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90/01 StraßenverkehrsrechtNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Entzug des gesetzlichen Richters durch Inanspruchnahme einer - dem Landesverwaltungsgericht wegen eingetretener Verfolgungsverjährung nicht mehr zugekommenen - Strafbefugnis; Zulässigkeit der Beschwerde trotz Einstellung des VerwaltungsstrafverfahrensRechtssatz
Die Zulässigkeit der Erhebung einer Beschwerde an den VfGH gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes setzt ein Interesse des Beschwerdeführers an der Beseitigung des angefochtenen Erkenntnisses voraus. Ein solches Interesse ist nur gegeben, wenn der Beschwerdeführer durch das Erkenntnis beschwert ist. Dabei kommt es nicht auf die subjektive Beurteilung durch den Beschwerdeführer, sondern darauf an, ob bei Anlegung eines objektiven Maßstabes gesagt werden kann, dass das angefochtene Erkenntnis die Rechtsposition des Beschwerdeführers zu dessen Nachteil verändert.
Das ist hinsichtlich des angefochtenen Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg der Fall: Der Beschwerdeführer ist als Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vom Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg betroffen; über ihn wird mit der Abweisung der Beschwerde im Ergebnis eine Geldstrafe verhängt und er überdies zur Tragung eines Teils der Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens und des Beschwerdeverfahrens verpflichtet, sodass er durch die Entscheidung beschwert ist. Zwar hat die Bezirkshauptmannschaft Tamsweg das Verwaltungsstrafverfahren mit Aktenvermerk vom 28.08.2017 gemäß §45 Abs1 Z1 VStG eingestellt und den Beschwerdeführer mit Mitteilung vom selben Tag über die Einstellung informiert, doch vermag die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens - ungeachtet der Frage, ob überhaupt noch eine Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß §45 Abs1 VStG zulässig war - die Wirkung der Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung und somit auch die Beschwer nicht zu beseitigen.
Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegt Tat hat sich am 13.05.2014 ereignet. Nach §31 Abs2 VStG iVm Abs1 leg cit erlischt die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung durch Verjährung drei Jahre nachdem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen ist. Das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 08.05.2017 wurde dem Beschwerdeführer unstrittiger Weise am 10.07.2017 - sohin nach Ablauf dieser Frist - zugestellt. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist die Frist des §31 Abs2 VStG nur dann gewahrt, wenn das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes innerhalb der dort genannten Frist gegenüber dem Beschuldigten rechtswirksam erlassen wurde. Die Erlassung gegenüber einer anderen Verfahrenspartei ist nicht geeignet, diese Wirkung herbeizuführen. Dadurch dass die Zustellung des hier angefochtenen Erkenntnisses an den Beschwerdeführer als Beschuldigten am 10.07.2017 erst nach Ablauf der in §31 Abs2 VStG geregelten Frist stattfand, hat das Landesverwaltungsgericht Salzburg eine Strafbefugnis in Anspruch genommen, die ihm wegen eingetretener Verjährung nicht mehr zugekommen ist.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Straßenpolizei, Geschwindigkeitsüberschreitung, Verwaltungsstrafrecht, Verjährung, Verfolgungsverjährung, Verwaltungsstrafverfahren, Einstellung, Beschwer, Rechtskraft, VfGH / LegitimationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2017:E2845.2017Zuletzt aktualisiert am
13.12.2017