Index
L37152 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, die Hofrätinnen Dr. Bayjones, Mag.a Merl und Mag. Rehak sowie Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision 1. des Ing. M M, 2. des T M, beide in W, beide vertreten durch Mag. Gerald Gerstacker, Rechtsanwalt in 2340 Mödling, Schrannenplatz 3/I, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 16. Dezember 2013, 07-B-BRM-1555/1-2013, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. G GmbH in W, 2. Gemeinde Maria Wörth in 9081 Reifnitz, Wörthersee-Süduferstraße 115), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Kärnten hat den Revisionswerbern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit am 8. Jänner 2013 beim Gemeindeamt der zweitmitbeteiligten Gemeinde eingelangtem Bauansuchen beantragte die erstmitbeteiligte Partei (Bauwerberin) die Baubewilligung für den Abbruch einer Garage und Neuerrichtung eines Mehrfamilienwohnhauses bestehend aus drei Wohneinheiten und sechs PKW-Abstellplätzen im Kellergeschoß auf dem Grundstück Nr. X, KG R.
2 Die Revisionswerber sind je zu einem Drittel Eigentümer des nördlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstückes Nr. Y, KG R.
3 In der mündlichen Verhandlung am 19. März 2013 erhoben die Revisionswerber - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren relevant - Einwendungen hinsichtlich der Abstände und der Geschoßflächenzahl.
4 In der Folge legte die Bauwerberin am 22. März 2013 (u.a.) hinsichtlich der Berechnung der Geschoßflächenzahl ergänzende Planunterlagen vor. Dazu erstattete der hochbautechnische Sachverständige L mit Schreiben vom 10. April 2013 ein Gutachten und im Hinblick auf die im Rahmen des Parteiengehörs eingebrachte Stellungnahme der Revisionswerber vom 30. April 2013 mit Schreiben vom 19. Juni 2013 ein weiteres Gutachten.
5 Mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 26. Juni 2013 wurde der Bauwerberin die Baubewilligung gemäß § 6 lit. a und d, §§ 17 und 18 Kärntner Bauordnung (K-BO 1996), LGBl. Nr. 62/1996 idgF, unter Auflagen und einer Bedingung erteilt.
6 Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Revisionswerber vom 10. Juli 2013 wies der Gemeindevorstand der zweitmitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 18. November 2013 gemäß § 66 Abs. 4 AVG und § 94 Abs. 1 Kärntner Allgemeine Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 66/1998 idgF, ab.
7 Der dagegen eingebrachten Vorstellung der Revisionswerber vom 19. November 2013 gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 16. Dezember 2013 keine Folge.
8 Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, hinsichtlich der einzuhaltenden Abstände sei auf die schlüssigen, nachvollziehbaren und im Gesamten vollständigen Gutachten des hochbautechnischen Sachverständigen L vom 10. April 2013 und 19. Juni 2013, wonach eine Verletzung der Abstandsvorschriften gemäß § 8 des gültigen textlichen Bebauungsplanes der zweitmitbeteiligten Gemeinde mit einem Mindestabstand von 3 m bzw. der halben Traufenhöhe nicht vorliege, zu verweisen. Gemäß § 4 Abs. 2 Kärntner Bauvorschriften (K-BV), LGBl. Nr. 56/1985 idgF, seien, wenn und soweit in einem Bebauungsplan Abstände festgelegt seien, die Bestimmungen des Abs. 1 letzter Satz und der §§ 5 bis 10 leg. cit. nicht anzuwenden.
Zum Einwand betreffend die Einhaltung der Geschoßflächenzahl führte die belangte Behörde aus, nach den schlüssigen und vollständigen Gutachten des hochbautechnischen Sachverständigen L sei eine Prüfung der mit 0,463 angegebenen Geschoßflächenzahl vorgenommen und es sei festgestellt worden, dass die maximale Geschoßflächenzahl von 0,5 nicht überschritten werde. Das gegenständliche Kellergeschoß rage an der Nord-, Süd- und Westseite nicht mehr als 50% aus dem verglichenen projektierten Gelände hervor und sei im Zusammenhang mit den Bestimmungen des allgemeinen textlichen Bebauungsplanes der zweitmitbeteiligten Gemeinde nicht in die Geschoßflächenzahlberechnungen einzubeziehen. Entsprechend folge auch die belangte Behörde den Feststellungen der Baubehörde und sehe keine Verletzung der Anrainer in ihrem Recht auf Einhaltung der baulichen Ausnutzung des Baugrundstückes.
Zudem seien die Revisionswerber dieser schlüssigen und nachvollziehbaren Stellungnahme des Amtssachverständigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Die Einwendung zur Gebäudehöhe hätten die Revisionswerber erstmals in ihrer Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der zweitmitbeteiligten Gemeinde erhoben; hinsichtlich dieser Einwendung seien die Präklusionsfolgen des § 42 AVG eingetreten.
9 Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
10 Das in das Verfahren eingetretene Landesverwaltungsgericht Kärnten hat die Akten des Verfahrens vorgelegt und die Abweisung der Revision als unbegründet sowie Kostenersatz für den Vorlageaufwand beantragt.
11 Die mitbeteiligten Parteien haben sich am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
12 Gegenständlich liegt ein Übergangsfall iSd § 4 Abs. 1 VwGbk-ÜG vor. Die Revisionswerber konnten daher bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 in sinngemäßer Anwendung des Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG Revision beim Verwaltungsgerichtshof erheben. Für die Behandlung der vorliegenden Revision gelten gemäß § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG die Bestimmungen des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß.
13 Im Fall einer Übergangsrevision gegen den Bescheid einer Behörde, die keine unabhängige Verwaltungsbehörde oder eine Behörde gemäß Art. 20 Abs. 2 Z 2 oder 3 B-VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung war, ist gemäß § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG die Zulässigkeit der Revision nicht anhand der Kriterien des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu prüfen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegt.
14 Im Revisionsfall ist im Hinblick auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung des Gemeindevorstandes der zweitmitbeteiligten Gemeinde über den Berufungsbescheid (15. Oktober 2013) folgende Rechtslage von Bedeutung:
Kärntner Bauordnung 1996 (K-BO 1996), LGBl. Nr. 62/1996, in
der Fassung LGBl. Nr. 89/2012 (auszugsweise):
"§ 6
Baubewilligungspflicht
Sofern es sich nicht um ein bewilligungsfreies Vorhaben nach § 7 handelt, bedarf einer Baubewilligung:
a) die Errichtung von Gebäuden und sonstigen baulichen
Anlagen;
b) die Änderung von Gebäuden und sonstigen baulichen Anlagen;
...
d) der Abbruch von Gebäuden, Gebäudeteilen, sonstigen
baulichen Anlagen oder Teilen von solchen;
...
§ 23
Parteien, Einwendungen
(1) Parteien des Baubewilligungsverfahrens sind:
...
e) die Anrainer (Abs. 2).
(2) Anrainer sind:
a) die Eigentümer (Miteigentümer) der an das Baugrundstück
angrenzenden Grundstücke und aller weiteren im Einflussbereich des Vorhabens liegenden Grundstücke;
...
(3) Anrainer gemäß Abs. 2 lit. a und b sind berechtigt, gegen
die Erteilung der Baubewilligung nur begründete Einwendungen
dahingehend zu erheben, dass sie durch das Vorhaben in subjektiv-
öffentlichen Rechten verletzt werden, die ihnen durch die
Bestimmungen dieses Gesetzes, der Kärntner Bauvorschriften, des
Flächenwidmungsplanes oder des Bebauungsplanes eingeräumt werden,
welche nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem
Schutz der Anrainer dienen. Einwendungen der Anrainer im Sinn des
ersten Satzes können insbesondere gestützt werden auf Bestimmungen
über
a) die widmungsgemäße Verwendung des Baugrundstückes;
b) die Bebauungsweise;
c) die Ausnutzbarkeit des Baugrundstückes;
d) die Lage des Vorhabens;
e) die Abstände von den Grundstücksgrenzen und von Gebäuden
oder sonstigen baulichen Anlagen auf Nachbargrundstücken;
f) die Bebauungshöhe;
g) die Brandsicherheit;
h) den Schutz der Gesundheit der Anrainer;
i) den Immissionsschutz der Anrainer.
(4) Anrainer gemäß Abs. 2 lit. a und b sind bei einem Vorhaben nach § 6 lit. a, b, d und e, das sich auf ein Gebäude bezieht, welches ausschließlich Wohn-, Büro- oder Ordinationszwecken dient, einschließlich der zu seiner Nutzung erforderlichen baulichen Anlagen, nur berechtigt, Einwendungen gemäß Abs. 3 lit. b bis g zu erheben.
..."
§§ 3, 25 Kärntner Gemeindeplanungsgesetz 1995 (K-GplG 1995), LGBl. Nr. 23/1995, in der Fassung LGBl. Nr. 88/2005 lauten
auszugsweise:
"§ 3
Bauland
...
(4) Als Dorfgebiete sind jene Grundflächen festzulegen, die vornehmlich für Gebäude land- und forstwirtschaftlicher Betriebe bestimmt sind, im übrigen
a) für Wohngebäude, die nach Lage, Größe, Ausgestaltung,
Einrichtung u. ä. zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes im Mittelpunkt der Lebensbeziehungen dienen, samt dazugehörigen sonstigen baulichen Anlagen (wie Garagen, Gartenhäuser, Gewächshäuser),
...
(6) Als Kurgebiete sind jene Grundflächen festzulegen, die
vornehmlich für Gebäude von Gast- und Beherbergungsbetrieben
bestimmt sind, im übrigen
a) für Wohngebäude samt dazugehörigen sonstigen baulichen
Anlagen nach Abs. 4 lit. a,
...
§ 25
Inhalt des Bebauungsplanes
(1) Im textlichen Bebauungsplan sind festzulegen:
a) die Mindestgröße der Baugrundstücke,
b) die bauliche Ausnutzung der Baugrundstücke,
c) die Bebauungsweise,
d) die Geschoßanzahl oder die Bauhöhe,
e) das Ausmaß der Verkehrsflächen.
...
(4) Die bauliche Ausnutzung der Baugrundstücke ist durch die Geschoßflächenzahl oder die Baumassenzahl auszudrücken. Die Geschoßflächenzahl ist das Verhältnis der Bruttogesamtgeschoßflächen zur Fläche des Baugrundstückes. Die Baumassenzahl ist das Verhältnis der Baumasse zur Fläche des Baugrundstückes, wobei als Baumasse der oberirdisch umbaute Raum bis zu den äußeren Begrenzungen des Baukörpers gilt. Die bauliche Ausnutzung der Baugrundstücke ist so festzulegen, daß für die Aufenthaltsräume in Gebäuden ein ausreichendes Maß von Licht, Luft und Sonne gewährleistet ist.
..."
Die hier maßgebliche Bestimmung der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Maria Wörth vom 26. Februar 1997, mit der ein textlicher Bebauungsplan für das ganze Gemeindegebiet der Gemeinde Maria Wörth erlassen wurde, lautet auszugsweise:
"§ 3
BAULICHE AUSNUTZUNG
(1) Die maximale bauliche Ausnutzung (Verhältnis der Summe
der Geschoßflächen zur Grundstücksgröße) der Baugrundstücke wird
a) in Wohngebieten, Kurgebieten, Gewerbegebieten und
Geschäftsgebieten mit dem Nutzungsfaktor 0,5 entsprechend dem
Ausmaß nach § 2;
b) in Dorfgebieten mit dem Nutzungsfaktor 0,3 des einzelnen
Baugrundstückes festgelegt.
..."
§ 42 AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung BGBl. I.
Nr. 161/2013, lautet:
"§ 42. (1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde."
15 Die Revisionswerber bringen zusammengefasst vor, die Ausführungen des Amtssachverständigen L seien nicht nur im Ergebnis unzutreffend, sondern auch mangelhaft begründet. Die Revisionswerber hätten ein Vorbringen erstattet, das auf fachlichem Niveau jenem des Sachverständigen vergleichbar sei. Die belangte Behörde hätte sich daher nicht schlicht auf die Stellungnahme des Amtssachverständigen beziehen und dieser unwidersprochen folgen dürfen, sondern hätte sich mit den Ausführungen der Revisionswerber auseinandersetzen und begründen müssen, weshalb sie nicht deren Ausführungen, sondern jenen des Sachverständigen gefolgt sei. Indem die belangte Behörde es unterlassen habe, sich mit den Einwänden der Revisionswerber auseinanderzusetzen und ihre Entscheidung im Einzelnen zu begründen, habe sie Verfahrensvorschriften verletzt. Selbst wenn es zutreffe, dass im gegenständlichen Bebauungsplan Abstände festgelegt und die Bestimmungen des (gemeint: § 4) Abs. 1 letzter Satz und der §§ 5 bis 10 K-BV nicht anzuwenden seien, seien die Abstandsvorschriften verletzt worden. Das umliegende Gelände sei massiv angeschüttet worden, weshalb gemäß § 8 K-BV in diesem Fall die Tiefe der Abstandsflächen um 0,6 der Höhe der Anschüttung vergrößert werden müsse. Dies sei nicht erfolgt. Es sei zum Beispiel auf der Seite zur Liegenschaft der Revisionswerber eine Anschüttung von 449,50 bis 450,84 üA vorgenommen worden. Auch liege die Terrasse, welche mit 1,67 m von der Hausmauser kotiert und mehr als 11 m lang sei, zur Gänze in der Abstandsfläche und müssten somit die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 lit. a bis d K-BV eingehalten werden.
Hinsichtlich der Geschoßflächenzahl monieren die Revisionswerber, es sei bei der Berechnung der Geschoßflächen das Garagengeschoß außer Acht gelassen worden. Gemäß dem Bebauungsplan der zweitmitbeteiligten Gemeinde sei dann, wenn nur eine Wand des Geschoßes mehr als 50% aus dem Gelände rage, das komplette Geschoß in die Geschoßflächenberechnung aufzunehmen. Das Geschoß beinhalte nicht nur Kellerräume, sondern auch Garagen. Dem Einreichplan entsprechend sei die östliche Wand mit der Garageneinfahrt nur etwa 30 bis 35 cm, und damit weniger als die erforderlichen 50%, im Gelände eingetieft. Es ergebe sich daraus eine Ausnutzbarkeit von weit mehr als die erlaubten 50%.
Zur Gebäudehöhe hätten die Revisionswerber schon in ihrer Stellungnahme vom 30. April 2013 Stellung genommen, dies im Zusammenhang mit dem Einwand der Nichteinhaltung von Abstandsflächen. Ebenso hätten sie auf Geländeanschüttungen verwiesen, die sie befürchten ließen, dass Regenwasser unmittelbar auf ihr Grundstück abfließe.
16 Die Revisionswerber sind Nachbarn gemäß § 23 Abs. 2 lit. a K-BO 1996.
17 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahrens in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat. Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der im Sinn des § 42 AVG in der Fassung seit der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998, die Parteistellung behalten hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2013, 2013/06/0195, mwN).
18 Wenn die Revisionswerber sich gegen die Rechtsauffassung der belangten Behörde, sie seien hinsichtlich ihres Einwandes zur Gebäudehöhe bereits präkludiert, wenden und dabei auf ihre Stellungnahme vom 30. April 2013 verweisen, ist ihnen Folgendes entgegenzuhalten:
19 Gemäß § 42 AVG ist das Recht einer Partei zur Erhebung von Einwendungen in einem Verwaltungsverfahren grundsätzlich mit dem Schluss der mündlichen Bauverhandlung befristet. Bei entsprechender Kundmachung oder Ladung einer Partei sind Einwendungen "spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung" zu erheben. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass von der Behörde nach der mündlichen Verhandlung allenfalls weitere Sachverhaltserhebungen durchgeführt werden und dazu das Parteiengehör eingeräumt oder das Verfahren ausgesetzt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 2016, 2013/05/0193).
20 Die Revisionswerber wurden zur mündlichen Verhandlung am 19. März 2013 unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG geladen und erhoben dort - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren relevant - Einwendungen hinsichtlich der Nichteinhaltung der Abstandsbestimmungen und zur baulichen Ausnutzung des Baugrundstückes. Dass die Revisionswerber in der mündlichen Verhandlung vom 19. März 2013, die im vorliegenden Baubewilligungsverfahren vor der erstinstanzlichen Baubehörde am 19. März 2013 vom Verhandlungsleiter geschlossen wurde, auch einen Einwand die Gebäudehöhe betreffend erhoben hätten, wird auch in der vorliegenden Revision nicht behauptet. Der Hinweis auf die Stellungnahme vom 30. April 2013, die im Zuge der Einräumung von Parteiengehör zu den ergänzend vorgelegten Planunterlagen der Bauwerberin (siehe Rz 4) erstattet wurde und der im Übrigen ein solcher Einwand auch nicht zu entnehmen ist, führt vor dem Hintergrund der zitierten Judikatur nicht zum Erfolg und ist überdies kein Grund ersichtlich, weshalb die Revisionswerber an der Erstattung eines solchen Vorbringens in der mündlichen Verhandlung gehindert gewesen wären. Die belangte Behörde ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass die Revisionswerber in Bezug auf ihren Einwand zur Gebäudehöhe gemäß § 42 AVG bereits präkludiert waren.
21 In § 23 Abs. 3 K-BO 1996 sind die den Nachbarn im Baubewilligungsverfahren zustehenden Nachbarrechte demonstrativ angeführt. Danach können die Anrainer gemäß Abs. 2 lit. a und b Einwendungen auch auf Bestimmungen über den Immissionsschutz der Anrainer stützen.
22 Abgesehen davon, dass zu prüfen wäre, ob die Revisionswerber präkludiert sind, erfährt die Einwendungsmöglichkeit der Nachbarn bei einem Vorhaben nach § 6 lit. a, b, d, und e leg. cit, das sich auf ein Gebäude bezieht, welches ausschließlich Wohn-, Büro- oder Ordinationszwecken dient, einschließlich der zu seiner Nutzung erforderlichen baulichen Anlagen, durch den mit LGBl. Nr. 80/2012 neu gefassten und im gegenständlichen Revisionsfall anwendbaren § 23 Abs. 4 K-BO 1996 eine Einschränkung auf Einwendungen nach § 23 Abs. 3 lit. b bis g K-BO 1996. Damit werden Einwendungsmöglichkeiten der Nachbarn nach jenen literis des § 23 Abs. 3 leg. cit., welche einen Immissionsschutz gewährleisten (konkret lit. a, sowie der von der Flächenwidmung unabhängige Immissionsschutz nach lit. h und i; vgl. dazu auch W. Pallitsch/Ph. Pallitsch/W. Kleewein, Kärntner Baurecht5, S 871, Anm. 25), bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen ausgeschlossen.
23 Nach dem Flächenwidmungsplan besteht für die gegenständliche Liegenschaft die Widmung Bauland Kurgebiet. Im Rahmen dieser Widmung sind nach § 3 Abs. 6 lit. a K-GplG 1995 durch einen Verweis auf § 3 Abs. 4 lit. a leg. cit. näher determinierte Wohngebäude - und damit solche, welche zur Deckung eines ganzjährigen gegebenen Wohnbedarfes im Mittelpunkt der Lebensbeziehungen stehen - zulässig. Der Bauwerberin wurde die Baubewilligung für den Abbruch einer Garage und Neuerrichtung eines Mehrfamilienwohnhauses gemäß § 6 lit. a und d, §§ 17 und 18 K-BO 1996 erteilt. Dass für das projektierte Mehrfamilienwohnhaus - ein Widerspruch zur Flächenwidmung wurde an keiner Stelle im Verfahren behauptet - eine andere Nutzung als eine solche zu Wohnzwecken vorgesehen wäre, ist den vorliegenden Verfahrensakten nicht zu entnehmen und wurde auch nicht vorgebracht. Zudem wäre eine andere als eine solche ausschließliche Nutzung des projektierten Gebäudes schon nach der Flächenwidmung nicht bewilligungsfähig. Da das gegenständliche Bauvorhaben somit unter § 23 Abs. 4 K-BO 1996 zu subsumieren ist, bestand für die Revisionswerber im gegenständlichen Bauverfahren kein subjektivöffentliches Recht auf Immissionsschutz (vgl. auch W. Pallitsch/Ph. Pallitsch/W. Kleewein, aaO, S 870, Anm. 21). Schon aus diesem Grund geht ihr diesbezügliches Vorbringen ins Leere.
24 Wenn die Revisionswerber jedoch im Zusammenhang mit der Einhaltung der maximal zulässigen Geschoßflächenzahl das Vorliegen eines Begründungsmangels monieren, so führt dieses Vorbringen zum Erfolg:
25 Nachbarn haben ein Recht auf Einhaltung von Bestimmungen des Bebauungsplanes über die Ausnutzbarkeit des Baugrundstückes, insbesondere auch auf die die bauliche Ausnutzung beschränkende Geschoßflächenzahl (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2015, Ro 2014/06/0054, mwN, sowie die bei W. Pallitsch/Ph. Pallitsch/W. Kleewein, aaO, S 297 unter Anm. 34 zitierte hg. Judikatur).
26 Das den Regelungsinhalt von Bebauungsplänen bestimmende K-GplG 1995 sieht in seinem § 25 Abs. 4 vor, dass die bauliche Ausnutzung (u.a.) durch die Geschoßflächenzahl auszudrücken ist.
§ 3 des hier zur Anwendung gelangenden textlichen Bebauungsplanes der zweitmitbeteiligten Gemeinde beschränkt die bauliche Ausnutzung eines Baugrundstückes durch die Festlegung einer maximal zulässigen Geschoßflächenzahl; konkret ist für das in Frage stehende Baugrundstück gemäß § 3 Abs. 1 lit. a des textlichen Bebauungsplanes eine maximale Geschoßflächenzahl von 0,5 zulässig.
27 Gegenständlich nahm die belangte Behörde Bezug auf die Berechnung der Geschoßflächenzahl durch den hochbautechnischen Sachverständigen L in seiner Stellungnahme vom 10. April 2013. Diese erfolgte anhand der von der Bauwerberin am 22. März 2013 nachgereichten Unterlagen zur Bruttogeschoßflächenberechnung, die das Erd- und das Obergeschoß, nicht jedoch das Kellerbzw. Garagengeschoß berücksichtigen. Der Sachverständige gelangte zum Ergebnis, die Geschoßflächenzahl von 0,463 (Erd- und Obergeschoß) überschreite nicht die vorgegebene maximale Ausnutzung des Baugrundstückes von 0,5.
28 Dem Einwand der Revisionswerber vom 30. April 2013, dass das Kellergeschoß aufgrund seiner Lage über der Erdoberfläche in die Berechnung der maximalen Geschoßflächenzahl einzubeziehen sei, hielt der Sachverständige mit Stellungnahme vom 19. Juni 2013 entgegen, das gegenständliche Kellergeschoß rage an der Nord-, Süd- und Westseite nicht mehr als 50% aus dem verglichenen projektierten Gelände hervor. Im östlichen Fassadenbereich rage es zwar mehr als 50% hervor, besäße aber keine normale Belichtung von außen, also nicht mehr als 10% der Belichtung der Bodenfläche, und sei daher im Zusammenhang mit den Bestimmungen des textlichen Bebauungsplanes der zweitmitbeteiligten Gemeinde nicht in die Geschoßflächenzahlberechnung aufzunehmen.
29 Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (§§ 37 ff AVG), die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfragen klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dies erfordert in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche die Behörde im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheides geführt haben (vgl. aus vielen etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2016, 2013/06/0097).
30 Dem gegenständlich anwendbaren textlichen Bebauungsplan lassen sich keine näheren Determinanten hinsichtlich der Bestimmung der in die Berechnung der maximal zulässigen Geschoßflächenzahl einzubeziehenden Geschoße bzw. Geschoßteile entnehmen. Auch § 25 Abs. 4 K-GplG 1995 erhellt in diesem Zusammenhang nicht: Es wird dort nur für die Definition der Baumasse auf den oberirdisch umbauten Raum abgestellt.
31 Wenn der Sachverständige zur Frage der Einrechnung des betreffenden Keller- bzw. Garagengeschoßes in die Geschoßflächenzahl auf dessen prozentuelles Herausragen zum verglichenen projektierten Gelände abstellt, eine diesbezügliche Relevanz hinsichtlich der östlichen Fassadenseite bejaht und in der Folge aber eine Einrechnung des gesamten Geschoßes zur Gänze aufgrund von Belichtungsumständen verneint, so können diese Ausführungen vor dem Hintergrund der Bestimmungen des Bebauungsplanes, der derartige Kriterien nicht vorsieht, nicht nachvollzogen werden (vgl. zu den Anforderungen an ein Sachverständigengutachten bspw. das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 2017, Ra 2016/05/0026, mwN).
32 Die belangte Behörde hat sich darauf beschränkt, die Ergebnisse des Sachverständigengutachtens als schlüssig und nachvollziehbar zu beurteilen. Dabei hat sie sich darauf zurückgezogen, die - auch die rechtliche Beurteilung beinhaltende -
Stellungnahme des Sachverständigen ohne weitere Begründung und ohne Auseinandersetzung mit dem gegenständlichen textlichen Bebauungsplan zu übernehmen.
33 Insofern liegt ein wesentlicher Begründungsmangel vor, der den Verwaltungsgerichtshof an einer Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides hindert.
34 Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang vermeint, die Revisionswerber seien dem Gutachten des Sachverständigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, so ist sie darauf zu verweisen, dass das Erfordernis der Widerlegung eines von der Behörde eingeholten Sachverständigengutachtens auf gleicher fachlicher Ebene nur dann eingreift, wenn ein vollständiges, schlüssiges und widerspruchsfreies Gutachten vorliegt (vgl. hierzu das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2015, 2012/06/0063, mwN) und sich nur auf die sachverständige Beurteilung und nicht auf Rechtsausführungen erstreckt.
35 Der angefochtene Bescheid war daher schon aufgrund der obigen Erwägungen wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben, sodass auf das Vorbringen zum Seitenabstand nicht mehr einzugehen war.
36 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 4 iVm § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 8/2014).
Wien, am 24. Oktober 2017
Schlagworte
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6Baurecht NachbarEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RO2014060017.J00Im RIS seit
13.12.2017Zuletzt aktualisiert am
20.04.2018