Gbk 2017/5/5 GBK II/239/14

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Veröffentlicht am 05.05.2017
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Diskriminierungsgrund

Alter

Diskriminierungstatbestand

Diskriminierung auf Grund des Alters bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses

Text

SENAT II DER GLEICHBEHANDLUNGSKOMMISSION

Anonymisiertes Prüfungsergebnis GBK II/239/14 gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) hat über den Antrag von Frau A wegen behaupteter Diskriminierung auf Grund des Alters bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG durch die B-GmbH (in der Folge: Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO, BGBl. II Nr. 396/2004 idgF BGBl. II Nr. 275/2013, erkannt:

Eine Diskriminierung der Antragstellerin auf Grund des Alters bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin

l i e g t n i c h t v o r.

VORBRINGEN

1. Im Antrag wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Antragstellerin die von der Antragsgegnerin ausgeschriebene Stelle aufgrund ihres Alters nicht erhalten habe. Die Antragstellerin sei im Telefonat mit der Sekretärin der Antragsgegnerin nach ihrem Alter gefragt worden. Sie sei zwar zunächst zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden, dieses habe die Antragsgegnerin aber am nächsten Tag mit der Begründung abgesagt, dass schon jemand anderes gefunden worden sei.

2. In der Stellungnahme der Antragsgegnerin wurde im Wesentlichen mitgeteilt, dass im April 2014 eine Sekretariatsstelle in Heimarbeit auf geringfügiger Basis angeboten worden sei. Es hätten sich mehrere Personen um diese Stelle beworben, deren wichtigstes Kriterium der Wohnbezirk der Bewerberin und somit die Nähe zum Wohnsitz des Teamleiters gewesen sei, wo die Arbeitsaufgaben abzuholen gewesen seien. Aus den in Frage kommenden Bezirken hätten sich zwei sehr geeignete Personen beworben, mit denen auch Vorstellungsgespräche durchgeführt worden seien. Diese Personen würden sich nunmehr die Arbeit teilen. Es bleibe darauf hinzuweisen, dass eine der Aufgenommenen vier Jahre älter als die Antragstellerin sei.

PRÜFUNGSGRUNDLAGEN

1. Der Senat II der GBK stützt sein Prüfungsergebnis auf die schriftlichen Vorbringen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin sowie auf deren Befragungen.

2. In der mündlichen Befragung durch den Senat gab die Antragstellerin im Wesentlichen an, dass sie aufgrund der Stellenanzeige in einer Tageszeitung die Antragsgegnerin angerufen habe. Sie wohne im 14. Wiener Gemeindebezirk und habe auch die sonstigen Anforderungen erfüllt.

Im Telefongespräch mit der Sekretärin der Antragsgegnerin, Frau C, habe diese die Antragstellerin gebeten, einen Lebenslauf zu senden. Danach sei die erste Frage gewesen, wie alt die Antragstellerin sei. Die Antragstellerin habe die Frage beantwortet, worauf Frau C gemeint habe, dass sie Rücksprache mit der Geschäftsführung halten müsse und daraufhin zurückrufen werde.

Im einige Stunden später erfolgten Rückruf durch Frau C sei ein Termin für ein Vorstellungsgespräch vereinbart worden.

Am … habe Frau C erneut angerufen und der Antragstellerin mitgeteilt, dass jemand anderes für die Stelle gefunden worden sei, welche genau in das Profil passen würde und der Vorstellungstermin somit hinfällig sei.

3. Der Vertreter der Antragsgegnerin, Herr Geschäftsführer D, erläuterte in der Befragung im Wesentlichen, dass die Antragsgegnerin viele Interessentenumfragen mache und die dabei generierten Daten abends in das Firmensystem eingegeben werden müssten. Dafür sei eine Sekretärin/ein Sekretär auf geringfügiger Basis gesucht worden. Es habe sehr viele Anrufe gegeben, wobei eines der Hauptkriterien der Antragsgegnerin der Wohnbezirk der BewerberInnen gewesen sei. Dies deswegen, da der für die Umfragen zuständige Teamleiter im 23. Wiener Gemeindebezirk an der Grenze zum 13. Wiener Gemeindebezirk wohne und der erfolgreichen Bewerberin die Daten allabendlich noch zur Eingabe in das System übergeben müsse.

Der Befragte selbst würde für Vorstellungsgespräche immer aus der Steiermark anreisen. Die Termine für die Vorstellungsgespräche seien zum Teil von Frau C vereinbart worden. In der Regel würden die Stellenanzeigen montags und dienstags geschaltet und mittwochs würden die Vorstellungsgespräche stattfinden.

Die erfolgreichen Bewerberinnen hätten ihr Vorstellungsgespräch am ersten Tag gehabt. Da beide sehr gut geeignet gewesen wären, habe der Befragte sie zu einer Schulung eingeladen, welche auch beide absolviert hätten. Dies habe zu der für ihn peinlichen Situation geführt, dass beide Bewerberinnen aus seiner Sicht gleich geeignet gewesen seien. Daher habe er den Bewerberinnen vorgeschlagen, sich die Arbeit im Wochenrhythmus zu teilen, was diese akzeptiert hätten.

Der Grund der Absage des Vorstellungsgesprächs mit der Antragstellerin liege daher ausschließlich darin, dass schon geeignete Bewerberinnen gefunden worden seien bevor das Bewerbungsgespräch mit ihr hätte stattfinden sollen.

Dass das Alter der Antragstellerin im Bewerbungsprozess keine Rolle gespielt habe werde dadurch deutlich, dass eine der schlussendlich angestellten Bewerberinnen vier Jahre älter als diese sei.

BEGRÜNDUNG

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:

§ 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf in Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

1.   bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses,

[…]

§ 19. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 17 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.

Zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren ist anzumerken, dass gemäß § 26 Abs. 12 GlBG eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 17, 18 oder 21 beruft, diesen glaubhaft zu machen hat.

Bei der Glaubhaftmachung – auch Bescheinigung genannt – ist das Beweismaß im Vergleich zum Regelbeweismaß deutlich herabgesetzt. Während beim Regelbeweismaß hohe Wahrscheinlichkeit verlangt wird, genügt bei der Glaubhaftmachung die überwiegende Wahrscheinlichkeit. Überwiegende Wahrscheinlichkeit lässt sich grob damit umschreiben, dass mehr für das Vorliegen einer Tatsache sprechen muss als dagegen. Die jüngere Lehre geht dabei von einem Wahrscheinlichkeitsgrad von zumindest 51% aus. Dies soll die häufig schwierige Beweisführung in Diskriminierungsfällen erleichtern.

Unter Zugrundelegung der Annahme einer strukturellen Diskriminierung aufgrund des Alters in der Arbeitswelt, ist nach Ansicht des Senates die Voraussetzung der Glaubhaftmachung im Sinne des § 26 Abs. 12 GlBG daher zunächst als gegeben zu betrachten, wiewohl eine weitere Substantiierung des Vorbringens durch die Antragstellerin im weiteren Verfahrensverlauf notwendig erscheint.

Wenn der Antragstellerin die Glaubhaftmachung von Umständen, die einen Zusammenhang zwischen der Begründung eines Arbeitsverhältnisses und dem Alter indizieren, gelungen ist, obliegt es der Antragsgegnerin, zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne der §§ 19 Abs. 2 oder 20 GlBG vorliegt.

In einem Verfahren vor einem Senat der Gleichbehandlungskommission soll grundsätzlich nicht das jeweilige Auswahlverfahren wiederholt werden, sondern es soll überprüft werden, ob die Entscheidung, die zur Ablehnung eines Bewerbers oder einer Bewerberin geführt hat, transparent, objektiv und sachlich nachvollziehbar war.

Das Diskriminierungsverbot des § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG begründet keinen Anspruch auf die Begründung eines bestimmten Arbeitsverhältnisses, sondern konkretisiert vorvertragliche Sorgfaltspflichten, die ein anerkanntes Element des arbeitsrechtlichen Schutzprinzips darstellen und bei deren Verletzung als Rechtsfolge Schadenersatzansprüche zugunsten der diskriminierten Person vorgesehen sind.

Das Diskriminierungsverbot ist dabei weit zu interpretieren und umfasst alle mit dem Zustandekommen eines Arbeitsvertrages in Zusammenhang stehenden Vorgänge.

Zum vorliegenden Sachverhalt hat sich auf Grund der Befragung der beiden oben genannten Auskunftspersonen für den Senat folgendes Bild ergeben:

Die Antragstellerin konnte im Rahmen ihrer mündlichen Befragung keine weiteren substantiellen Anhaltspunkte für die Nachvollziehbarkeit des Vorwurfs der altersbedingten Nichteinstellung durch die Antragsgegnerin vorbringen.

Die Antragsgegnerin konnte hingegen glaubwürdig und sachlich nachvollziehbar darlegen, dass das Unternehmen ein professionelles Bewerbungsverfahren abgeführt hat, in dem das Alter der BewerberInnen keinen Einfluss auf die Einstellungsentscheidung hatte. Es traten im Verfahrensverlauf keine Indizien dafür hervor, dass das Alter bei der Entscheidung zur Nichteinstellung der Antragstellerin mitausschlaggebend oder in irgendeiner Weise relevant gewesen ist. Dies gilt auch für eine vermutete Reihung der Vorstellungsgespräche dem Alter nach.

Die von der Antragsgegnerin für diese Stelle vorgebrachten Entscheidungskriterien und Anforderungen, welche zu einer erfolgreichen Bewerbung führten, waren allesamt präzise und nachvollziehbar als auch glaubhaft.

Insbesondere konnte von der Antragsgegnerin überzeugend dargelegt werden, dass für die zu besetzende Stelle eines der wichtigsten Kriterien der Wohnsitz der Bewerberinnen gewesen sei. Auch diese Anforderung erfüllen die erfolgreichen Bewerberinnen.

Da die beiden erfolgreichen Bewerberinnen ihr Vorstellungsgespräch bereits am ersten Tag absolvierten und die Anforderungen für die zu besetzende Stelle erfüllten, ist es im Hinblick auf den mit Bewerbungsgesprächen verbundenen Zeit- und Ressourcenaufwand verständlich und naheliegend, dass weitere Vorstellungsgespräche abgesagt wurden und eine Einstellung der als von der Antragstellerin als geeignet angesehene Person erfolgt ist, noch bevor andere vereinbarte Vorstellungsgespräche durchgeführt wurden.

Der Senat konnte keine Hinweise darauf erkennen, dass das Alter der Antragstellerin im Bewerbungsprozess irgendeine Rolle spielte, wiewohl festzuhalten ist, dass die Frage nach dem Alter in einem Bewerbungsprozess grundsätzlich unangebracht ist.

Zusammengefasst erscheint daher die Entscheidung der Antragsgegnerin, die Antragstellerin nicht zu einem Bewerbungsgespräch einzuladen, im Hinblick auf den tatsächlichen Ablauf von Rekrutierungsprozessen sowohl lebensnah und einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Praxis entsprechend als auch sachlich nachvollziehbar.

Dass auch eine der erfolgreichen Stellenbewerberinnen vier Jahre älter als die Antragstellerin ist, unterstreicht die Ansicht des Senates, dass eine Altersdiskriminierung im konkreten Fall nicht vorliegt.

Deshalb war das Vorliegen einer Diskriminierung des Antragstellers aufgrund des Alters bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin zu verneinen.

Zuletzt aktualisiert am

07.12.2017
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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