Norm
§17 Abs1 Z7 GlBGDiskriminierungsgrund
AlterDiskriminierungstatbestand
Diskriminierung auf Grund des Alters bei der Beendigung des ArbeitsverhältnissesText
SENAT II DER GLEICHBEHANDLUNGSKOMMISSION
Anonymisiertes Prüfungsergebnis GBK II/224/14 gem. § 12 GBK/GAW-Gesetz
Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) hat über den Antrag von Herrn A wegen behaupteter Diskriminierung auf Grund des Alters bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 17 Abs. 1 Z 7 GlBG durch die Firma B (in der Folge: Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO, BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013, erkannt:
Eine Diskriminierung des Antragstellers auf Grund des Alters bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin
l i e g t n i c h t v o r.
VORBRINGEN
1. Im Antrag wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Antragsteller von 1997 bis zu seiner von der Arbeitgeberin ausgesprochenen Kündigung 2014 bei der Antragsgegnerin beschäftigt gewesen sei und er aus folgenden Gründen eine Diskriminierung auf Grund seines Alters vermute:
Im unmittelbaren Vorfeld der Kündigung sei er von seinen Vorgesetzten wiederholt gefragt worden, ob er seine Arbeit noch schaffe, zusätzlich sei ihm auf Grund seines Alters (Anmerkung: damals 58 Jahre) ohne Grund eine langsame Arbeitsweise unterstellt worden, obwohl er seine Arbeit in der gleichen Geschwindigkeit wie die Kollegen erledigt habe. Zusätzlich seien seine Kollegen in seiner Anwesenheit von Vorgesetzten befragt worden, ob er sie nicht bei ihrer Arbeit aufhalte.
2. In der Stellungnahme der Antragsgegnerin wurde im Wesentlichen ausdrücklich bestritten, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Antragstellers auf Grund des Alters erfolgt sei. Dieser habe vielmehr während seines Arbeitsverhältnisses mehrfach seine Pflichten gröblich vernachlässigt, wobei konkret auf zwei Verwarnungen aus den Jahren 2006 und 2010 Bezug genommen wurde.
Der Antragsteller sei während seines Arbeitsverhältnisses in mehreren Arbeitsgruppen eingeteilt gewesen. Es habe jedoch immer wieder Probleme mit Vorgesetzten gegeben, in erster Linie wegen Nichteinhaltung der Arbeitszeiten. Im Jahr 2014 hätten sich die Pflichtverletzungen des Antragstellers wiederholt, so sei es zu Problemen betreffend die Überziehung von Pausen gekommen.
Am 10.4.2014 habe der Antragsteller einfach die Arbeit eingestellt, weil kein Material vorhanden gewesen sei und sei – anstatt diesen Umstand seinem Vorgesetzten zu melden – während der Arbeitszeit einfach ins Gasthaus gegangen.
Am 18.4.2014 sei der Antragsteller - obwohl das Material rechtzeitig angeliefert worden sei – während der Arbeitszeit für die Antragsgegnerin nicht erreichbar gewesen, um weitere Weisungen hinsichtlich des damaligen Bauvorhabens entgegenzunehmen.
Im Dezember 2013 sei es gegenüber einer Architektin, die sich beim Antragsteller erkundigt habe, ob dieser bis Freitag fertig werde, zur aufmüpfigen Aussage „Bin ich ein Zauberer?“ gekommen, was in der Folge zum Verlust eines damals bereits in Aussicht gestellten Folgeauftrags für die Antragsgegnerin geführt habe.
Daher seien sämtliche Gründe für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses des Antragstellers nicht in dessen Alter, sondern in seinem Verhalten und seinen Pflichtverletzungen gelegen gewesen, wobei auch zu erwähnen sei, dass der Betriebsrat der Kündigung des Antragstellers ausdrücklich zugestimmt habe.
PRÜFUNGSGRUNDLAGEN
1. Der Senat II der GBK stu?tzt sein Prüfergebnis auf die schriftlichen Vorbringen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin sowie auf deren Befragung. Des Weiteren bezieht sich der Senat in seiner Entscheidungsfindung auf die Verwarnungen des Antragstellers und das Kündigungsschreiben vom 22.4.2014.
2. In der mündlichen Befragung durch den Senat gab der Antragsteller an, dass er glaube, seine Arbeit recht ordentlich erfüllt zu haben - nach knapp 18 Jahren habe der „Chef“ dann behauptet, er würde „den jungen Chef“ nicht akzeptieren.
Dieser Grund sei seiner Meinung nach „fadenscheinig“ gewesen - ein neuer Mitarbeiter sei als Verrechnungstechniker gekommen, mit diesem habe er „kein super Einvernehmen“ gehabt, fachlich nicht und menschlich nicht. Er habe den Eindruck gehabt, da komme ein junger Bursche, der ihn so auf die Art „Gemma, putz dich, Depperter, was bist du da?“ behandle.
Auf Frage, ob die von der Antragsgegnerin behaupteten Vorfälle tatsächlich stattgefunden hätten, gab er an, einmal eine Verwarnung bekommen und, falls dies nochmals passiere, eine „Fristlose“ angedroht bekommen zu haben. Es sei damals um die Nichteinhaltung der Arbeitszeit gegangen, was auch stimme, da er die Mittagspause überzogen habe.
Zum Thema Materiallieferung befragt führte er aus, dass vereinbart worden sei, dass er Material mit seinem Privatauto mitnehme, der Chauffeur würde dann im Laufe des Tages nachliefern. Zunächst habe er etwas dafür erhalten, irgendwann habe sich das aufgehört, worauf er erwidert habe, dass er es dann auch nicht mehr mache. Auf die Behauptung, er hätte die Arbeit verweigert, habe er „zu dem Jungen“ gesagt, ob dieser verrückt sei.
Zum Vorfall mit der Architektin befragt, gab er an, dass diese gesagt habe, dass sie zu langsam wären. Es seien dann Zusatzarbeiten hinzugekommen, er habe sie gefragt, ob er ein „Zauberer“ sei.
Auf Frage, ob bzw. wie ihm gegenüber die Kündigung mündlich begründet worden sei, führte der Antragsteller aus, dass gesagt worden sei, dass er „den jungen Chef“ nicht richtig akzeptiere und dass – wenn er diesen Chef nicht akzeptiere – er gekündigt würde, worauf er gemeint habe: „Na machen Sie das bitte“.
Auch die Arbeitszeitverletzung und alle seine „schlechten Sachen“ seien ihm bei dem Gespräch vorgehalten worden.
Die Frage, ob er auch von anderen Kollegen wisse, die nach längerer Betriebszugehörigkeit „in einem gewissen Alter“ durch die Antragsgegnerin gekündigt worden seien, verneinte der Antragsteller.
3. Der Vertreter der Antragsgegnerin gab bei seiner Befragung an, dass die Antragsgegnerin seit mittlerweile 61 Jahren existiere und Herr C - der die antragsgegenständliche Kündigung ausgesprochen habe - am 1. Oktober mit 62 Jahren in Pension gegangen sei.
Dieser wäre 42 Jahre im Unternehmen beschäftigt gewesen, von den 42 Angestellten seien zehn über 50 Jahre alt. Im Arbeiterbereich seien 66 Mitarbeiter über 50 Jahre alt, im Wiener Betrieb habe die Antragsgegnerin 31 Mitarbeiter, die über 50 Jahre alt seien.
Bei dem in Rede stehenden „jungen Chef“ habe es sich um Herrn D gehandelt, der nicht der unmittelbare Vorgesetzte des Antragstellers gewesen sei, sondern damals als Abrechnungstechniker begonnen habe. Er habe zuvor auf Baustellen als Arbeiter gearbeitet und sei dann ins Angestelltenverhältnis übernommen worden.
Der Antragsteller sei fachlich sehr kompetent gewesen, was man seitens der Antragsgegnerin auch immer sehr geschätzt habe. Weniger geschätzt gewesen sei sein schwieriger Umgang mit anderen Mitarbeitern.
Der Antragsteller habe Probleme mit Autoritäten und mit der Einhaltung der Arbeitszeit gehabt und sei manchmal auch gegenüber Kunden und Vorgesetzten aufmüpfig gewesen, was letztlich auch der Beweggrund zum Ausspruch der Kündigung gewesen sei.
Die Antragsgegnerin habe sieben Bauleiter, denen jeweils einen fixen Mitarbeiterstamm zugeordnet sei. Wenn ein Mitarbeiter nicht ins Team passe, könne man die anderen sechs Bauleiter befragen, ob sie diesen Mitarbeiter beschäftigen möchten. Wenn ein Mitarbeiter im Unternehmen aber einen derart schlechten Ruf habe und wenn es von der sozialen Struktur her nicht passe, dann bleibe nur der Ausspruch der Kündigung übrig.
Zum Thema Betriebsrat sei auszuführen, dass der Antragsteller diesem in den letzten beiden Jahren nicht mehr angehört habe. Es habe intern eine Gruppe gegeben, die sich dagegen ausgesprochen habe, dass der Antragsteller weiterhin Mitglied des Betriebsrat sei. Er sei trotzdem weitere zwei Jahre von der Antragsgegnerin beschäftigt worden und man hätte es sicherlich auch noch weiter geführt, wenn es funktioniert hätte.
Die Antragsgegnerin wisse, dass es manchmal zu Schwierigkeiten komme, wenn jemand – wie der genannte junge Mitarbeiter – von der Baustelle komme und dann betriebsintern eine Stufe höher tätig sei.
Zu den aufgelisteten Arbeitszeitverstößen habe er selbst keine unmittelbaren Wahrnehmungen. Herr D (Anmerkung: der „junge Chef“ in der Aussage des Antragstellers) habe dem Bauleiter Herrn E nur assistiert und die Funktion gehabt Baustellen zu besuchen, um die Qualität und die Einhaltung der Arbeitszeit zu überprüfen. Es sei seine Verantwortung und auch seine Pflicht gewesen, Verstöße gegen die Arbeitszeit aufzuzeigen.
Die Antragsgegnerin habe strikte Regeln betreffend die Einhaltung der Arbeitszeit - wenn diese Disziplin nicht eingehalten werde, könne das Unternehmen nicht am Markt bestehen.
Herr D habe insgesamt auf fünf Baustellen Vorfälle aufgelistet, bei denen die Arbeitszeit vom Antragsteller nicht eingehalten worden sei. Soweit er wisse, habe auch Herr C nochmals mit dem Antragsteller gesprochen und diesen darauf hingewiesen, dass es so nicht gehe.
BEGRÜNDUNG
Der Senat II der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:
1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:
"§ 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf in Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht
…
7. bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.“
"§ 19. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 17 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.“
2. Vor der rechtlichen Auseinandersetzung mit dem im Verfahren vor dem erkennenden Senat erhobenen Sachverhalt ist zunächst zu bemerken, dass die Herstellung einer diskriminierungsfreien Arbeitsumwelt als eine der wesentlichsten Zielsetzungen des Gleichbehandlungsgesetzes zu betrachten ist. Im Hinblick auf dieses Ziel wird es daher unerlässlich sein, sich mit allenfalls vorhandenen negativen Stereotypisierungen von Personengruppen auseinanderzusetzen.
3. Zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren ist anzumerken, dass gemäß § 26 Abs. 12 GlBG eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 17, 18 oder 21 beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist. Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung der Antragstellerin sprechen als dagegen (vgl OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen).
Wenn dem Antragsteller die Glaubhaftmachung von Umständen, die einen Zusammenhang zwischen Kündigung und dem Alter indizieren, gelungen ist, obliegt es der Antragsgegnerin, zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom Antragsgegner glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne der §§ 19 Abs 2 oder 20 GlBG vorliegt.
4. Zum vorliegenden Sachverhalt – der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Antragstellers durch die Antragsgegnerin – ist festzuhalten, dass sich auf Grund der Befragung der beiden oben genannten Auskunftspersonen für den Senat folgendes Bild ergeben hat:
Der Antragsteller konnte dem Senat bei seiner mündlichen Befragung nicht in einer für diesen nachvollziehbarer Weise darlegen, dass seine Kündigung mit seinem Alter von damals 58 Jahren und dem von ihm relevierten Umstand, dass die Antragsgegnerin in Bälde bei einer Beendigung seines Arbeitsverhältnisses eine höhere Abfertigung bezahlen hätte müssen, in Zusammenhang gestanden ist und nicht – wie von der Antragsgegnerin behauptet – mit seinen Verstößen gegen die Arbeitszeitregelung sowie seinem Verhalten im Allgemeinen. Teilweise hat der Antragsteller vor dem Senat die ihm von der Antragsgegnerin vorgeworfenen arbeitszeitlichen und sonstigen Verfehlungen eingestanden, teilweise in Abrede gestellt.
Der Antragsgegner konnte hingegen glaubwürdig und sachlich nachvollziehbar darlegen, dass das Unternehmen nicht die Politik verfolge, ältere ArbeitnehmerInnen in Pensionsnähe systematisch zu kündigen – was im Übrigen auch durch die Aussage des Antragstellers selbst bestätigt worden ist. Auch die Darlegung der im Arbeitsleben problematischen Verhaltensweisen des Antragstellers durch den Vertreter der Antragsgegnerin gingen mit dem Eindruck, den der Antragsteller durch sein persönliches Auftreten vor dem Senat erweckt hat, konform, weshalb dieser keinen Zweifel an der Richtigkeit der diesbezüglichen Darstellung des Vertreters der Antragsgegnerin hegte. Die bestärkt auch die Tatsache, dass der Betriebsrat der Kündigung ausdrücklich zugestimmt hat, wie sich aus der Befragung beider Parteien übereinstimmend ergibt.
Insgesamt hat der Antragsteller bei seiner Befragung dem Senat den Eindruck einer für ein in der Arbeitswelt bei einer Durchschnittsbetrachtung von ArbeitnehmerInnen aus Sicht eines/r ArbeitgeberIn zu Grunde gelegte Maß etwas zu „lässigen“ und etwas zu rebellischen Persönlichkeit vermittelt, weshalb die Argumentation der Antragsgegnerin, den Antragsteller auf Grund der oben angeführten Verfehlungen in Verbindung mit seinem Verhalten, insbesondere dessen Autoritätsproblemen, zu kündigen, dem Senat transparent dargelegt und sachlich nachvollziehbar dargestellt erschienen ist.
Indizien dafür, dass auch das Alter des Antragstellers bei der Kündigungsentscheidung mitausschlaggebend gewesen sein dürfte, konnte der Senat hingegen nicht erkennen.
5. Daher konnte der Antragsteller nicht in ausreichendem Maße glaubhaft machen, dass sein Alter das für die Kündigung durch die Arbeitgeberin maßgebliche Motiv war. Der Senat ist vielmehr zum Ergebnis gekommen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von der Antragsgegnerin glaubhaft gemachten Motive, nämlich die Reaktion auf die oben dargestellte Verfehlungen des Antragstellers für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausschlaggebend waren. Deshalb war das Vorliegen einer Diskriminierung des Antragstellers aufgrund des Alters bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin zu verneinen.
Zuletzt aktualisiert am
07.12.2017