Beschwerdeführers erschöpften sich zumeist in oberflächlichen und undetailierten Angaben, die der Beschwerdeführer erst nach mehrfachen und näher präzisierten Nachfragen auszuführen vermochte. Kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250).

Des Weiteren verstrickt sich der Beschwerdeführer in seinem Fluchtvorbringen in Ungereimtheiten und Widersprüche.

So ist es nicht nachvollziehbar, wenn der Beschwerdeführer vermeint, dass die konkret ihn betreffenden Probleme im Jahr 2015 begonnen bzw. der wegen des ihm unterstellten Drogenhandel eingeleitete Prozess im April 2015 startete, aber laut dem von ihm vorgelegten Gerichturteil die Anklage bereits drei Jahre zuvor – am 22.06.2012 – eingeleitet worden sei. Dahingehend verkennt der erkennende Richter auch nicht, dass eine im Jahr 2012 erhobene Klage in den Ausführungen des Beschwerdeführers bislang unerwähnt blieb.

Nicht nachvollziehbar ist ebenso, dass aus dem vorgelegten Gerichtsurteil nicht das über ihn verhängte Strafausmaß ableiten lässt.

Widersprüchlich sind auch die Angaben des Beschwerdeführers im Hinblick auf den von ihm gewählten Rechtsanwalt. So gibt er bei seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 21.03.2017 den Namen seines Rechtsanwaltes mit XXXX ("[ ]. Ich kenne seinen Anwalt, der auch meiner ist. Er heißt XXXX. [ ]" [AS 62]). Demgegenüber bestätigt ein Rechtsanwalt mit dem Namen XXXX, dass er der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers sei.

Wenig stringent ist der Beschwerdeführer in seinen Angaben auch dahingehend, wenn er einmal von seinem Onkel ("der Bruder meines Vaters") spricht, der für den Präsidenten gearbeitet habe und es ein anderes Mal der Cousin seines Vaters gewesen sei.

Die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Beschwerdeführers wird auch in den abweichenden Ausführungen über die Dauer der über seinen Bruder verhängten Haftstrafe erschüttert. So bringt er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 21.03.2017 vor, dass sein Bruder ebenfalls von den heimstaatlichen Behörden zu einer Haftstrafe in der Höhe von acht Monaten verurteilt worden sei ("Mein Bruder war nach 2011 kein einziges Mal mehr in Tunesien. Die Verfahren begannen zwischen 2013 und 2014 und man beschuldigte ihn der Gewaltanwendung für den Zeitraum, wo er nicht einmal in Tunesien war und wurde er zu acht Monaten in Abwesenheit verurteilt" [AS 62]). Abweichend davon erhöht er bei seiner mündlichen Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht die Dauer des über seinen Bruder verhängten Strafausmaßes um drei Monate ("Mein Bruder hat die Österreichische Staatsbürgerschaft, ist für 11 Monate verurteilt worden, obwohl er seit 2011 nicht in Tunesien war"). Berücksichtigt man die mit der Verurteilung verbundenen Konsequenzen einer Inhaftierung, sollte es dem Beschwerdeführer durchaus möglich sein, dahingehend gleichbleibenden Angaben zu erstatten.

Dem Einwand des Beschwerdeführers, wonach ihm bei seiner Rückkehr aufgrund seiner illegalen Ausreise aus Tunesien eine Strafe erwarte, ist entgegenzuhalten, dass die Furcht, wegen der illegalen Ausreise bestraft zu werden, nur dann asylrelevant iSd § 3 Abs 1 AsylG sein kann, wenn Umstände hinzutreten, welche die Annahme rechtfertigen, dass die Verurteilung wegen der illegalen Ausreise aus einem der in der GFK genannten Gründe erfolgt sei oder dass dem Beschwerdeführer aus solchen Gründen eine strengere Bestrafung wegen der Ausreise drohe als anderen Staatsangehörigen (vgl VwGH 30.04.1999, 95/21/0831). Dies ist jedoch im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall und treffen die strafgerichtlichen Bestimmungen über die Bestrafung einer illegalen Ausreise jeden Tunesier und läuft sein dahingehender Einwand sohin ins Leere.

In einer Gesamtbetrachtung der zuvor genannten Umstände, erachtet das Bundesverwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der belangten Behörde die vom Beschwerdeführer behauptete politisch motivierte Verfolgung aufgrund der Tätigkeit seines Onkels für den früheren Machthaber Ben Ali als nicht glaubhaft.

2.3 Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat

Die Feststellungen zur Lage in Tunesien basieren auf dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für samt den jeweils dort publizierten Quellen. Dieser Länderbericht wurde ua unter Einbeziehung von Quellen des Auswärtigen Amtes, der österreichischen Botschaft, sowie zahlreicher Quellen von NGO, von Zeitungsberichten und publizierten Quellen ausländischer Botschaften erstellt.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Tunesien ergeben sich aus den folgenden Meldungen und Berichten: Der Standard (31.7.2016): Misstrauensvotum macht in Tunesien Weg für Machtwechsel frei,

http://derstandard.at/2000042056233/Misstrauensvotum-macht-in-Tunesien-Weg-fuer-Machtwechsel-frei, Zugriff 1.8.2016, Jeuneafrique (30.7.2016): Tunisie : le gouvernement de Habib Essid démissionnaire, http://www.jeuneafrique.com/345902/politique/tunisie-gouvernement-de-habib-essid-demissionnaire/, Zugriff 1.8.2016, (bundesdeutsches) Auswärtiges Amt: Tunesien - Innenpolitik,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tunesien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.2.2016, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Tunesischen Republik, des (bundesdeutschen) Auswärtigen Amtes: Tunesien - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tunesien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.2.2016, Tunesien - Reise- und Sicherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/TunesienSicherheit_node.html, Zugriff 9.2.2016, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH: Tunesien - Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/tunesien/geschichte-staat/, Zugriff 9.2.2016, Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (9.2.2016):

Tunesien - Sicherheit & Kriminalität, http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/tunesien/, Zugriff 9.2.2016, France Diplomatie (9.2.2016): Tunisie - Sécurité, http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/tunisie/, Zugriff 9.2.2016, Stiftung Wissenschaft und Politik (10.2014):

Tunesien: Sicherheitsprobleme gefährden die Demokratisierung, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2014A62_mlg_wrf.pdf, Zugriff 9.2.2016, Tagesschau (7.2.2016): Tunesien baut Sperranlage fertig - Grenzwall gegen Islamisten aus Libyen, http://www.tagesschau.de/ausland/tunesien-grenzwall-101.html, Zugriff 9.2.2016, Zeit online (25.11.2014): IS bekennt sich zu Bombenanschlag in Tunis,

http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-11/tunesien-terroranschlag-tunis-islamischer-staat, Zugriff 9.2.2016, Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Tunisia, http://www.ecoi.net/local_link/306379/443654_de.html, Zugriff 9.2.2016, und des U.S. Department of State (25.6.2015):

Country Report on Human Rights Practices 2014 - Tunisia, http://www.ecoi.net/local_link/306379/443654_de.html, Zugriff 9.2.2016, Transparency International (2016): Corruption Perceptions Index 2015 - Results,

https://www.transparency.org/cpi2015#results-table, Zugriff 9.2.2016, Central Intelligence Agency (28.1.2016): The World Factbook - Tunisia,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ts.html, Zugriff 9.2. 2016.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Dem Beschwerdeführer wurde im Zuge der mündlichen Verhandlung vom 08.06.2017 die Möglichkeit zur Einsichtnahme in den aktuelle Länderbericht für Tunesien angeboten und ihm zugleich die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt. Hievon hat der Beschwerdeführer mit den Worten "Nein, ich habe nichts zu sagen."

explizit keinen Gebraucht genommen.

Nach Abgleich mit dem aktuellen Länderberichtes zu Tunesien (Stand 21.07.2017) ist das Bundesverwaltungsgericht zur Überzeugung gelangt, dass sich im Hinblick auf die Situation des Beschwerdeführers keine nachteilige Entwicklung eingetreten ist. Für das Bundesverwaltungsgericht steht nach Würdigung sämtlicher Umstände fest, dass Tunesien der hinsichtlich seiner Bürger schutzfähig und schutzwillig ist und dass daher aufgrund der Lage im Herkunftsstaat in Verbindung mit den vorgebrachten Fluchtgründen dem Beschwerdeführer keine reale Gefahr einer Verfolgung droht. Ebenso droht im mit höchster Wahrscheinlichkeit keine Gefahr an Leib und Leben oder einer unmenschlichen Strafe, wenn er nach Tunesien zurückkehrt.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich auch keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

Tunesien ist zudem gemäß § 1 Z 11 der Herkunftsstaaten-Verordnung BGBl II Nr 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr 47/2016, ein sicherer Herkunftsstaat.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1 Zur Abweisung des Antrags auf Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279). Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Um den Status des Asylberechtigten zu erhalten, muss somit die Verfolgung zumindest mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohen. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedoch nicht (vgl VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100 und 0101). Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen (VwGH 15.03.2016, Ra 2015/01/0069).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Seine erstmals in der niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde vom 11.07.2017 getätigte Äußerung – die staatlichen Behörden werfen ihm vor eine Salafist zu sein und unterstellte man dem Beschwerdeführer aufgrund der Tätigkeit seines Vaters im Rathaus eine politische Gesinnung – erscheint – wie in der Beweiswürdigung oben (II.2.3.) dargelegt – als nicht glaubwürdig.

Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist nämlich davon auszugehen, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem Wunsch Dienliche vorzubringen und zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst umfassend und gleichbleibend schildert, sodass der Behörde erkennbar ist, welchen massiven Bedrohungen er im Herkunftsland ausgesetzt ist. Der Beschwerdeführer machte anlässlich seiner Erstbefragung allgemein gehaltene, vage und unsubstantiierte Angaben zum Fluchtmotiv und verstrickte er sich im Laufe seines Verfahrens zudem in Widersprüche, die er nicht glaubhaft zu entkräften vermochte. Sie sind – wie dargelegt (II.2.3.) nicht geeignet, eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft zu machen.

Mangels Glaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers kann von der Glaubhaftmachung einer ernstlichen Gefahr einer Verfolgung des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat keine Rede sein, sodass für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten keine rechtliche Grundlage gegeben ist.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ist daher gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 3 Abs 1 AsylG abzuweisen

3.2 Zur Abweisung des Antrags auf Zuerkennung als subsidiär Schutzberechtigter

3.2.1. Rechtslage

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein – über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes – "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua). Es sind die verschiedenen materiellen Gesichtspunkte menschlicher Existenz (Nahrung, Unterkunft etc) und die vom EGMR mehrfach betonte Exzeptionalität der Umstände vom Beschwerdeführer darzulegen (vgl in diesem Sinn zB VwGH 17.12.2009, 2009/22/0002, 17.09.2008, 2008/22/0380 mwN). Exzeptionelle Umstände können zB vorliegen, wenn der Asylwerber aufgrund der Zerstörung seines Hauses keine Wohnmöglichkeit und seine Frau zudem gerade entbunden hat (vgl VwGH 24.05.2005, 2004/01/0554).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Wie bereits oben ausgeführt, hat der Beschwerdeführer keine ihm konkret drohende aktuelle, an asylrelevante Merkmale iSd Art 1 Absch A Z 2 GFK anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität oder sonstige für eine aktuell drohende unmenschliche Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe glaubhaft vorgebracht. Es kann angesichts der Feststellungen auch sonst nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass ihn in Tunesien eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete Verfolgung maßgeblicher Intensität oder eine sonstige relevante (allgemeine oder individuelle) Bedrohung oder Gefährdung erwarten würde.

Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Tunesien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre (vgl zur dargestellten "Schwelle" des Art 3 EMRK VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059,), gibt es, wie festgestellt, im Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt, zumal der Beschwerdeführer bereits in Tunesien aufgewachsen, seine Kindheit dort verbracht hat, dort seine Schul- sowie Berufsausbildung als Konditor und Installateur erfuhr und dort auch auf Familienangehörige zählen kann. Zudem hat der Beschwerdeführer Kenntnisse und Berufserfahrung in der Landwirtschaft seiner Familie erworben, die er wieder in Tunesien zum Einsatz bringen kann. Vor dem Hintergrund der getroffenen Länderfeststellungen kann im Zusammenhalt mit dem unsubstantiierten Vorbringen des Beschwerdeführers nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat in seiner Existenz bedroht wäre. Er wäre grundsätzlich in der Lage, längerfristig eine Lebensgrundlage zu sichern.

Das Vorliegen dermaßen akuter und schwerwiegender Erkrankungen, welche in Tunesien nicht behandelbar wären und im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat allenfalls zu einer Überschreitung der hohen Eingriffsschwelle des Art 3 EMRK führen könnten, wurde weder behauptet, noch bot sich dafür im Beschwerdefall ein Anhaltspunkt.

Es sind weiters keine Hinweise darauf bekannt oder vom Beschwerdeführer behauptet worden, dass in Tunesien aktuell eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art 2 und 3 EMRK oder der

6. oder 13. ZPEMRK ausgesetzt wäre.

Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann daher ein "reales Risiko" einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden.

Daher ist die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 8 Abs 1 Z 1 AsylG abzuweisen.

3.3. Zur Rückkehrentscheidung und Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels:

3.3.1. Rechtslage

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG (i.e. Feststellung der Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem Titel der Art 2 oder 3 EMRK bzw 6. oder 13. ZPEMRK in Fällen des Vorliegens von Aberkennungsgründen) vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Ein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG 2005 (Nichtzuerkennung bzw Aberkennung von subsidiärem Schutz wegen Vorliegens von Aberkennungsgründen) liegt im Beschwerdefall nicht vor.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, einer Ausweisung gemäß § 66 FPG oder eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA- auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

Da das Asylverfahren negativ abgeschlossen wurde, hat sich die belangte Behörde grundsätzlich zutreffend auf § 52 Abs 2 Z 2 FPG gestützt und eine Rückkehrentscheidung erlassen, zumal die Eheschließung mit einer slowakischen Staatsangehörigen erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens erfolgte.

Zu prüfen ist nun, ob diese Eheschließung dem Beschwerdeführer die Stellung als "begünstigter Drittstaatsangehöriger" iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG verschafft. Diese Stellung wird bei Ehegatten von EWR-Bürgern, die ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, auch dann angenommen, wenn die Ehe als Aufenthaltsehe zu qualifizieren ist (vgl VwGH 07.04.2011, 2011/22/0005; 14.04.2016, Ro 2016/21/0005), und zwar jedenfalls solange keine rechtskräftige Feststellung iSd § 54 Abs 7 NAG vorliegt (VwGH 25.09.2017, Ra 2017/20/0293). Gegen einen begünstigten Drittstaatsangehörigen darf keine Rückkehrentscheidung (samt Einreiseverbot) – insbesondere in Verbindung mit einem seinen Antrag auf internationalen Schutz abweisenden Bescheid (siehe § 52 Abs 2 letzter Satz FPG) erlassen werden (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0264).

Im gegebenen Fall kommt dem Beschwerdeführer als Ehegatte einer EWR-Bürgerin die Stellung als "begünstigter Drittstaatsangehöriger" iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG nicht zu, da die Ehefrau des Beschwerdeführers nicht ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Österreich in Anspruch genommen hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 29.09.2011, 2009/21/0386, festgehalten, dass nicht jede noch so geringfügige Ausübung des Freizügigkeitsrechts (dort: im Rahmen des § 57 NAG) Relevanz entfaltet; vielmehr ist es erforderlich, dass die österreichische "Ankerperson" mit einer gewissen Nachhaltigkeit von ihrer Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat. Nichts anderes kann für die (hier maßgebliche) Inanspruchnahme der Freizügigkeit im Rahmen des § 2 Abs 4 Z 11 FPG gelten (VwGH 10.12.2013 2011/22/0143; 17.04.2013, 2013/22/0062). Im vorliegenden Fall hat die slowakische Ehefrau des Beschwerdeführers mit Ausnahme eines Nebenwohnsitzes in der Wohnung des Bruders des Beschwerdeführers, die dieser mit dem Beschwerdeführer teilt, und sporadischen Wochenendbesuchen in Wien an diesem Nebenwohnsitz die Freizügigkeit nicht Anspruch genommen. Zwar fallen nach der Rechtsprechung Angehörige eines Mitgliedstaates, die in einem anderen Mitgliedstaat eine Beschäftigung suchen, in den Anwendungsbereich von Art 45 AEUV, solange sie ernsthaft im Aufnahmestaat einen Arbeitsplatz suchen, sich nachhaltig um eine Arbeitsstelle bemühen und ihr Bemühen objektiv nicht aussichtslos ist (vgl VwGH 26.06.2012, 2010/22/0035; 10.12.2013 2011/22/0143), hiervon kann jedoch im Falle der slowakischen Ehefrau des Beschwerdeführers keine Rede sein. Sie arbeitet in einer Möbelfabrik in der Slowakei, wo sie auch ihren Lebensmittelpunkt hat. Ihre Aussage in der mündlichen Verhandlung am 29.11.2017, dass sie gerne in Österreich eine Arbeit finden möchte (Protokoll vom 29.11.2017, S. 10), dokumentiert kein nachhaltiges Bemühen um einen Arbeitsplatz in Österreich. Weder aus dem Verwaltungsakt, noch aus der Beschwerde oder aus dem sonstigen Vorbringen des Beschwerdeführers oder den vorlegten Unterlagen ergibt sich ein Indiz, das als ernsthaftes Bemühen der Ehefrau des Beschwerdeführers um einen Arbeitsplatz in Österreich zu werten wäre. Die "unionsrechtliche Ankerperson" des Beschwerdeführers (seine slowakische Ehefrau) weist sohin nur eine höchst geringfügige, geradezu in Spurenelementen vorhandene, nicht nachhaltige Ausübung des Freizügigkeitsrechts in Form eines sporadisch genutzten Wochenendnebenwohnsitzes in Wien auf, welche nicht geeignet ist, dem Beschwerdeführer die Stellung als "begünstigter Drittstaatsangehöriger" iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG zu verschaffen.

Daher ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach einem Fremden, der mit einem in Österreich lebenden, sein unionsrechtliches Recht auf Freizügigkeit in Anspruch nehmenden EU-Bürger aufrecht verheiratet ist (unabhängig davon, ob die Ehe als Scheinehe zu qualifizieren ist), die Rechtsposition als begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FPG zukommt und die belan

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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