Index
22/01 Jurisdiktionsnorm;Norm
GGG 1984 §14;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, in der Revisionssache des H W in B, vertreten durch Dr. Roland Kometer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 5/II, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 6. Juli 2017, Zl. W183 2126557- 1/3E, betreffend Gerichtsgebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident des Landesgerichtes Innsbruck), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Innsbruck vom 30. März 2016, womit dieser dem Revisionswerber eine restliche Gerichtsgebühr nach Tarifpost 1 iVm § 18 Abs. 2 GGG in Höhe von 3.776 EUR sowie eine Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GEG von 8 EUR vorgeschrieben hatte. Das Bundesverwaltungsgericht sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 Der Revisionswerber habe mit einer mit 19. Dezember 2011 datierten Klage begehrt, das Urteil zu erlassen, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei einerseits einen näher bezeichneten Betrag samt 4 % Zinsen seit 1. August 2008 und andererseits "für den Zeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2011 den Rentenbetrag von EUR 413.214,00 samt 4 % Zinsen sowie für 01.01.2012 bis 03.04.2024 eine monatliche Rente von brutto EUR 6.818,02 und ab 04.08.2024 eine monatliche Rente von brutto EUR 1.100,00 zu zahlen". Weiters habe der Revisionswerber ein Feststellungsbegehren gestellt, welches er mit 10.000 EUR bewertet habe.
3 Mit näher genannten Schriftsätzen habe der Revisionswerber das Klagebegehren in hier nicht interessierendem Umfang ausgedehnt.
4 Der Revisionswerber habe nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes mit seinem (zweimal abgeänderten) Urteilsbegehren mehrere Ansprüche geltend gemacht. Es seien dies zum einen ein (Schmerzengeld)begehren in näher angeführter Höhe sowie der konkrete Rentenbetrag in Höhe von 413.214 EUR für den Zeitraum bis zur Klagseinbringung. Zum anderen habe der Revisionswerber eine Rente für die Zukunft in Höhe von 6.836,13 EUR monatlich für 1. Jänner 2012 bis 3. April 2024 und von 1.100 EUR monatlich ab 4. August 2024 sowie ein mit 10.000 EUR bewertetes Feststellungsbegehren geltend gemacht.
5 Die Bemessungsgrundlage setze sich gemäß § 15 Abs. 2 GGG einerseits aus dem - unbestrittenen - Leistungsbegehren auf einen näher angeführten Betrag und dem mit 10.000 EUR bewerteten Feststellungsbegehren, sowie andererseits aus dem geltend gemachten Anspruch für Verdienstentgang für den Zeitraum 2007 bis 2011 in Höhe von 413.214 EUR und der dreifachen Jahresleistung der monatlich brutto auf unbestimmte Zeit geforderten Rente, nämlich 246.100,68 EUR, zusammen.
6 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
7 Der Revisionswerber erachtet sich in seinem Recht dadurch verletzt, dass die für den Zeitraum vom 1. Jänner 2007 bis 31. Dezember 2011 kapitalisierten Rentenbeträge in Höhe von
413.214 EUR mit dem Rentenbegehren ab 1. Jänner 2012 zusammengerechnet worden sei, obwohl es sich nur um einen einzigen auf Lebenszeit geltend gemachten Anspruch gehandelt habe.
8 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Der Revisionswerber sieht die Zulässigkeit seiner Revision darin, dass das Bundesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, nämlich vom Erkenntnis vom 7. Oktober 1993, 92/16/0083, abweiche. Beim Klagebegehren habe es sich auf einen einzigen - auf Lebenszeit - geltend gemachten Anspruch auf Rentenleistung gehandelt, welcher eine Zusammenrechnung nach § 15 Abs. 2 GGG nach der zitierten Rechtsprechung ausschließe.
Tarifpost 1 des Gerichtsgebührengesetzes (GGG) sieht Pauschalgebühren im zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz in einer vom Wert des Streitgegenstandes abhängigen gestaffelten Höhe vor.
Gemäß § 14 GGG ist - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN die Bemessungsgrundlage der Gerichtsgebühren im Zivilprozess.
Gemäß § 58 Abs. 1 JN ist als Wert des Rechtes auf den Bezug von Zinsen, Renten, Früchten oder anderen wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen bei unbestimmter oder auf Lebenszeit beschränkter Dauer das Zehnfache, sofern es sich um Ansprüche auf Unterhalts- oder Versorgungsbeträge und auf Zahlung von Renten wegen Körperbeschädigung oder Tötung eines Menschen handelt, das Dreifache der Jahresleistung anzunehmen.
11 Gemäß § 15 Abs. 2 des Gerichtsgebührengesetzes (GGG) sind mehrere in einem zivilgerichtlichen Verfahren von einer einzelnen Partei oder von Streitgenossen geltend gemachte Ansprüche zusammenzurechnen; die Summe der geltend gemachten Ansprüche bildet, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, eine einheitliche Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren.
12 In Streitigkeiten, die wiederkehrende Leistungen auf bestimmte Zeit und anschließend auf unbestimmte Zeitdauer zum Gegenstand haben, ist zur Ermittlung des maßgeblichen Wertes dem Gesamtbetrag der auf die bestimmte Zeitdauer entfallenden Leistungen die in § 58 Abs. 1 JN jeweils genannte xfache Jahresleistung für die unbestimmte Zeitdauer hinzuzuschlagen. Voraussetzung für eine solche Zusammenrechnung ist, dass das Recht auf den Bezug von wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen einerseits eine bestimmte und darüber hinaus abgegrenzte, andererseits eine unbestimmte oder auf Lebenszeit beschränkte Dauer umfasst (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 2001, 2001/16/0310).
13 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes knüpft die Gerichtsgebührenpflicht an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 30. März 2017, Ra 2017/16/0033, sowie die bei Wais/Dokalik, Gerichtsgebühren12, § 1, E 12, angeführte Rsp).
14 Dem vom Revisionswerber für sich in Anspruch genommenen hg. Erkenntnis vom 7. Oktober 1993, 92/16/0083, lag ein Begehren einer am 14. April 1986 eingebrachten Klage zugrunde, dem Kläger eine monatliche Rente mit für die Jahre 1986 bis 1991 näher angeführten Beträgen sowie ab dem Jahr 1992 bis zum 31. August 2003 mit einem näher genannten Betrag monatlich, in der Folge bis zum Ableben des Klägers eine monatliche Rente mit einem näher bestimmten Betrag zu bezahlen. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass dem Klagebegehren, dem Begehren auf Zahlung monatlicher Renten, die unterschiedliche Zahlungstermine und unterschiedliche Höhen aufwiesen, und der Anführung der einzelnen Zeiträume nicht die Bedeutung beigemessen werde, die Dauer des Rechts auf den Bezug der wiederkehrenden Nutzung und Leistung selbst zu bestimmen, sondern ausschließlich der periodenweise Staffelung der Höhe der Bezüge diene. Es handle sich um einen einzigen - auf Lebenszeit - geltend gemachten Anspruch, weshalb eine Zusammenrechnung nach § 15 Abs. 2 GGG ausscheide.
15 Ähnliches hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 20. Februar 2003, 2000/16/0027, ausgesprochen, welchem ein Räumungsvergleich zugrunde lag, wonach die Beklagte sich verpflichtet hatte, ein Geschäftslokal zu räumen und geräumt der Klägerin zu überlassen, und der Klägerin für den Verzicht auf die Ausübung des Mietrechts zwischen dem Zeitpunkt der Räumung und dem Vorliegen der Voraussetzungen des Wiedereinzugs Zahlungen, nämlich für die ersten zwölf Monate ab vereinbarungsgemäßer Räumung eine näher angeführte Entschädigung, für jeden weiteren vollen Monat bis zum Wiedereinzug eine näher angeführte monatliche Entschädigung sowie weitere hier nicht interessierende Beträge, zugesagt hatte. Auch hier sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass es keinen Einfluss darauf habe, dass die Leistungsdauer unbestimmt sei, wenn nach Perioden gestaffelt unterschiedliche Jahresbeträge vereinbart worden seien, weshalb lediglich von einer unbestimmten Leistungsdauer auszugehen sei.
16 Aus diesen beiden Erkenntnissen ist für den Revisionswerber jedoch nichts zu gewinnen. Der vorliegende Revisionsfall unterscheidet sich nämlich im zugrunde liegenden Sachverhalt entscheidend von den diesen beiden Erkenntnissen zugrunde liegenden.
17 Einschlägig ist im vorliegenden Revisionsfall vielmehr das hg. Erkenntnis vom 19. September 2001, 2001/16/0310. Diesem Erkenntnis lag eine am 13. März 2000 eingebrachte Klage zugrunde, deren Klagebegehren dahin lautete, der Beklagte sei schuldig, einen näher angeführten Betrag an Unterhaltsrückstand für die Zeit vom 1. März 1997 bis einschließlich 29. Februar 2000 samt 4 % Zinsen ab dem 1. März 2000 sowie ferner ab März 2000 einen monatlichen Unterhaltsbetrag in näher angeführter Höhe zum Ersten eines jeden Monats im Vorhinein zu bezahlen. Der Verwaltungsgerichtshof sprach dazu aus, dass im Klagebegehren neben einem monatlichen Unterhaltsbetrag ab März 2000 auch - eindeutig abgegrenzt davon - ein fester Betrag als Rückstand des Unterhaltes begehrt worden sei. Es handle sich hier nicht um einen einzigen auf unbestimmte Dauer geltend gemachten Anspruch (wie dies z.B. im hg. Erkenntnis vom 7. Oktober 1993, 92/16/0083, der Fall gewesen sei), sondern um einen für die Vergangenheit geltend gemachten Anspruch und um einen auf unbestimmte Zeit für die Zukunft geltend gemachten Anspruch. Daher seien die beiden Ansprüche gemäß § 15 Abs. 2 GGG zusammenzurechnen gewesen.
18 Auch im vorliegenden Revisionsfall richtete sich das Klagebegehren einerseits auf einen nach Jahren aufgegliederten Betrag an rückständiger Rente in Höhe von 413.214 EUR sowie andererseits auf eine auf unbestimmte Dauer geltend gemachte zukünftige monatliche Rente in jeweils näher angeführter Höhe.
19 Zutreffend hat das Bundesverwaltungsgericht somit nach § 15 Abs. 2 GGG der Bemessung der Gerichtsgebühr nach TP 1 GGG u. a. einerseits den eingeklagten rückständigen Rentenbetrag von
413.214 EUR und andererseits den auf unbestimmte Zeit geltend gemachten Rentenanspruch mit dem kapitalisierten dreifachen Jahresbetrag (§ 58 JN) zugrunde gelegt.
20 Das Bundesverwaltungsgericht ist deshalb von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere vom erwähnten hg. Erkenntnis vom 19. September 2001, 2001/16/0310, nicht abgewichen.
21 Eine Rechtsfrage, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, wirft der Revisionswerber somit nicht auf.
22 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 19. Oktober 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017160132.L00Im RIS seit
13.12.2017Zuletzt aktualisiert am
10.01.2018